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Gott als Herr über tektonische Platten

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Endlich hat auch der Holocaust-Leugner und Spinner-Bischof Richard Williamson zur Erdbeben-Katastrophe in Japan gekräht.

Und auch bei diesem Thema reflektieren die Äußerungen des Pius-Bruders sinnfällig seinen Geisteszustand:

Wenn irdisches Leiden bremsend auf die Sünde wirkt und somit helfen kann, Seelen in den Himmel zu führen, dann kann Gott – welcher sicherlich auch Herr über die tektonischen Platten ist – ohne Schwierigkeiten die Leiden einsetzen, um die Sünden zu bestrafen“,

zitiert heute Die Welt den soutanentragenden Widerling.

Vielleicht, so geht der Wirrsinn weiter, hoffe Gott auf diese Weise zu erreichen,

… dass er nicht jenen Feuerregen auf uns niedergehen lassen muss, vor welchem seine Mutter Maria im Jahre 1973 im japanischen Akita warnte.“

Auch das noch: Akita.

Auch kath.net kann da nicht widerstehen und hebt wie folgt zur Sonntagspredigt an:

Das Epizentrum der derzeitigen Erdbeben in Japan befindet sich nahe einem Marienerscheinungsort, wo die Jungfrau Maria 1973 vor Naturkatastrophen gewarnt hat, die noch größer seien als die bereits geschehenen, wenn die Menschheit sich nicht bekehre.“

Dankenswerterweise hat bereits der Brights-Blog die richtige Antwort auf solchen Dummsinn gegeben:

Eine beeindruckende spirituelle Leistung, in der Qualität nicht schlechter als jene Weissagung, dass es im Dezember 2011 u.U. zu Schneefällen in Deutschland kommen werde.“

Aber nicht nur durchgeknallte Volksverhetzer a la Williamson und selbstgefällige US-Radiomoderatoren salbadern angesichts des Japan-Bebens von der „Strafe Gottes“ – auch „die Hardliner unter den deutschen Protestanten deuten das Drama in Japan als göttliches Zeichen“, schreibt Welt-Online in einem weiteren Beitrag.

Der Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, Pastor Ulrich Rüß, beklagt an anderer Stelle die „parteipolitische Nutzung“ der Katastrophe als „zynisch“ – hat aber offenkundig kein Problem damit, das Desaster religionspolitisch zu nutzen:

In Japan gehe es nicht nur um das erklärbare Naturphänomen der Verschiebung von Erdplatten und das menschliche Versagen der Erbauer und Betreiber von Kernkraftwerken, sagte Rüß weiter: Diese Katastrophe ist ein apokalyptisches Zeichen im biblischen Sinn. Es führe die Menschheit und den Einzelnen zu der Frage: Wer bist du, Mensch, und was will Gott uns und mir dadurch sagen?

Tja, was?

Das fragen sich derzeit auch weniger rückwärtsgewandte Kirchenvertreter, wie etwa der evangelische Theologe Prof. Dr. Werner Thiede von der Universität Erlangen-Nürnberg:

Es muss einen – wenngleich uns noch verborgenen – Sinnzusammenhang geben, der Gott als Liebe und das Leid in seiner Schöpfung auf einen Nenner zu bringen vermag. Wer das abstreitet, der leugnet den guten Gott – und damit jeglichen übergreifenden Sinn des Lebens und der Welt. Will man so weit nicht gehen, sollte man die Möglichkeit offenhalten, dass dieser Sinnzusammenhang sich schon inmitten dieser Weltzeit kundgetan haben könnte.“

Ach du lieber Gott, mag man da nur noch kopfschüttelnd ausrufen. Und auch wenn das Ganze alles andere als zum Schmunzeln ist, möchten wir Herrn Schwurbel-Prof Thiede hiermit einen angemessenen Rat geben, der etwas höflicher formuliert ist, als das bekannte Originalzitat von Dieter Nuhr.

Für alle anderen haben wir zwei Lesetipps:

  • „Wie Religionen von Katastrophen profitieren“ erklärte der Schriftsteller Daniele Dell’Agli schon vor einem Jahr, ebenfalls in der Welt.

Dell’Agli blickt erklärtermaßen „zuversichtlich“ dem Tag entgegen, da

…  man […] über den Missbrauch metaphysischer Bedürfnisse durch die sogenannten Religionen diskutieren wird.“

  • Im Blog des Schweizer Esoterik- und Religionskritikers Hugo Stamm geht es um die schlichte Frage: „Ist Gott ein Schurke?“

Der Beitrag entstand vor der Katastrophe in Japan und behandelt das Thema Misotheismus – passt aber trotzdem. Einige Passagen daraus:

Obwohl es manchmal persönlicher Unbill ist, der den Misotheismus hervorruft, so sind es häufiger apokalyptische Tragödien, wie die Massaker des ersten Weltkrieges, der Holocaust, Sklaverei, usw., die Schriftsteller und Philosophen zum Misotheismus treiben.

Diese Gotteshasser sind sich der Argumente zur Verteidigung Gottes wohl bewusst – all die Theodizeen, die angeblich die Existenz des Bösen (sowohl kriminelle Akte als auch Naturkatastrophen und Epidemien) erklären, ohne mit der Existenz eines allmächtigen, lieben Gottes zu kollidieren. Aber diese Erklärungsmodelle haben einfach keine Überzeugungskraft für die Misotheisten. Die Theodizee des freien Willens wird zum Beispiel oftmals herangezogen, um die Existenz des Bösen in einer von einem lieben Gott regierten Welt zu erklären.

Wenn Gott immer eingreifen würde, um dem Hass der Misotheisten vorzubeugen oder ihn abzumildern, dann würden wir in einer armseligen, unfreien Welt leben – so ungefähr geht das Argument. Die Theodizee des freien Willens selber wird dabei nicht in Frage gestellt.

Aber diese Theodizee zieht nicht in Betracht, dass der Entscheid Gottes, uns einen freien Willen zu geben, genauso determinierend ist wie jede andere göttliche Intervention; zweitens, wenn Gott nicht interveniert, wenn man ihn wirklich braucht, wofür ist er denn da?

Drittens, die Prämisse des freien Willens ist auch nur schon suspekt, weil sie nur auf Täter des Bösen zutrifft (und nicht einmal auf alle – einige Kriminelle sind krank und folgen nicht ihrem freien Willen, wenn sie Amok laufen), und überdies haben die Opfer selber fast nie einen freien Willen: Weshalb würde Gott den Kriminellen einen freien Willen zusprechen, aber nicht ihren Opfern?

Viertens, wenn es um Epidemien und Erdbeben geht, hat das mit freiem Willen überhaupt nichts zu tun, wohl aber mit Gott, denn dieser soll ja allmächtig sein, und wenn er es zulässt, dass eine Viertelmillion Haitianer in ein paar Minuten sterben, dann ist er Komplize an diesem Massenmord.

Hier, wie bei anderen Theodizeen, sagen die Misotheisten nein danke. Es gibt Gott, aber er ist ein Schurke, und wenn er das nicht ist, dann ist er zumindest unfähig oder korrupt.“

Zum Weiterlesen:

5 Kommentare

  1. Na genau auf DIESES theologische Blafasel der religiösen Spinner hab ich ja schon regelrecht gewartet – Hurrikan Katrina lässt grüßen! ( http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,373425,00.html )
    Man sollte die Floskel „So sicher wie das Amen in der Kirche“ abändern in „So sicher wie das Strafe-Gottes-Blafasel religiöser Spinner nach Naturkatastrophen“ … aber das ist dann wohl doch zu lang … :P

  2. Über „Gott“ ist schon viel gesagt worden.
    „Herr über tektonische Platten“ ist besonders fundamentalistisch-kreativ.

  3. Da kann man den „Gesandten des Herrn“ einfach nur raten: Spenden, Hilfe leisten aber wenn dabei nur solche Äußerungen herauskommen, lieber mal den Mund halten.

  4. Wenn religiöser Wahn als schwere psychische Krankheit gelten würde, müsste man große Teile der Bevölkerung wegen Gefahr der Eigen- und Fremdgefährdung wegsperren ;-).

  5. Paradoxum:
    Die einzige Entschuldigung für Gott ist, dass es ihn nicht gibt.
    Warum sind alle Götter tot?

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