Sowohl „Der Friedhof in Prag“ als auch „Das Foucaultsche Pendel“ sind voll mit Verschwörungen und Komplotten, in „Nullnummer“ geht es um Verleumdung, Gerüchte und Falschmeldungen.
Der Medienwissenschaftler und Autor Umberto Eco war „immer fasziniert von Fälschungen“, sagte er 2011 dem Tagesspiegel, „übrigens auch von der Lüge“. Zu diesem Themenkomplex besaß er eine umfangreiche „semiologisch-kurios-launenhaft-magische-pneumatische [okkulte] Bibliothek“.
Der Hanser-Verlag hat jetzt ein Büchlein mit einigen älteren Aufsätzen Ecos herausgegeben, die sich um „Verschwörungen“ und „Konspirationen“ drehen.
In der Einleitung (ein verschriftlichter Vortrag von 2015) umreißt Eco das Forschungsfeld mit kurzen, einprägsamen Analysen, wie zum Beispiel
- „Verschwörungstheorien faszinieren uns, weil sie uns von der Last befreien, uns mit der Wahrheit auseinanderzusetzen.“
- „Jede Verschwörungstheorie richtet die öffentliche Phantasie auf inexistente Gefahren und lenkt sie von den echten Bedrohungen ab.“
- „Von den Hirngespinsten über ein mutmaßliches Komplott profitieren vor allem diejenigen Insitutionen, auf die es die Verschwörungstheorie abgesehen hatte. Mit anderen Worten, wenn man sich vorstellt, Bush habe für den Einsturz der Twin Towers gesorgt, um den Irakkrieg zu rechtfertigen, bewegt man sich zwischen verschiedenen Halluzinationen und verzichtet darauf, die Techniken und wirklichen Gründe für Bushs Intervention im Irak zu analysieren und zu klären, welchen Einfluss die Neocons auf ihn und seine Politik gehabt haben.“
sowie einer Parodie auf Dan Browns „Da Vinci Code“ (Sakrileg).
Danach folgen die Essays
- Fiktive Protokolle (1994), in dem Eco die Erfindung der „Protokolle der Weisen von Zion“ veranschaulicht
und
Imaginäre Astronomien (2011), worin es um Fiktionen von Erd- und Himmelsformen, unendlichen Welten, kalten Sonnen und Phantasie-Geographien geht, die mitunter dennoch „reale Geschichte hervorgebracht“ haben.
Zum Weiterlesen:
- Umberto Eco: Verschwörungen. Hanser 2021, 128 Seiten, 12 € (auch als Hörbuch)
- Interview mit Umberto Eco: Die Sehnsucht nach Verschwörungen, tagesspiegel am 29. September 2011
- Von Pizzagate bis Sandy Hook: Die menschlichen Kosten von Verschwörungstheorien, GWUP-Blog am 19. August 2021
21. August 2021 um 19:57
„Jede Verschwörungstheorie richtet die öffentliche Phantasie auf inexistente Gefahren und lenkt sie von den echten Bedrohungen ab.“
Das befürchte ich auch. Ein Versuch meinerseits dazu:
https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2021/06/05/kritik-und-pseudokritik-querdenker-als-nuetzliche-idioten-der-dunklen-seite-der-macht/
29. August 2021 um 17:26
„Umberto Eco entlarvt fiktive Komplotte“:
https://www.deutschlandfunk.de/muster-von-verschwoerungen-umberto-eco-entlarvt-fiktive.1310.de.html?dram:article_id=502245