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Zauberschule an der Oder

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Heute berichtet die Berliner tageszeitung über „Hogwarts an der Oder“:

Vom Hellsehen bis zur Homöopathie: Die Universität Viadrina in Frankfurt macht sich mit einem obskuren, privat finanzierten Institut lächerlich.“

Ein Auszug aus dem Artikel:

Im vergangenen Sommer kamen Gutachter, die im Auftrag der Potsdamer Landesregierung alle Hochschulen auf Stärken und Schwächen abklopften, zu einem eindeutigen Schluss: Man empfehle der Viadrina „nachdrücklich den künftigen Verzicht“ auf den Studiengang Komplementärmedizin, so die Hochschulstrukturkommission: „Eine Fortführung des Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften ist weder wie bisher als In-Institut noch als An-Institut zu befürworten.“ Ein Armutszeugnis für die Uni.

Doch die hat nun anders entschieden: Das Institut soll bleiben – man wolle sich aber eine medizinische Fakultät als Kooperationspartner suchen, um die wissenschaftliche Qualität zu sichern. Der Hochschulleiter und ehemalige UN-Diplomat Gunter Pleuger will sich nicht zu den Details äußern, lässt aber ausrichten, dass er hinter dieser Entscheidung stehe.

Ein Mitglied des Gutachtergremiums reagiert irritiert. „Mich überrascht das schon“, sagt der Mann der taz. In der Uni-Leitung habe niemand widersprochen, als man das Ergebnis erläuterte. Ein anderer Gutachter sagt, die Bedenken der Kommission seien so durchgreifend gewesen, dass auch die Zusammenarbeit mit einer Medizinfakultät „keine wirkliche Verbesserung der Situation“ sein könne.“

Zum Weiterlesen:

  • Die Zauberschule an der Oder, taz am 14. März 2013

 

 

14 Kommentare

  1. Warum hält die Uni eigentlich so hartnäckig daran fest? Das Institut hat denen doch hauptsächlich Ärger eingebracht.

  2. Wie sangen Heinz Schenk und Hape Kerkeling so schön: „Peinlichkeit kennt keine Grenzen!“

  3. Das heftigste aus dem TAZ Artikel ist aber das hier:
    Zitat: „Das müsste die Wissenschaft erschüttern: Ein spezieller Aluminiumspiegel soll den Kontakt zu Außerirdischen ermöglichen, auch Gespräche mit Verstorbenen und Hellsehen. Ein Student des Weiterbildungsstudiengangs Komplementärmedizin im brandenburgischen Frankfurt an der Oder hat ihn in einer Masterarbeit überprüft. Er selbst und Bekannte hätten mithilfe des Spiegels in einer Vorstudie bereits „telepathische Kontakte“ gehabt. Nach einer Reihe statistischer Auswertungen seines Hellsehexperiments kommt der Verfasser zu einem klaren Fazit: „Die Wirksamkeit halte ich für erwiesen.“
    Schwachsinn? Offenbar nicht aus Sicht der Universität Viadrina. In einem Newsletter lobt sie die Arbeit als hervorragend, kündigt gar deren Publikation an.“

    Hier tut ja jemand alles dafür, schon wieder Spitzenkandidat für unser „Goldenes Brett“ zu werden.
    Vielleicht sollte die GWUP in diesem hartnäckigen Fall gleich den „Goldenen Bretterzaun“ verleihen.

  4. @ ratiogeraet: Gute Frage. Jetzt dürften sie aber so langsam soweit sein, eine Art Wagenburgmentalität zu entwickeln, „Alle sind gegen uns“ oder „Wir gegen den feindseligen Rest der Welt“. Die Märtyrer von Frankfurt/Oder…

  5. Hat sich die „taz“ nicht getraut, den Titel: „Hogwarts an der Oder“, zur Gänze zu klauen?…wahrscheinlich hatten die „Linken Revoluzzer“ Angst vor einer Abmahnung (nicht von der GWUP) ;-)

  6. Ich finde es erschreckend, dass die wissenschaftliche Redlichkeit und der Ruf der Viadrina so leichtfertig verhökert wird. Es ist eine Schande für die Universitätsleitung, dass dort Parawissenschaftler und Pseudowissenschaftler so ungeniert eine Bühne erhalten. Mir tun die Studierenden leid, die sich zukünftig bewerben werden und die Personaler dann immer ein kleines Lächeln auf den Lippen haben werden , wenn das Wort Viadrina fällt….

  7. @ Skeptikus
    “ Es ist eine Schande für die Universitätsleitung, dass dort Parawissenschaftler und Pseudowissenschaftler so ungeniert eine Bühne erhalten.“

    Genau, so sehe ich das auch.

    Leider ist zu befürchten, dass diese Verhältnisse in den nächsten Jahren mit der kommenden Generation noch schlimmer werden…

  8. Was spricht denn gegen eine ordentliche Clownausbildung? Ein Master mag übertrieben sein, aber man könnte für oben genannte Universität den Titel „Master of Universe“ einführen. :)

    Die Sache mit dem Aluminiumspiegel ist ganz einfach. Der wird mit LSD eingerieben und jeder der ihn berührt hat natürlich Kontakt mit seinen Vorfahren, natüüürlich… :) :)

    Jeder Student ist freiwillig dort und die „Ausbildung“ ist auch nicht schlechter, als man es bei jeder selbsternannten Hexe bekommen würde. Sinnvoll wäre es, wenn Themen wie der Kontakt des Bewußten zum eigenen Unbewußten fundiert hinterfragt würden, anstatt jeden Hokuspokus zu glauben.

    Die Personaler werden ihren Spaß it diesen Leuten haben. Und wer weiss, bei all dem Hokuspokus heutiger Wirtschafts“wissenschaften“ werden diese Menschen eine Nische finden.

    Ich kann darüber nur noch lachen, auch wenn es in jeder Hinsicht traurig ist und dem Rückfall ins Mittelalter gleicht.

  9. Die Studenten der „anständigen“ Fächer an der Viadrina müssen nicht gleich in Panik geraten. Vernünftige Personaler werden wissen, dass die „normalen“ Institute nicht das geringste mit dem (zu recht berüchtigten) IntraG zu tun haben. Der unvernünftige Rest – so was soll’s geben und ist angeblich für esoterisches recht offen – wird wahrscheinlich begeistert sein über die „Offenheit“ der Universität.

    Wir alle kennen die Verträge nicht, die Harald Walachs Stiftungsprofessur an der Viadrina zugrunde liegen. Von außen betrachtet sieht es aber so aus, dass die wissenschaftlichen Leistungen – selbst im Verhältnis zu den wenigen anderen komplementärmedizinischen Lehrstühlen – desolat sind (und auch so evaluiert wurden). Es ist daher schon befremdlich, dass sein Institut im Wesentlichen weitermachen darf wie bisher. Wurde da eine Chance vergeben, die Notbremse zu ziehen?

    Den letzten Absatz möchte ich nicht als Ruf nach mehr Kontrolle in den Wissenschaften verstanden wissen. Im Gegenteil, ich denke, dass „Freiheit der Forschung“ auch bedeutet, dass ein gewisses Maß an Unsinn akzeptiert werden muss. Bei einer privat finanzierten Stiftungsprofessur muss aber regelmäßig evaluiert werden, gegebenfalls auch mit Konsequenzen. Zu Ende gedacht wäre die Alternative nämlich, dass reiche Geldgeber sich eine ihnen genehme Forschung kaufen könnten.

  10. Ich versuche es mal mit dem Simile Prinzip:

    Ene Mene Globuli
    Das Intrag ist jetzt weg,
    das gab es NIE!
    Hexhex!!!

    Mist!

    Ich hol mal die Katze vom Nachbar.

  11. Ich möchte mal was sagen, was mir vielleicht manch einer übel nimmt. Wer jetzt noch an der Viadrina studiert, arbeitet oder lehrt, hat meiner Ansicht nach zwei Möglichkeiten. Entweder er sucht sich zeitnah eine andere Uni oder er muss damit leben, nicht ernstgenommen zu werden.

    Die Unileitung hatte nach dem Evaluierungsbericht die Möglichkeit zu reagieren. Hat sie nicht getan. Ergo kann ich davon ausgehen, dass das, was da abgeht, mit dem Segen der Unileitung geschieht. Damit kann ich diese Universität nicht mehr ernst nehmen.

    Wenn mir zukünftig jemand begegnen sollte, der mir erzählt, er studiert/arbeitet/lehrt an der Viadrina, so werde ich antworten: „Angenehm. Ich hab übrigens an einer echten Universität studiert.“ Und ich denke das ist die einzige Möglichkeit, so einem Treiben Einhalt zu gebieten. Das darf man denen nicht durchgehen lassen. Das ist einfach eine Schande für den Wissenschaftsbetrieb, das muss jeder einsehen, der Bildung und Wissenschaft ernst nimmt. Und wer da keine Konsequenzen zieht, der macht sich mitschuldig.

  12. @ Philippe Leick:

    „Zu Ende gedacht wäre die Alternative nämlich, dass reiche Geldgeber sich eine ihnen genehme Forschung kaufen könnten.“

    Das ist ja leider längst der Fall, die Tabakindustrie hat das exzessiv betrieben, andere haben davon gelernt.

    Zum taz-Artikel: Dazu haben die Frankfurter inzwischen einen „Faktencheck“ online stellt, der selbst eines Faktenchecks würdig ist:
    http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2013/03/03/der-unernst-der-wissenschaft-oder-die-unendliche-geschichte-mit-dem-kozyrev-spiegel-fortsetzungsfolge-3/#comment-4943

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