Von vielen unbemerkt, startete im Januar das EU-Forschungsprojekt CAMbrella, das sich mit ,„komplementärer“ und „alternativer“ Medizin (engl. complementary and alternative medicine, CAM) befasst. Die Maßnahme wird mit 1,5 Millionen Euro gefördert. Nun könnte man fragen, ob hierdurch vielleicht Edzard Ernst seine Arbeit fortführen kann, der wie kaum ein anderer Kompetenz und langjährige Verdienste in diesem Bereich vorweisen kann. Das wären ja gut investierte Forschungsgelder in das 7. Rahmenprogramm der Europäischen Kommission, das seit 2008 läuft.
Ernsts Lehrstuhl sucht man in der Liste der geförderten Einrichtungen allerdings vergebens. Dafür liest man dort den Namen Charité Berlin, zuletzt gefördert von der Carstens Stiftung. Koordiniert wird das Projekt an der Technische Universität München, deren Mitarbeiter Klaus Linde sich im Internist (1999, 40:1271–1274) zur Homöopathie so äußert:
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Homöopathie ein wenig plausibles Verfahren (….) Die geringe Plausibilität darf aber nicht zu einer Ablehnung a priori ohne vorurteilslose empirische Prüfung führen, besonders angesichts der enormen Verbreitung der Homöopathie.
Verbreitung oder „Erfolge“ als Kriterium statt Plausibilität? Was wird von den Anwendern als Homöopathie angesehen? Immerhin 17% der Deutschen wissen, was Homöopathie ist. 74% sagen dagegen, Homöopathie sei mit Naturheilkunde oder Heilkräutern gleichzusetzen. Ein kurzer Realitätscheck: Wir finden hier „natürliche“ Beispiele, wie Arsen, Antimon, Anilin, Blei, Cyanid, Phosphor, Quecksilber, Eiter, Extrakte von Mutterkorn, Osterluzei, Knollenblätterpilzen, Hundekot oder Bier.
Aber der CAMbrella-Koordinator aus der TU München heißt ja nicht Linde, sondern Wolfgang Weidenhammer. Kurzes Googeln und voilá: Die Carstens-Stiftung – hatten wir die nicht schon? – wirbt für sein Buch Das Chronische Erschöpfungssyndrom in der naturheilkundlichen Rehabilitation. Und in einer Pressemitteilung beim Blog Neuraltherapie schreibt er:
CAMbrella wird einen erheblichen Beitrag leisten, dem Defizit bei der Forschungsförderung in diesem Bereich der Medizin entgegenzuwirken. Denn seit 1996 gab es dafür in Deutschland keine öffentlichen Forschungsgelder mehr.
Projektleiter Weidenhammer schreibt in seiner tiefen Weisheit im Ärzteblatt weiter:
Es mag sein, dass ein großer Teil der komplementären Verfahren überwiegend auf unspezifischen Effekten beruht. Die Forschung in diesem Bereich zeigt aber mehr und mehr, dass diese (…) alles andere als irrelevant sind, physiologische Korrelate besitzen können und qualitativ und quantitativ zwischen den verwendeten Methoden stark variieren.
Alles verstanden? Siehe Edel-CAM Homöopathie: Homöopathisches Nichts verwandelt sich überwiegend unspezifisch … in ein „physiologisches Korrelat“. Und jetzt gibt es dafür neben der Förderung durch Stiftungen endlich auch Steuergelder!
Wären da noch die Projektziele (Objectives): Ein „Netzwerk“ – klingt immer gut – für Forschung etablieren. Dann eine konsensbasierte Terminologie entwickeln … hmmm. Eine Wissensbasis über die Nachfrage erstellen – ok, Marketing kann man ja für alles machen. Außerdem den juristischen Status von CAM klären. Anschließend mehr über Bedarf (hatten wir das nicht oben?) und Überzeugungen der EU Bürger herausfinden.
Aus alledem soll als Ergebnis eine „Roadmap“ durch acht Arbeitspakete erstellt werden … Moment mal! Habe ich da was übersehen? Da steht bestimmt irgendwo auch das Ziel herauszufinden, ob CAM-Verfahren wirksam sind … vielleicht in einem Nebensatz … nebem dem juristischen auch etwa der medizinische Status … irgendwie scheint da etwas untergegangen zu sein. Möglicherweise ist das aber auch egal in der Welt der Feinstofflichkeit.
Aber keine Sorge, schließlich hat CAMbrella ja ein Beratungsgremium, ein „Advisory Board“. Dort sind nach eigenen Angaben die wichtigsten Stakeholder vertreten: Konsumenten, Ärzte, klinische Anbieter und Hersteller von CAM Medizinprodukten. Da sollen einmal die Skeptiker sagen, das sei hier eine von der EU finanzierte Lobbyarbeit, die einem bestimmten Klientel dient ….
20. März 2010 um 17:20
Wichtig auch die Lagerung von h. Arzneien: http://praxisdrreitz.de/homoopathie/lagerung-homoopathischer-medikamente/
Dr.-Titel sind auch nicht mehr viel wert :(
20. März 2010 um 20:25
… Umbrella Corporation?
21. März 2010 um 09:08
Europaweit etwa 1 Milliarde Umsatz mit meist wirkstofffreien homöopathischen „Arzneien“, dazu allein in Deutschland ein paar weiter Milliarden für Alternativtherapien, die nicht von den Kassen finanziert werden, und noch ein paar Milliarden, die das solidaritätsfinanzierte Kassensystem tragen muss, nachdem in den 1970er Jahren die Anthroposophen- und Homöopathen-Lobby den Zeitgeist mißbrauchte, und mit geballtem Einsatz die wirtschaftlichen Erfolge von Heel, Weleda, Wala, DHU sicherte.
Zwar haben die vergangenen vier Jahrzehnte gezeigt, dass ein tragfähiger Wirksamkeitsnachweis für die Homöopathie u. a. Alternativtherapien weiter entfernt ist denn je, aber sie haben auch verdeutlicht, dass es nicht mehr wichtig ist, die Fakten auf seiner Seite zu haben, sondern das bessere Marketing.
Mehr denn je lebt die Homöopathie – und in ihrem Fahrwasser noch jede Menge anderer SnakeOil-Verfahren – von der herbeiargumentierten Lobotomie des Patienten, dem seit Jahren die Mär von der absoluten Individualität jedes Krankheitszustandes (und, dadurch begründet, die Untauglichkeit wissenschaftsmedizinischer Beurteilungsverfahren) mit der gleichen Penetranz eingehämmert wurde, wie die angebliche Sicherheit der Rente.
Und weil mantra-artiges Wiederholen selbst der dümmsten Klischees irgenwand dazu führt, dass man auch den größten Mist glaubt, wird Europa seit Jahren – hartnäckig wie die Pest – von Vandalen-Horden mit ihren Pendeln, mopsigen Buddha-Figürchen und hochwirksamen Zugerkügelchen heimgesucht, da nicht nur Hinz, sondern mittlerweile auch Kunz die Betreuung durch den persönlichen Schamamen und die tägliche Ration Regentanz, mittlerweile als unabdingbar für Seelen- und Körperheil ansehen.
Und genau das ermittelt ja auch die Spitzenforschung in Sachen „CAM“, in deren Namen Frau Witt an der Berliner Charité mit ihren Nonsense-Forschung Millionen verschleudert, und so ganz herausragende Ergebmisse produziert:
„Wer zusätzlich zur wissenschaftmedizinischer Betreuung auch sein ganz persönliches, wirkstofffreies Arzneimittelchen aus der Hand des Homöopathen erhält, fühlt sich besser!“
Nur, reicht das schon, um mehr oder weniger okkulte Denksysteme gegen jede Vernunft zu verteidigen ? Müsste da nicht ein bißchen mehr sein, als persönlicher Fetisch und lausige Datenlage, angesicht der ganz realen Diskussion um die Finanzierbarkeit medizinischer Maßnahmen für Jedermann ?
Oder geht es bei den Forschungsvorhaben zur CAM vielmehr um den Versuch, eine Schamanen-Medizin zu etablieren, die es ermöglicht, dem Patienten irgendwann ohne schlechtes Gewissen zu sagen:
Wieso jetzt auch noch eine teure PET-Diagnose ?
PET und Pendel ?
Beides geht nicht ! Und ihr wolltet doch das Pendel…
21. März 2010 um 20:57
Der deutsche Staat gab hunderte Millionen Euro für die Schweinegrippeimpfungen aus und nur wenige Bürger ließen sich impfen. Da sind die Anderthalb Millionen Euro für die Erforschung der Paramedizin eine Kleinigkeit.
22. März 2010 um 23:57
@Randifan
Das mag stimmen, aber die Kritik an den 1,5 Mio wird ja nicht unplausibel, weil der Staat woanders Geld verschwendet hat. Oder sind jetzt alle Geldverschwendungen < 100 Mio EUR in Ordnung?
23. März 2010 um 13:12
@Skeptikus
Wenn für die Schweinegrippeimpfung und Tamiflu so viele Steuergelder unnötig verpulvert wurden, dann kann es nicht verhindert werden, wenn Steuergelder für Paramedizin verschwendet wird. Die Lobbys der Pharmaindustrie und Paramedizin sind sehr einflussreich.
27. März 2010 um 22:57
Ich verstehe die Ablehnung von wissenschaftlicher Forschung in diesem Kontext nicht!
Es hat auch Zeiten gegeben, da war es Stand der Wissenschaft, dass die Erde eine Scheibe ist!
Wissenschaftlicher Fortschritt hat auch viel mit der Bereitschaft zu tun, alte Vorurteile zu verlassen und neugierig hinzusehen.
Es gibt im Kontext der Naturheilkunde durchaus gesicherte Wirkungsnachweise – siehe z.B. Studien der Fa. WALA zu einzelnen Arzneimitteln, die klassischen medizinischen Kriterien entsprechen.
Im übrigen gibt es natürlich gottseidank noch die Effekte der „Droge“ Arzt/Ärztin – Heilpraktiker/Heilpraktikerin, die mit Zuwendung, Empathie, Ermutigung… zu tun hat. Dies als unwissenschaftlich abschaffen zu wollen, scheint mir ähnlich absurd wie die Idee, dass Eltern ihre Kinder nur noch materiell versorgen und ihnen nicht mehr mit Liebe und Zuneigung begegnen, weil letzteres nicht wissenschaftliche messbar ist. Ich vermute, dass hier niemand die positiven Effekte des letzteren als absolut notwendig in Zweifel zieht.
Sinnig ist es, neben der Synthese von Einzelaspekten sachlich auf diese Elemente zu schauen:
Welche Therapie für welche Indikation für welche Patienten?
Wo steht der Patient/die Patientin tatsächlich im Mittelpunkt?
Wo werden Patienten entmündigt und instrumentalisiert?
Wo werden Patienten motiviert, selbst aktiv zu werden für ihre Gesundheit?
…….
5. April 2010 um 22:02
Wenn man auf alle Inhaltsstoffe der Impfungen allergisch ist, dann ist man sehr froh, dass immer häufiger Komplementärmediziner den Mut haben (trotz Anfeindungen von der Schulmedizin) den Sensiblisierten ungiftige Supplementierungen zur Mangelbehebung und Homöopathie, Ozontherapie und hochdosierte Vitamin C Infusionnen (Pascorbin) zu verabreichen.
Man stelle sich vor, die Österr. Kassen finanzieren Cevitol-Infusionen mit 1000mg Vitamin C als verschreibbare Alternative, wo 5 Stück 2,75 kosten. Damit könnten sie alle Grippeerkrankten in kürzester Zeit kostengünstig wieder arbeitsfit machen. Doch die Kassen-Ärzte verabreichen lieber Impfungen, Antibiotika und Tamiflu, mit all seinen Nebenwirkungen, da es angeblich EvidenceBasedMedizin ist. Verträgt aber ein Patient diese Medikamente nicht, dann muß für den Notfallmediziner eine Patientenverfügung vorliegen, sonst könnte/müsste/dürfte er die Pascorbin-Infusionanlegung ablehen.
Kein Witz! Alltagserfahrung!
Siehe auch unter http://www.csn.de welche Chancen und Rechte Chemieallergiker haben, nämlich keine!