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Neuerscheinung: „Das Geschäft mit der Alternativmedizin“

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Im Februar 2019 haben wir über die ZDF-Dokumentation „Pillen, Pulver, Wunderheiler“ berichtet:

https://www.youtube.com/watch?v=ymOLMlgXv5g

Die Autorin dieses Beitrags, die Frontal 21-Redakteurin Beate Frenkel, hat jetzt ein Buch zum Thema veröffentlicht:

Für Homöopathie, Diäten und Wundermittel aller Art wächst der Markt. Obwohl Heilpraktiker in Deutschland kaum einer Kontrolle unterliegen, finden sie immer mehr Anhänger. Rund um die Alternativmedizin ist eine Industrie entstanden, die das Misstrauen gegenüber der Pharmaindustrie, der Medizin und den Medien bedient. Viele Produkte sind ebenso harmlos wie wirkungslos – doch manche sind gefährlich oder sogar tödlich.

Beate Frenkel fragt nach: Woher kommt dieser Boom? Welche Rolle spielen Verschwörungstheorien und der Einfluss des Internets? Warum halten Politik und Bundesärztekammer so wenig dagegen? Eindringliche Beispiele werden mit Aussagen von Ärzten, Patienten und Alternativmedizinern belegt.

Ein ausführliches Interview mit Frenkel gab’s gestern im Deutschlandfunk:

Besonders perfide sei, dass hier auf die Profitgier von Pharmaindustrie und Pharmakonzernen geschimpft werde, um dann selber „einen Haufen Geld mit den falschen Versprechen“ zu verdienen.

„Es gibt immer mehr Menschen, die sich von solchen Versprechen tatsächlich leiten lassen und bereit sind, das auszuprobieren, und die sich immer weiter abwenden von Wissenschaft und Medizin und ihr Schicksal in die Hände von selbsternannten Heilern legen“, sagt Frenkel.

Juristisch oder berufsrechtlich hätten diese Heilpraktiker und Ärzte wenig zu befürchten. Kaum einer fliege aus den Berufsverbänden. Ein Arzt habe ihr erklärt, ausdrücklich von „Spontanheilungen“ zu sprechen, weil er dann keine Probleme mit der Bundesärztekammer bekomme.

Frenkel: „Ich hatte den Eindruck, dass die Landesärztekammer, das Gesundheitsamt, die Kassenärztliche Vereinigung, alle Stellen, an die man sich wendet, dass die sich gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben.“ Offensichtlich müsse sehr viel passieren, damit sich etwas daran ändere.

Zum Weiterlesen:

  • Beate Frenkel: Pillen, Heiler, Globuli. Hirzel 2020, 160 Seiten 18 €
  • Globuli und Chlorbleiche: Das gefährliche Geschäft mit der Alternativmedizin, Deutschlandfunk Kultur am 17. Oktober 2020
  • Kijimea® Reizdarm PRO contra arzneimitteltelegramm, Gesundheits-Check am 17. Oktober 2020
  • Homöopathen: Keine Ahnung, aber Corona „heilen“ wollen, GWUP-Blog am 16. Oktober 2020

2 Kommentare

  1. Ich lese zu meinem nicht kleinen Entsetzen im Text zum Interview, das Thema Heilpraktiker betreffend:

    „Darüber habe sie auch mit der Bundesärztekammer gesprochen. „Die sagten: ‚Wir können doch den Deutschen ihre Kräuterfee nicht nehmen. Das gibt einen riesigen Shitstorm.‘ “

    Ich kenne persönlich viele Statements aus der Ärzteschaft, auch der organisierten, die sich wahrlich anders anhören. Dass es nicht Sache der Ärzteschaft ist, die Heilpraktiker abzuschaffen, ist völlig klar. Dass man dort vorsichtig mit Statements offizieller Art ist, ist auch klar – vorhersagbar würde sofort von Heilpraktikerseite die obligatorische Neiddebatte (siehe Reaktionen auf das Memorandum des Münsteraner Kreises) losgetreten, was man sich zweifellos ein weiteres Mal ersparen möchte.

    Jedoch: Sollte von einem maßgeblichen Protagonisten in der BÄK wirklich so eine Formulierung gebraucht worden sein, die das Heilpraktiker-Problem derart auf eine Nichtigkeit reduziert, bin ich geneigt, mir eine friedliche Einsiedlerhöhle in den Karpaten zu suchen.

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