Bei unserem allerersten „Skeptical“ 2004 in der Würzburger Residenz war er natürlich gesetzt – als Forscher am Zoologischen Institut der Universität Würzburg und Gastgeber der GWUP-Konferenz.
An diesem Donnerstagnachmittag vor 19 Jahren präsentierte Dr. Rainer Wolf seinen berühmten Wahrnehmungsvortrag „Vom Sinn und Unsinn der Sinnestäuschung“.
Und ehrlich gesagt habe ich bis heute nicht verstanden, welcher Grieche sich jetzt in welches Schwein verwandelt hat oder auch nicht und wieso – obwohl das Ganze später dann auch in seiner Artikelserie „Wahrnehmung und Wahrnehmungstäuschung“ in der Naturwissenschaftlichen Rundschau (2013) beschrieben wurde:
„Auf falsch gestellte Fragen gibt es keine richtige Antwort“ – mehr gab es dazu anscheinend nicht zu sagen. Und vielleicht wäre ich jedem anderen zumindest leicht gram gewesen, mich derart im Unklaren zu belassen.
Aber nicht Rainer Wolf, den man stets und immer nur so erlebte wie auf dem linken Foto:
Da musste schon die „Thatcher-Illusion“ herhalten, um dem Biologen, Wahrnehmungsforscher und Hobbyzauberer mal einen unfreundlichen Gesichtsausdruck anzuhängen – natürlicherweise kam das nie vor.
Neben seiner beeindruckenden fachlichen Expertise war das auch der Grund, weshalb Wolf von Beginn an die Psi-Tests leitete (zusammen mit Dr. Martin Mahner). Selbst ausgesprochene GWUP-Kritiker, wie etwa der Psychologe und Test-Beobachter Suitbert Ertel, zollten ihm in dieser Funktion Respekt:
In der Tat war Wolf nichts weniger angelegen, als Teilnehmer vorzuführen, im Gegenteil:
Weil es phantastisch interessant wäre, für die Wissenschaft sehr interessant, wenn man so etwas nachweisen würde. Ich würde, selbst in meinem fortgeschrittenen Alter, noch versuchen, mein Forschungsgebiet zu wechseln, denn es wäre ganz spannend, dann auch herauszufinden, wie das Ganze funktioniert,
sagte er in einer SWR-Doku.
Und dem Tagesspiegel erklärte er:
Bei exotischen Behauptungen ist es wichtig, dass man keine Vorurteile hat. In der Geschichte der Wissenschaften kam es ja schon oft vor, dass neue Ideen nicht ernst genommen wurden. Als Alfred Wegener 1912 seine Theorie von der Kontinentalplattenverschiebung vorstellte, wurde er ausgelacht. Erst nach Wegeners Tod kam man drauf, dass sich die Erdplatten nachweislich zwischen zwei und sechs Zentimetern pro Jahr bewegen. Man sollte also auch „Spinner“ im Prinzip erstmal ernst nehmen.
Dr. Rainer Wolf starb am vergangenen Sonntag im Alter von 82 Jahren.
Ein (kurzer, unvollständiger) Abriss seiner Aktivitäten im Umfeld der GWUP findet sich hier. Ein ausführlicher Nachruf folgt im nächsten Skeptiker.
„Trauerkleidung ist nicht notwendig“: Besser kann man Rainer Wolfs Lebenseinstellung nicht zum Ausdruck bringen.
Zum Weiterlesen:
- Interview mit Rainer Wolf: „Niemand hat ein Recht auf eigene Fakten“, tagesspiegel am 1. April 2018
- Rainer Wolf/Jürgen Windeler: Erfolge der Homöopathie – nur ein Placebo-Effekt?
- Vollblut-Wissenschaftler und überzeugter Skeptiker: Rainer Wolf ist gestorben, Mainpost am 28. Oktober 2023
12. Oktober 2023 um 23:34
Ganz toller Nachruf, herzlichen Dank!!!
Johannes Wolf
29. Oktober 2023 um 16:23
Ich habe als Student Herrn Wolf bei einer fachfremden Veranstaltung erlebt und er hat mich sehr inspiriert. Ein toller Mensch, der mein Interesse an Wissenschaft und Skepsis verstärkt bzw. geweckt hat.
30. Oktober 2023 um 09:45
Vollblut-Wissenschaftler und überzeugter Skeptiker: Rainer Wolf ist gestorben
https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/vollblut-wissenschaftler-und-ueberzeugter-skeptiker-rainer-wolf-ist-gestorben-art-11286221