In unserem Blogpost „Wissenschaft und Esoterik: Bloß keine Stellung beziehen!“ hatten wir einen Beitrag von Prof. Reinhold Leinfelder in den Helmholtz Perspektiven kritisiert, weil darin eine „vage und indifferente Haltung“ des Geobiologen der Esoterik gegenüber zum Ausdruck zu kommen schien.
Dagegen verwahrte sich Prof. Leinfelder in mehreren Kommentaren.
Mittlerweile hat der Wissenschaftler die Langfassung des stark gekürzten Helmholtz Perspektiven-Beitrags in seinem Blog veröffentlicht.
In dem Text „Die Wissensgesellschaft“ arbeitet Leinfelder Ursachen und Motivationen von Wissenschaftsskeptizismus heraus und erklärt, dass …
… Personen mit starken Glaubenssystemen oder auch mit starkem Vertrauen in das Erfahrungswissen anderer nicht automatisch wissenschaftsfeindlich sind, sondern deren parallele Berechtigung sehen und dabei erfahrungs- und glaubensbasierte persönliche Erkenntnis auch als Hoffnungs- und Ermutigungssysteme begreifen.“
Dieses „Mischungsdreieck des persönlichen Wissens“ aus wissenschaftsbasierten Einsichten, Erfahrungwissen und -werten sowie glaubensbasierter Erkennnis gelte es mit einigen Einschränkungen zu akzeptieren.
Jedoch:
Reine Glaubenserkenntnis darf sich nicht als Wissenschaft ausgeben, da sie eben nicht wissenschaftsbasiert ist. Aufgabe der Wissenschaftskommunikation ist daher auch, diesen Unterschied aufzuzeigen.“
In diesem Zusammenhang plädiert Leinfelder für „partizipative und offene Diskursformate“, neue Formen von Wissenschaftskommunikation und wissenschaftsbasierte Bildungsansätze.
Letztendlich geht es dem Geologen, Geobiologen und Paläontologen um den Auf- und Ausbau einer „Wissens“-Gesellschaft, nicht unbedingt einer „Wissenschafts“-Gesellschaft.
Was der Artikel nicht zwingend leistet (und auch nicht leisten will), sind Antworten auf die Frage, wie die Wissenschaft mit Esoterikern umgehen sollte.
Dass die Redaktion der Helmholtz Perspektiven Leinfelders Beitrag gerade unter dieses Motto gestellt hat, ist nicht recht verständlich, schmälert aber umgekehrt nicht das klare Statement von GWUP-Vorstand Dr. Julia Offe zu diesem Thema.
Zum Weiterlesen:
- Früher war die Zukunft auch besser – Teil 2: Die Wissensgesellschaft, Der Anthropozäniker am 23. Januar 2014
27. Januar 2014 um 22:00
Ich verlange hiermit die vorurteilsfreie, gleichberechtigte Lehre von Sternzeichen und Horoskopen im Astronomie-Studium.
Die Verschwörung der Wissenschaftsgläubigen muss endlich bekämpft werden. Nur weil die „Wissenschaft“ keinen direkten Einfluss der Gestirne auf Geschehnisse auf der Erde nachweisen konnte, heißt das ja noch lange nicht, dass dieser nicht existiert.
Es gibt auch sicherlich randomisierte Studien zum Thema, die diesen Zusammenhang belegen, und diese sind unter Garantie fehlerfrei, also wahr. :)
28. Januar 2014 um 08:51
Ich kann nur nochmals betonen, dass die „Aktivitäten“ von Esoterikern, Pseudo- und Para-„Wissenschaftlern“, besonders im medizinischen Bereich, sehr unterschätzt werden und nicht ernst genug genommen werden.
Vor allem, was die Folgen für die Patienten betrifft.
Und es gibt wie gesagt keinen Aufschrei in medizinischen Fachgesellschaften, den Ärztekammern und bei den Herren Akademiker-Kollegen, obwohl es bekannt ist – es wird alles mit dem Mantel des Schweigens bedeckt, nach dem Motto: „Die eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus …“
Es wird deshalb viel zu wenig bekannt, weil gesundheitlich und finanziell Geschädigte sich nicht trauen, damit an die Öffentlichkeit oder vor Gericht zu gehen, sie auch die Kraft und die finanziellen Möglichkeiten nicht haben, einen ausgedehnten Rechtsstreit durchzustehen.
Außerdem schämen sich viele, auf Pseudo-/Para-„Therapien“ hereingefallen zu sein, viel Geld ausgegeben zu haben für Esoterik-Humbug und ominöse private Labor-Tests, die nicht anerkannt sind und vor Sozialgerichten (Anerkennung Berufskrankheit, Berufsunfähigkeit, Grad der Behinderung etc.) überhaupt nichts nützen.
Es gibt Patienten, die sich so hoch verschuldet haben.
Was das Kommunizieren von Wissenschaft/Wissen nach außen betrifft:
Da liegt offensichtlich vieles im Argen, sonst hätten z. B. Homöopathen und deren Lobby nicht immer noch solchen Erfolg.
Es darf nichts als Wissen und/oder Wissenschaft ausgegeben/deklariert werden, wo kein Wissen/keine Wissenschaft drin ist.
An etwas glauben und sich auf Erfahrungswerte berufen kann man (sich) schon, solange man sich selbst und/oder anderen nicht damit schadet und es wissenschaftliche Erkenntnisse und Fakten nicht ersetzen soll.
Da hört die Toleranz auf und fängt die Verpflichtung an, etwas dagegen zu unternehmen.
28. Januar 2014 um 14:21
Ich werde zwar nicht müde, das zu betonen, komme mir aber ein wenig wie eine Platte mit Sprung vor, angesichts der Hegemonialität solcher Vorstellungen von Aufklärung:
Der Ansatz des „noch mehr Aufklärung“ ist schon verkorkst.
Dazu passt auch die Vorstellung von „partizipative[n] und offene[n] Diskursformate[n]“.
Es stellt sich aber niemand die Frage, woher denn die Bedürfnisse kommen, sich mit esoterischem Unfug zu beschäftigen. Man setzt auf ‚diskursive Aufklärung‘, ohne dabei zu bedenken, daß es vielleicht nicht nur daran liegt, daß man eben noch nicht das geeignete Kommunikationsvehikel gefunden habe, mit dem man auch den letzten Hinterwäldler das Wissen zu seinem Hinterwäldlertum kompatibel aufbereiten könne.
Als ob sich Esoterik mit Science-Slams bekämpfen lassen.
Es könnte ja auf objektiver Seite etwas mit der Form des Wissens zu tun haben, wie es gesamtgesellschaftlich akkumuliert wird (Vgl. den ausgezeichneten Aufsatz von Russel Jacoby: http://de.scribd.com/doc/148440492/A-Falling-Rate-of-Intelligence-Russel-Jacoby-1976 ), und auf subjektiver Seite, also den Rezipienten, mit der interessierten Resistenz gegen Aufklärung.
Da kann man noch so viele ‚Wissensdiskurse‘ lostreten wollen, die sind Teil des Problems und nicht seine Lösung.
28. Januar 2014 um 19:11
Ich verstehe zwar nicht, was „glaubensbasierte persönliche Erkenntnis“ sein soll, aber dem Satz, dass „Personen mit starken Glaubenssystemen oder auch mit starkem Vertrauen in das Erfahrungswissen anderer nicht automatisch wissenschaftsfeindlich sind“, kann man wohl zustimmen.
Viele (alle?) Menschen, auch viele gute Wissenschaftler/innen, sind in manchen Lebensbereichen aufgeschlossener gegenüber dem, was aus der Wissenschaft kommt, in anderen Lebensbereichen weniger.
Problematisch sind m.E. auch weniger die Menschen, die an komische Sachen glauben, sondern Diskursformen, mit denen komische Sachen gegen gute Argumente verteidigt werden. Etwas ausführlicher erläutert am Beispiel des Streits um die Evidenz zum Passivrauchen (und mehr oder weniger auf die Esoterik übertragbar):
http://www.josephkuhn.de/pdf/Passivrauchen_Buergerorientierung_Evidenz.pdf
29. Januar 2014 um 08:55
Selbstverständlich brauchen wir eine klare Abgrenzung an den Hochschulen. Es gibt hier erste Erfolge. Die Uni Marburg nutzt z.B. meine Publikationen (Skeptiker u.a.) zur Studentenausbildung.
Wir brauchen eine klare Abgrenzung von Seiten der Ärzte- und Zahnärztekammern, was das Portfolio der Kammerfortbildungen betrifft. Ich habe der BZÄK dieses mitgeteilt. Die Antwort fällt ernüchternd aus.
Bei der Gestaltung der „Fortbildungs“-Programme wird nicht etwa nach Seriösität und Wirksamkeit priorisiert, sondern dem Behandler eine „heilende Absicht“ unterstellt. Das ist der juristische Freibrief zur Scharlatanerie.
Die juristische Interpretation, weil alle Handlungen (Schul- und Alternativmethoden) sowieso schon in den Bereich der Körperverletzung fielen, sei auch alles gleichermaßen machbar, vorrausgesetzt es geschehe in „heilender Absicht“ und es werde vorab eine Einverständniserklärung abgegeben, ist m.E. nach dem derzeitigen Erkenntnisstand zwiespältig und sollte nicht mehr als Rechtfertigung für dubiose Kursangebote der Kammern dienen.
In der Konsequenz: Der Patient muss seinem Aderlass nur in rechtsgültiger Form zustimmen. Auch der Leibarzt von Abraham Lincoln hatte heilende Absichten. Wozu also noch Standards und Leitlinien? Wenn diese Argumentation die Maxime ärztlichen Handelns in Bezug auf wissenschaftlich nicht bewiesene oder gar widerlegte Methoden bleibt, dann können wir alle einpacken.
Geologen sind hier nicht so sehr involviert – es sei denn, sie werden krank.
29. Januar 2014 um 13:44
Die heilende Absicht alleine ermöglicht keine rechtswirksame Einwilligung.
Die Einwilligung des Patienten ist als Rechtfertigungsgrund nur dann beachtlich, wenn eine Aufklärung stattgefunden hat; und auch nicht irgend eine, sondern eine vollständige und inhaltlich richtige – nach bestem verfügbarem Kenntnisstand.
Wenn es also den Standpunkt der BZÄK so tatsächlich geben sollte, kann er sich jedenfalls nicht auf die Dogmatik der Rechtfertigungsgründe, sei es im Straf-, sei es im Zivilrecht, stützen.
Meines Wissens gibt es eine Indikation für einen Aderlass so wenig wie für eine Aurachirurgie. Eine rechtfertigende Einwilligung ist hier heute gar nicht mehr möglich.
Inhaltlich gebe ich Ihnen, Herr Bertelsen, natürlich völlig recht – mit diesen Qualitätskriterien sind die Fortbildungsangebote ein Einfallstor für „dumm Tüch“.
Übrigens wäre es unter Juristen schlicht undenkbar, Seminarangebote zur Rechtsfindung mittels des Lesens in den Eingeweiden von Opfertieren zu placieren.
29. Januar 2014 um 14:27
Zugegeben, das letzte Beispiel war etwas überzogen. Aber auch die Tätertypenlehre nach Lombroso kann man niemandem mehr andienen. Und die ist geschichtlich ein ganzes Stück jünger als Homöopathie. Ihre größte Zeit erlebte sie in Deutschland ziemlich genau zu der Zeit, als die Bach-Blüten erfunden wurden.
29. Januar 2014 um 14:30
@klauszwingenberger:
>Meines Wissens gibt es eine Indikation für einen Aderlass so wenig wie für eine Aurachirurgie<
Für ersteres z.B. die Haemochromatose, eine sinnvolle Indikation für die Aurachirurgie bleibt aber leider ein schöner Traum.
29. Januar 2014 um 21:44
Hier muß ich „Abe“ zustimmen…
Der Ruf nach immer mehr Aufklärung, wird nicht alle erreichen, wobei ich hier nicht die Metapher „Hinterwäldler“ benutzen würde, sondern mMn handelt es sich um Menschen, die es sich in ihn einer Welt „bequem“ gemacht haben, in der sie sich wohl fühlen – diese Menschen kann man nur bedingt durch „Aufklärung“ erreichen.
„Hinterwäldler“ hingegen haben eine „Bauernschläue“, denn sonst könnten sie im „Hinterwald“ nicht überleben und diese Schläue ist sehr „erdverbunden“ (rational)…
Jemand, der mit und in der Natur lebt, hat nur eine kleine Freiheit für Spinnerei, sonst würde er zugrunde gehen…aber ein Mensch in einer Wohlstandsgesellschaft, kann sich auch eine ausgiebige Spinnerei leisten…
30. Januar 2014 um 10:18
Aktuell – und etwas off topic:
Zufällig gefunden: Heute Abend ab 20.15 Uhr geht`s bei 3SAT um`s Impfen, und anschließend wird im weiteren Sinne über`s Thema diskutiert („Scobel“).
Beide Sendungen werden in der TV-Beilage des „Stern“ so kommentiert:
„Impfen – nein Danke?
DOKU Pocken gelten als ausgerottet, Polio ist in weiten Teilen der Welt kein Thema mehr: Erfolge der Medizin. Doch beim Impfen gilt nicht automatisch „Je mehr, desto besser“. Für das Immunsystem kann es wichtig sein, bestimmte Krankheiten wirklich „durchlitten“ zu haben.“
„scobel
Prof. Christian Schubert, Wolfgang Maly und Dr. Samia Little-Elk diskutieren über „Neuropsychoimmunologie““
Vielleicht lohnt es sich, beide Sendungen aus kritischer Sicht zu verfolgen.
30. Januar 2014 um 10:25
@klauszwingenberger Die Einwilligung des Patienten ist als Rechtfertigungsgrund nur dann beachtlich, wenn eine Aufklärung stattgefunden hat(…)
Genau. Formaljuristisch betrachtet. Und wo sind wir jetzt medizinisch? Im Schlammloch der Gefälligkeitstherapien. Ich muss als Patient formaljuristisch korrekt einwilligen, dass ich Scharlatanerie bestelle, damit der Richter zufrieden ist.
Damit ist gleichzeitig der Kursus für Scharlatanerie an einer Körperschaft des öffentlichen Rechts legitimiert – von hinten durch die Brust ins Auge.
Sehe ich das richtig als juristischer Laie?
Es gibt also keinen Bedarf einer dem Patienten dienlichen Grenzziehung?
30. Januar 2014 um 14:41
@ Hans-Werner Bertelsen, klauszwingenberger
Man kann Patienten so lange bearbeiten, bis sie ALLES unterschreiben – vor allem dann, wenn sie krankheitsbedingt eh schon geschwächt und im Greisenalter und sehr unwissend sind.
Und man kann Pseudotherapien in vorformulierten Einverständniserklärungen einfach anders deklarieren; z. B. eine stationäre Chelat-Therapie als „Aufbaukur“ bezeichnen bzw. tarnen.
Wenn dann der behandelnde Arzt mit dem betroffenen Patienten überhaupt nicht spricht, keine Anamnese erhebt und einfach drauflos-„therapiert“ und sein geplantes Programm durchzieht, kann von „Aufklärung“ überhaupt keine Rede sein. Der Patient hat nicht die geringste Ahnung, was vor sich geht und was mit ihm gemacht wird.
An`s Licht kommt sowas, wenn überhaupt, nur durch Glück und Zufall – wenn z. B. ein Angehöriger die ärztliche Privathonorar-Abrechnung entdeckt.
Der so gesundheitlich und finanziell geschädigte Patient wird dann anschließend so unter Druck gesetzt, dass er überall verschweigt, dass diese als Kur getarnte „Therapie“ überhaupt stattgefunden hat – es wird ihm verboten, darüber und besonders über die Folgen zu sprechen.
Wenn man dann noch als Angehöriger herausfindet, dass dieser behandelnde (im wahrsten Sinn des Wortes) Kurpfuscher zum deutschen medizinischen Personal einer brasilianischen Funkloch-„Klinik“ (mit Hotel und Reiseunternehmen) gehört, deren Schirmherr der brasilianische Geistheiler und Scharlatan Joao de Deus ist, geht einem das Messer in der Tasche auf – sorry.
Herr Bertelsen, besonders auch Ihre Zahnmedizin-Kollegen scheinen hier besonders „aktiv“ zu sein:
http://www.ostmed.net/detox/detox.pdf
und außerdem auch:
http://www.psiram.com/ge/index.php/Johann_Lechner
Soviel zu nicht vorhandener Grenzziehung, rechtlichen Grauzonen, Formaljuristerei etc.
Wo bleibt der Patient?
Wo bleibt der Aufschrei der Ärztekammern, der medizinischen Fachgesellschaften?
Sind sie auf beiden Augen blind?
Wo bleibt ärztliche(s) Verantwortungsbewusstsein, Ethik und Moral – man traut sich kaum mehr, solche „altmodische, irrelevante“ Begriffe in den Mund zu nehmen … – angesichts der Tatsache, dass es offensichtlich nur noch um`s Geschäft und um Profitmaximierung geht.
30. Januar 2014 um 15:48
QBeobachter Das österreichische Profil-wissen berichtet in der kommenden Titelausgabe zum Thema. Ich habe hier in einem Interview drei Hauptkategorien der Patienten beschrieben und sie analog zur Mittelalter-Medizin Michel Montaigne zitierend nicht als Patienten, sondern als „Opfer“ beschrieben:
1. Depressive Patienten
2. Tumorkranke Patienten
3. Opfer in hohem Alter
Die Chelat-Therapie, so wie sie in der Mittelalter-Medizin eingesetzt wird, ist bekannter Nonsens. Aber auch unspezifische Bluttests, die ein seriöser Labormediziner macht, werden missbraucht, um teure und überflüssige Therapien zu legitimieren.
Lieber Beobachter, nennen Sie mich bitte nicht in einem Satz mit den „Kollegoiden“. Das verbeult meine Aura.
Die Medizin-Ethik, auch die zahnmedizinische Bastion, ist informiert und schweigt sich bis dato aus. Wer schreibt an die Ethiker?
Wo bleibt der Aufschrei der Juristen?
30. Januar 2014 um 16:14
@ Lieber Herr Bertelsen,
ich wollte Ihre Aura nicht verbeulen … ;-)
Entschuldigen Sie bitte.
Die Juristen und Richter trauen sich an die dahinterstehende mächtige Lobby nicht ran und ziehen den Schwanz ein – vor allem dann, wenn es sich um die Interessen von Opfern im Greisenalter handelt, die eh in absehbarer Zeit sterben.
Vielen Dank für Ihr Engagement und Ihren Mut.
Ansonsten weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll …
30. Januar 2014 um 18:49
Nachtrag:
Offensichtlich sind nicht nur Standeskollegen, Ärztekammern und Juristen auf beiden Augen blind, sondern auch gesetzliche Krankenkassen – zumindest die bayrische Techniker Krankenkasse.
Die sponsert und fördert nämlich ohne näheres Hinsehen (?) Vereine (und SHGs), weil sie dem etablierten „Medizinbetrieb“ misstraut bzw. ihn für nicht ausreichend hält (so die Begründung); und zwar und gerade auch einen (welche noch?!), der Esoterikprodukte und pseudo- und paramedizinische „Therapien“ bewirbt und wahre Verkaufsveranstaltungen aufzieht:
Bsp.:
http://www.youtube.com/watch?v=Ifvcmul9ng8
http://www.psiram.com/ge/index.php/VHUE_e.V.
http://www.psiram.com/ge/index.php/John_Gruia_Ionescu
http://www.youtube.com/watch?v=ppapNH84DMs
http://www.youtube.com/watch?v=MUYcypuCHnY
http://www.bormia.de/
(man beachte hier auf der Startseite:
„Mit dem Eintritt/Start in diese Seite erklären Sie sich kundig darüber und akzeptieren,
dass die hier gegebenen wissenschaftlichen Informationen über ‚Lebendiges Trinkwasser’
nicht mit der Meinung der Schulwissenschaft übereinstimmend sind.“
Aha, es gibt „Schulwissenschaften“ … ;-)
Und wer drauf reinfällt, ist somit selber schuld.
Man beachte auch die Preislisten unter „Shop“:
http://shop.bormia.de/
Und alles mit „liebendem Gruß“:
http://www.bormia.de/index.php
Hier sind sie wieder, die vermeintlichen „wissenschaftlichen Informationen“, die keine sind.
Wenn man bei der TK auf „Selbstbehandlung“ setzt, statt zu versuchen, das bestehende Gesundheitssystem zum Wohle der Patienten zu verbessern, ist das erstens ein Armutszeugnis in jeglicher Hinsicht und zweitens öffnet es Tür und Tor für jedwede Betrügerei und Scharlatanerie.
Schlimmer geht`s nimmer …
31. Januar 2014 um 09:04
@Beobachter Sehr schöne Recherche. Es passt absolut ins Bild. Eine Krankenkasse kann nur wachsen, wenn sie mehr Umsatz macht. Jede Ausgabe – egal ob für wirksame oder unwirksame Therapien – generiert Umsatz. Der Leiter einer großen Krankenkasse schrieb mir folgendes:
„…mit meiner persönlichen Meinung bin ich nah bei Ihnen. Ich finde es gut, wie Sie für Ihr Thema kämpfen und welche medialen Erfolge Sie auch schon errungen haben. Vielleicht greifen wir das Thema gelegentlich einmal in unserer Mitgliederzeitschrift auf. Institutionell gedacht haben wir dennoch die Realität des Kassenwettbewerbs und das, „was sich die Menschen halt wünschen“ zu berücksichtigen.“
Achten Sie auf die Formulierung „was sich die Menschen halt wünschen“. Das bedeutet, ich solle doch auf neuzeitliche Standards und Leitlinien pfeifen und lieber mittelalterliche Gefälligkeitstherapien machen.
1. Februar 2014 um 22:46
@Hans-Werner Bertelsen
Das ist der Grund, warum ich für eine Bürgerversicherung plädiere…ein so wichtiges Gut wie die Gesundheit, gehört in die Hände des Staates und sollte nicht den Gesetzen der Marktwirtschaft unterworfen sein.
In gewisser Weise will sich der Staat abschaffen, wenn er alles privatisieren will.
Natürlich hängt es auch von kompetenten Verantwortlichen in einem „Kompetenz-Team“ ab, die alles in richtige Bahnen lenken können – wenn nicht, gehen sie halt zur Bahn ;-)
2. Februar 2014 um 13:36
@Ralf Da können wir noch lange warten. Der jetzige Erkenntnisstand fordert aber jetzt Veränderungen. Notwendige Veränderungen sollten nicht abhängig gemacht werden von Sternen- oder Versicherungskonstellationen. Ich bleibe dabei: Die Mittelalter-Kurse müssen raus aus den Angeboten der Ärztekammern. Und hierzu brauchen wir Juristen, die Mut haben. Diese mutigen Juristen gibt es!
2. Februar 2014 um 16:29
@ Hans-Werner Bertelsen
Ich teile Ihre Meinung, dass Veränderungen JETZT notwendig sind.
Denn auf eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens zum Wohle und Schutz des Patienten können wir wahrlich noch lange warten, wenn sie denn überhaupt jemals kommt bzw. angestrebt wird.
Wo sind sie, diese „mutigen Juristen“?!
Vor allem auch an Gerichten, die auch bei ihnen vorliegenden Informationen die Augen verschließen und sie nicht ernst nehmen?
Auch wenn eine gesundheitliche und finanzielle Schädigung durch Mittelalter-Machenschaften/-„Therapien“ wiederholt schon stattgefunden hat?
Wenn das Opfer im Greisenalter ist, hofft man offensichtlich, dass sich das Problem in absehbarer Zeit von selbst löst … und man nicht dazu gezwungen ist, sich mit der Lobby dahinter anlegen zu müssen (Klinikbesitzern, Medizinern mit Privatpraxen, Unternehmern).
Was die Ärztekammern betrifft:
Es werden „Fortbidungs“-Veranstaltungen, die unseriös und unwissenschaftlich sind, zertifiziert – und es werden für den Besuch/die Teilnahme sogar Fortbildungspunkte vergeben.
Und es werden Praxis-„Leitlinien“ von Medizinern in medizinischen Fachgesellschaften (mit-)erarbeitet, die nachgewiesenermaßen Esoterik-Humbug bewerben (Informationen darüber für jeden öffentlich und frei verfügbar!; es ist KEIN Geheimnis!).
Wie kann das zusammengehen?!
3. Februar 2014 um 22:15
@Hans-Werner Bertelsen:
Hoffentlich…
4. Februar 2014 um 09:01
@Beobachter:
Dafür hätte ich nun doch gern ein konkretes Beispiel – oder erwarten Sie, dass man auf Ihre vage Bemerkung hin sämtliche Leitlinien auf mögliche esoterische Kontamination durchforstet?
http://www.versorgungsleitlinien.de/themen
In der Nat. Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz z.B. wird von der beliebten Akupunktur ausdrücklich abgeraten.
4. Februar 2014 um 13:34
@ Sweeper;
(auch @ Hans-Werner Bertelsen)
Ich behaupte hier und grundsätzlich nichts, was ich nicht belegen/beweisen kann.
Natürlich verstehe ich Ihre konkrete Nachfrage.
Namentliche Nennungen wollte ich jedoch vermeiden.
Es handelt sich um die (recht) neuen und umstrittenen Praxis-Leitlinien im Fachbereich Umweltmedizin.
Sie wurden erarbeitet/herausgegeben (vom) und sind vorgestellt worden auf einem Kompaktseminar des
DBU (Deutscher Berufsverband der Umweltmediziner e. V.) – im Rahmen einer „Fortbildungsveranstaltung“ auf einem Kreuzfahrtschiff:
http://www.csn-deutschland.de/blog/2012/02/24/umweltmediziner-auf-kreuzfahrt/
Maßgeblich beteiligt ist u. a. Dr. Frank Bartram.
Er ist 1. Vorstandsvorsitzender des DBU:
http://www.dbu-online.de/ueber-uns/vorstand.html
und
Gründungsmitglied des VHUE e. V.:
http://www.umweltbedingt-erkrankte.de/index.php/unser-verein
und
war anwesend auf einer „Tagung“ des VHUE e. V., auf der Esoterik-Produkte („Bormia“) des Unternehmers und „Referenten“ N. Althoff beworben wurden:
http://www.youtube.com/watch?v=ppapNH84DMs
(Videos Teil 1 und 2)
Siehe dazu auch die Blogs mit Kommentaren:
„Schwindel-Wasser im ZDF“:
https://blog.gwup.net/2013/11/27/schwindel-wasser-im-zdf/
und aktuell:
„Zum Beispiel TK: Was die Kassen so alles unterstützen“
4. Februar 2014 um 14:08
@Beobachter:
OK – danke für die Ergänzung. Leider wird man um Namensnennungen nicht herumkommen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Es scheint in Deutschland (ähnlich wie beim Thema Schmerz übrigens:
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Schmerzgesellschaft) zwei umweltmedizinische Fachgesellschaften zu geben – die DGAUM ist dabei wohl die wissenschaftlich seriösere:
http://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien/ll-liste/deutsche-gesellschaft-fuer-arbeitsmedizin-und-umweltmedizin.html
4. Februar 2014 um 20:52
@ Sweeper: Das eine (DBU) ist ein Berufsverband, das andere (DGAUM) eine wissenschaftliche Fachgesellschaft.
4. Februar 2014 um 23:38
@ Sweeper
Ergänzender Nachtrag:
Flyer zum oben genannten DBU-Kreuzfahrt-Kompaktseminar –
mit Vorstellung der neuen Praxis-Leitlinien:
http://www.europaem.net/news/dbu-Flyer-Kompaktseminar.pdf
Außerdem:
Dr. Peter Ohnsorge – Facharzt für HNO, Allergologie, Umweltmedizin –
auch Vorstandsmitglied des DBU –
ist offensichtlich Bioresonanz-Fan und in`s Baugeschäft eingestiegen:
http://pressemitteilung.ws/node/373394 :
“ … Im konkreten Fall der Familie Schmalholz bedeutet dies, dass „wir leben haus“ sowohl mit dem Institut für Qualitätsmanagement und Umfeldhygiene (IQUH) in Weikersheim als auch mit dem Umweltmediziner Dr. Ohnsorge in Würzburg zusammen arbeitet. Während das IQUH die Materialauswahl frei gibt, führt Dr. Ohnsorge einen sogenannten Bioresonanztest durch. Soll heißen, sämtliche bereitgestellten Materialien und Baustoffe werden hinsichtlich ihrer Verträglichkeit durch den Probanden analysiert, anschließend für gut geheißen oder aber entsprechend abgelehnt. … “
(Zitat, Auszug)
8. Februar 2014 um 21:51
@ trixi
Mediziner haben Abitur und durchlaufen im Grundstudium nochmals eine naturwissenschaftliche Ausbildung – also kann man davon ausgehen, dass sie wissen, was (natur-)wissenschaftlich ist und was nicht bzw. was nach naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten möglich ist und was unmöglich ist.
Wenn sie sich trotzdem und GERADE INNERHALB ihres Fachgebietes in die Esoterik/Pseudo-/Para-„Medizin“ begeben, dient das allein ihrer persönlichen Profitmaximierung – man schafft, bewirbt und bedient entsprechende Klientel.
Sie handeln bewusst entgegen ihres eigenen Kenntnisstandes und ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil – sowas nennt man i. A. Betrug.
„Medizin“ als Business wie jedes andere …
Warum denn sonst unterstützen Mediziner z. B. aktiv brasilianische „Geist/Wunderheiler“, bieten „Bioresonanz-Tests“ an, unterziehen Patienten privaten „Chelat-Therapien“ (die diesen nicht im Geringsten erläutert werden) etc. usw.?
Mir wird niemand weismachen können, dass diese Herren ihrem eigenen „magischen Denken“ und ihrer „Intuition“ unterliegen … LOL !
(siehe auch Blog und Kommentare:
„Zum Beispiel TK: Was die Kassen so alles unterstützen“, 2.2.14)
Klientel/Patienten sind meistens (natur-)wissenschaftlich nicht gut ausgebildet und verstehen vieles nicht – und verlassen sich auf (vermeintliche) Fachleute (hier: Mediziner), „die es ja wissen müssen“.
Man vertraut auf Fachkompetenz, Redlichkeit und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Klientel/in der Behandlung von Patienten.
Den meisten Leuten ist nicht klar, dass ein akademisches(r) Studium/Grad KEIN Garant dafür ist.
Ein Dr.-Titel erhöht immer noch die Glaubwürdigkeit (im wahrsten Sinn des Wortes) – auch für jeglichen angebotenen schädlichen Mist und Humbug.
Also, ganz pragmatisch:
Aufklärung; Mut machen, auch vermeintliche Fachleute kritisch zu hinterfragen, sich selbst so gut wie möglich informieren; den gesunden Menschenverstand einschalten – und hoffen, dass man möglichst selten behandlungsbedürftig erkrankt.
10. Februar 2014 um 07:13
Zum Thema „Kommunizieren von Wissenschaft nach außen“ – auch und gerade für Laien –
und nicht nur bierernst bzw. staubtrocken, sondern satirisch aufbereitet … ;-)
Gerade bei scienceblogs.de gefunden:
http://scienceblogs.de/2014/02/10/satirisches-stand-up-science-12014/
Hier das Fazit des Physikers und Kabarettisten Vince Ebert:
Im Himmel ist es heißer als in der Hölle …