Soso, Homöopathika werden also „immer beliebter“, meldet das Deutsche Ärzteblatt.
Man braucht die zugrundeliegende Umfrage des BAH (Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller) nur kurz zu überfliegen, da wird man von den Haken auch schon gestochen:
Die Meinungsforscher fragten die Teilnehmer der Umfrage auch, bei welchen Beschwerden sie Homöopathika erfolgreich genommen haben.
56 Prozent der Verwender gaben unter anderem Erkältungen und grippale Infekte, 30 Prozent Stärkung des Immunsystems und 24 Prozent Insektenstiche/Sonnenbrand an.
22 Prozent sagten, dass sie Homöopathika erfolgreich bei Kopfschmerz genommen haben, gefolgt von Verdauungsbeschwerden (21 Prozent) sowie Schlaflosigkeit und Magenbeschwerden (jeweils 19 Prozent).“
Aha.
Mehr als die Hälfte der Befragten nahm Globuli „erfolgreich“ gegen „Erkältungen und grippale Infekte“ – Erkrankungen also, die ohne Behandlung eine Woche dauern und mit Behandlung sieben Tage.
Heißt: Eine Smarties-Vergleichsgruppe hätte genau diesselben Ergebnisse zu Protokoll gegeben.
Die übrigen Anwendungsgebiete sind entweder diffus („Stärkung des Immunsystems“, Verdauungsbeschwerden) oder psychisch beeinflussbar (Schmerzen, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden) und somit prädestiniert für eine Placeboantwort.
Es bleibt also dabei:
Anstatt ernstzunehmende Belege beizubringen, langweilen uns die Homöopathie-Verfechter mit albernen Umfragen.
Auch Dr. Christian Weymayr kommentiert auf seiner Facebook-Seite „Die Homöopathie-Lüge“ den Ärzteblatt-Artikel.
Und die GWUP-Regionalgruppe Freiburg bereitet sich auf die 10:23-Aktion übermorgen vor.
Wir freuen uns jetzt schon auf die üblichen Homöopathen-Ausreden.
Zum Weiterlesen:
- Homöopathika immer beliebter, Deutsches Ärzteblatt am 20. Oktober 2014
- Umfrage-Sensation: 87 Prozent der Homöopathie-Fans finden Homöopathie gut, GWUP-Blog am 14. September 2014
- Kaulquappen und Klempner: Homöopathie zwischen Satire und Realsatire, GWUP-Blog am 3. Oktober 2014
- Vorträge zur Homöopathie täuschen den Verbraucher, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 8. Oktober 2014
- Psychopfusch, Pseudowissenschaft und Quacksalberei bei der VHS Soest (Teil 3), Ratgeber-News-Blog am 19. Oktober 2014
21. Oktober 2014 um 14:29
Der Artikel im Ärzteblatt kann kommentiert werden. Wer legt los?
21. Oktober 2014 um 14:52
Wie schwer kann das eigentlich sein, „Homöopathika erfolgreich zu nehmen“? Ich mein, so ein paar Zuckerkügelchen runterzuschlucken kann doch nicht so schwer sein. Oder rollen die zu leicht von der Hand/vom Löffel? ;)
22. Oktober 2014 um 08:58
Freiburg macht eine 10:23-Aktion? Wieso nur Freiburg???
22. Oktober 2014 um 10:54
Herr Harder, die (wie ich meine) „schönste/witzigste/skurrilste“ Info aus dem Ärzteblatt haben sie uns vorenthalten:
>>…Die Verwender bescheinigen homöopathischen Arzneimitteln dabei eine besonders gute Verträglichkeit: Die breite Mehrheit ist überzeugt, dass homöopathische Arzneimittel nebenwirkungsarm sind. Über die Hälfte stimmt den Aussagen zu, dass Homöopathika besonders gut verträglich …<
glaub ich sofort.
Auch hübsch, dass man es für notwendig befand, diese sinnfreie Info gleich mehrfach zu betonen.
22. Oktober 2014 um 11:11
@Günther:
Das liegt im eigenen Ermessen der Regionalgruppen, sich an solchen Aktionen (23.10.) zu beteiligen oder genuin zu planen. Es gibt für 10:23 keine zentrale Vorgabe der GWUP.
22. Oktober 2014 um 12:39
Nein ich denke, bei der Smarties-Gruppe wäre eine Nebenwirkung: die gefärbte Zunge gewesen, was bei den Globulis eindeutig nicht der Fall war :P Jedoch gehe ich davon aus, dass die Smarties-Gruppe wegen der Schokolade weniger depressiv waren und sich gegenseitig wegen der Zungen lustig gemacht haben und somit durch Freude ihr Immunsystem gestärkt haben.
22. Oktober 2014 um 13:08
@Bernd
Darüber hinaus finde ich: es muß weder der 23.10. noch 10.23 Uhr sein. Den Zeitpunkt würde ich so wählen, dass man auf einem möglichst belebten Platz mit möglichst vielen Teilnehmern loslegen kann, damit man nicht nur per Onlinevideo, sondern auch vor Ort wahrgenommen wird. Das sieht dann auch in einem Video nicht so jämmerlich aus.
Datum und Uhrzeit an die Avogadrosche Zahl zu binden mag eine charmante Idee sein, ist aber bezüglich der Außenwirkung so einer Aktion nicht hilfreich.
Außer man sitzt an einem außergewöhlichen Ort und hat ein komisches Talent, dann wirkt so ein Video auch mit nur 2 Personen ;-)! http://youtu.be/tWVaW9hmZwk
22. Oktober 2014 um 13:42
@ meva: Natürlich wiederholen sie das bis zum Abwinken.
Das mit den wenigen bis gar keinen (medizinischen, die esoterische Hirnvernebelung lassen wir mal außen vor) Nebenwirkungen ist doch das einzige, was in Bezug auf Homöopathika stimmt.
Und das ist ja auch ein hervorragendes Verkaufsargument. Im Gegensatz zu den pöhsen Chemiehämmern von Evil Pharma sind diese Tropfen oder Globuli sanft und garantiert völlig Nebenwirkungsfrei, gelobt sei Hahnemann.
22. Oktober 2014 um 16:08
ob man dem „ärzteblatt“ ev. mal mitteilen sollte , daß medikamente ohne nebenwirkungen auch keine „wirkungen“ haben ?
eigentlich sollte das „ärzten“ bekannt sein.
aber man weiß ja nie . waren zu dem zeitpunkt gerade aufm klo.
mfg. d
22. Oktober 2014 um 21:26
@Diabetiker: Ja, mach mal.
22. Oktober 2014 um 22:21
Homöopathika können nur bei „Verstimmungen“ wirken, aber nicht bei Krankheiten…
…vor einigen Jahren las ich im „Spektrum d. Wissenschaft“ einen Artikel, in dem stand, daß der Körper schnell zu „Verstimmungen“ neigt, da es besser ist, den Körper einmal mehr als weniger in Alarmbereitschaft zu versetzten.
Das bedeutetet nicht hinter jedem Unwohlsein steckt eine „richtige“ Krankheit – ich denke in solchen Fällen, können Placebos helfen.
23. Oktober 2014 um 10:11
@diabetiker
„ob man dem “ärzteblatt” ev. mal mitteilen sollte , daß medikamente ohne nebenwirkungen auch keine “wirkungen” haben ?“
Sie wissen doch, dass die Wirkung von homöopathischen Mittelchen durch kleine Wassergeister bzw. geistartige Wesen (lt. Hahnemann) hervorgerufen wird.
Und diese wissen natürlich ganz genau, welches Organ gerade zur Heilung ansteht.
Wenn z.B. eine Leberschaden vorliegt, werden alle anderen Organe und Systeme achtlos liegen gelassen, die Geisterchen steuern zielgenau auf die Leber zu und eh man sich versieht ist sie geheilt, alles völlig nebenwirkungsfrei.
Präparat der Wahl bei Leberschäden: Bommerlunder C8, 5 Kügelchen nach dem Essen unter der Zunge zergehen lassen.
24. Oktober 2014 um 19:27
Direkt darunter der Link zur letzten Jubelumfrage:
„Homöopathie: „Patienten schätzen ärztliche Zuwendung mehr als Globuli“
Tja was denn nun? Also doch eher „Homöopathen immer beliebter“?
Mal sehen, was die nächste Umfrage in einem halben Jahr bringt…
31. Oktober 2014 um 07:45
Guten Tag,
wie sollte man denn wissenschaftlich vorgehen, wenn man z.B. beim Tier untersuchen möchte, ob ein Heilmittel von der DHU (Einzelmittel) oder Heel (Komplexmittel) z.B. gegen Endometritis wirkt?
Welche Parameter wären zu untersuchen und wie?
Ich bitte um Info.
Vielen Dank.
1. November 2014 um 13:09
@Markus Klaßen:
Die Unwirksamkeit der Homöopathie ist als gesichertes Wissen zu betrachten und bedarf keiner weiteren Untersuchungen:
https://blog.gwup.net/2012/01/22/homoopathie-ist-irrtum/
https://blog.gwup.net/2012/12/23/die-homoopathie-luge-interview-mit-dr-christian-weymayr/
2. November 2014 um 19:28
Ich empfehle Ihnen das Buch der Schulmedizinerin Dr. med. Irene Schlingensiepen „Homöopathie für Skeptiker, wie sie wirkt, wie sie heilt, was belegt ist“. Habe ich auch schon unter dem Artikel „Meta-Analysen in der Homöopathen-Zauberwelt“ gepostet. Kann man auch als gesichertes Wissen betrachten, welches keiner weiteren Untersuchung bedarf.
2. November 2014 um 19:58
@Petra:
<< Kann man auch als gesichertes Wissen betrachten, welches keiner weiteren Untersuchung bedarf. << Sie und/oder Frau Schlingensiepen verwechseln Glauben und Anekdoten mit "Wissen": http://www.amazon.de/review/R2GKSPRV3F8WLU/ref=cm_cr_pr_cmt?ie=UTF8&ASIN=B00GJBJ3WK#wasThisHelpful
https://blog.gwup.net/2014/04/06/eine-uble-mogelpackung-homoopathie-fur-skeptiker/
3. November 2014 um 16:09
Ich bin nicht der absolute Fanatiker, was Homöopathie angeht, ich nutze beide Richtungen für die Gesundheit meiner Familie und lasse mich von guten Argumenten durchaus beeindrucken. Diese habe ich bei Ihnen bzw. Ihren Mitautoren vermisst. Und ich habe mich wirklich durch Ihren Blog „gegrast“. Eigentlich, weil ich dachte, der geborene Skeptiker zu sein, da ich vieles in der Mainstream-Meinungsmache anzweifle. Jedoch musste ich feststellen, dass ich nach Ihrer „Lehrmeinung“ eher der Verschwörungstheoretiker bin.Find ich auch gut:-). Viel besser fand ich diesen Artikel von Dr. Volker Schmiedel, aus dem ich hier mal kurz zitiere (ist sehr lesenswert) :“Vor wenigen Jahren erschien im British Medical Journal, immerhin eine der weltweit renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften, eine Meta-Analyse, die sich der Frage nach dem Nutzen von Fallschirmen beim Fallschirmspringen widmete (Smith, G.C.; Pell, J.P.: Parachute use to prevent death and major trauma related to gravitational challenge: systematic review of randomised controlled trials. BMJ, 2003 Dec 20;327(7429):1459-61). Die Autoren untersuchten nach streng evidenzbasierten Kriterien die wichtigsten medizinischen Datenbanken auf das Vorhandensein von kontrollierten Studien zu der Frage, ob ein Fallschirm in der Lage ist, bei einem Sprung aus großer Höhe Verletzungen oder Tod vermeiden zu helfen. Ergebnis: Es konnte keine solche Studie gefunden werden. Schlussfolgerung: Die Anwendung eines Fallschirmes kann derzeit evidenzbasiert nicht empfohlen werden!
Die Autoren räumen allerdings ein, dass aufgrund der spärlichen Datenlage weitere Forschung sinnvoll ist und schlagen die Durchführung einer kontrollierten, randomisierten, Doppelblindstudie vor. Dabei müssen unter kontrollierten Studienbedingungen nach zufälliger Zuordnung Versuchspersonen mit oder ohne Fallschirm springen, ohne dass sie selbst oder der Studienleiter wissen, welcher Rucksack einen funktionierenden Fallschirm und welcher einen Schein-Fallschirm (Placebo) enthält. Da es vermutlich recht schwer fallen dürfte, genügend freiwillige Versuchspersonen zu rekrutieren, wird vorgeschlagen, die entschiedensten Befürworter der evidenzbasierten Medizin zu einer Teilnahme an dieser nicht nur für Fallschirmspringer, sondern auch für die EbM unglaublich wichtigen Studie zu bewegen.
Was auf den ersten Blick wie ein Aprilscherz humorvoller Wissenschaftler (auch die gibt es!) klingt, hat einen durchaus ernsten Hintergrund. Die evidenzbasierte Medizin wurde ursprünglich von Klinikern geschaffen, die die bisherige Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die tägliche Praxis kritisierten und Entscheidungsgrundlagen schaffen wollten, die zu einer besseren Behandlung von Patienten führen sollte. Bisher waren es nämlich anerkannte Experten, die weitestgehend medizinisch meinungsbildend waren. Diese Koryphäen stützten sich auf tradiertes Wissen („Das haben wir schon immer so gemacht.“) oder auf eigene positive oder negative Erfahrungen mit bestimmten Verfahren, was aufgrund meist nur geringer Fallzahlen eher zufällige Schlüsse zeitigt. Sie wandten also genau das Erkenntnismaterial an, welches sie bei der ach so unwissenschaftlichen Naturheilkunde als empirisch oder erfahrungsheilkundlich vehement kritisierten.“. Der Link dazu:http://www.1-habichtswald-klinik.de/evidenzbasierte-medizin/
und http://www.arthrose-1.de/
3. November 2014 um 16:38
@Petra:
Vielen Dank für Ihre Mühe, aber das Beispiel ist sooo alt.
<< Es konnte keine solche Studie gefunden werden. << Es gibt keine solche Studie, weil es keinerlei Grund oder Anlass gibt, eine solche durchzuführen. Jeder, der ohne Fallschirm aus einem Flugzeug springt, weiß aufgrund von gültigen Naturgesetzen etc., dass er diesen Sprung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht überleben wird. Eine ernsthafte Untersuchung, ob es "wirklich" so ist, wäre also kompletter Nonsens, da es gar keine sinnvolle Fragestellung dabei gibt bzw. irgendein Schlupfloch, dass es vielleicht doch ganz anders sein könnte. Das gäbe es erst dann, wenn - sagen wir - jede dritte Person einen Sprung aus 10.000 Metern Höhe ohne Fallschirm wundersamerweise überleben würde, es also eine unerklärliche Auffälligkeit bei der Sachlage gäbe, die unseren bisherigen Erkenntnissen widerspricht. Aus diesem Grund ist auch eine weitere ernsthafte Untersuchung der Homöopathie kompletter Nonsens, weil wir aufgrund von gültigen Naturgesetzen sicher wissen, dass sie nicht funktionieren kann - und alle ernstzunehmenden Studien bzw. deren kritische Reviews genau dies immer und immer wieder bestätigt haben. Insofer ist Ihr Beispiel genau *gegen* Homöopathiestudien gerichtet: https://blog.gwup.net/2012/05/19/wsc-ii-may-the-chi-be-with-you/
https://blog.gwup.net/2014/01/08/daruber-lachen-und-vergessen-homoopathie-und-scientabilitat/
3. November 2014 um 20:35
Ok, ich fand`s irgendwie lustig:-).
3. November 2014 um 22:36
@Petra:
Ist es ja auch – aber dieses (satirisch gemeinte) Beispiel sagt eher, dass man sinnlose Studien gar nicht erst zu machen braucht, was wir z.B. für die Homöopathie als gegeben ansehen.
9. November 2014 um 02:52
Im TV eben gesehen: Werbung für eine Apothekenzeitung. Darin eine Doppelseite o. mehr zu „Homöopathie“, wenn ich mich recht erinnere mit der Frage „Was ist dran?“.
Kosten diese Apothekenzeitungen eigentlich etwas?
9. November 2014 um 13:38
@user unknown:
Den Kunden nicht, den Apotheker schon.
9. November 2014 um 14:52
@ user unknown
Hab ich auch gesehen.
Da die „Apotheken Umschau“ ihre Homöopathie-Werbekunden nicht vergraulen will, lässt der Artikel wohl nichts Gutes vermuten…