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Der nächste Spinnkram: „Bella Luna“

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Auch das noch: Kaum ist der Pilot von „Das Medium“ quotentechnisch abgestürzt, steht uns eine Art gedruckter Spin-of (oder vielleicht besser: Spinn-off) des TV-Spuks ins Haus.

Ein stetig anschwellender Mainstream des Bescheuertseins spült am 17. November eine neue Frauenzeitschrift ans Kiosk, meldet heute der Mediendienst kress.de:

Bella Luna richtet sich an Frauen ab 30 mit ,Interesse an spirituellen und esoterischen Themen‘ – wie Mondkalender, Horoskope, Schutzengel, Traumdeutung oder unerklärliche Phänomene. Titelgeschichte der ersten Ausgabe ist ,Ich habe schon einmal gelebt!‘

Um dem Unterfangen der Bauer Media Group die Anmutung des Schwachsinns zu nehmen, kommt das 1,90-Euro-Blättchen wie jeder andere Yellow-Press-Titel daher – nur die Headlines unterscheiden sich geringfügig.

Satt „Die neue Super-Schlank-Suppe“ (Bella) blurbt uns vom Bella-Luna-Cover die Zeile „Pfunde weg! Abnehmen mit den Göttinnen“ entgegen. Statt „Versetzen Sie Berge – Die Kraft der positiven Gedanken“ (Bella) gibt in Bella Luna der charmante Schluri Geller Tipps zum Thema „So bündeln Sie Ihre Energie!“

Statt wohlfeilen Psychologen-Ratschlägen zu Problemlagen wie „Plötzlich war mein Mann mir fremd“ (Bella) vermittelt Bella Luna ihren Leserinnen lieber gleich einen „Kontakt ins Jenseits“. Gewissermaßen wider den einfachen Hausverstand des Mutterblattes – gleichwohl Reportagen wie „Mein Schutzengel hat mir das Leben gerettet“ dieselbe verbale Rüschendecke über die Realität legen wie Bella, Goldenes Blatt und Co.

Sinnliches und Außersinnliches soll in der neuen Eso-Postille anscheinend miteinander versöhnt werden. Man könnte es aber auch so sagen: Seit mit der Erfindung des elektrischen Lichts Seancen aus der Mode gekommen sind, schreiten andere „mediale“ Formen von gepflegtem Dachschaden zügig voran.

Wen um Himmels Willen interessiert so etwas?, fragte sich die Journalistin Jenni Zylka schon im Sommer, als eine rosarote Seifenblase namens Happinez-Magazin an den Start ging.

Schwer zu sagen. Vielleicht Leserinnen, die sich so das Gefühl zurückholen wollen, dass es das lockende Fremde und Unbekannte noch gibt, welches sie aus dem grauen Alltag herausholt? Ob zum Sex mit Aliens oder zum früheren Leben als Aztekenprinzessin.

Kulturkritiker machen üblicherweise gesellschaftlich instabile Zustände und mangelnde politische Glaubwürdigkeit für das gefühlige Esoterik-Geschwafel verantwortlich. Medienchefs wie etwa Jörg Hausendorf von der Bauer Women GmbH salbadern dagegen etwas von der „Suche nach spiritueller Tiefe“.

Na ja, das mit der Tiefe stimmt schon, irgendwie. Der Grad der Absurditäten in diesen Spinnkram-Blättern entspricht einer nach unten offenen Richter-Skala.

Zum Weiterlesen:

  • Happinez – Handlesen leicht gemacht, Mutterwitz-Blog am 11. Juni 2010
  • Häppchen für den Hai: Bella Luna ist da, GWUP-Blog am 23. November 2010

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