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Die One-Dollar-Verschwörung

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Nette Geschichte heute bei Spiegel-Online über die geheimnisumwitterte Symbolik der amerikanischen Ein-Dollar-Note:

Bei dem seltsamen Symbol auf der Dollarnote handelt es sich um das offizielle Siegel der Vereinigten Staaten. Allerdings nur um die wenig bekannte Rückseite. Auf der Vorderseite – auch des Dollarscheins – prangt der allgemein bekannte Weißkopfseeadler.

Die mächtigste Supermacht der Erde hat also zu ihrem Wappen eigens eine geheime (kaum bekannt ist ja fast das Gleiche wie geheim, oder?) Rückseite erschaffen, voll mit mysteriöser Symbolik. Dan Brown, übernehmen Sie!“

Nun ja, lassen wir Dan Brown besser phantasievolle Romane schreiben – und machen uns selbst an die Aufklärung dieses Mysteriums.

Es stimmt schon: Die amerikanische One-Dollar-Note ist für die Anhänger der Illuminaten-Weltverschwörung der Beweis dafür, dass der Geheimorden als allmächtige Schattenregierung auch heute noch existiert.

Das ist nicht wirklich verwunderlich, gilt der Ein-Dollar-Schein doch ohnehin als Kapitalismus-Symbol (und damit für „das Böse“ schlechthin). Ganz konkret aber macht sich dieser typische Kick in der Zwielichtzone des Verschwörungsdenkens an folgenden Punkten fest:

Die Behauptung: Auf der Vorderseite des Geldscheins prangt das Porträt George Washingtons. Falsch – behaupten Konspirologen. In Wahrheit handele es sich um den Illuminaten-Chef Adam Weishaupt. Denn Washington sei während seiner Amtszeit ermordet und planvoll durch Weishaupt ersetzt worden, der nach Amerika geflohen war.

Ein weiterer Beweis für diese These: Sowohl die Gründung der Illuminaten als auch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und damit die Geburtsstunde der USA datieren auf das Jahr 1776.

Was ist dran? Auf repräsentativen zeitgenössischen Gemälden von George Washington und Adam Weishaupt ist auch bei gutwilliger Betrachtung kaum eine Ähnlichkeit der beiden Personen zu erkennen, und schon gar keine „verblüffende“, wie Verschwörungsfans behaupten.

Dafür lässt sich das Washington-Konterfei auf der Dollarnote recht eindeutig auf die Arbeiten des Bildnis-Chronisten Gilbert Stuart zurückführen, der 1795 und 1796 einige Porträts des ersten US-Präsidenten malte. Das bekannteste davon ist im Museum of Fine Arts in Boston zu sehen. Außerdem war der Illuminaten-Orden anno 1776 noch wenig mehr als eine harmlos-verstiegene Idee ohne nennenswerten Organisationsgrad.

 Die Behauptung: Die Pyramide auf der Rückseite der Dollarnote (als Teil des großen Staatssiegels der USA = „The Great Seal“), die aus 13 Stufen besteht und deren Spitze ein Dreieck mit einem strahlenden Auge bildet, entspreche genau dem Siegel des Weishauptschen Illuminaten-Ordens.

Was ist dran? Zum einen gibt es keine Belege dafür, dass die Illuminaten besondere Symbole verwendeten – außer der Eule der Minerva, der römischen Göttin der Weisheit. Wer also dem ehemaligen Ingolstädter Geheimbund erstmals die Pyramide als „Siegel“ zuschrieb und aus welchen Gründen, ist nicht nachvollziehbar.

Naheliegend scheint auf den ersten Blick ein Zusammenhang mit freimaurerischen Einflüssen. Und historische Tatsache ist, dass die Mitglieder des Illuminatenordens zu rund einem Drittel auch Freimaurer waren. Aber: Illuminaten und Freimaurer sind nicht gleichzusetzen.

Ebenso wie die Freimaurer wandten sich die Illuminaten den freiheitlichen Idealen der Aufklärung zu. Allerdings war die Illuminaten-Gründung 1776 eine Art Rebound-Effekt zu dem weitreichenden Einfluss dogmatischen Einfluss der Jesuiten, vor allem an den Hochschulen. Die „Erleuchteten“ um Adam Weishaupt hatten eine eindeutig antiklerikale Struktur und ein politisches Ziel: den Absolutismus zu überwinden oder zumindest mit liberalen Ideen zu durchwirken.

Das sind zwei Elemente, die sie von den Alten Pflichten der Freimaurerei von 1723 deutlich unterscheiden. Denn die Freimaurer als Organisation machen keine Politik und verstehen sich auch nicht als Alternative zu einer Kirche oder Religion.

Und selbst wenn es so wäre: Die Pyramide an sich ist auch kein maurerisches Symbol – sondern nur das gleichseitige Dreieck, welches ein wesentliches Konstruktionselement vieler Kultbauten darstellt. Dass die Pyramide immer wieder mit der Freimaurerei in Verbindung gebracht wird, hat eher legendenhafte Gründe.

Da werden dann zum Beispiel die Steinmetze im alten Ägypten kurzerhand zu freimaurerischen Vorfahren erklärt, unter anderem deswegen, weil sie die ersten Mysterienbünde gegründet hätten. Das ist aber weit hergeholt und historisch nicht belegbar.

Was hingegen belegbar ist: In der allseits anerkannten und fundiertesten Sammlung von Freimaurer-Symbolik taucht die Pyramide gar nicht auf – im „Vergleichenden Handbuch der Symbolik der Freimaurerei mit besonderer Rücksicht auf die Mythologien und Mysterien des Altertums“ aus dem Jahr 1863.

Fairerweise muss man dazu sagen, dass heute manche Freimaurer selbst recht großzügig sind, wenn es um das Entdecken von Freimaurer-Symbolen geht. So soll etwa die Toblerone-Schokolade dreieckig sein, weil der Firmengründer Theodor Tobler Freimaurer war (Letzteres stimmt). Das macht es Gegnern der Freimaurerei natürlich leicht, in praktisch jedem Firmenlogo einen Beweis für die Weltverschwörung zu entdecken.

Aber zurück zur Dollar-Note: Tatsache ist, dass das „Auge der Vorsehung“ als Abschlussstein einer Pyramide in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein freimaurerisches Symbol war. Nachweisbar ist auch, dass von den Politikern, die 1782 im US-Kongress das Staatssiegel festlegten, Benjamin Franklin sowohl einer Freimaurerloge als auch den Rosenkreuzern angehörte.

Allerdings ist das dreieckige „Auge der Vorsehung“ mitnichten von den Freimaurern erfunden worden, sondern es handelt sich dabei um ein uraltes christliches Symbol für die göttliche Dreifaltigkeit, das oft in Kirchen zu sehen ist (zum Beispiel am Aachener Dom).

Die offizielle Lesart der One-Dollar-Symbolik ist denn auch eine ganz andere: Die Pyramide sei ein Sinnbild der Stärke und Beständigkeit, allerdings nicht vollständig, der Schlussstein, die Spitze, fehlt noch. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten noch im Begriff seien, zu wachsen und noch größer zu werden.

Unter dem Auge Gottes sollen geistige Entfaltungsmöglichkeit, Bildung und Freiheit der Wissenschaft gewährleistet sein. Die 13 Stufen der Pyramide entsprechen nicht den verschiedenen Rängen innerhalb des Illuminatenordens beziehungsweise den Stufen der Erleuchtung, sondern der Anzahl der Kolonien, die am 4. Juli 1776 ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärten und damit den Grundstein für den neuen Staatenbund legten.

Darauf weist auch die römische Jahresangabe „MDCCLXXVI“ (= 1776) am Fuß der Pyramide hin.

 Die Behauptung: Das Spruchband unter der Pyramide „Novus Ordo Seclorum“ („Neue Weltordnung“) bekräftige die Absicht der Illuminaten, durch Unterwanderung aller wichtigen Machtzentren die Weltherrschaft zu erlangen.

Was ist dran? „Novus Ordo Seclorum“ heißt übersetzt mitnichten „Neue Weltordnung“, sondern „Die neue Ordnung der Zeiten“.

Dieses Motto geht zurück auf den römischen Dichter Vergil, der in seiner berühmten 4. Ekloge (zirka 40 v. Chr.) die „Geburt eines neuen Weltenjahres“ ausrief. Auch die Gründer der Vereinigten Staaten von Amerika sahen 1776 ein neues Zeitalter aufgehen: Eine Ära, in der die Menschenrechte „Life, Liberty and the Pursuit of Happiness“ verwirklicht werden sollten.

Schon seit Beginn der Kolonisation Amerikas war der Gedanke bestimmend gewesen, in der „Neuen Welt“ eine vorbildliche religiöse, politische und gesellschaftliche Ordnung zu schaffen.

 Zum Weiterlesen:

  • Knigge, der heimliche Weltenlenker, Spiegel-Online am 8. September 2012
  • Sinn für Symbolismus, Skeptiker 1/2010
  • Die Schattenmänner, Skeptiker 4/2005
  • Illuminati in Ingolstadt: Alles nur Phantasie? GWUP-Blog am 27. August 2009
  • Bernd Harder: Elvis lebt! Lexikon der unterdrückten Wahrheiten. Herder-Verlag, Freiburg 2010
  • Uwe Ochsenknecht vertont skeptisches Buch, GWUP-Blog am 2. August 2010
  • „Verschwörungstheorien“ bei Hoaxilla

5 Kommentare

  1. Wenn diese Illuminaten existieren, dann sind diese Verschwörungstheorien eine Werbung für diese Gruppe, ich würde dieser Gruppe gerne beitreten, weil sie offensichtlich reich und mächtig wären.

  2. @ Randifan

    Reichtum und Macht scheinen immer noch viele Menschen zu faszinieren…

  3. Früher habe ich mich mit diesem Thema auseinandergesetzt aber auch mit anderen Verschwörungstheorien.

    Ich bin nach jahrelanger Recherche zum Schluss gekommen, dass es sich dabei um Dinge handelt, welcher sich die Menschen annehmen, damit ihnen nicht langweilig ist.

    Natürlich verstehe ich, wie es dazu kommt und ob was Wahres dran ist, kann ich auch heute nicht genau sagen, aber ich glaube immer weniger daran, dass die Illuminaten existieren. Wäre aber interessant vom Gegenteil überzeugt zu werden.

  4. Interessant.

    Ein hier nicht unbekannter Miet-Schreiberling (und Internet-Schmuddelkind) spekuliert ja inzwischen öffentlich darüber, ob die GWUP womöglich eine Illuminatenvereinigung ist, nachdem er das „Göttliche Auge“ oben links auf der Webpräsenz des GWUP-Blogs gesichtet hat…

    Müssen wir uns nun ernsthaft Sorgen machen, lieber Bernd Harder? ;-)

  5. Merkt man eindeutig, wie die Menschen gepolt sind, dass sie sich einer Gruppe anschließen nur weil sie Macht und Geld versprechen…

    armselig!!!

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