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Voynich-Manuskript: Geheimnis oder Geschwafel?

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Das Voynich-Manuskript gilt als eines der rätselhaftesten Bücher überhaupt. Das handgeschriebene Werk ist in unbekannten Buchstaben verfasst und zeigt Bilder, deren Bedeutung noch niemand schlüssig erklären konnte. Das Alter des Buchs ist nicht bekannt, wird aber meist auf etwa 500 Jahre geschätzt. Zudem ist völlig unklar, ob es sich beim Inhalt um einen verschlüsselten Text oder lediglich um eine unbekannte Schrift handelt.

Voynich-Manuskript, Detail einer Illustration

Voynich-Manuskript: Ausschnitt einer Illustration. (Quelle: Wikipedia)

Angesichts dieser Faktenlage verwundert es kaum, dass bereits seit Jahrzehnten unterschiedlichste Theorien kursieren. Neben namhaften Wissenschaftlern haben auch zahlreiche Vertreter der Parawissenschaften – unter anderem Erich von Däniken – Erklärungsversuche veröffentlicht. Die Spekulationen reichen von einem mittelalterlichen Werk, das ein Umschreiben der Wissenschaftsgeschichte erforderlich mache, bis zu einer geschickten Fälschung aus dem frühen 20. Jahrhundert.

Klaus Schmeh, Informatiker, Autor und GWUP-Mitglied, will in seinem Vortrag „Das Voynich-Manuskript. Das Buch, das keiner lesen kann“ bei der GWUP-Konferenz verschiedene Theorien beleuchten und so etwas Licht ins Dunkel bringen. Wir sprachen mit dem Kryptografie-Experten über seine Sicht auf das geheimnisumwitterte Schriftstück.

Klaus, was steht denn jetzt im Voynich-Manuskript: Die besten Rezepte für Omas Käsekuchen oder die Anleitung für den Weltfrieden?

Klaus Schmeh: Das weiß niemand so genau, weil bisher noch niemand die seltsamen Buchstaben entschlüsselt hat. Die wahrscheinlichste Lösung ist, dass es sich dabei um bedeutungslosen Unfug handelt. Völlig sicher bin ich mir da aber nicht.

Du selbst bist Informatiker und beschäftigst dich mit Kryptografie, hast Bücher übers Codeknacken geschrieben. Wie lange liegt das Voynich-Manuskript denn jetzt schon auf deinem Schreibtisch und warum wurde es immer noch nicht in eine lesbare, verständliche Sprache übersetzt?

Klaus Schmeh: Ich bin zugegebenermaßen erst relativ spät auf das Voynich-Manuskript gestoßen, obwohl das Thema für mich als Skeptiker und Kryptologe nun wirklich auf der Hand liegt. Warum das Manuskript bisher sein Geheimnis für sich behalten hat, kann ich leider nicht sagen. Vielleicht liegt es daran, dass es gar keinen sinnvollen Inhalt hat.

Heutzutage wollen Sicherheitsbehörden mit Bundestrojanern moderne Terrornetzwerke aushorchen. Sollte es da nicht möglich sein, den Voynich-Code mit den neuesten Super-Computern zu knacken?

Klaus Schmeh: Es gibt durchaus Verschlüsselungsmethoden, bei denen auch ein Super-Computer keine Chance hat. Vor allem, wenn nur ein Teil der Buchstaben eine Bedeutung hat und die anderen lediglich als Füllmaterial dienen. Außerdem sind die Buchstaben nicht immer eindeutig erkennbar, was die Sache deutlich schwieriger macht.

Wer beschäftigt sich denn mit dem Voynich-Manuskript: Lockt das nur verschwörerische Esoteriker und laienhafte Schwärmer oder auch ernsthafte Wissenschaftler?

Klaus Schmeh: Leider gibt es bisher nur relativ wenige kompetente Wissenschaftler, die sich damit beschäftigt haben. Hobby-Forscher und Pseudowissenschaftler wie Erich von Däniken sind dagegen umso aktiver in der Voynich-Forschung. Ich hoffe, dass sich das zukünftig ändern wird. Es könnte schließlich noch das eine oder andere entdeckt werden.

Vor genau einem Jahr zitierte Spiegel Online den Physiker Andreas Schinner von der Johannes-Kepler-Universität Linz. Der meint, es handle sich um das Werk eines eines äußerst raffinierten Schelms und der Text enthalte lediglich bedeutungsloses Geschwafel. Was sagst du denn dazu?

Klaus Schmeh: Das ist meiner Meinung nach die wahrscheinlichste Erklärung. Die Untersuchungen von Schinner und dessen Kollegen Gordon Rugg sind schlüssig. Allerdings erklären sie nicht das Alter des Manuskripts. Ich hoffe, dass in diese Richtung weitergeforscht wird.

Wird das Rätsel jemals gelöst? Und was könnte uns dann erwarten: eher Erkenntnis oder viel mehr Enttäuschung?

Klaus Schmeh: Das letzte Wort in der Voynich-Forschung ist vermutlich noch nicht gesprochen. Es gibt durchaus noch Untersuchungen, die bisher niemand durchgeführt hat. In den Augen von parawissenschaftlich orientierten Voynich-Fans musste das Manuskript schon für manche sensationelle Erklärung herhalten. So wurde beispielsweise der berühmte mittelalterliche Wissenschaftler Roger Bacon als Autor gesehen, wobei dieser angeblich schon im 13. Jahrhundert Mikroskop und Teleskop verwendet haben soll. Erich von Däniken stellte eine Verbindung zu einem Buch aus dem Umfeld des Alten Testaments her. Wer solche spektakulären Zusammenhänge erwartet, wird zweifellos enttäuscht werden.

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Autor: Stefan Kirsch

Stefan Kirsch: Diplom-Germanist und Redakteur, aktiv in der GWUP seit 2000. Studium der Germanistik, Journalistik, Philosophie und Psychologie an der Universität Bamberg, Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband (djv). Beruflich ist er in der Unternehmenskommunikation eines deutschen Technologie-Konzerns tätig.

10 Kommentare

  1. Was kann man in dem Zusammenhang von dieser Interpretation des Manuskripts halten? (Ich will nur mal unvoreingenommen an die Sache heran gehen.)

    mfg

    Christian

  2. @ ChinaFan: Ich selbst bin kein Spezialist für das Voynich-Manuskript, habe aber mal Klaus Schmeh kontaktet. Vielleicht schreibt er auch etwas zu deinem Link. Aus meiner Perspektive jedoch disqualifiziert sich der Interpret durch diverse Äußerungen schon nach wenigen Sätzen – beginnend mit seinem scheinbar revolutionärem Fachbuch, das „unsere Medien“ angeblich totschweigen (wieso sollten sie, wenn es so spektakulär ist?) bis zur Sprache Gottes, „die man heute gezielt ausrotten will durch Überflutung mit Pseudoanglismen, mit verdorbenem Englisch aus amerikanischer Sprachschluderei.“ – Nun, wer so beweisfrei dahinfabuliert, sollte in seinem eigenen Interesse vielleicht tatsächlich besser totgeschwiegen werden …

  3. Ja, Stefan! Der selbe Eindruck überkam mich auch. Das ganze ist schon sehr polemisch und provokativ geschrieben. So nach dem Motto: „Ich weiß alles, aber die Wissenschaftler wissen nix und sind zu doof“. Das kommt schon sehr komisch rüber, als ob sich der Landmann da wichtig tun möchte. Vielleicht kontaktiere ich da wirklich mal Klaus Schmeh und frage ihn, was er davon hält. :-)

    mfg

    Christian

  4. Ich kann mich diesen Einschätzungen nur anschließen. Landmann behauptet, die Schrift auf den ersten Blick entschlüsselt und zusätzlich einige versteckte Nachrichten entdeckt zu haben. Belege dafür finden sich in seiner Veröffentlichung jedoch nicht. Wenn an der Sache etwas dran ist, dann soll Herr Landmann beschreiben, wie genau der Text zu lesen ist und was dabei herauskommt. Solange er dies nicht liefert, kann ich seine „Lösung“ nicht ernst nehmen.

  5. Ich bin natürlich auch schon über Herrn Landmann gestolpert, der mich mit einer Mail auf seine Einsichten aufmerksam machte. Nun bin ich so veranlagt, dass ich beim Voynich-Manuskript stets versuche, einen sehr offenen Geist auch für die unglaublichsten Theorien zu behalten (zumindest so lange, bis ich das „verdammte Buch“ gelesen habe), und deshalb habe ich mich auch kurz darin eingelesen.

    Das Einlesen war kurz. Denn alle Theorie Landmanns (nicht nur zum Voynich-Ms) geht von einer „Ursprache“ aus, die mangels weiterer Begründungen einfach postuliert wird. An Hand dieser Annahme (die ja an sich noch tragbar wäre, wenn sie durch Indizien gefüttert würde) werden die verschiedsten Rätsel aus allen möglichen Zeitaltern gedeutet, dabei wird neben dem „wirklichen Text“ der Bibel und der „wirklichen Bedeutung“ der Hieroglyphen auch der Inhalt des Voynich-Manuskriptes enthüllt. Natürlich konnte er es mit seinen Vorkenntnissen unmittelbar lesen. Ach, wäre ich doch auch nur so begabt! ;-)

    Dass dieser Autor sich von Verlegern verlegen lässt, die eine starke Affinität zur „rechten Esoterik“ haben, passt recht gut zu einem Werk, das unter anderem offenbart haben will, dass die altagyptische Sprache indogermanisch war. Schade nur, dass die grammatikalischen Eigenschaften des überlieferten Altägyptischen so gar nicht zu einer solchen Einstufung passen wollen; dass die ganze Sprache der alten Ägypter voll war von jenen inneren Flexionen, die selbst in den ältesten Zeugnissen der indogramischen Familie nur als eingesprenkelte Überbleibsel einer älteren Schicht der Sprachentwicklung zu entdecken sind.

    Na ja, ich glaube, dass klar ist, was ich davon halte. Wer mag, kann (und sollte) sich gern selbst ein Bild machen — wobei „Bild“ wegen der teilweise boulevardesken Sprache Landmanns eine durchaus treffende Metapher ist.

    Ich habe damals einmal kurz in einer sehr offenen deutschen Mailingliste auf diese „Theorie“ hingewiesen und mich selbst wieder anderen Themen zugewandt. Von den anderen Teilnehmern dieser Mailingliste hat niemand diese Theorien ernst genommen, nicht einmal jene Menschen, die einen exquisit esoterischen Zugang zum Manuskript suchen.

  6. Liebe Skeptiker,

    ich habe mich einige Zeit mit dem Voinich-Code herumgefitzt und komme zu folgenden Ergebnissen:
    1.) Fünf der Chiffren kann man auf Grund eines im Buch befindlichen „Verräters“ fünf verschiedene lateinischen Buchstaben zuordnen.

    2.) Die dem VC zugrunde liegende Sprache ist nicht bekannt, also Fehlanzeige.

    3.) Anhand gewisser graphischer Darstellungen kann der VC nicht vor1750 entstanden sein; dies ist eine kunsthistorische Einschätzung.

    Der VC ist meiner Überzeugung nach eine Fälschung oder ein grober Scherz (Bockmist).
    Wer meine Teilentzifferung haben möchte soll mir per Mail seine Klaradresse senden. Ich versende den ganzen Kram dann mit schriftlicher begründung, weil ich selbst keine Lust mehr habe.

    Mit freundlichen Grüßen
    H.G.Huber.

  7. Danke für das entgegengebrachte Interesse. Ich melde mich wieder, sobald sich jemand für mein Angebot erwärmt haben sollte.

    H.G.Huber

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