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Hogwarts an der Oder: Vernichtendes Urteil der Hochschulkommission

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Die Hochschulstrukturkommission des Landes Brandenburg hat gestern ihren Abschlussbericht vorgelegt.

Dieser war mit Spannung erwartet worden, weil  der Präsident der Europa-Universität Viadrina („Hogwarts an der Oder“) sich erst danach zu den esoterischen Abwegen des „Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften“ (INTRAG) äußern wollte.

In dem Bericht der Strukturkommission heißt es nun unter anderem:

Gegen das Institut für Transkulturelle Gesundheitswissenschaften an der EUV bestehen seitens der Kommission durchgreifende strukturelle Bedenken. Das Institut besitzt nur in begrenztem Umfang Bezüge zu den fachlichen Schwerpunkten der Universität.

Zugleich besteht in seiner Aufstellung und der Konzeption des über das Institut angebotenen weiterbildenden MA-Studienganges „Kulturwissenschaften – Komplementäre Medizin“ dabei aus Sicht der Kommission eine qualitative Problematik.

Eine in der Zielsetzung des Instituts formulierte geisteswissenschaftliche Reflexion an den Rändern der naturwissenschaftlichen Medizin ist zwar grundsätzlich wünschenswert. Auch in den medizinischen Fakultäten deutscher Universitäten finden sich (zweifellos nicht in dem wünschenswerten Ausmaß) Reflexionen medizinischen Handelns und Entscheidens. Es erscheint jedoch äußerst zweifelhaft, dass diese Reflexion im Rahmen des Instituts in geeigneter Weise erfolgen kann.

Denn die Befassung mit komplementärer Medizin erfordert zwingend die enge Verbindung mit der naturwissenschaftlichen Seite, der Medizin, da sie nicht alleine als kulturwissenschaftliches Thema wissenschaftlich und praktisch bearbeitet werden kann. Komplementarität bedarf notwendigerweise des Zusammenwirkens von zwei sich gleichwertig einbringenden Komponenten. Die personellen Voraussetzungen hierfür sind allerdings an der EUV nicht gegeben.

Die personelle Ausstattung des Studienganges findet auf der Seite der naturwissenschaftlichen Medizin nahezu ausschließlich über Lehrbeauftragte, überwiegend aus niedergelassenen Praxen, statt. Ein wissenschaftlicher Hintergrund vom Range universitärer Medizin lässt sich dabei nicht in ausreichendem Maße feststellen.

Die Zielgruppe der Ärzte, Apotheker und Psychotherapeuten, an die sich das Studienangebot „Komplementäre Medizin“ des Instituts besonders richtet, wird insgesamt von einem Lehrkörper betreut, dem überwiegend medizinische Kenntnisse fehlen. Dies gilt besonders für die Forschung, die der Lehre zugrunde liegen sollte.

Insgesamt ist die für eine der Themenstellung adäquate Forschung im universitären Rahmen erforderliche personelle wie sachliche Ausstattung des Instituts aus Sicht der Kommission nicht erkennbar. Auch erschließt sich der Wert des seitens des Instituts formulierten „Praktika-basierten Forschungszweckes“ nicht.

Mit Blick auf das Gesamtprofil der EUV erscheint schließlich auch die Feststellung angezeigt, dass keine Hinweise auf eine Internationalisierung des MA-Studienganges erkennbar sind. Insbesondere liegt auch keine sichtbare internationale Anbindung an die naturwissenschaftliche Medizin vor.

Die Hochschulstrukturkommission empfiehlt der EUV dementsprechend nachdrücklich den künftigen Verzicht auf das Angebot des MA-Studienganges „Kulturwissenschaften – Komplementäre Medizin“.

Eine Fortführung des Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften ist weder wie bisher als In-Institut noch als An-Institut zu befürworten. Vertretbar erscheint allenfalls, das Institut privatwirtschaftlich außerhalb der Hochschule weiter zu betreiben.“

Vernichtender kann ein Urteil kaum ausfallen.

Und wie reagiert die Viadrina darauf? Mit einer nichtssagenden Stellungnahme:

Über die weitere Entwicklung des Instituts INTRAG wird im Rahmen einer bereits laufenden internen Strategiediskussion entschieden.“

Wir sind gespannt.

Zum Weiterlesen:

  • Uni Viadrina: Hogwarts an der Oder, GWUP-Blog am 7. Mai 2012
  • Dies sind nicht die Raum-Zeit-Tore, die Ihr sucht. Esowatch-Blog am 8. Juni 2012
  • Europa-Universität Viadrina: Dodo des Monats, Brights-Blog am 8. Juni 2012
  • Akademische Esoterik: Der Fall Viadrina, Kritisch gedacht am 12. Dezember 2010

14 Kommentare

  1. Ach nö, menno! Das kommt doch nur daher, dass diese Hochschulkommission von einem völlig überholten, paradigmatisch diversifiziertem, quantenmechanisch absolut widerlegten Wissenschaftsbegriff versklavt ist …

    http://blog.esowatch.com/?p=7709

  2. Harry, hol´schon mal den Wagen.

  3. Das INTRaG dürfte bald Geschichte sein – dann wir brauchen wir dringend was neues, vielleicht ein „Retro-Krankenhaus“:

    http://dieausrufer.wordpress.com/2012/05/24/2787/

  4. Die Viadrina in Frankfurt/ Oder hat sich mit ihren „Angeboten“ in den Fokus der öffentlichen Kritik manövriert. Mit dieser Erfahrung sollte diese nicht nichtssagend zurückrudern, sondern ganz konsequent in Richtung eines wissenschaftlich korrekten Handelns mit der darin enthaltenen Verantwortung steuern.

    Derart gruselige Angebote findet man auch zunehmend in den privaten Fernschulen, beispielsweise der ILS, einem Ableger der Klett-Gruppe in Hamburg. Hier beispielsweise „Astrologische Psychologie“ >> http://www.ils.de/psychologie-astrologische.php.

    Volkshochschulen, welche sich ebenfalls aus öffentlichen Mitteln bezuschussen lassen bieten oft einen stinkenden Pfuhl der Esoterikszene.
    Dem nicht genug, unter dem Dach der Berliner SEKIS, wo Hilfe für kranke Menschen angeboten wird, ein ebensolcher Tummelplatz esoterischer Spielereien. Bei esowatch.com gibt es dazu bereits eine kleine Bestandsaufnahme (http://forum.esowatch.com/index.php?topic=8050.0).

    Der eigentliche fade Beigeschmack entsteht erst daraus, wenn man im Impressum dieses Vereins nachschaut – Konzept und Verantwortung: Karin Stötzner. Karin Stötzner wiederum ist Patientenbeauftragte des Landes Berlin (http://www.berlin.de/lb/patienten/). Auch in Berlin bleiben weitere Fragen offen, noch. Dieser Zustand ist eben so wenig hinzunehmen wie ihn die Viadrina in Frankfurt/ Oder geboten hat.

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