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Liberale Hochschulgruppen in Nordrhein-Westfalen gegen Pseudowissenschaften

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Zum Thema „Hochschulen mit pseudowissenschaftlichen Lehr- und Forschungsinhalten“ gibt es mittlerweile einen eigenen Eintrag im Psiram-Wiki.

Noch im Februar schrieb der Science-Blog BlooDNAcid über den „Esoterikzwang an der Bonner Universität“.

Auch die großen Publikumsmedien beklagen, dass es …

Esoterikern immer wieder [gelingt], ihre Lehren an Universitäten zu verbreiten.“

Aber nur selten ist von den Studierenden an solchen Hochschulen die Rede, die wohl am meisten unter dem geschändeten Ruf ihrer Bildungsstätte leiden.

In einem Kommentar hier im Blog hieß es mal dazu:

Mir tut es leid für alle StudentInnen an der Viadrina, die mit dem ganzen Humbug nichts zu tun haben. Wenn ich mich recht erinnere, hat der AStA dort sich auch recht eindeutig positioniert. Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit vor Ort mit einigen “Betroffenen” zusammenzuarbeiten.

Jetzt hat auch der Landesverband Liberaler Hochschulgruppen Nordrhein-Westfalen (LHG NRW) bei seiner Mitgliederversammlung einen Beschluss zu Pseudowissenschaften an Hochschulen gefasst.

Darin heißt es unter anderem:

An deutschen wie europäischen Hochschulen sind Alternativmedizin und Esoterik auf dem Vormarsch. Diesem Trend stellen sich die Liberalen Hochschulgruppen Nordrhein Westfalens entschieden entgegen.

Eine Hinwendung zur alternativen Medizin bedeutet eine Abwendung von den Maßstäben akademischer Arbeit. Alternativmedizin schadet NRW als Forschungsstandort im internationalen Wettbewerb. Homöopathie im Hochschulwesen bedeutet eine Abkehr vom Denkstil der Aufklärung.

Das „sapere aude“ Kants ist der vorrangige Wahlspruch jedes Wissenschaftlers und darf nicht den Interessen der Landesregierung und privater Verbände geopfert werden.

Landesministerin Barbara Steffens plant eine schrittweise Integration von wirkungslosen Therapieformen in der Hochschullandschaft. Den dahinterstehenden Ideologien begegnen die Liberalen Hochschulgruppen Nordrhein-Westfalens mit den Worten Adornos: „Okkultismus ist die Metaphysik der dummen Kerle.“

Finden wir gut!

Den vollständigen Text gibt es hier.

Zum Weiterlesen:

  • Esoterik an Hochschulen auf dem Vormarsch, telepolis am 22. April 2013
  • Viel Homöopathie und keine Archäologie: Oh je, NRW, GWUP-Blog am 29. März 2013
  • Zauberschule an der Oder, GWUP-Blog am 14. März 2013
  • Überall Zauberschulen – studiert lieber im Ausland! Der Nesselsetzer am 21. Januar 2013
  • Hogwarts ist überall, GWUP-Blog am 4. November 2012
  • Gesundheitspolitische Geisterfahrt in NRW, Panagrellus am 7. März 2013

 

 

 

 

 

3 Kommentare

  1. Sehr gut. Die wissenschaftlichen Standards sollten endlich auch wieder gegenüber den heute herrschenden Quacksalbereien in den Sozialwissenschaften durchgesetzt werden!

  2. Ähnlich wie die „Marburger Erklärung zur Homöopathie“, ist das Statement gegen esoterische Lehrinhalte an Hochschulen eine begrüßenswerte Aktion der Studentenschaft.

    Leider ist sie eine viel zu seltene Reaktion auf die Okkupation der Universitäten durch die Lobbyisten der Erleuchtungsfraktionen.

    Dabei müsste die akademischen Gemeinschaft, die sich noch der Idee der Aufklärung und dem rationalem Denken verpflichtet sieht, aus den Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit doch eindeutige Schlüsse ziehen: den Bemühungen esoterischer Interessen-Gruppen, ihre Hirngespinste akademisch zu veradeln, nur mit Ignoranz zu begegnen, hat letztlich zu der aktuellen Situation geführt.

    Wie außerordentlich schmerzhaft die Marburger Erklärung von 1992 für die Alternativheiler-Branche war, zeigt der erst kürzlich veröffentlichte Rückblick auf die Entwicklung der Komplementärmedizin, in welchem Henning Albrecht, der Geschäftsführer der Carstens-Stiftung, das Positionspapier als „ein wüstes Pamphlet, in dem der Fachbereich Medizin der Philipps-Universität Marburg sich in harscher Manier, ungetrübt von jeder Sachkenntnis, gegen die Aufnahme der Homöopathie in die ÄAppO wendete“ bezeichnet.

    Nun hat sich seit 1992 die Datenlage zur Homöopathie eindeutig zu deren Nachteil entwickelt, trotz der doch erheblichen Forschungsgelder, die auch von Seiten der Carstens-Stiftung investiert wurden, z.B. in die Professur von Claudia Witt an der Charité. Sie, die Datenlage, ist sogar so schlecht, dass die Stiftung nicht einmal Skrupel hat, unangenehme Forschungsergebnisse aus dem Hause Witt, dem Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie, zu fälschen oder – unverfänglicher ausgedrückt – inhaltlich ideologiegerecht zu korrigieren, z.B. bei der Veröffentlichung einer Studie zu einem (homöopathisch-anthroposophischen) Mittel gegen Rückenschmerzen aus dem Giftsumach.

    Solch ein Verhalten entspricht genau dem, was Rudolf Happle als generelles Problem der Homöopathie in die Marburger Erklärung identifizierte: „Das geistige Fundament der Homöopathie besteht jedoch aus Irrtümern („Ähnlichkeitsregel“; „Arzneimittelbild“; „Potenzieren durch Verdünnen“). Ihr Konzept ist es, diese Irrtümer als Wahrheit auszugeben. Ihr Wirkprinzip ist Täuschung des Patienten, verstärkt durch Selbsttäuschung des Behandlers.“

    An dieser Stelle sei ergänzt, dass Happles Einschätzung umfänglich auch auf andere Therapie-Verfahren der sogenannten Komplementären Medizin zutrifft. Letztlich ist also die Marburger Erklärung so aktuell wie vor 2 Jahrzehnten.

    Die wesentliche Frage ist: wie muss man sich den studentischen Alltag in Zukunft vorstellen, wenn sich beispielweise die absurden Ideen einer als Ministerin u.a. für Gesundheit völlig deplazierten Frau Steffens etablieren sollten, nämlich eine grundsätzlich andere Formen des Erkenntnisgewinns, jenseits des streng numerischen Kalküls, als „Wissenschaft“ zu zelebrieren?

    Sieht ein Arbeitstag an der medizinischen Fakultät beispielweise der Bochumer Ruhr-Uni, in Zukunft möglicherweise so aus?

    Morgens: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anantomie, danach „Ätiologie unter Berücksichtigung geisteswissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Akasha-Chronik, am Nachmittag: Physiologische Chemie, dann Miasmenlehre? Und am nächsten Tag werden die Verläufe der Meridiane eingepaukt, die man dann anschließend bei der Sektion im Anatomiesaal mal wieder nicht findet, zum Abschluss dann ein Seminar über den Einfluss der Erzengel auf die Blutgerinnung?

    Das Ergebnis dürfte ein vor sich hin taumelnder Student sein, der nach kurzer Eingewöhnungsphase jedes Gefühl für Sinn und Unsinn verliert, schließlich tritt der Irrsinn in Form akademischer Erhabenheit auf, abgesegnet durch Amt und Siegel der Prüfungskommission.

    Es ist schlichtweg eine Katastrophe für Lehre und Forschung, wenn Naturgesetzverbieger ihre ungeprüften und meist auch unprüfbaren Theorien, die nicht selten so abwegig sind, dass man ernsthaft an der geistigen Gesundheit der Proponenten zweifeln darf, unter dem Deckmäntelchen „Wissenschaft“ weiterverbreiten dürfen.

    Hier muss man die Hochschulen an ihre Verantwortung gegenüber den Studierenden erinnern. Die nämlich sind zunächst einmal Lernende, die die Fähigkeit zur kritischen Distanz gegenüber pseudo- und parawissenschaftlichen Lehrinhalten erst noch erwerben müssen.

    Wie sollen Studenten im Grundstudium erkennen, dass sich ihr Professor längst in ein Parallel-Universum verabschiedet hat, und anstatt nachprüfbarem Wissen abwegige Phantasiegebilde lehrt? Und was nützt diese Einsicht (wenn sie denn kommt), wenn die Auswüchse der professoralen Phantasie ein Teil des Prüfungswissens sind?

    Muss man immer erst auf solche Katastrophen wie den Lyssenkoismus verweisen, um zu zeigen, was passiert, wenn man Propagandisten und Ideologen die Deutungshoheit und Bedeutungszuschreibung überlässt?

    In vielen Argumentationen, die eine Integration „alternativer“ Welterkundung in die akademische Sichtweisen befürworten, ist zu lesen, dass wir uns an einem historischen Wendepunkt befinden: dem materialistischen Weltbild der Naturwissenschaften soll eine endlich zur Wahrheit führende, spirituelle Sichtweise gegenüberstellt werden – selbstverständlich mit intellektueller Redlichkeit.

    Das ist die verschwurbelte Metaphysik des Wassermann-Zeitalters: “ Mystic crystal revelation, and the mind’s true liberation…

    Das ist Anthroposophen-Scheiße in Reinkultur: „Die Tatsachen sind durch rein übersinnliche Beobachtungen gewonnen; und es muß sogar gesagt werden, dass der Geistesforscher am besten tut, wenn er sich allen Schlußfolgerungen aus seinen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen peinlich genau entäußert; denn durch solche Schlußfolgerungen wird ihm leicht der unbefangene innere Sinn der Geistesforschung in die Irre geführt.”

    Das ist der Versuch, aus der den Ideen der Aufklärung zu verdankenden Kambrischen Explosion unseres differenzierten Wissens, den Weg zurück in die diffuse Ursuppe des Hypothetischen zu finden, in der alles sein kann und alles möglich ist. Ewiges „Werden“ als Schutzmechanismus vor dem als allzu nüchtern empfundenen „Sein“.

    Das Ergebnis ist bekannt: Ein unerträgliches Konglomerat aus halbverstandenen Zusammenhängen, Lügen und, vor allem, aus zukünftigen Renditen, zukünftigen Erkenntnissen, zukünftigen Wahrheiten, zukünftigen Paradiesen.

    Wie sagte Adorno so treffend: “ Wenn die objektive Realität den Lebendigen taub erscheint wie nie zuvor, so suchen sie ihr mit Abrakadabra Sinn zu entlocken.
    Wahllos wird er dem nächsten Schlechten zugemutet: die Vernünftigkeit des Wirklichen, mit der es nicht recht mehr stimmt, durch hüpfende Tische und die Strahlen von Erdhaufen ersetzt.“

    Nur kann und darf es an Hochschulen nicht gepflegte Übung werden, Obskuranten die Gelegenheiten zu bieten, ihre esoterisch-okkulte Weltanschauungen auszuleben: denn niemals, zu keiner Zeit, hat sich aus hüpfenden Tischen und okkulten Strahlungen, also aus irrationalen Welterklärungen, eine belastbare Erklärung über Art und Weise, wie unser Welt gestaltet ist, ergeben. Alle mystischen Erklärungen unserer Alltagsphänomene wurden eliminiert. Jeder okkulte Kaiser war irgendwann nur noch nackt.

    Insoweit sei allen Hochschullehrern und Studenten einmal mehr die Lektüre des kleinen Büchleins „Instant Nirvana“ von Marcus Hammerschmidt empfohlen, vor allem aber seinen letzten Ratschlag zu befolgen: „Sich von den Kaisern abwenden, wenn sich herausstellt, dass sie keine Kleider tragen“.

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