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Aus die Maus – Impfpflicht

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Schon krass – die „Sendung mit der Maus“ meidet das Thema Impfen:

Christoph Biemann (67), einer der Moderatoren der „Sendung mit der Maus“, schreckt vor einem Film über das Impfen zurück. „Das ist zu umstritten“, sagte Biemann der Zeit. „Die Eltern sind kompliziert. Da gibt es so viele Verstrickungen. Die kann ich nicht ignorieren.“ Für einen Fünf-Minuten-Film sei das Thema zu komplex. „Da trau ich mich nicht ran.“

Womöglich haben genau solche Eltern sich die gestern beschlossene Masern-Impfpflicht selbst zuzuschreiben – und natürlich verbreiten sie heute schon Tipps, wie man sich „widersetzen“ und die Impfpflicht „umgehen“ kann.

Selbstverständlich kann man eine Impfpflicht kritisch sehen (eine Verfassungsklage wird schon vorbereitet) – aber wie soll man mit solchen Leuten über das Für und Wider sinnvoll diskutieren? Nicht umsonst nennt Prof. Michael Butter in seinem Buch „Nichts ist, wie es scheint“ als eine große Gefahr von Verschwörungstheorien:

Verschwörungstheorien ziehen die gemeinsame Basis der Tatsachenbeurteilung zwischen Politik und Bevölkerung weg […] Wenn Gesellschaften sich nicht mehr darauf verständigen können, was wahr ist, können sie auch die drängenden Probleme des 21. Jahrhunderts nicht lösen.“

Zwei Kommentare zur Masernimpfpflicht stechen heute hervor:

Jakob Simmank mahnt bei Zeit-Online zur Besinnung:

Wer sich die Argumente beider Seiten in Ruhe anschaut, wird schnell feststellen: Es ist alles halb so wild. Denn je mehr man liest und nachforscht, desto mehr heiße Luft entweicht aus der Impfdebatte, die vor allem von Emotionen bestimmt wird.

Beim hpd plädiert Dr. Natalie Grams dafür, in Sachen Impfaufklärung nun keinesfalls nachzulassen:

Der liberale Anteil in mir trauert, weil die Aufklärung nicht genug erreicht hat, um die Impfquoten so hoch zu halten, dass der Herdenschutz garantiert ist oder gar eine Ausrottung des Virus möglich wird […] Außerdem werden mit der Impfpflicht für Kinder nicht die häufig bestehenden Impflücken bei Erwachsenen geschlossen.

Insofern: Schade um die „Maus“, denn angeblich soll das Durchschnittsalter der Zuschauer bei 39 Jahren liegen. Gerade die Erwachsenen hätten da was lernen können.

Zum Weiterlesen:

  • Impfpflicht ja oder nein? Es bleibt schwierig, GWUP-Blog am 26. März 2019
  • Wir müssen weiter für Aufklärung sorgen, hpd am 15. November 2019
  • Masern-Impfpflicht: Einmal tief durchatmen, bitte, Zeit-Online am 14. November 2019
  • Masern: Was Sie jetzt über die Impfpflicht wissen müssen, Welt-Online am 14. November 2019
  • Zwang zur Vernunft, taz am 14. November 2019
  • Video: „Der unglaubliche Fall des David Bardens“ bei maiLab, GWUP-Blog am 3. November 2019
  • Dichotomous thinking and uncertainty in medicine and science, Science-Based Medicine am 11. November 2019
  • Majority of anti-vaxx ads on Facebook are funded by just two organizations, The Guardian am 14. November 2019

25 Kommentare

  1. Schlimm, dass man bei der Maus anscheinend das Risiko scheut, Zuschauer zu verlieren.

    Erinnert frappierend an die Entwicklung bei Eckart von Hirschhausen, der sich in den letzten Jahren auch immer mehr bei den Anhängern der Märchenmedizin anbiedert.

  2. Als alter Mausfan bin ich froh, daß ich das interview in der Zeit mit Christoph Biemann zum glück habe lesen können, bevor es hinter der bezahlschranke verschwand.

    Mich hat es ziemlich sprachlos hinterlassen, daß er tatsächlich gesagt hat, das thema impfen sei zu komplex für einen fünf-minuten-film. Waren denen bei der Maus andere themen »zu komplex«?

    Nö, beispielsweise darüber, wie man ein flugzeug baut, haben die eine ganze serie von fünf-minuten-filmen gemacht. Und das soll für das thema »impfen« nicht möglich sein?

    Es täte doch absolut not, auf kindgerechtem niveau darüber zu berichten, was impfung ist und wofür man das braucht, damit möglichst alle es verstehen.

    Es ist enttäuschend, daß das Mausteam sich diesem wichtigen thema offenbar verweigert. Schade.

  3. Ich finde die Haltung von Hr Biemann verantwortungslos. Impfgegner sind doch nur ein kleiner Teil, vor diesen Verwirrten muss man doch bitte keine Angst haben. Ich dachte die Maus möchte auch Aufklären, nicht nur Erklären. Übrigens Anregungen für Hr Biemann „Impfen und Nebenwirkungen – Wie groß ist das Risiko“ https://youtu.be/4E0dwFS72gk

  4. Da Thema Impfen ist keineswegs zu komplex für fünf Minuten, da es praktisch kaum Gegenargumente gibt. Mit solchen Aussagen suggeriert man eine falsche Ausgewogenheit.

  5. Könnte es sein, dass Biemann eine rabiate Schwurbelanhängerin daheim hat, so wie vermutlich z.b. Sieveking und Montgomery auch, die ihm mindestens das Leben zur Hölle machen kann, wenn er nicht spurt und er schlicht davor Angst hat, also schlicht erpressbar ist?

  6. Das sind wahrscheinlich nur Ausreden. Der Zuschauer soll mal wieder schuld sein. Könnte es nicht auch sein, dass das Problem beim Maus-Team liegt?

  7. Das einzige Gegenargument mit Zugkraft ist eben, ob der Staat einen Eingriff in den Körper verfügen können sollte und, wenn man die Impfpflicht bejaht, wo die Grenze zu ziehen ist?

    Noch sind Eingriff und Risiko übersichtlich, aber m.E. ist eine Gefahr des Dammbruchs wie zum Beispiel bei der Einführung der Quellen-TKÜ in den 90ern, der eine beispiellose Folge an Überwachungsmöglichkeiten bis hin zur verdachtsunabhängigen Kontrolle in willkürlich festgelegten „Gefahrenbereichen“ und Datenkonsolidierungen wie der Steuer-ID mit unschönen Erinnerungen an die Personenkennzahl folgte.

    Bislang folgte jeder sinnvollen Türöffnung immer noch eine Entwicklung zum Nachteil der Bürger.

  8. Ich habe mir erlaubt, die „Sendung mit der Maus“ für diese Peinlichkeit für das „Goldene Brett vorm Kopf 2019“ zu nominieren. Der Impact dieser Sendung ist sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen extrem hoch; wenn nun selbst diese seit Jahrzehnten etablierte Institution der Wissensvermittlung vor den Impfgegnern einknickt, ist das eine echte Schande und ein Verrat an ihren langjährigen Werten.

  9. Impfpflicht zwingt Eltern, andere Wege zu suchen, ihren Nachwuchs loszuwerden

    https://www.der-postillon.com/2019/11/impfpflicht.html

  10. @ Bernd Harder:

    War das nun ein Tippfehler in dem von Dir verlinkten Artikel, oder meint Broder das tatsächlich so:

    „Was die Impfpflicht für – genau genommen: gegen – Masern angeht, die der Bundestag soeben beschlossen hat, bin ich nicht vollumfänglich meiner Meinung. “

    Er ist also nicht vollumfänglich seiner eigenen Meinung?!?

    *kopfauftisch*

  11. @noch’n Flo:

    Ich bin sicher, dass das so stimmt und Herr Broder mal wieder besonders „originell“ sein will.

  12. @ Bernd Harder:

    „Ich bin sicher, dass das so stimmt und Herr Broder mal wieder besonders „originell“ sein will.“

    Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als nach langer Zeit mal wieder dieses zu verlinken:

    https://www.youtube.com/watch?v=5hfYJsQAhl0

    Mal ehrlich – Herr Broder hat es sich mit seinem unsäglichen Kommentar wirklich und nach Kräften verdient!

  13. Broder folgt oft seiner Lust an der bloßen Provokation, aber sein Welt-Artikel zur Impfpflicht gehört nicht dazu. Noch mal lesen, neu urteilen?

  14. JK:

    „Noch mal lesen, neu urteilen?“

    Gegenfrage: würdest Du das denn auch mit Deiner Meinung zur Impfpflicht machen?

  15. @ noch‘n Flo:

    Verstehe die Frage nicht. Broder befürwortet in der WELT die Impfpflicht, obwohl er, wie er sagt, eigentlich die freie Entscheidung bevorzugt.

    Ich halte die Masernimpfpflicht für nicht gut begründet, warum, habe ich oft genug erläutert, ich kann aber Broders Position nachvollziehen.

  16. So. Ich springe jetzt hier mal mit Schmackes ins Fettnäpfchen und widerspreche dem Tenor hier. Denn ich kann durchaus nachvollziehen, warum man bei der „Maus“ das Thema scheut. Man beachte: Nachvollziehen heißt nicht, dass ich die Entscheidung gut finde.

    Aber die Sendung wendet sich nun einmal an die Kinder, nicht an ihre Erziehungsberechtigten.

    Welcher überzeugte Impfverweigerer würde denn schon seine Meinung ändern, nur weil das Kind auf einmal sagt, dass es in der „Sendung mit der Maus“ aber gehört hat, dass Impfungen schützen?

    Kann ich mir nicht ernsthaft vorstellen, dass Leute, die sachlichen Informationen vom RKI oder PEI nicht mehr zugänglich sind, auf einmal nachgeben, weil das Kind was in der „Sendung mit der Maus“ aufgeschnappt hat, was dem eigenen Glauben und der Informationsblase widerspricht.

    Ich halte es da eher für wahrscheinlich, dass das Kind danach die „Maus“ nicht mehr sehen darf. Und das wäre schade, weil es in der „Maus“ so viele wertvolle Sachgeschichten gibt. Da geht es eben nicht nur um die Quoten für den Sender; man sollte da nicht außer Acht lassen, was diese Sendung seit Jahrzehnten an Bildung und Neugier auf Bildung an Kinder heranträgt.

    Und es wäre einfach schade, wenn man riskierte, dass es gerade Kinder aus wissenschaftsfeindlichen Haushalten nicht mehr erreicht.

    Meine Meinung zu dem Thema…

    Grüße in die Runde!

    Ute

  17. Nun, es wendet sich an Kinder – aber wenn das Durchschnittsalter der Zuschauer bei 39 Jahren liegt, ergibt die Kritik doch wieder einen Sinn.

    Das dürften dann nämlich Zuschauer sein, denen eine ganze Panorama-Sendung oder eine vollumfängliche Dokumentation viel zu lange dauert und sozusagen „das wichtigste“ eben kurz und kompakt serviert bekommen und verzehren wollen.

    In diesem Fall wäre also genau dort eine prägnante Aufklärung angebracht.

  18. @ Ute Parsch:

    „Und es wäre einfach schade, wenn man riskierte, dass es gerade Kinder aus wissenschaftsfeindlichen Haushalten nicht mehr erreicht.“

    Aber dann müsste man auch mit allen anderen wissenschaftlichen Themen vorsichtig sein – schliesslich könnten es ideologisch verblendete Eltern ebenfalls zum Anlass nehmen, wenn ihr Nachwuchs von der Maus erfährt, dass die Erde in Wirklichkeit rund, Zuckerkügelchen keine Medizin und Nadeln nur dann therapeutisch wirksam sind, wenn mit ihnen etwas gespritzt wird (obgleich die WDR-Kinder-Wissenssendung „Wissen macht Ah!“, die sehr enge Verbindungen zur Maus hat, vor ein paar Jahren ja mal mit einem Beitrag den Anschein erweckt hat, Akupunktur wäre eine wirksame Behandlungsmethode).

    Ich bin nicht der Meinung, dass man vor einer Minderheit einknicken und damit der Mehrheit der Kinder die Realität vorenthalten sollte.

  19. @Ute Parsch

    Ein schönes Statement. Das gehört zu einer gepflegten zivilisierten Diskussion dazu. Da sollten sich die ganzen Impfgegner, Homöopathieanhänger, Klimawandelleugner etc. mal ein Beispiel nehmen.

  20. @Ute: „Ich springe jetzt hier mal mit Schmackes ins Fettnäpfchen…“ nö, nö, Fettnäpfchen ist das keines, sondern sogar ein ziemlich gutes Argument, würde ich sagen. Hatte ich jedenfalls bislang nicht auf dem Schirm.

  21. @vincent:

    In dem Interview selbst heißt es:

    70 Prozent der Zuschauer sind Erwachsene.

  22. @alle:

    Ich bin jetzt übrigens drei Tage unterwegs und kann hier nur sporadisch freischalten/moderieren.

  23. „Susannchen“ hat eine Nachricht von der „Sendung mit der Maus“ erhalten:

    https://www.facebook.com/susannchenbrauchtkeineglobuli/posts/2909658579068821?comment_id=2917830191584993

  24. Die Maus-Redaktion schreibt:

    Tatsächlich konnte man die Kurzmeldung schnell missverstehen. Christoph hat in dem Interview seine private Einstellung zum Thema Impfen als Filmemacher wiedergegeben.

    Die MausRedaktion ist und bleibt aber grundsätzlich für die unterschiedlichsten Themen offen und freut sich, euch weiterhin mit spannenden Sachgeschichten zu versorgen ✌️
    Liebe Grüße, dein MausTeam

    https://twitter.com/DieMaus/status/1196702831442583559
    https://twitter.com/DieMaus/status/1196703026255409153

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