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Pilzvergiftung, Homöopathie und die zwei verschiedenen Professoren Michael Frass

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Schwere Pilzvergiftungen nehmen zu, melden dieser Tage verschiedene Medien. Insbesondere Knollenblätterpilze sorgen bei den Giftnotrufen für Alarm.

Einer kann sich trotzdem ganz gelassen zurücklehnen, nämlich „Österreichs hochgeschätzter Oberhomöopath Prof. Frass vom AKH Wien“ (naklar.at).

Denn er ist der Aufassung, dass Homöopathie einen ungemein positiven Beitrag zur Genesung bei akuter Pilzvergiftung zu leisten vermag.

Nun sorgen die hochverdünnten medizinischen Leersätze des Herrn Professor Frass schon seit Jahren für Erheiterung, nicht nur hier im GWUP-Blog, sondern auch bei Kritisch gedacht oder naklar.at.

Nichtsdestotrotz ist der Mumpitz-Proponent (Mumpitz gilt übrigens als „Schönwort“, habe ich gerade gelernt) immer wieder in TV-Sendungen und seriösen Zeitungen zu sehen/lesen.

Woran liegt das?

Vielleicht an seinem …

… (groß-)väterlich-weisen Auftreten und seiner ruhige Ausstrahlung“,

wie der Feuerwächter argwöhnt?

Oder gibt es gar …

… verschiedene Michael Frass, die als Intensivmediziner tätig sind – und, wenn ja, wie viele sind es?“

fragt sich Dr. Norbert Aust bei Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie.

Und gibt selbst die Antwort:

Mindestens zwei: einen, der ganz vernünftig über evidenzbasierte Medizin diskutiert, einen anderen, der Arbeiten veröffentlicht, die mit wissenschaftlicher Methodik nicht in Einklang zu bringen sind. Schwierig ist, dass beide sich zum Verwechseln ähnlich sehen.“

Mit der gewohnten Akribie analysiert Aust eine aktuelle Arbeit von Frass über die Vergiftung mit Knollenblätterpilzen und kommt zu dem Schluss:

Auf jeden Fall sollten Herr Med-Frass und Herr Hom-Frass mal ein ernstes Wörtchen miteinander reden.“

Zum Weiterlesen:

  • Prof. Frass, Der Standard und der Knollenblätterpilz, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 31. August 2014
  • Wenn’s dem Homöopathen die Sprache verschlägt, GWUP-Blog am 11. April 2011
  • Homöopathische Notaufnahme: Das Buch zum Film von Michael Frass, GWUP-Blog am 3. Dezember 2010
  • Anmerkungen zur Homöopathie: Replik auf Herrn Frass (ÄKH), Kritisch gedacht am 29. November 2010
  • Homöopathie steigert Lebensqualität, naklar.at am 11. April 2013
  • Lebenszeitverlängerung durch Homöopathie, Feuerwächter am 12. Mai 2014
  • Notrufe wegen Pilz-Vergiftungen häufen sich drastisch, Focus-Online am 10. September 2014
  • Schwere Pilzvergiftungen nehmen zu, netdoktor am 8. September 2014

 

4 Kommentare

  1. Dr. Austs Analyse kann ich jedem (der ein wenig Zeit hat) nur wärmstens empfehlen – falls man mal in die Lage kommt in einer Diskussion erklären zu müssen, warum auch die angesprochene neue Veröffentlichung von Prof. Frass nicht „der“ Beweis ist, der ein für alle Mal die Wirksamkeit Homöopathie belegt, obwohl man doch landläufig denkt eine Knollenblätterpilzvergiftung verlaufe immer tödlich, so dass zwei homöopathisch behandelte Vergiftungsopfer die überleben doch eine Sensation sein müssten.

  2. Leider darf so jemand in Österreichs größten Krankenhaus arbeiten und behält dabei auch noch die Zulassung, es ist sehr traurig…

    Aber das darf sich die Ärztekammer auf die Stirn schreiben, weil die bieten ja auch Fortbildungen in diese Richtungen an…

  3. Prof. Frass, Erfinder der Kassenzettelevidenz!

    Der gute Prof. Frass bemüht sich persönlich um die Evidenz der Homöopathie.

    Er kaufte in meiner ehemaligen Apotheke Globuli und anschließend sandte er eine E-Mail an die Apothekerkammer, bedankte sich für die Zusammenarbeit in Sachen Homöopathie und beschwerte sich über mich, weil ich mich öffentlich gegen diesen Aberglauben ausgesprochen hatte.

    Homöopathen ohne Grenzen. Nach Ebola, Schwulenheilung, Kinderzahnen kommen nun die Pilzvergiftungen an die Reihe.

    Wann tritt endlich der Gesetzgeber auf den Plan und erweitert die Medizinethik um den Begriff der unwirksamen Therapie?

  4. Er macht einen ein wenig fassungslos, der Herr Frass, und um sein Schaffen entsprechend zu würdigen, gibt´s eigentlich nur drei Möglichkeiten:

    Entweder hat er Mann ´ne Macke, für deren Diagnose man über die Kategorie F.22 im ICD-10 nachdenken sollte.

    Oder der Mann hat ein so enorm aufgeblähtes Ego, dass dessen Befriedigung über seine sonstigen Leistungen nicht ausreichend funktioniert, so dass nur noch das Verzapfen forcierten Schwachsinns ihm die Aufmerksamkeit vermittelt, die er zu verdienen meint.

    Oder der Mann lügt, als Proponenten des heilsamen Zuckerkügelchens, ganz bewusst das Blaue vom Himmel herab – aus welchem Motiv auch immer.

    Was anderes kommt nicht in Frage.

    Eigentlich tue ich mich ja schwer damit, anderen Schlechtes zu wünschen, aber in Sachen Michael Frass hätte ich eine kleine Bitte an die Lufthansa-Piloten:

    Macht mal was Sinnvolles! Wenn ihr zufällig den Frass im Flieger haben solltet, verkündet doch mal, wenn ihr so 10 km Reiseflughöhe erreicht habt, über den Kabinenfunk, dass ihr – nach 10 Jahren Meditations-Training in der Maharishi-Akademie – nun soweit seid, den Flieger ausschließlich mit eurer Geisteskraft in der Luft zu halten, außerdem gäbe es auch einen entsprechenden Aufsatz in der „Levitation today“, der zweifelsfrei das Funktionieren der meditativen Fliegerei nachgewiesen hätte, dann jagt ihr, zum guten Schluss, noch das Shakespearsche Hoffnungsmantra von den vielfältigen Dingen jenseits der Schulweisheit hinterher – und dann schaltet ihr, nur für ein kurzen Moment selbstverständlich, die Triebwerke ab…

    Und wenn, nach glücklicher Landung, der Frass seine neuerworbene posttraumatische Belastungsstörung behandelt haben möchte, darf er nur zwischen drei Therapeuten auswählen: Ravi Roy, Jeremy Sherr und, wer fällt mir noch so ein, vielleicht Cambrella-Betty Reiter von der GAMED…

    Wunschvorstellungen beiseite.

    Norbert Aust hat in seiner Begutachtung des jüngsten Machwerks von Frass, hinsichtlich der Widersprüchlichkeit zwischen der Gedankenwelt des Homöopathen Frass und des Mediziners Frass, eine sehr diplomatische Empfehlung formuliert: „Auf jeden Fall sollten Herr Med-Frass und Herr Hom-Frass mal ein ernstes Wörtchen miteinander reden.”

    Frass wird dieser Aufforderung nicht nachkommen.

    Möglicherweise nimmt er die Widersprüchlichkeit nicht (oder nicht mehr) wahr, und sollte er es doch tun, stellt diese für ihn, so sieht es jedenfalls aus, keinen Konflikt dar.

    Das allerdings, also die weitgehend störungsfreie Ko-Existenz im Grunde völlig unvereinbarer Denkpositionen, ist allemal ein klinisches Phänomen, denn so ein Leben in Parallelwelten dürfte wohl für die meisten Menschen nicht nachvollziehbar sein, und das durchaus berechtigt, denn das Festhalten an Überzeugungen, die unvereinbar mit der objektiv nachprüfbaren Realität sind, ist letztlich nichts anderes als der Ausdruck einer schwerwiegenden Denkstörung.

    Sachverhalte zu erkennen, wie sie wirklich sind, bedarf unkorrumpierbarer Sinne.

    Die haben wir leider nicht, wissen das aber. Richard Feynmans möglicherweise wichtigstes Zitat ist der Hinweis: „The first principle is that you must not fool yourself and you are the easiest person to fool.”

    Dieser Einsicht folgend, haben wir Methoden und Arbeitsprinzipien entwickelt, die unvermeidbaren subjektiven Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Sachverhalten zu korrigieren. Letztlich geht es in der Wissenschaft um nichts anderes, und wer sich als Wissenschaftler von diesen Prinzipien entfernt, hat das wissenschaftliche Denken aufgegeben.

    Wer, wie Frass, auf der einen Seite sich der Bedeutung dieser Prinzipien durchaus bewusst ist und sie offenbar auch anzuwenden weiß, auf der anderen Seite aber in einem isolierten Bereich – seiner Homöopathie-Überzeugung – diese fundamentalen Prinzipien ignoriert, um eine objektiv als falsch erkennbare Weltsicht zu stützen, muss sich den Hinweis gefallen lassen, dass dieses Verhalten ein klassisches Beispiel für Wahnarbeit ist, für das Ausarbeiten einer Wahnvorstellung bis hin zum sogenannten Wahnsystem, bei dem weitere Wahnideen (z.B. die des Wassergedächtnisses), Sinnestäuschungen und Fehlschlüsse (Cum hoc ergo propter hoc) in das Denksystem integriert werden, damit der Wahn immer plausibler und „wahrhaftiger“ wird.

    Nur so ist auch das gebetsmühlenhafte Zitieren längst widerlegter oder nicht reproduzierbarer Schrottstudien oder das Berufen auf statistische Artefakte zu erklären. Nur so sind die absurden Studien zu erklären, die der Hom-Frass bisher ablieferte – solange ihm keiner den sprichwörtlichen Knüppel zwischen die Beine wirft.

    Und dafür ist es dringend Zeit.

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