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Butter: Jeder Dritte glaubt an Verschwörungstheorien

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Die Kernaussagen unseres Skeptiker-Interviews mit dem Tübinger Amerikanistik-Professor Michael Butter finden sich heute auch in der Neuen Osnabrücker Zeitung wieder:

Butter

Ein Auszug:

NOZ: Worin sehen Sie die Gefahr von den Verschwörungstheorien? Werden die Menschen dadurch radikalisiert?

Butter: Einerseits können Verschwörungstheorien die Menschen dazu motivieren, gewalttätig zu werden. Ein bekannter Fall ist Anders Breivik, der in Norwegen ein verschwörungstheoretisches Manifest ins Netz gestellt hat, ehe er die 77 Menschen auf Utøya tötete. Verschwörungstheorien sind darüber hinaus dann problematisch, wenn sie sich gegen sozial Schwache und ohnehin schon Benachteiligte richten.

Das Hauptproblem besteht aber darin, dass Anhänger das Vertrauen in das politische System verlieren. Deshalb ist es wichtig, sich mit Verschwörungstheorien auseinanderzusetzen, da sie ein guter Indikator dafür sind, dass gesellschaftlich etwas im Argen liegt. Man kann sie daher als einen symbolischen Ausdruck von Ängsten und Problemen verstehen, die eine Gesellschaft umtreiben.

Sie sind eine Spielart des Populismus und entstehen vor allem dann, wenn man das Gefühl hat, dass die Politiker nicht mehr die Interessen des Volkes vertreten, sondern die eigenen.“

Zum Weiterlesen:

  • Interview mit Michael Butter: Jeder Dritte glaubt an Verschwörungstheorien, NOZ am 22. März 2016
  • „Verschwörungstheorien“, NSA und CIA: Skeptiker-Interview mit Professor Michael Butter, GWUP-Blog am 16. März 2016
  • Versagen aller Vernunft, derFreitag am 22. März 2016
  • Verschwörungstheorien: Die Faszination der Unvernunft, Berner Zeitung am 20. März 2016
  • Zwischen Hohlwelt und Reptilienhirn: Die schönsten Verschwörungstheorien, lokalkompass am 19. März 2016
  • Warum Verschwörungstheorien so populär sind, Augsburger Allgemeine am 20. März 2016
  • „Lügenpresse“: Die Mutter aller Verschwörungstheorien, NOZ am 20. März 2016
  • Internet-Gerüchte: Auf vielen Seiten werden Lügen und Verschwörungstheorien verbreitet, echo-online am 19. März 2016
  • Wie funktionieren Verschwörungstheorien? SWR 2 am 16. März 2016
  • Wer ist für 9/11 verantwortlich? literaturkritik am 13. Oktober 2015

12 Kommentare

  1. Ursache vs. Wirkung – die kausale Reihenfolge ist nicht immer einfach festzustellen. So beim Thema Breivik: war das nicht so, dass der Mörder an psychotischen Wahnvorstellungen litt, die ihn einerseits dazu brachten, das paranoide Machwerk zu schreiben, andererseits dazu, Menschen zu töten?

  2. „Das Hauptproblem besteht aber darin, dass Anhänger das Vertrauen in das politische System verlieren.“
    An diesem Problem wird sich leider nichts ändern, da die Menschen aus guten Grund dem politische System nicht vertrauen. Viele haben den Eindruck, gewisse Organisationen können illegale Aktionen durchführen oder Sachen geheimhalten .
    Es gab eine Reihe von Verschwörungstheorien, die zuerst als lächerlich galten und hinterher als wahr nachgewiesen wurden. Die normalen Medien in Deutschland können über diese nachgewiesenen Verschwörungen berichten, allerdings entsteht der Eindruck, die Verantwortlichen solcher Verschwörungen müssen mit keinen ernsthaften Konsequenzen rechnen. Dadruch wirken viele Verschwörungstheorien plausibel.

    Folgende Verschwörungstheorien stellten sich als wahr heraus:
    Cointelpro, MK-Ultra und Operation Mockingbird. Operation Nordwoods war nur ein Planspiel, aber es zeigte, wie weit das US-Militär gegangen wäre, um ein Krieg gegen Kuba zu rechtfertigen.

  3. @Randifan:

    << Folgende Verschwörungstheorien stellten sich als wahr heraus << Dann können Sie mir sicher sagen, wo *vorher* eine Verschwörungs-"Theorie" zu diesen drei geheimen Projekten existierte? Wer hat diese *vor* der Aufdeckung/öffentlichen Bekanntmachung vetreten, wo veröffentlicht und wo kann ich das nachlesen? Und was genau ist an einem "geheimen Projekt des Außenministeriums der Vereinigten Staaten zur Medienbeeinflussung" (Mockingbird) eine "Verschwörung"? << Viele haben den Eindruck, gewisse Organisationen können [....] Sachen geheimhalten." Ja, ich auch - so etwas nennt man "Geheimdienst", und das gehört zu dessen normalen Aufgaben, "Sachen geheimzuhalten".

  4. @Bernd Harder
    „Dann können Sie mir sicher sagen, wo *vorher* eine Verschwörungs-”Theorie” zu diesen drei geheimen Projekten existierte?“
    Conintelpro wurde von der Citizens’ Commission to Investigate the FBI aufgedeckt, nachdem erste Berichte an die Öffentlichkeit drangen.
    Ironischerweise beginnen diese Leute ein Einbruch, um an Beweise zu gelangen.

    Die Geschichte Candy Jones, eine Frau die angeblich durch Gehirnwäsche zur Superagentin ausgebildet wurde, drang lange bevor die US-Regierung die Existenz von MK-Ultra bekannt gab. Was an ihrer Geschichte dran ist, ist schwer zu sagen, es ähnelt mehr dem Film „Tödliche Weihnachten, aber es klingt wie eine verrückte Verschwörungstheorie.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Candy_Jones

    Laut dem was ich über Operation Mockingbird las, gab es vorher Gerüchte. Gerüchte sind auch Verschwörungstheorien.

    „Und was genau ist an einem “geheimen Projekt des Außenministeriums der Vereinigten Staaten zur Medienbeeinflussung” (Mockingbird) eine “Verschwörung”?“
    Wenn sie Journalisten bestechen, um die Öffentlichkeit zu manipulieren, dann dürfte dies eine Verschwörung sein. Schließlich dürften die Leser skeptisch reagieren, wenn unter einem Presseartikel steht, es sei im Auftrag des Außenministeriums verfasst. Der KGB handelte so ähnlich, verbreitete Falschmeldungen in den Medien, dazu gehört die Geschichte das HI-Virus sein in Fort Drigg entstanden.
    https://www.psiram.com/ge/index.php/Operation_INFEKTION

    „Ja, ich auch – so etwas nennt man “Geheimdienst”, und das gehört zu dessen normalen Aufgaben, “Sachen geheimzuhalten”.“
    Geheimdienste begehen kriminelle Handlungen und rechtfertigen dies mit dem Interesse der nationalen Sicherheit. Fliegen diese Handlung auf, so müssen die Verantwortlichen in der Regel keine schweren Strafen fürchten. So etwas dürfte nicht geschehen, aber es geschieht.

    Ich bin der Meinung, der Misstrauen gegenüber dem politischen System ist nicht unbegründet.

  5. @Randifan:

    Ich bin der Meinung, der Misstrauen gegenüber dem politischen System ist nicht unbegründet.

    Das ist aber etwas völlig anderes als „wahre Verschwörungstheorien“.

    Anscheinend benutzen Verschwörungstheoretiker (und partiell, habe ich den Eindruck, auch Sie) den Begriff „Verschwörungstheorie“ als Synonym für jedwede Form von Geheimhaltung und „wahre Verschwörungstheorien“ sind alles, was irgendwann mal an geheimen Aktionen, Affären etc. aufgedeckt worden ist – völlig unabhängig davon, ob es sich dabei wirklich um eine „Verschwörung“ mit einer zuvor kursierenden „Verschwörungstheorie“ gehandelt hat – oder nicht vielmehr um Bestechungen, Manipulationen, Geheimdienstarbeit, Falschmeldungen etc.

    Man kann durchaus „misstrauisch“ gegenüber dem „politischen System“ sein, ohne an Verschwörungstheorien zu glauben. Dazu reicht eigentlich schon kritisches Denken aus.

    Umgekehrt sind Verschwörungstheoretiker eben gerade keine „Kritiker“, weil Gegenargumente oder sogar Fakten, die ihrer Überzeugung widersprechen, völlig ausgeblendet werden, und weil sie zu einem rationalen Diskurs über unleugbar echte Probleme nichts beizutragen haben.

    Wenn sie Journalisten bestechen, um die Öffentlichkeit zu manipulieren, dann dürfte dies eine Verschwörung sein

    Das dürfte zunächst einmal Bestechung und Manipulation sein – warum ist immer alles sofort eine „Verschwörung“?

    Mich erstaunt immer wieder zutiefst, dass gerade diejenigen, die lautstark beklagen, dass der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ eine Diffamierung darstelle, aus absolut allem eine „Verschwörung“ machen, wo eine ganz simple Begrifflichkeit wie „Geheimaktion“ oder ähnliches völlig ausreichen – und die Sache auch korrekt benennen – würde.

  6. @Bernd Harder
    „Man kann durchaus “misstrauisch” gegenüber dem “politischen System” sein, ohne an Verschwörungstheorien zu glauben. Dazu reicht eigentlich schon kritisches Denken aus.“
    Da laufen viele Dinge falsch, Dinge, die kein normaler Mensch korrigieren kann.

    „Umgekehrt sind Verschwörungstheoretiker eben gerade keine “Kritiker”, weil Gegenargumente oder sogar Fakten, die ihrer Überzeugung widersprechen, völlig ausgeblendet werden, und weil sie zu einem rationalen Diskurs über unleugbar echte Probleme nichts beizutragen haben.“

    Für mich sind die meisten Verschwörungstheoretiker Tastaturjournalisten, die keine Risiken eingehen, sie stellen Theorien auf, ohne handfeste Beweise zu liefern. Sie verschweisen auf Conintelpro, aber kaum einer wäre bereit ein Risiko einzugehen, um eine echte Verschwörung aufzudecken. Eine echte Verschwörung aufzudecken, ist sehr schwer und aufwendig, dies verschweigen die meisten Verschwörungstheoretiker.

    „Das dürfte zunächst einmal Bestechung und Manipulation sein – warum ist immer alles sofort eine “Verschwörung”?“
    Folgende Definition fand ich zum Thema Verschwörung:
    „Geheimer Plan mehrerer Personen, dem politischen Gegner zu schaden“
    http://de.thefreedictionary.com/Verschw%C3%B6rung
    Mockingbird war mehr, als reine Öffentlichkeitsarbeit.

  7. Mich erstaunt immer wieder, dass eine Verschwörung nicht so als solche benannt werden soll und eine aufgedeckte nur als Beispiel gelten soll, wenn es vorher Theorien dazu gab ;)

    Der Punkt ist doch ein ganz anderer: selbst wenn die von Randifan genannten Beispiele ohne vorherige Theorien gewesen wären; dann wären es zwar keine bearbeiteten VT, aber eben Verschworungen

  8. Ich finde es interessant, wenn es heißt, dass „die Menschen aus guten Grund dem politische System nicht vertrauen.“

    Jedem Deutschen steht hier nicht nur das aktive, sondern auch das passive Wahlrecht zu. Man kann sich politisch engagieren, einer Partei beitreten oder selbst eine gründen. Komischerweise tut dies aber von den „Misstrauern“ keiner, sondern es wird lediglich gegen „die da oben“ verschwört…..

  9. @bernd:

    Und mich erstaunt immer wieder, dass offenbar der Unterschied zwischen einer Verschwörung (die natürlich auch ohne vorherige Theorie so genannt werden darf, darum geht es doch überhaupt nicht) und einer „Verschwörungstheorie“ nicht klar ist.

    Dann wären es zwar keine bearbeiteten VT, aber eben Verschworungen

    Ja und? Das bestreitet doch niemand und ist gar nicht das Thema.

    Natürlich gibt es „wahre Verschwörungen“.

    Randifan hatte aber von „wahren Verschwörungstheorien“ geschrieben. Ich kenne keine und Experten wie Butter erklärtermaßen auch nicht.

    Da aber Verschwörungstheoretiker üblicherweise behaupten, es gebe zahllose „wahre Verschwörungstheorien“, befremdet mich das, da ich davon ausgehe, dass unter einer „wahren Verschwörungstheorie“ Folgendes zu verstehen ist:

    – eine öffentlich bekannte, kursierende Verschwörungstheorie (die wahlweise sogar „belächelt“ oder „abgelehnt“ wird), die sich zu irgendeinem Zeitpunkt als wahr herausstellt, weil tatsächlich die entsprechende Verschwörung dazu bewiesen wird.

    Also so wie in der Wissenschaft, wo Theorien mit verschiedenen Methoden geprüft werden und sich entweder bewähren oder eben nicht.

    Was ich damit NICHT meine: eine Verschwörung, die irgendwann mal aufgedeckt wurde, wie etwa Watergate, P2 etc., über die es vorher aber keinerlei „Theorie“ gab (und zwar öffentlich, also nachlesbar oder zumindest nachverfolgbar, und kein „Habe ich mir immer schon so bei mir gedacht“).

    Das ist dann eine „wahre Verschwörung“, aber keine „wahre Verschwörungstheorie“.

    Und auch nicht „Eingeständnisse“, wie das der US-Regierung, dass Area 51 wirklich existiert, oder dass es die Bilderberger wirklich gibt, denn was soll an der bloßen Existenz einer geheimen Militäranlage oder einer Gruppe eine „Verschwörung“ sein?

    Beispiele für potenziell „wahre Verschwörungstheorien“:

    Die Chemmies bringen endlich Beweise dafür, dass es ihre Chemtrails wirklich gibt und diese den bislang behaupteten Zwecken dienen. Das wäre dann eine „wahre Verschwörungstheorie“ – also eine vormalige Verschwörungstheorie, die sich als wahr/echt herausgestellt hat.

    Oder die „Ermordung“ von Lady Di wird eindeutig bewiesen.

    Oder Jack the Ripper war tatsächlich eine Verschwörung der Regierung, um Mitwisserinnen zu beseitigen, was aufgrund bislang geheimer Akten im Yard-Archiv zweifelsfrei belegt werden kann.

    Oder, oder, oder …

    Darüber haben wir hier schon x-mal gesprochen (auch mit Ihnen), und ich warte immer noch auf ein einziges überzeugendes Beispiel für die angeblich „zahllosen wahren Verschwörungstheorien“.

    Wenn das aber alles so gar nicht gemeint sein sollte und der Begriff „Verschwörungstheorie“ von Verschwörungsgläubigen nur als eine Art Synonym für allgemeines Misstrauen, Vertuschungen, Geheimhaltung, Verdunkelung, Absprachen, Manipulation etc.pp. verwendet wird, und der Begriff „wahre Verschwörungstheorie“ einfach nur für alles Geheime steht, was irgendwann mal an die Öffentlichkeit gedrungen ist – dann würde ich das für wichtig halten, zu wissen, und auch genau so zu definieren, damit endlich mal klar ist, wovon man denn überhauptet redet.

  10. @bernd:

    „Der Punkt ist doch ein ganz anderer“

    Ja, aber nicht der, den du nennst.

    Ich kann über die Diskussion hier (und an anderen Stellen) auch nur verständnislos den Kopf schütteln. Hat noch niemand hier jemals eine Diskussion mit der Nachbarin oder dem Postboten über Verschwörungstheorien gehabt?

    Es ist doch völlig klar, was Verschwörungstheoretiker mit ihrer Behauptung von den „zahllosen wahren Verschwörungstheorien“ bezwecken wollen. Das ist eines der Standard- und Haupt-„Argumente“ dafür, dass Verschwörungstheoretiker keine verschrobenen Außenseiter sind sondern „ganz oft“ recht hatten mit ihren seltsamen Ideen und Vermutungen und deshalb ernst genommen werden müssen.

    Aus meiner Sicht muss man dann ganz klar auf einer skeptischen Hauptforderung bestehen: Außergewöhnliche Behauptungen brauchen außergewöhnliche Beweise.

    Das verdruckste Entgegenkommen von Randifan und bernd ist mir schleierhaft: „Da gab es mal Gerüchte vorher“, „Es gab aber mal eine echte Verschwörung“ und so weiter.

    Das geht weit an dem vorbei, was Verschwörungstheoretiker unter „wahren Verschwörungstheorien“ verstehen und vor allem – viel wichtiger – was sie damit bezwecken wollen.

    Ich kann aus persönlicher Erfahrung bestens verstehen, warum Bernd/Butter/andere auf „überzeugenden“ Beispielen bestehen und sich nicht mit „Falschmeldungen in den Medien“ (Randifan) oder „dem politischen Gegner zu schaden“ (Randifan) und anderen Alltäglichkeiten etc. zufriedengeben, die ja meistens von den Medien oder der Politk selbst aufgedeckt werden und nicht von „wahrheitssuchenden“ Verschwörungstheoretikern, das hat Randifan schon richtig angemerkt.

    Nach meinem Verständnis ganz klar: Solange ein Verschwörungstheoretiker nicht eine der „großen“ Verschwörungstheorien aufdeckt und als echt beweist (Mondlandung, 11/9, Bilderberger-Weltverschwörung oder ähnliches), sind „wahre Verschwörungstheorien“ Quatsch und ein Widerspruch in sich.

  11. Leider wird nicht die Frage geklärt, wann eine Verschwörungstheorie als erwiesen gilt und nicht als reine Theorie oder Spinnerei. Wer entscheidet es? Wie überzeugend müssen die Beweise sein?

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