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Avaaz auf dem Holzweg

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Vor einer Woche schrieb ich über EU-Richtlinien, die eine Qualitätssicherung für bestimmte „Heilmittel“ aufweichen. Lobbygruppen war es gelungen, für Produkte mit den Etiketten „homöopatisch“, „anthroposophisch“ und „traditionell pflanzlich“ eine „vereinfachte Registrierung“ durchzusetzen. Dies markiert eine Abkehr vom Prinzip der Qualitätssicherung in der Medizin. Doch so tief die Hürde nun auch liegt – manchen Vertreibern „traditioneller“ Produkte ist sie immer noch zu hoch. 

Flugs gingen die Lobbyisten und ihre Helfershelfer wieder an die Arbeit. „Frist verpennt“ titelt german.china, eine deutschsprachige Website der VR China. Weiter wird dort angekündigt, dass die chinesische Handelskammer „nun eine Lobbyarbeit beginnen und mit den EU-Beamten verhandeln“ wolle.

„Im Dienste der Allgemeinheit“ und nach eigenen Angaben unbeeinflusst von „Konzern-Sponsoren“ und „Regierungs-Interessen“ ging indes das Kampagnen-Netzwerk Avaaz.org ans Werk – und räumte dennoch den Verkaufsinteressen der Industrie Vorrang vor Gesundheit und Leben ein. Mit großem Aufwand unterstützt Avaaz eine „Heilkräuter“-Petition für die komplette Abschaffung der schon jetzt unzulänglichen EU-Richtlinien. Diese Produkte sollen ungeprüft Zugang zum Markt erhalten, den Herstellern sollen alle möglichen Wirkungsversprechen erlaubt werden. Schließlich ist ja alles „traditionell pflanzlich“ und „seit tausenden von Jahren“ im Gebrauch.

Dazu wettert man, wie immer,  gegen die böse Pharmaindustrie. Es ist ja bekannt, dass simple Gemüter, die schneller unterschreiben als denken können, darauf reinfallen. Es sagt viel über die Seriosität solcher Kampagnen aus, dass ihr sogar Heilpraktiker alles andere als positiv gegenüberstehen. Vermutlich wissen sie, welche (unberechtigen) Vorteile die EU-Richtlinie bringt.

GWUP-Mitglied Inge Koch hat bei Avaaz nachgefragt. Die Antwort zeugt von unbeschreiblicher Ahnungslosigkeit. Da beschwert sich Avaaz- Sprecher Pascal Vollenweider:

Die Richtlinie erzeugt eine Situation, in der die Hersteller von pflanzlichen Heilmitteln mit enormen Kosten belastet werden und zeitaufwändige Langzeitstudien liefern müssen, um ihr Produkt am Markt anbieten zu dürfen.“

Aha … Das Testen ist zu teuer, also lassen wir das? Patienten werden zu Versuchskaninchen, um Kosten zu sparen? Wo kämen wir hin, wenn „traditionellen Kräuter“ als medizinische Fertigprodukte auch noch geprüft werden sollen? Testen muss man nur im Reich des Bösen, bei der Pharmaindustrie.

Und es wird noch interessanter:

Hinzu kommt, dass ein Produkt nur lizensiert werden kann, wenn es bereits für mindestens 30 Jahre genutzt wurde und seit 15 Jahren auf dem europäischen Markt ist. Viele Produkte aus der traditionellen chinesischen oder ayurvedischen Medizin, die im Moment in der EU zu kaufen sind, wurden jedoch vor 2004 nur als „Nahrungsergänzungsmittel“ und nicht als Medikament registriert. Aus diesem Grund können die meisten Unternehmen keine gültigen Beweise für die Präsenz ihrer medizinischen Produkte auf dem europäischen Markt liefern. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden faktisch keine Medikamente aus der chinesischen Medizin zugelassen.“

Vielleicht, weil sie wirkungslos sind? Weil vielleicht „traditionelle“ chinesische oder indische Medikamente  gar keine Medizin sind?

Dass die Bezeichnung „traditionell“ alles andere als ein Qualitätssiegel ist, zeigten Prof. Edzard Ernst und Simon Singh am Beispiel des Aderlasses, der über ein Jahrtausend praktiziert wurde und dem ersten US-Präsidenten George Washington zum Verhängnis wurde. Washington starb, genauso wie nichtsahnende Frauen  am Nierenkiller „Aristolochia“ in chinesischen Pflanzenprodukten starben. Aussagen von Experten wie Singh und Ernst lassen Chinaheiler und andere aber kalt.

Avaaz.org weiß indes, wo die „echten“ Experten zu finden sind:

Doch wir haben mit EU-Beamten, Politikern und Aktivisten gesprochen und sind überzeugt, die richtige Position eingenommen zu haben.“

Klar, Wissenschaftler sind ja nur ein Dorn im Auge, denn sie liefern nicht das Ergebnis, das den Verkaufsinteressen dientwir uns für unsere Eso-Fans wünschen. Da fragen wir doch lieber bei „EU-Beamten, Politikern und Aktivisten“ nach. Sie haben den Durchblick.

Aber im Ernst: Auch ich habe mal eine Petition von Avaaz.org unterschrieben, damals ging es um Menschenrechte. Vermutlich geht es vielen wie mir: Ohne es zu ahnen, haben wir eine vielleicht wohlmeinende, aber unqualifizierten Organisation unterstützt, die sich nun unter ihrem guten Namen für Abschaffung des Verbraucher- und Patientenschutzes stark macht. Ein Erfolg der Kampagne würde erhöhte  Gefahr für Gesundheit und Leben vieler Menschen mit sich bringen.

Für mich ist die Lehre der Geschichte klar: Jede Kampagne in Ruhe prüfen und sich nicht von engagierten Fassaden täuschen lassen – gerade im Internet-Zeitalter!

Zum Weiterlesen:

  • Simon Singh, Edzard Ernst: Gesund ohne Pillen. Was kann die Alternativmedizin. Hanser Verlag, Berlin 2008.

27 Kommentare

  1. Sehr gut. Man kann von Glück reden, dass Avaaz faktisch kaum Einfluss hat. Ihr Ziel, Plattform für alles und jedes zu sein, macht sie beliebig, unglaubwürdig – und bedeutungslos. Die Avaaz-Blase scheint kurz vor dem Bersten.

  2. Ja, das war nun wirklich nötig. Mein Brief an Avaaz war zwar sehr kurz und sehr harsch, aber vielleicht nützt es ein wenig, denn auch Internet-Plattformen sollten sich Kritik gefallen lassen.

  3. Ich hatte Avaaz deswegen auch aneschrieben und offenbar die gleiche Antwort bekommen. Habe zurückgemailt, dass mich das nicht zufriedenstellt. Wer Heilwirkung verspricht, muss sie auch belegen. Selber schuld, wenn man das „jahrtausendelang“ versäumt hat.

  4. Ich stehe ja wirklich hinter den meisten hier gebrachten inhalten, da ich mich sehr eingehend mit alternativen methoden beschaeftigt habe und selbst zum schluss gekommen bin, dass viel davon ein kompletter humbug ist. welche marktwirtschaftlichen interessen hinter den neuen gesetzen und der petition stehen sei einmal dahingestellt, ich moechte nur auf folgendes hinweisen:

    der kern dieser seite ist doch der wunsch, praktiken welcher art auch immer, ob in medizin, alltag oder sonstwo, auf ihre naturwissenschaftlichen grundsaetze zu ueberpruefen und auch dementsprechend naturwissenschaftlich und ueberlegt zu argumentieren, oder eben satirisch drauf zu reagieren. der autor dieses artikels geht in dieser hinsicht weit fehl und verletzt meines erachtens diese grundsaetze.

    erstens darf ich den werten autor fragen ob er denkt, dass wir alle heilmittel auf dem planeten ‚erfunden‘ haben. es reicht durchschnittliche volksschulbildung um zu wissen, dass viele pflanzen und tiere verbindungen produzieren die in unserem koerper hoch wirksam sind, oder aber in geeigneter konzentration kuenstlich angereichert eine hohe wirksamkeit zeigen. viele heilmittel haben wir nicht er- sonder ge-funden und sie eventuell kuenstlich zur verstaerkung ihrer wirkung modifiziert oder gereinigt und konzentriert.

    ‚Testen muss man nur im Reich des Bösen, bei der Pharmaindustrie.‘ dass sich die exporteure von heilkraeutern davor fuerchten diese nach pharmakologischen standards zu testen ist leicht erklaert und bedarf auch nur kurzer recherche oder einem grundverstaendnis der materie. wo in einem kuenstlich hergestellten praeparat meist nur ein oder zwei aktive wirkstoffe enthalten sind deren wirkung relativ einfach einer krankheit oder einem symptom zugeordnet werden kann, enthaellt ein kraeuterrezept tausende aktive substanzen die eventuell ihre heilende wirkung auch nur auf gegenseitigen wechselwirkungen aufbauen koennen. hier scheitert nicht die medizin am strengen testverfahren, sondern die bei uns ueblichen testverfahren scheitern schlicht an der komplexitaet der medizin die es zu testen gillt. daraus laesst sich nur eines mit sicherheit folgern: das letze was man aus all dem ziehen sollte sind voreilige schluesse ob nun wirksam oder nicht.

    die qualitaet der geliefterten produkte ist eine andere sache. dass der anbau in china und anderen staaten, deren auflagen fuer den gebrauch von potenziell fuer den menschen gefaehrlichen oder fuer den menschen gefaehrlichen stoffen zur untersteutzung des wachstums eher locker sind, ein problem darstellt ist unbestritten. ich darf auf oesterreich hinweisen wo es genau zwei importeure gibt die mit peinlichster genauigkeit jede lieferung auf deren qualitaet hin untersuchen und auch die anbaugebiete persoenlich inspizieren.

    mehrern absaetzen, unter anderem den der sich mit der testung beschaeftigt, untestelle ich ausserdem schlicht und ergreifend unueberlegte, polarisierende aussagen die einer wissenschaftlichen auseinandersetzung und generell unserer seite schlicht viel mehr schaden als sie nuetzen. sie hoeren sich keinen deut besser an als die aussagen der hetzer auf der eso und scharlatanenseite. wer auf seiten der naturwissenschaft steht, sollte auch faehig sein selbstreflexion und selbstkritik zu ueben. es ist voellig klar, dass auch in der pharaindustrie und im schulmedizinischen bereich immer wieder extremer schindluder betrieben wird und das leben von menschen leichtfertig fuer profit aufs spiel gesetzt wird. das ist gott sei dank und bleibt hoffentlich die ausnahme. wenn wir das unter den teppich kehren und mit worten wie ‚chinaheiler‘ um uns werfen, leeren wir nur wasser auf die muehlen derer, die uns als arrogant, kurzsichtig und selbst als korrupten haufen bezeichnen. als beispiel kann sich gerne jeder in die bisphenol a (BPA) problematik einlesen und dann noch mal ein loblied auf die bestimmungen der eu singen. was das angeht scheinen sie wirklich in kauf zu nehmen uns alle schaden nehmen zu lassen um kosten fuer die industrie zu sparen. das heisst natuerlich nicht, dass alles schlecht ist, aber dass man doch sehr differentziert sein sollte auf wen man einfach so generell vertraut und generell hinhaut.

    abschließend will ich noch sage, dass ich es sehr wohl verstehe, wenn man in einer naturwissenschaftlich orientierten gesellschaft wie der unseren auch beweise und eine gewisse wiksamkeit und unbedenklichkeit fordert. auch fuer chinesische kraeutermischungen sollte es untersuchungen geben. sie sollten aber den gegebenheiten angepasst sein und ein faires urteil erlauben. in diesem zusammenhang stehen wir mit unseren derzeitigen standards und methoden allerdings an und hier gehoert angesetzt, wenn man gesetzliche regelungen schaffen will.
    ich finde es nur seltsam, dass man zuckerwasser, lichtfreunde aus dem all, kristallscherben und aehnliches ohne wissenschaftlichen nachweis legal als gesundheitsfoerdernd verkaufen darf… bei kraeutern die mit sicherheit wirkstoffe enthalten und fuer die seit langem ein plausibles system entwickelt wurde wie diese einzusetzen sind allerdings ein großes theater macht und sie mit zuckerwasser und wuenschelrutengehern gleichsetzt.

  5. „Auch ich habe mal eine Petition von Avaaz.org unterschrieben, damals ging es um Menschenrechte.“

    So schaut’s aus und eine Mail mit der Aktion flatterte mir gestern in den E-Briefkasten. Ich entschloss mich, nicht zu unterschreiben, aus den jetzt hier genannten Gründen. So teile ich das Fazit voll und ganz:

    „Jede Kampagne in Ruhe prüfen und sich nicht von engagierten Fassaden täuschen lassen“!

  6. @Stefan Cernic: „das letze was man aus all dem ziehen sollte sind voreilige schluesse ob nun wirksam oder nicht“.

    Ich ziehe gar keine Schlüsse, fordere nur, dass die Wirksamkeit belegt wird, bevor sie als „medizinisches“ Fertigprodukt verkauft wird. Und zwar unabhängig vom Etikett „traditionell“, „schuldmedizinisch“ oder sonst etwas. Randomisierte und kontrollierte Doppelblindstudien können unabhängig davon durchgeführt werden, ob ein Produkt einen Wirkstoff hat oder „ein kraeuterrezept tausende aktive substanzen die eventuell ihre heilende wirkung auch nur auf gegenseitigen wechselwirkungen aufbauen koennen“.

    Das spielt bei solchen Studien keine Rolle. Es wird nur geprüft, ob diese Produkte etwas taugen oder nicht.

  7. na na na,

    nun nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten,

    Avaaz ist eine der, wenn nicht die erfogreichste Internet-Campaigning Plattform europaweit und hat auch schon einig sinnvolles bewirkt. Recherche ist sicherlich zu überdenken.

    ; )
    j

  8. @Amardeo

    das kommenntar enthaellt meiner meinung nach gleich zwei fehlschluesse. erstens hat randomisiert doppelblind wenig mit dem problem des wirksamkeitsnachweises zu tun weil der muss an bestimmten substanzen festgemacht werden (siehe leitsubstanz etc.) was bei der problematik die ich angesprochen habe nunmal schwer bis unmoeglich ist.
    zweitens kann ein kraut schwer als medizinisches fertigprodukt verkauft werden da sie aufgrund von wechselwirkungen der inhaltstoffe kombiniert werden muessten und niemals ein einzelnes kraut allein gegeben wird sondern fast immer mischungen.

    ‚Vielleicht, weil sie wirkungslos sind? Weil vielleicht “traditionelle” chinesische oder indische Medikamente gar keine Medizin sind?‘ ausserdem darf ich zu diesem satz wohl sagen, dass er die antwort vielleicht offen laesst, ihre meinung aber im kontext klar herauszulesen ist. soviel zu zum thema ‚keine schluesse ziehen‘.

  9. @stefan Cernic

    Wie kommen Sie auf die Idee, das der Blog hier oder die GWUP Dinge nur naturwissenschaftlich betrachtet. Selbstverständlich vertreten wir einen Interdisziplinären/Multidisziplinären Ansatz. In der GWUP sind bspw. viele Sozial- und Geisteswissenschaftler aktiv. Soziologen, Psychologen und Politologen betrachten Fragestellungen aus einem anderen Blickwinkel.

    Ansonsten setzt keiner Kräuter mit mit Esoterik gleich. Fakt ist aber, Nur weil Natur drauf steht, heißt dass nicht, dass das gesund, nützlich usw. ist. Vor allem das naive „traditionelle Medizin“ ist gut, ist mehr als fragwürdig. Ich als Patient möchte, dass für die Dinge, die der Arzt mit mir anstellt auch die Wirksamkeit belegt ist. Ich kann gern zusätzlich noch andere Dinge versuchen, aber Wirksamkeit für eine Therapie oder Arznei halte ich für alle Verfahren wichtig, egal was auf dem Etikett steht.

  10. @Stefan Cernic: Der erster Absatz ist schlicht Unfug. Randomisierte und kontrollierte Doppelblindstudien müssen nicht „an bestimmten substanzen festgemacht werden (siehe leitsubstanz etc.)“.

    Sie können für eine ganze Reihe von behaupteten Zusammenhängen genutzt werden, auch asserhalb der Medizin. Es muss nicht ein Fertigprodukt sein, was uns aber dann ausserhalb dieser Petition führt.

    Und natürlich kann man mit solchen Studien auch prüfen, ob Kräutermischungen „mit Wechelwirkungen“ das halten, was sie versprechen.

  11. Also in dem verlinkten taz-Artikel lese ich, dass es durchaus schon zu konkreten Einschnitten kam, wie etwa dem Verkaufsverbot von Kräutern wie Birkenblättern und Löwenzahnwurzeln (!). Offenbar geht es ja wirklich um etwas, um konkrete negative Folgen für diejenigen mündigen Bürger, die jetzt eben nicht mehr solche einfachen Pflanzen wie früher kaufen zu können.
    Also ich weiß nicht welche Informationen mir da fehlen, aber ich finde es berechtigt von den Betroffenen, sich gegen eine Richtline wehren, die solche Verkaufsverbote zur Folge hat. Und es ist zynisch, diese Folgen bei der Argumentation einfach unter den Teppich zu kehren.

  12. @Skeptikus

    wie komme ich darauf? ich habe mir den teil ‚ueber uns‘ durchgelesen und dorten forschung, wissenschaft und wissenschaftlich mehrmals fett und als leitprinzipien der vereinigung abgedruckt gelesen? auch wenn man dinge unter einem anderen blickwinkel sieht denke ich doch kaum, dass ein verein mit diesen grundsaetzen an mitgliedern interessiert ist, die den kreationismus als wahrheit sehen oder der meinung sind, dass die onkologische chemotherapie ein werk des teufel ist oder? als tischtennisspieler werde ich wohl auch kaum einem fußballverein beitreten, alle offenheit in ehren.
    und ein wissenschaftlicher diskurs hat nun mal meiner meinung nach nun mal nichts mit polarisierenden oder mit der subjektiven gefuehlswelt aufgeladenen aussagen zu tun. das kann zwar immer passieren, wir sind alle nur menschen. trotzdem schadet es meiner meinung nach nur dem sachlichen und klaren diskurs, mit dem sich noch jede scharlatanerie am besten zerlegen laesst oder auch der beleuchtung eines problems, das in sowieso schon aufgeheizter umgebung diskutiert wird.(lustigerweise gerade im ‚ueber uns‘ teil gefunden: „Eine offene und demokratische Gesellschaft braucht sachliche Informationen – gerade bei emotional besetzten Themen.“ steht unter „Was wir wollen“)
    was ihren zweiten absatz angeht stimme ich ihnen voellig zu, wie auch schon aus meinen vorherigen posts zu entnehmen ist.

    ganz wichtig will ich noch eines hinzufuegen was ich sowieso schon erwaehnt habe. viele unserer medikamente beinhalten gefundene und nicht erfundene verbindungen. man kann bei vielen kraeutern nachlesen ob und welcher einzelne stoff in einer pflanze enthalten ist und welche wirkung er hat. ist die konzentration in der pflanze hoch genug, dass der wirkstoff in ausreichender menge mit dem gewaehlten verfahren gewonnen werden kann und ist auch nach genuss der droge damit zu rechnen, dass die bioverfuegbarkeit hoch genug ist reicht das mir persoenlich auf jeden fall schon mal als starker hinweis darauf, dass eine wirkung eintreten wird. waere es so einfach zu testen, waere das alles kein so großes problem. ist es aber nicht. siehe unten.

    @Amardeo

    der erste absatz war kein unfug da fuer die testung und qualitaetsbestimmung von phytopharmaka schlicht und ergreifend andere richtlinien gelten. schon allein weil sich der wirkstoffgehalt je nach sonnenstand oder bodenfeuchtigkeit pro ernte aendert, verschiedene herkunftslaender oft andere anpflanzmethoden oder andere gesetzliche bedingungen haben und phytopharmaka nun mal viele aktive bestandteile beinhalten koennen von denen manche natuerlich auch negative wirkungen haben. ausserdem werden in der oestlichen medizin erst nach einem sehr ausfuehrlichen gespraech spezielle kombinationen zusammengestellt die nun mal auf langer empirischer forschung und beobachtung beruhen (ganz bescheuert waren die leute aus vergangenen zeiten auch nicht). eine randomisiert doppelblinde studie kann somit schon mal erst nur das ende eines langen weges bedeuten. sollten sie das gleich machen wollen ohne alle inhaltsstoffe des krautes und ihre wirkungen und wechselwirkungen zu kennen, prophezeihe ich ihnen ein scheitern spaetestens bei der ethikkommission. oder was wollen sie ohne jeden inhaltsstoff zu kennen zu den risiken angeben denen ihre patienten ausgesetzt sind? wie wollen sie das patientengut auswaehlen da es nur nach oestlichen empirischen forschungen und diagnosen ueberhaupt moeglich ist ein einzelnes rezept fuer den patienten zurechtzuschneiden? natuerlich kann man sich aus einem der alten buecher ein ’standardisiertes‘ rezept nehmen, doch auch da wird es schwer werden. und nochmals, ohne nachweis der wirksamen komponenten, ohne genaues verstaendniss der wechselwirkungen waere das doch alles hinfaellig und der wert der studie gleich mal im keller. Das waere (zugegeben etwas uebertrieben) wie eine studie zur wirksamkeit von der tablette ‚aspirin‘ zu machen (ohne erwaehnung von ass) mit einem protonenpumpenhemmer dazu bei leuten mit kopfweh von migraene bis tuorbedingt und am ende zu sagen, dass die patienten jetzt eine niedrigere blutgerinnung haben. es gibt noch tausend andere probleme aber eine weiterfuehrung ist weder zweckdienlich noch wollen wir alle hier stunden mit lesen und schreiben verbringen.

    fakt ist und ich wiederhole mich gerne: es ist meiner meinung nach mit unseren standards nur bedingt zielfuehrend ueber oestliche kraeutertherapie aus studien mit gaengigem studiendesign wissenschaftliche aussagen abzuleiten. ich bestreite nicht, dass es moeglich! sinnvoll! und notwendig! waere, denn in einer gesellschaft wie der unseren sollte es, sofern die notwenidgen instrumente vorhanden sind, moeglich sein zumindest jedem solide und verlaessliche informationen ueber das bereitzustellen, was er im begriff ist zu konsumieren. aber hier sind sowohl die importeure und befuerworter als auch die gesetzgebende instanz aufgerufen, sich gedanken zu machen und ein sinnvolles wissenschaftliches konzept auszuarbeiten um zufriedenstellende ergebnisse zu liefern. sich echauffieren ist zwar schoen, bringt aber beiden seiten herzlich wenig.

  13. @Stefan Cernic

    ich verstehe überhaupt nicht was du da schreibst, wirkt auf mich etwas wirr. Wissenschaft besteht nicht nur aus Naturwissenschaft, tut mir leid dir das so sagen zu müssen. Daher ist dein Argument einer naturwissenschaftlichen Betrachtung nicht überzeugend. Mir ging es nur darum, das klar zu machen, wir betrachten Dinge mit wissenschaftlichen Methoden sein es naturwissenschaftliche, sozial- oder geisteswissenschaftliche zu untersuchen. Was dein Text von „ÜBER UNS“ mit Naturwissenschaften zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht.

  14. @xbg: Diese Einstufung wurde vom Brandenburgischen Gesundheitsministerium vorgenommen, so dass hier die Kritik an der EU Richtlinie sowieso Fehl am Platze ist. Ich empfehle auch den ursprünglichen taz-Artikel. Aber: Bei giftigen Kräutern ist ein Ministerium durchaus berechtigt, den Vertrieb zum Schutz der Gesundheit zu regulieren. Wo liegt hier das Problem?

  15. @skeptikus

    nun bin ich etwas verwirrt, das kann auch schon an der fortgeschrittenen uhrzeit liegen. ich gebe ihnen natuerlich recht, dass ich das unter umstaenden etwas zu sehr verknuepft habe. was nichts dran aendert, dass sie den rest der argumente bisher voellig ignoriert habe und nur auf punkte eingegangen sind die eventuell angreifbar waeren, aber lassen wir das mal beiseite. allerdings gebe ich mich mich gern geschlagen, wenn sie mir glaubhaft erklaeren koennen welcher wissenschaft und welchen wissenschaftlichen methoden (wenn schon nicht der naturwissenschaft) die folgenden argumente und bezeichnungen zuzuordnen sind:

    „Dazu wettert man, wie immer, gegen die böse Pharmaindustrie. Es ist ja bekannt, dass simple Gemüter, die schneller unterschreiben als denken können, darauf reinfallen.“ – verallgemeinerungen, undifferenziertheit, generelle beleidigung der unterzeichnenden egal welchen grund sie hatten.

    „Aha … Das Testen ist zu teuer, also lassen wir das? Patienten werden zu Versuchskaninchen, um Kosten zu sparen? Wo kämen wir hin, wenn “traditionellen Kräuter” als medizinische Fertigprodukte auch noch geprüft werden sollen? Testen muss man nur im Reich des Bösen, bei der Pharmaindustrie.“ zynismus, schueren von aengsten, verallgemeinerungen

    „Vielleicht, weil sie wirkungslos sind? Weil vielleicht “traditionelle” chinesische oder indische Medikamente gar keine Medizin sind?“ nicht bewiesene unterstellungen, zynismus

    „Chinaheiler“ schoenen dank auch von vielen in TCM ausgebildeten kollegen

    verstehen sie mich nicht falsch, ich verstehe einen emotionalen artikel und ich bin sicher amardeo hat seine guten gruende all diese „stilistischen elemente“ zu verwenden und ist aufgrund seiner einstellung und seiner interpretation der ihm zugaenglichen informationen wohl zurecht erboßt. das ist ja durchaus zu tolerieren und ein paar punkten kann ich ja durchaus auch zustimmen. aber wo genau findet sich jetz irgendeine wissenschaftliche grundlage oder formulierung in diesen aussagen? artikel wie dieser sind meiner meinung nach voellig in ordnung, aber in einem wissenschaftlichen rahmen?

    weiters ziehe ich den hut vor ihnen und lade sie zu einem getraenk ein wenn sie mir auch noch glaubhaft darlegen koennen wie all das zu „Eine offene und demokratische Gesellschaft braucht sachliche Informationen – gerade bei emotional besetzten Themen.“ passt. denn dieser satz scheint doch recht eindeutig die generelle auffassung von der art und weise in der sich der verein darstellen will und einen „wissenschaftlichen artikel“ (mit dem ja auch die sachliche information verbreitet werden soll, so nehme ich an) sieht zu beschreiben.

    eine schoene gute nacht noch!

  16. Dann ist das zeitliche Zusammentreffen des Brandenburger Verkaufsverbots (November 2005) und Inkratftreten der deutschen Umsetzung der EU-Richtline (2005) nur Zufall?
    Ok, aber es zeigt auf jeden Fall, was für absurde Auswirkungen das eben prinzipiell haben kann – dass man die Gesellschaft unbedingt vor solchen Dingen wie Birkenblättern beschützen müsste, halte ich für deutliche Überregulierung. Mir ist aus dem taz-Artikel nicht ganz klar geworden, ob die anderen Beispiele „getrockneter Fenchel“ und „Pfefferminzöl“ nun von der EU-Richtline betroffen sind, aber wenn, wäre das für mich durchaus ein berechtigter Grund, sie zu kritisieren.
    Supergefährlicher getrockneter Fenchel? wtf!

  17. “Auch ich habe mal eine Petition von Avaaz.org unterschrieben, damals ging es um Menschenrechte.”

    So ähnlich ist es mir beinahe ergangen – eine alte Freundin, die immerzu gern Petitionen zum Unterschreiben herumträgt, bat mich um ein-zwei Unterschriften. Wie oft bei ihr, ging es um den Tierschutz, und da bin ich gern und mit Herzen dabei. Nur hat sich bei kurzem betrachtet ergeben, dass die besagte Petition auf die PETA zurückzuführen war. Da habe ich mich spontan und ziemlich entschlossen geweigert zu unterzeichnen. Die Kollegin war zuerst einmal zutiefst beleidigt. Auch die evidenten Beweise und die Aussagen der leitenden PETA-Leute änderten daran nichts – ich sei geblendet und so weiter… 

    Solche Leute tun mir echt Leid.

  18. @Stefan Cernic

    Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Sie verwechseln einen wissenschaftlichen Artikel mit einem populärwissenschaftlichen Blogbeitrag.
    Dieser Blog ist kein peer reviewed magazine und das Ziel der GWUP ist auch das kritische Denken zu fördern, nicht nur wissenschaftliche Methoden zu verbreiten. Dazu gehört es auch mal eine pointierte Meinung zu posten und auch mal etwas zu provozieren. Ich sehe daher kein Problem, außer jemand erwartet von der GWUP nur nüchterne Fakten ohne Dramaturgie oder Humor formuliert. Wenn Ihnen dieser Blog hier zu polarisierend ist, dann empfehle ich Ihnen den Skeptiker als Zeitschrift.

  19. Nur mal ein kleiner Nachtrag, weil mir der immanente rassismus, der der Debatte innewohnt, arg auf die Nerven fällt: /Aristolochia/ ist in der Bundesrepublik nicht mehr als Medeikament oder Genußmittel Verkehrsfähig – aus gutem Grund, wie meine oberflächliche Recherche und die verlinkten Artikel zeigen. Nur: /Aristolochia/-Dekoktionen ist keine chinesische Spezialität. Wer kein Griechisch und Latein kann, kann’s auch auf deutsch haben: L. Fuchs (1542): New Kreüterbuch […]. Kapitel XXXI: Holwurz. Lang Holwurz: /Aristolochia clematitis/ L.: XLIX (49). Faksimile-Ausgabe Taschen, Köln, 2001.

    Ich würde sicher keine Geburtshilfe oder Abtreibung mit /Aristolochia/ durchführen, aber dieses ewige TCM-gebashe geht mir gegen den Strich. Das ist genau so langweilig wie die Gegenposition der Naturheilkundeanhängerinnen und -anhänger.

    Ich versuch’s mal auf den Punkt zu bringen:
    Gegen Hokuspokus und Schmu sollst Du sein – gleich welcher Herkunft!
    Und bedenke, kleiner Skeptiker: traditionelle Phytopharmakologie hat einen wichtigen Stellenwert in der Wissenschaftsgeschichte und trägt auch heute noch zur Medikamentenentwicklung bei. Ein pauschales Abwerten traditioneller Medizin anderen Kulturkreise ist arrogant bis strubbeldumm. Die unkritische Übername traditioneller Behandlungen, ihre Abwandlung und modische Perversion sollte nicht Anlaß sein, negativ zu diskriminieren.

    Ohne überlieferte Erfahrungswerte würden wir uns immer noch variable Mengen Weidenrindentee hinter die Binde wascheln, wenn wir Kopfschmerzen haben – und hätten mit Sicherheit nicht entdeckt, was das „würcksame Princip“ dahinter ist. Bei traditioneller Medizin liegt noch so einiges im Schränkchen, was bisher nicht ausreichend untersucht wurde. Höchste Zeit, daß man mal die Wirksamkeit in Studien belegt – und sich anschaut, worauf’s beruht. Hoffentlich trägt die EU-Verordnung und die Umsetzung in dt. Recht dazu bei!

  20. … ach ja: ich erinnerte mich heute daran, mal nachzuschauen, was denn nun aus der Epetition der Wasilka Heim geworden ist. Und siehe da: der Bundestag hat sich doch tatsächlich damit auseinandergesetzt und am 7.7.2011 beschlossen, „Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.“ –> https://epetitionen.bundestag.de/files/1181.pdf

    … ach ja 2: Das hindert Avaaz natürlich nicht daran, weiterhin fleissig Stimmen zu sammeln.

  21. Ich bin Stefan Cernic Fan,
    er beurteilt das Ganze schon ganz richtig,
    was hilft, hilft, was nicht, nicht.
    So einfach kann es manchmal sein,
    so ganz ohne Skepsis, ;)
    Schönen Gruß an die Pharmas, löööl.

  22. @Papal:

    Ach ja, wenn nur alles so herrlich einfach und simpel wäre, wie Sie sich das wünschen …

    Wonach/nach welchen Kriterien beurteilen Sie denn, *ob* etwas hilft oder nicht?

  23. Jeder kann doch selbsz entscheiden, ob er solch eine Petition unterschreibt oder eben nicht (das nennt sich Demokratie). Manche regen sich hier künstlich auf um Nichts. Ich finde, dass AVAAZ eine tolle Organisation ist.

  24. @Carsten:

    Dennoch sollte man vielleicht rudimentäre Kenntnisse mitbringen, worum es geht und was man da unterschreibt.

  25. tolle Lobby-Arbeit für die Pharma-Konzerne!

  26. @Wilke: Ihr „Kommentar“ ist weit weniger phantasievoll, als Sie denken – und zutreffend schon gar nicht.

    Ich wiederhole es auch gerne zum gefühlten zehn Millionsten Mal: Es geht nicht um „Schul“- oder „Alternativ“-Medizin, sondern um gute und schlechte beziehungsweise wirksame und unwirksame Medizin.

    Wir machen für niemanden „Lobby-Arbeit“, außer für Vernunft und Wissenschaft.

    Kleiner Lesetipp:

    http://evidentist.wordpress.com/2011/01/08/hp-verschwoerung/

  27. @ Stefan
    Alles zusammen absolut richtig. Mein Tipp wäre, einfach bei der Sache zu bleiben. Sie sagen selbst, Sie können dem Autor bei einigen Dingen sogar recht geben. Also was stört Sie eigentlich, was hat Sie veranlasst auf den Artikel zu reagieren? Ich glaube es ist seine reißerische Aufmachung, polarisierende Machart und arrogante Grundhaltung, die aber höchstwahrscheinlich selbst wieder nur auf einer wie auch immer verursachten emotionalen Reaktion auf dieses Thema zurückzuführen sind. Sprechen Sie den Autor auf dieser Ebene an und ich glaube sie können sich sogar einigen.
    @ Amardeo
    Wollten Sie die angesprochene Petition kritisieren oder die Organisation die sie durchgeführt hat. Ich dachte die Kräuternummer war nur ein Beispiel um zu verdeutlichen, dass auch heilsversprechende Internetorganisationen nicht immer offenkundig ihre wahren Interessen zur Schau stellen. Da haben Sie sich aber schön ablenken lassen.
    @Skeptikus
    Mit Ihrer Einstellung zu poplärwissenschaftlichen Blogbeiträgen haben Sie sich für mein Empfinden selbst aus der Diskussion ausgeschlossen. Gerade das soll doch eben nicht das Ziel dieser Seite sein. Wenn Sie meine leicht pointierte, polarisierende und mit dramaturgischen Spitzen versehene humorvolle Meinung zu Ihren Beiträgen hören wollen: „gequirlte Mäusekacke“.

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