Unser geliebter Sommerloch-Panther scheint dieses Jahr einen großen Bogen um Deutschland zu machen – lediglich in England, Frankreich und in der Schweiz ist er heuer gesichtet worden.
Vielleicht hat er Angst, von Lotti gebissen zu werden, auch wenn die angebliche Alligator-Schildkröte im Oggenheimer Weiher möglicherweise nur ein großer Flusskrebs ist.
Überraschender ist da schon, dass selbst die Schweizer Crazy-Postille Blick den Panther mittlerweile im Reich der Mythen verortet.
Aus welchen Motiven heraus solche Geschichten entstehen, erklärt Markus Behmer, Professor für empirische Kommunikatorforschung an der Universität Bamberg, in der Münchner Abendzeitung:
Erstens, das Abenteuer Alltag: Diese Geschichten sind etwas für die Daheimgebliebenen. Sie zeigen, auch hier bei uns passieren spannende Sachen.
Zweitens: Sie bedienen Urängste, die Bedrohung durch exotische Tiere – wie beim weißen Hai.
Drittens: Der schon besagte Freiheitsdrang, die Rebellion.
Viertens und ganz wichtig: Die Verniedlichung und Vermenschlichung der Tiere. Den Tieren werden menschliche Eigenschaften unterstellt. Etwa, dass Lotti sich vor lauter Trubel vor den Menschen versteckt. Das zeigen auch die niedlichen Namen, die man ihnen gibt. Man kann mitfühlen, miträtseln und mitfiebern. […]
Ein Medium bringt die Geschichte auf, die anderen übernehmen sie. So etwas kann man prima weitererzählen. Es ist wie bei Mythen des Alltags: Jeder redet darüber, aber keiner nimmt es so richtig ernst. Außerdem lenken die Geschichten auch schön von ernsten Themen ab.
Sie passen zur Sommerstimmung, bieten Amüsement und wohliges Gruseln.“
Und genau so war es bei den großen Panther-Sichtungswellen 1992 im Saarland oder 2010 im Ruwertal.
Dass die Augenzeugen durchaus keinen Sonnenstich haben oder ihre Beobachtung frei erfinden, sondern einer Wahrnehmungstäuschung unterliegen, haben wir ausführlich hier erklärt.
Wie das funktioniert, konnte man dieser Tage in Augsburg sehen:
Ein „Löwe“ sei auf der B 17 unterwegs, meldete dort ein Autofahrer nächtens der Polizei.
Die Beamten rückten sofort aus – und fanden das Tier.
Hier ist ein Foto.
Da kommt all das zusammen, was laut Spiegel-Online für ein typisches Sommerlochtier konstituierend ist:
Der ideale Mix aus Exotik, Witz und Bedrohung!“
Zum Weiterlesen:
- Kein Sommer ohne Sommerlochtier, Spiegel-Online am 11. August 2013
- Sommerloch-Geschichten: „Amüsement und wohliges Gruseln“, AZ am 17. August 2013
- Alien Big Cats, Hoaxilla-Podcast Nr. 117 vom 3. März 2013
- Der Panther kommt näher, GWUP-Blog am 18. Juli 2013
- Panther, Ufos und die Glaubensmaschine, GWUP-Blog am 28. Oktober 2010
- Das „Bambi-Syndrom“ bei Psiram
- „Horned“ creature washes up on beach: mystery solved, Seven News am 22. August 2013
- East Texas home to majority of Bigfoot sightings, KYTX am 20. August 2013
- The forgotten political feud that spawned the Jersey Devil: Opinion, nj.com am 18. August 2013
23. August 2013 um 02:37
Es freut mich ja durchaus, wenn der Wassertümpel, in dem ich schwimmen gelernt habe, im gwup-blog erwähnt ist – allerdings heißt er trotzdem immernoch Oggenrieder Weiher, nicht -heimer.
23. August 2013 um 10:39
@benni:
Damals noch ohne Bissverletzungen?
Danke für die Korrektur – es handelt sich allerdings um einen Übertragungsfehler, denn in vielen Medien ist auch vom „Oggenheimer Weiher“ die Rede:
http://www.focus.de/panorama/welt/tid-32861/schnappi-im-oggenheimer-weiher-reptil-beauftragter-soll-terror-schildkroete-fangen_aid_1068404.html
23. August 2013 um 12:02
Das Kojote-Magazin titelt zum Thema Sommerlochtiere sehr treffend:
„Ferienende: Starke Rückreisewelle von Krokodilen aus Badeseen erwartet“
24. August 2013 um 11:52
@Bernd Harder:
„Damals noch ohne Bissverletzungen?“
Die größte Gefahr waren eher Algen; das ganze Ding war früher von der umgebenden Landwirtschaft so dermaßen eutrophiert…
17. April 2015 um 00:08
Ja, vor einiger Zeit – ich schrieb auch davon hier – hatte ich wahrscheinlich eine Begegnung mit einer Wildkatze, die an einem ‚Gelben Sack‘ nagte…es war archaisch…
ich und die raue Natur…Mensch versus Natur…ein Blick und innerhalb von Sekunden war die Wildkatze verschwunden – es wahren für mich gefühlte Stunden, die ich diesem Raubtier ausgesetzt war…Mann, der ich bin, folgte ich der Spur dieses Untiers und nahm keine Spur mehr wahr – die Straße hinauf, war kein Tier mehr zu sehen; wo war der Urfeind, der jeden bedroht? – Kann ich jetzt noch ruhig schlafen?
Das alles frug ich mich in der Nacht, die mir immer in Erinnerung bleiben wird ;-)
Ach so, damals ging ich von einem Luchs aus…
https://blog.gwup.net/2014/11/14/tigre-gate-in-paris-die-raubkatze-aus-disneyland/comment-page-1/#comment-42829