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Weitere Kennedy-Akten freigegeben – keine Belege für eine große Verschwörung

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Das Nationalarchiv der Vereinigten Staaten (National Archives and Records Administration/NARA) hat Mitte Dezember mehr als 13.000 bislang geheim gehaltene Dokumente zum Attentat auf John F. Kennedy veröffentlicht.

Damit seien nun 97 Prozent der rund fünf Millionen Seiten freigegeben, die bei der NARA zur Ermordung von JFK gelagert sind, heißt es in einer Pressemitteilung.

Eine begrenzte Zahl von Datensätzen werde weiterhin unter Verschluss bleiben. Dies sei laut einem White House Memorandum notwendig, um „die militärische Verteidigung, Geheimdienstoperationen, Polizeiarbeit oder Außenpolitik“ vor Schaden zu bewahren.

Die Veröffentlichung war von Präsident Joe Biden im Oktober 2021 verfügt worden. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte bereits mehr als 50.000 Dokumente freigeben lassen.

Beweisen diese Akten nun endlich eine große Verschwörung um die Ermordung Kennedys am 22. November 1963 in Dallas?

Mitnichten, schreibt der leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte der Welt, Sven Felix Kellerhoff:

Die seit 2017 der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Unterlagen bieten schon deshalb keinen neuen Blick auf die Vorgeschichte des Attentats und die Tat selbst, weil sie ausnahmslos schon vor Jahrzehnten der mit der Aufklärung beauftragten Kommission um den damaligen Obersten Richter der USA Earl Warren oder später verschiedenen Untersuchungsausschüssen des US-Kongresses und anderer Institutionen vorgelegen haben.

Was in diesen Unmengen Papier festgehalten wurde, ist daher längst eingeflossen in die schier unüberschaubaren Berichte dieser Gremien. Sie sind inzwischen fast ausnahmslos downloadbar oder stehen gedruckt zumindest in großen Bibliotheken in den USA, teilweise auch in Deutschland, etwa in der Bayerischen Staatsbibliothek in München.

Deshalb hätten auch die in Trumps Amtszeit freigegebenen Dokumente nicht einen substanziellen Fortschritt in Sachen Aufklärung des Dallas-Attentats erbracht.

Dass in den Akten zum Mordfall Kennedy noch sensationelle Fundstücke auftauchen, hält Kellerhoff praktisch für ausgeschlossen:

Alle bekannten Verschwörungstheorien sind widerlegt, was aber ihre Anhänger nicht hindert, sie immer wieder als angeblich neu zu verbreiten. Beispielhaft dafür ist die schon legendenumwobene „magische Kugel“.

Angeblich sollte das Geschoss, das Kennedy zuerst traf und dann den vor ihm sitzenden Gouverneur von Texas John Connally, dabei insgesamt sieben Wunden schlug, fünfmal die Richtung gewechselt haben. Connally wurde schwer verletzt, seine neben ihm sitzende Ehefrau blieb unverletzt.

In Wirklichkeit beruhe dieser falsche Eindruck darauf, dass die Verschwörungstheoretiker unzutreffende Sitzpositionen der beiden Getroffenen zur Grundlage ihrer Spekulationen gemacht hätten.

Bei korrekter Verortung Kennedys und Connallys entsprechend der zahlreichen Fotos und Filmaufnahmen sowie in Kenntnis der Konstruktion der Präsidenten-Limousine jedoch zeige sich eine absolut gerade Schussbahn.

Hier kann man die freigegebenen Unterlagen online einsehen.

Zum Weiterlesen:

  • Neue Akten zum Kennedy-Mord, Welt+ am 16. Dezember 2022
  • Tausende Geheimdokumente zur Ermordung von John F. Kennedy freigegeben, spiegel.de am 16. Dezember 2022
  • US-Regierung veröffentlicht weitere 13.173 Dokumente zum Kennedy-Attentat, grenzwissenschaft-aktuell am 16. Dezember 2022
  • National Archives Releases New Group of JFK Assassination Documents, archives.gov am 15. Dezember 2022
  • Vom „Aufwachen“ in den Kaninchenbau und zurück: Bekenntnisse eines ehemaligen Verschwörungsideologen, GWUP-Blog am 25. Dezember 2022
  • Die Hellseherin Jeane Dixon und das Kennedy-Attentat: kein gutes Beispiel für „Vorahnungen“, GWUP-Blog am 1. Juli 2022
  • Wie starb JFK wirklich? Fünf Mythen im Faktencheck, Welt-Online am 13. November 2020

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