Gleich zwei große Programmzeitschriften für die übernächste Woche haben das Thema „Die Macht der Wunder“ auf dem Titel – Gong und Hörzu. Kein Wunder (har, har …), startet doch am 26. Oktober um 20.15 Uhr die dreiteilige ZDF-Doku „Macht der Wunder“.
In der ersten Folge geht’s um „weinende Madonnen“, insbesondere um die berühmte Gospa-Statue von Civitavecchia. Und immerhin kommt – sowohl in der Sendung als auch im Gong– und Hörzu-Vorbericht – der Chemiker Luigi Garlaschelli von den italienischen Skeptikern zu Wort.
Manchmal gibt es auch eine natürliche Erklärung für ein sogenanntes Wunder“,
wird der CICAP-Falluntersucher äußerst knapp in der Hörzu zitiert.
Hmmm, „manchmal“?
1999 veröffentlichte Garlaschelli den Aufsatz „Chemie der Wunder“ in einer renommierten Fachzeitschrift. Darin schrieb er unter anderem:
Die bekannteste der weinenden Madonnen war die von Civitavecchia in der Nähe von Rom. Forensische und röntgenologische Analysen bewiesen, dass sie aus massivem Gips war und die Flecken von richtigem Blut stammten. Dutzende von Zeugen, unter ihnen der Bischof der Stadt, „sahen“ die Statuette weinen.
Nichtsdestotrotz besteht immer noch Anlaß für ernste Zweifel: Es wurde gefunden, dass das Blut von einem männlichen Wesen stammte, und zudem sahen die Fotografien der Blutflecken, die unmittelbar nach dem ersten „Weinen“ aufgenommen wurden, exakt genauso aus wie die, die nach zwölf weiteren vorgetäuschten Malen des „Weinens“ gemacht wurden.
Der Bischof verweigerte immer seine Erlaubnis, einen DNA-Vergleichstest bei den männlichen Mitgliedern der Besitzerfamilie machen zu lassen. Somit erscheint ein anfänglicher Trick, gefolgt von einer Massenselbsttäuschung, sehr wahrscheinlich.“
Wie man eine effektvoll „weinende“ Marienstatue selbst herstellen kann, erklärte der „passionierte Entzauberer“ (Wiener Zeitung) auch gleich:
Was gebraucht wird, ist eine hohle Statue aus einem porösen Material wie Gips oder Keramik. Die Ikone muss mit einem undurchlässigen Überzug glasiert oder gestrichen werden. Wird die Statue dann durch ein kleines verstecktes Loch mit einer Flüssigkeit gefüllt, wird das poröse Material die Flüssigkeit adsorbieren, aber die Glasur verhindert, dass die Flüssigkeit austritt.
Wurde die Glasur jedoch an den oder um die Augen herum unmerklich weggekratzt, werden tränenähnliche Tropfen austreten, als ob sie mit einem dünnen Luftstrahl herausgedrückt würden. Wenn der Hohlraum hinter den Augen klein genug und die ganze Flüssigkeit herausgetropft ist, bleiben davon nahezu keine Spuren mehr in der Ikone zurück. Als ich diese Idee testete, erwies sich dieser Trick als sehr zufriedenstellend: rätselhaft für alle Zuschauer. Natürlich könnte der gleiche Effekt auch mit anderen Methoden erzielt werden.“
Dass auch beim „Übersinnlichen“ meistens die Chemie stimmt, hat Garlaschelli daneben für diverse Verflüssigungen wie das „Blutwunder von Neapel“ und sogar fürs Turiner Grabtuch nachgewiesen.
Was am Ende das Fazit der ZDF-Reihe sein wird, wissen wir noch nicht. Gong und Hörzu ergehen sich dazu in den üblichen Allgemeinplätzen, wie „Es könnte mehr Dinge zwischen Himmel und Erde geben … “ oder „Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind“.
Was die GWUP zum Thema „Wunder“ sagt, finden Sie hier.
Zum Weiterlesen:
- Ingo Kuchenbuch: Warum sich der Löffel biegt und die Madonna weint, humboldt/Schlütersche 2008. Leseauszug hier
- Bernd Harder: Wenn Heilige weinen, Telepolis vom 25.12. 2005
- Gruber/Oberhummer/Puntigam: Wer nichts weiß, muss alles glauben. Ecowin 2010