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Verschwörungstheorien um das Japan-Beben

| 11 Kommentare

Haben Sie auch schon gehört, dass Charlie Sheen ein Opfer der Illuminaten ist?

Der „Two and a Half Men“-Star ist nämlich keineswegs selbst für seinen beispiellosen Karriereabsturz verantwortlich.

Nein, die Wahrheit ist: Weil Sheen sich damals kritisch zu den politischen Folgen von 9/11 geäußert hatte, wird er jetzt von Geheimbünden unter Drogen gesetzt und Stück für Stück öffentlich demontiert.

So etwas liest man derzeit tatsächlich in den Kommentarspalten der großen Online-Medien. Und dieses Beispiel mag illustrieren, wie Konspirologen ticken.

Dinge geschehen nicht einfach so. Sondern sie müssen eine Ursache haben. Oder noch besser: von jemandem verursacht worden sein. Dieser Personalisierungsbedarf spielt anscheinend eine große Rolle bei Verschwörungstheorien:

Wir wollen ein Gegenüber, wir wollen, dass jemand verantwortlich ist“,

hat die WAZ dazu mal geschrieben.

Gibt es noch weitere Gründe, warum Verschwörungstheoretiker sich Ereignisse wie die Japan-Katastrophe sofort zur Beute machen?

Nehmen wir zu deren Gunsten mal an, dass es dabei auch um Bedürfnisse wie Angstbewältigung und die Reduktion von Unsicherheit geht.

Um ein solch monströses, erschreckendes, aufrüttelndes Geschehen vollumfänglich zu verstehen, müsste man zumindest in Grundzügen etwas über Seismologie und Geophysik wissen. Das tun aber wohl die Wenigsten. Und daher ist es leicher, eine Art Glaubenssystem zu konstruieren, als sich darüber Gedanken zu machen, wie die Welt tatsächlich funktioniert. Denn

… gerade in einer Informationsgesellschaft wissen die Menschen immer weniger“,

sagt der Münsteraner Kommunikationswissenschaftler Prof. Joachim Westerbarkey:

Die Menschen werden jeden Tag verunsichert. Das Nachrichten-Angebot ist schier unendlich und offenbart uns die ganze Komplexität einer Welt, die wir immer nur sehr begrenzt verstehen können.“

Also muss das Verwirrende und Beängstigende an einem Desaster wie in Japan anders verarbeitet werden, um das persönliche Wohlbefinden und so etwas wie intellektuelle Sicherheit wiederherzustellen. Und das führt zu dem, was wir gegenwärtig beobachten können.

Nicht etwas Abstraktes wie „die Natur“ ist für die Tsunami- und Erdbebenfolgen verantwortlich – sondern konkrete und benennbare „Verursacher“.

Also zum Beispiel eine amerikanische Erdbebenwaffe (HAARP), mit der die USA den ökonomischen Konkurrenten ausschalten wollte. Andere Version: Das Meer habe sich für die „kriminelle Abschlachtung der Wale“ an Japan gerächt.

Hieran sieht man sehr deutlich, dass Verschwörungstheorien ein Sinnkonstruktionsmittel darstellen.

Sowohl in persönlichen wie auch in kollektiven Krisenzeiten wächst massiv dieser Wunsch, alles zu vereinfachen. Simple Antworten zu haben auf komplizierte Fragen und Zusammenhänge. Zugleich stärkt dieses vermeintlich geheime Wissen um die „wahren“ Ursachen und Drahtzieher aller Krisen das Selbstwertgefühl, weil man sich als „Eingeweihter“ fühlen und auch nach außen hin darstellen kann.

Klar, niemand lebt gerne mit Widersprüchen und Uneindeutigkeit. Und doch ist gerade dies das Mittel der Wahl gegen die verschwörungstheoretische Versuchung: Unsicherheiten auszuhalten, sich mit Unverständnis abzufinden.

Noch Ende letzter Woche hat mir ein Journalist folgende Frage gestellt:

Wenn Sie eine bestimmte Verschwörungstheorie mit einem Mal aus der Welt räumen könnten, welche wäre das dann?“

Heute würde ich darauf antworten: Alle, in denen die Opfer einer Katastrophe nachträglich noch verhöhnt werden, indem man sie für einen spinnerten Ego-Trip instrumentalisiert.

Zum Weiterlesen:

11 Kommentare

  1. Esowatch vermutet, das Godzilla an allem Schuld ist;-))
    http://blog.esowatch.com/?p=3054

  2. So, jetzt reicht’s.
    Jetzt ist gerade einmal eine gute Woche seit dem Erdbeben vergangen (ein Freund von mir ist seit gestern mit Frau und Kindern (Japaner) aus Utsunomiya (was nur ca. 120km von den Fukushima-Reaktoren entfernt ist) übergangsweise und sicherheitshalber nach Deutschland gekommen) und schon sprießen sie wieder, die Verschwörungstheorien…

    Ich bin schon seit einiger Zeit stiller Leser vom GWUP-Blog und habe lange überlegt, ob ich durch eine Mitgliedschaft die GWUP unterstützen soll.
    Dieses grauenhafte Japan-/Erdbeben-/AKW-VT-Geschwurbel (teilweise unter schamloser und perfider Ausnutzung der Opfer und auf deren Kosten) jener euch wohlbekannten Menschentypen (welche sich leider auch unter meinen Bekannten und Verwandten befinden) war nun der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hat und dies hat mich heute dazu veranlasst meinen Mitgliedsantrag an die GWUP in den Briefkasten zu werfen. :)

    Ich hoffe, man nimmt mich wohlwollend auf, auch wenn ich aus zeitlichen Gründen wohl eher ein passives Mitglied sein werde.

    Gruß,
    Sebastian (Spitz-/Nickname „Piepsi“)

  3. @Piepsi: Ich fürchte, ich kann Ihre Reaktion nicht recht nachvollziehen.

    Sie kritisieren uns dafür, dass wir diejenigen kritisieren, die auf Kosten der Opfer ihren esoterischen Ego-Tripp reiten? Oder verstehe ich das falsch?

  4. @ Bernd:

    ich glaube, er meint mit Geschwurbel nicht die Texte der GWUP … ganz im Gegenteil!

  5. Ja, Sie verstehen mich komplett falsch, das Gegenteil ist der Fall:
    Ich kritisiere nicht Sie, sondern die Schwurbler, die Nicht-Skeptiker, die irgendwelche völlig hanebüchenen, unlogischen Geschichten herauskramen und keinerlei rationales Denken zulassen.
    Ich spielte schon länger mit dem Gedanken, der GWUP beizutreten, die Japan-Katastrophe und das Drumherum hat mir nun den letzten Schubs dazu gegeben. :)

    Entschuldigung, wenn ich mich da vielleicht etwas unverständlich ausgedrückt habe, ich wollte nur meine Beweggründe zur Mitgliedschaft aufzeigen, da gab es wohl noch ein kleines emotionales Nachbeben meinerseits. :)

    Gruß,
    Piepsi

  6. @Bernd Harder: Man kann im ersten Augenblick den Eintrag von Piepsi als Kritik an den GWUP lesen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Ihm ist die Hutschnur über all den grausigen Verschwörungstheorien und dem Eso-Geschwurbel über das Desaster in Japan hochgegangen.

    Und deshalb hat er nach Jahren als stiller Mitleser, den Antrag auf GWUP-Mitgliedschaft gestellt.

    Über den ganzen Verschwörungstheorien und dem ganzen ekelhaften Rotz kann man ja auch nur die Sinnkrise kriegen.

  7. Verzeihung, aus unerfindlichen Gründen habe ich statt „Briefkasten“ wohl „Papierkorb“ gelesen – gutes Beispiel für Wahrnehmungstäuschungen. Dann herzlich willkommen bei den Skeptikern!

  8. Shit happens… :D
    Und Danke für den Willkommensgruß!
    Ich freu mich schon. :)

  9. Den vor dem Hintergrund der Katastrophe nurmehr makabren para-medialen Narrenzirkus verschwörungswahnhafter Provenienz einschlägig mit Sarkasmus zu kommentieren, ist eine würdige Aufgabe, derer sich der Kollege Harder mit gewohnter Treffsicherheit unterzieht.

    Exemplarisch für in gewissen politischen Milieus ernsthaft und sogar mit „wissenschaftlichem Anspruch“ diskutierte „Enthüllungen“ über die „tatsächlichen Hintergründe“ des japanischen Erdbebens und der darauf folgenden, selbstredend mit Vorsatz und Bedacht verursachten, Atomkatastrophe mag des weiteren die unter folgendem Link erreichbare Veröffentlichung stehen:

    http://arbeiterfotografie.com/japan-11-03-11/index-japan-11-03-11-0001.html

    Leider entfaltet die Seite der „Arbeiterfotografie“, die sich als Nachfolgerin einer altehrwürdigen Kulturorganisation der Arbeiterbewegung versteht, einige Wirkung innerhalb des linken Spektrums, dem derzeit die letztverbliebene Vernunft mit selbstreferentiellen Konspirationsmodellen ausgetrieben zu werden scheint. Eine dem aufklärerischen Diskurs dienliche Aufgabe für die GWUP als wissenschaftlicher Methodik verpflichteter Skeptiker-Organisation mit hohem Kompetenzgrad wäre über den reinen Medienblog hinaus, die in solchen Publikationen wie der oben genannten enthaltenen fachlichen oder scheinbar fachlichen Hypothesen einer entsprechenden fachwissenschaftlich-kritischen „Inspektion“ und Analyse zu unterziehen, was hiermit als Schwerpunktthema für eine der nächsten Skeptiker-Ausgaben angeregt sei.

  10. Aufmerksam verfolge ich dieses blog und bin immer wieder überrascht, wie vielseitig und bunt die Themenvielfalt ist. Von A wie Aberglaube über P wie Paraskeptiker bis hin zu Wissenschaft der Wunder oder Wunder der Wissenschaft (wie man es jeweils meint) reicht die Palette.

    Auch die vielen Kommentare geben doch recht gut ein Bild darüber ab, daß sich in unserem Land auch einfache Leute mit klarer einfacher Sprache viel für diese Themen interessieren und auch eine Meinung dazu haben, und nicht nur die hochverschulten, die oft alles besser wissen, sich hier melden.

    Was allerdings Hans-Detlev v. Kirchbach hier meint (vorstehend) mit „Eine dem aufklärerischen Diskurs dienliche Aufgabe für die GWUP als wissenschaftlicher Methodik verpflichteter Skeptiker-Organisation mit hohem Kompetenzgrad wäre über den reinen Medienblog hinaus, die in solchen Publikationen wie der oben genannten enthaltenen fachlichen oder scheinbar fachlichen Hypothesen einer entsprechenden fachwissenschaftlich-kritischen “Inspektion” und Analyse zu unterziehen“ habe ich nicht verstanden, ist das bereits skeptisch?
    Auch was er mit „Nachfolgerin einer altehrwürdigen Kulturorganisation der Arbeiterbewegung“ hier an dieser Stelle meint, habe ich nicht ergründen können. Ob er auch reden kann wie die vielen anderen Leute hier: Wie einem der Schnabel gewachsen ist?

    Ich würde es ja gern verstehen, auch das Skeptische, das lag schon der Mutter so sehr am Herzen, bis es beerdigt wurde, Vater wurde nur 66, wo eigentlich das Leben erst anfängt. Der war sehr gern skeptisch, ich hab leider nicht immer hingehört.

    Das versuche ich jetzt hier. Mal sehen, so sieht es erst mal gut aus.

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