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Die Mistel – Weihnachtsdeko oder Krebsmedikament?

| 9 Kommentare

In seiner Welt+-Kolumne schreibt Prof. Edzard Ernst über „die Mistel als Krebsmedikament“.

Kurze Zusammenfassung:

  • Nach Rudolf Steiners Intuition muss die Mistel ein wirksames Medikament gegen Krebs sein.

Seine intuitive Annahme beruhte angeblich darauf, dass die Mistel von ihrem Wirtsbaum so lange schmarotzt, bis dieser schließlich zugrunde geht – genau wie ein Krebsgeschwür, das sich so lange von einem Menschen ernährt, bis dieser stirbt.

  • Der Glaube an die Krebs heilende Wirkung der Mistel ist weitverbreitet, und die Mistel ist heute in Deutschland zu der mit Abstand populärsten alternativen Krebstherapie herangewachsen.

Das stimmt jedoch ganz und gar nicht mit dem überein, was meine Forschung auf diesem Gebiet erbracht hat. Keine der methodisch besseren Studien zeigte eine Wirksamkeit von Mistelpräparaten in Bezug auf Lebensqualität, Überleben oder andere Variablen auf.

  • Seither sind mehrere ähnliche Analysen publiziert worden, zum Beispiel hier und hier.

Im Hinblick auf die Lebensqualität oder die Verringerung behandlungsbedingter Nebenwirkungen gibt es nach gründlicher Durchsicht der Literatur keinen Grund, Krebspatienten Mistelpräparate zu verschreiben. Das gleiche gilt für die Überlebenszeit.

Ein herkömmlicher Wirksamkeitsnachweis müsse indes auch gar nicht erbracht werden, da das Arzneimittelgesetz im Rahmen des Binnenkonsens der Homöopathie, anthroposophischen Medizin und Phytotherapie besondere Privilegien einräumt.

  • Fazit:

Aufgrund der Datenlage empfehle ich, die Mistel als Weihnachtsdekoration zu verwenden.

Auch im Münsteraner Memorandum Anthroposophische Medizin heißt es:

Internationale Datenbanken weisen […] 3647 Publikationen auf. Die Arbeitsgruppe hielt lediglich 29 Studien formal für bewertungsfähig.

Danach fand sich keine einzige Indikation, die ein Verschreiben von Mistelpräparaten bei Krebserkrankungen rechtfertigen würde, weder für den Endpunkt Überleben noch den Endpunkt Lebensqualität.

Zum Weiterlesen:

  • Was hinter der Mistel als Krebsmedikament steckt, Welt+ am 15. Dezember 2022
  • Die Mistel und der Masterplan der anthroposophischen Medizin, GWUP-Blog am 3. Dezember 2019

9 Kommentare

  1. Sorry, ich weiß, daß man hier das so nicht sieht, aber wenn man von der Mistel als Schmarotzer spricht, was sind dann die Menschen? – Glauben wir wirklich, wir seien keine Schmarotzer? – Das Töten von Tieren, die auch ein Lebensrecht haben, ist kein Schmarotzen? Ich glaube, man könnte noch weitere Beispiele aufführen. Also ist Menschenessen ein Krebsmedikament?

  2. @Ralf voll geimpft (2x geboostert)

    Schmarotzer, bzw. im Falle der Mistel besser Halbschmarotzer, ist in der Pflanzenbiologie ein anerkannter Begriff ohne jede wertende bzw. negative Konnotation.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Halbschmarotzer
    https://de.wikipedia.org/wiki/Vollschmarotzer

    Der Mensch hingegen ist ein omnivorer Biophage.

    https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-79778-1_10#:~:text=Der%20Mensch%20kann%20in%20der,14).

  3. Bessere Verwendung gem. alter Tradition: Wenn man die Mistel oben an einen Türrahmen hängt, darf man jeden küssen, der/die darunter steht. Muss man aber glücklicherweise nicht, sonst käme mir kein Mistelzweig ins Haus.

  4. @ Ralf voll geimpft pp.:

    Da hast Du etwas missverstanden. In der Biologie hat das Schmarotzen nicht die negative Konnotation, die es im übertragenden sozialen Sinn hat. „Schmarotzerpflanzen“ sind dort ganz einfach solche, die ihre Nährstoffe ganz oder teilweise aus Wirtsorganismen beziehen.

  5. Ich war mal zu Besuch in einem Anthro-Krankenhaus, wo auch Infobroschüren über solche Mistelpräparate und Behandlungsmethoden rumlagen.

    Ich war damals größtenteils unaufgeklärt, was Esoterik angeht, und hätte im Leben nicht gedacht, dass eine dahergeschwurbelte „intuitive Annahme“ von Rudolf Steiner die Basis für solch ein Medikament sein kann, viel mehr dachte ich (sehr naiv, ich weiß), dass sich in Studien sicher gezeigt hat, dass irgendwelche pflanzlichen Auszüge oder Präparate auf Mistelbasis wohl gegen Krebs wirksam seien.

    Wenn mir jemand gesagt hätte, dass man krebskranke Menschen in Deutschland mit evidenzfreiem ausgedachtem Mistelkram behandeln darf, wär mir die Kinnlade runtergeklappt. Tut sie heute eigentlich immer noch.

    Es wird natürlich an keiner Stelle so in den „Infobroschüren“ und Magazinen kommuniziert was wirklich (nicht) dahintersteckt. Ist ja alles erwiesen, bzw. „intuitiv erschaut“. Auch das Glaubenssystem Steiner wird nur sehr vage in solchen Publikationen vermittelt, vermutlich, um solche Zufallsleser wie mich nicht sofort abzuschrecken.

    Ich schreibe das mal als Erfahrungsbericht, ich denke so geht es vielen Leuten, die gar nicht ahnen, was eigentlich hinter dieser sanften, naturgemäßen Medizin steckt, und die nicht entsprechend geübt sind, sowas kritisch zu hinterfragen.

  6. „Springer publishes Edzard Ernst’s new book that lists 202 modalities of SCAM.“

    https://theesp.eu/podcast_archive/theesp-ep-356-homeopathy-works-by-law.html

  7. abgesehen von dem Irrglauben, daß die Mistel irgendeine Heilwirkung hat:

    1. hat jeder Mistelextrakt von unterschiedlichen Wirtsbäumen eine unterschiedliche zt, auch schädliche/giftige Zusammensetzung.

    2. daher ist Mistel gar nicht als Heilpflanze geeignet.

    In der germanischen Sagenwelt wurde Balder von Hödur erschossen, mit einem Pfeil aus einem Mistelzweig.- Das ist der Beginn der Mistelspinnerei, da man aus Mistelzweigen unmöglich Pfeile herstellen kann (schade, denn dann hätte die Mistel wenigstens einen Nutzen) ;-)

  8. Ich habe aus historischen (zudem reich bebilderten) Dokumentationen gelernt, dass es wichtig ist, die Mistel mit einer goldenen Sichel zu ernten. Erst dann kann sie ihre volle Wirkung entfalten.

  9. Die goldene Sichel war bei den Galliern wirklich wichtig.

    Plinius berichtete über die Verehrung der Mistel bei den Galliern.

    Die Mistel wächst auf Bäumen, aber selten auf Eichen. Umso begehrter waren genau diese. Wurden Misteln auf einer Eiche entdeckt, schnitt sie der Druide, in weißen Kleidern, am 6. Tag nach Neumond mit einer goldenen Sichel ab. Die Mistel wurde in einem weißen Tuch aufgefangen. Sie durfte nicht den Boden berühren, dass war der Zauberkraft abträglich. Nach der Ernte wurden zwei weiße Stiere geschlachtet und den entsprechenden Göttern geopfert.

    Die Mistel sollte, als Getränk, alle unfruchtbaren Tiere fruchtbar machen und gegen alle Gifte helfen.

    Eine solche Verehrung der Mistel gab es überall wo sie vorkam, ausser bei den Slaven. Wichtig waren wohl immer die Motive Neumond, keine eiserne Sichel und die Mistel durfte nicht die Erde berühren.

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