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Klimawandelleugner und Corona-Verharmloser in den Medien: „Keine Zeit für Vollidioten“

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Interessantes Interview bei spektrum.de mit dem Wissenschaftsjournalisten und Dokumentarfilmer Dirk Steffens:

Ein Auszug:

Kürzlich sagten Sie in einem Interview mit dem Deutschen Journalistenverband: »Wir dürfen unsere Zeit nicht mit Vollidioten verschwenden.« Damit meinten Sie Klimaforschungsleugner. Gilt das auch für Coronavirusleugner?

Selbstverständlich. Wir dürfen unsere Zeit nicht mit Idioten verschwenden, nicht bei der Klimakrise, nicht beim Artensterben, nicht bei der Corona-Krise. Die Probleme sind zu groß und zu wichtig. Wir müssen überlegen, wann wir die Schulen aufmachen und wo wir Mundschutz tragen sollten.

Dazu kann man auch verschiedener Meinung sein. Dass das Coronavirus nicht existiere oder harmlos sei, kann man allerdings nicht als Meinung gelten lassen.

Wo wollen Sie die Grenze ziehen? Wann wäre es falsch, Pro und Kontra darzustellen?

Immer dann, wenn eine Seite ganz offensichtlich Unsinn ist. Wir müssen uns als Journalisten und Journalistinnen fragen, ob wir abseitigen Meinungen ein Forum geben wollen. Es entsteht schon fast der Eindruck, als lehne eine breite Bevölkerungsgruppe die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung ab. Das ist falsch.

Laut einer Umfrage der Universität Erfurt halten 17 Prozent die Maßnahmen für übertrieben. Eine Minderheit, die so laut ist, dass sie in den Medien wie eine große Bewegung erscheint. Aber das ist keine relevante Strömung in Deutschland.

Wann können wir dann überhaupt über Verschwörungstheorien berichten?

Wir können als Journalistinnen und Journalisten nicht verschweigen, was uns begegnet. Wir haben jedoch manchmal eine bedenkliche Lust daran, über Abseitiges zu berichten, weil das interessante Geschichten sind, die gerne gelesen und angeschaut werden. Wir geben dieser Neigung zu oft nach. Da schließe ich mich ausdrücklich mit ein. Wir sollten häufiger abwägen, ob wir dafür die Wahrheit opfern wollen.

Zum Weiterlesen:

  • „Die Wahrheit liegt allein in der Wahrheit“, spektrum.de am 17. September 2020
  • Berichterstattung über Covid-19: Nicht alles braucht einen Coronadreh, taz am 17. September 2020
  • P-L-U-R-V – das sind die häufigsten Methoden der Desinformation: Neue Infografik im Posterformat, klimafakten am 28. April 2020
  • Immer noch zu viel „falsche Ausgewogenheit“ bei der Klimaberichterstattung, GWUP-Blog am 27. April 2019
  • Neutralität mit Nebenwirkungen: Wer in der Debatte über die Klimakrise partout keinem Lager angehören will, gerät womöglich gerade damit auf eine Seite, Riffreporter am 27. November 2018
  • Berichterstattung über Klimawandel: Für Leugner ist kein Platz mehr, Deutschlandfunk am 3. Dezember 2018
  • Klimawandel: Überlassen wir den schrillen Ton den Aktivisten, uebermedien am 9. September 2020

3 Kommentare

  1. „Die Wissenschaft muss mehr Medienkompetenz erlangen, sagt Ranga Yogeshwar. Hier spricht der Journalist über Unsicherheiten, Dieter Nuhr und die Hoffnung auf Impfstoffe.“

    https://www.zeit.de/kultur/2020-09/ranga-yogeshwar-corona-impfstoff-medienkompetenz-wissenschaftler

  2. Dirk Steffens sei Dank für seine so klaren wie wohlabgewogenen Worte.

    Die Medien haben in der Berichterstattung zu wissenschaftsbasierten Themen nach wie vor viel Nachholbedarf – offenbar ist es allzu leicht, dem Sensationell-Effekthascherischen doch immer noch zu viel Raum zu geben.

    Aus der journalistischen Profession heraus mag das ein nachvollziehbarer Reflex sein. Und die Schwierigkeiten, es „richtig“ zu machen, sind nicht zu unterschätzen.

    Aber – wenn wie im bereits seit Ende Juni drei Mal (!!!) im ör Fernsehen ausgestrahlten Filmbeitrag des rbb „Die Wahrheit über … Homöopathie“ die Agenda der Homöopathielobby bis hin in die An- und die Abmoderation nachgezeichnet wird, dann ist nach wie vor eine Menge im Argen.

    Dieser Casus steht nicht einmal für falsche Ausgewogenheit, er steht für regelrechte Tendenzberichterstattung. Wobei das ör Fernsehen auch noch eine Art Legitimationswirkung erzeugt…

    Ich glaube, wir Skeptiker können uns in dieser Sache einiges an bereits erreichten Fortschritten ans Revers heften. Gäbe es diese lästigen Intervenierer nicht, sähe die Sache vielleicht noch ganz anders aus.

  3. Machen sie sich bewusst: Es gibt da draußen Menschen die mit Charme über ihre eigentlichen Absichten hinweg täuschen. Argumentation bringt da leider gar nichts.

    Im Gegenteil! Sie werden sich verheddern.

    Jede Sekunde, die sie dem Selbstdarsteller opfern, fehlt an anderer Stelle. Und er wird es genießen. Jede Form von Aufmerksamkeit. Treffen sie ihn da wo es weh tut. Ignorieren sie ihn. Gießen sie kein Öl in sein Feuer!

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