Nach dem aktuellen Spiegel (9/2017) bringt auch das Schweizer Newsportal watson heute ein Interview mit Professor Michael Butter von COMPACT zum Thema Verschwörungstheorien (siehe auch Skeptiker 1/2016).
Der Tübinger Kulturhistoriker weist darin auf ein eher wenig beachtetes Gefahrenpotenzial von Verschwörungstheorien hin:
Sie führen letztendlich dazu, dass berechtigte Kritik an Regierungen delegitimiert wird.“
watson: Können Sie das erklären?
Im Zusammenhang mit 9/11 etwa gibt es einen ganzen Strauss an politischen Handlungen der US-Regierung, die man durchaus kritisieren kann und soll, allen voran die Instrumentalisierung des Anschlags, um politische Ziele voranzutreiben und eine Agenda durchzusetzen. Mit Verschwörungstheorien wie derjenigen, dass 9/11 ein Inside-Job war, untergräbt man aber diese legitime Kritik.“
Eine durchaus bemerkenswerte Aussage unter dem Aspekt, dass Verschwörungsgläubige sich selbst gerne als „Wahrheitssucher“ sehen und einige wenige Forscher Verschwörungstheorien verharmlosen, indem sie ihnen ein „aufklärerisches Potenzial“ zusprechen.
Zudem plädiert Butter für die Beibehaltung des Begriffs „Verschwörungstheorien“ auch in der Forschung:
Der Begriff Verschwörungstheorie wird von allen Seiten kritisiert.
Ja. Natürlich fühlen sich Leute, die an Verschwörungstheorien glauben, nicht ernst genommen, wenn man ihre Überzeugungen als Verschwörungstheorien bezeichnet. Umgekehrt gibt es in der Wissenschaft die Kritik, dass man mit dem Terminus «Theorie» Ideen und Anschauungen adelt, die Humbug sind.“
Also bleibt es bei der „Verschwörungstheorie“.
Ich glaube, wir kommen nicht drum herum. Nicht zuletzt, weil schnell der Vorwurf einer angeblichen Mainstream-Wissenschafts-Strategie ertönen würde, wenn wir den Begriff mit einem anderen ersetzen würden.“
Zum Weiterlesen:
- „Verschwörungstheorien sind ein Riesenbusiness“, watson am 1. März 2017
- Verschwörungstheorien: Wieso plötzlich so viele Menschen den größten Irrsinn glauben, Der Spiegel 9/2017
- Mit Wissenschaft gegen Verschwörungstheorien, Frankfurter Rundschau am 28. Februar 2017
- Im Kampf gegen Verschwörungstheorien, Frankfurter Rundschau am 21. Februar 2017
- Vor 325 Jahren in Neuengland: Auftakt der Hexenprozesse von Salem, DRadio Kultur am 1. März 2017
- Neue Studie: Ausgrenzung führt zu Verschwörungstheorien, GWUP-News am 19. Februar 2017
- Verschwörungstheorien und Online-Hass: GWUP bei Europarat-Ausschuss in Berlin, GWUP-Blog am 14. Februar 2017
- „Verschwörungstheorien“, NSA und CIA: Skeptiker-Interview mit Professor Michael Butter, GWUP-Blog am 15. März 2016
- Spiegel zu Verschwörungstheorien, GWUP-News am 26. Februar 2017
- Was 9/11-Truther lesen sollten, Die Tiefe am 6. September 2016
2. März 2017 um 09:12
Ob dem Herrn die Ironie bewusst ist, dass sein Think Tank genau so heißt, wie eine der Zeitschriften, die sehr bemüht darum ist, Verschwörungstheorien massenwirksam zu streuen?
2. März 2017 um 16:24
@Abe
Ich glaube, da ist der GWUP ein Fehler unterlaufen. Der Think Tank heißt „COST“. Comparative Analysis of Conspiracy Theories (COMPACT) ist eine COST Action. Und dieser Name ist sicher bewusst an die rechte Zeitschrift angelehnt.