Neu im Podcast Grams‘ Sprechstunde:
Bachblüten und Schüßler-Salze
Bachblüten haben nichts mit dem fließenden Gewässer zu tun, Schüßler-Salze verwendet man auch nicht zum Kochen. Beides sind alternativmedizinische Heilmittelchen, oft werden sie mit Homöopathie gleichgesetzt oder zumindest mit ihr in Verbindung gebracht. Tatsächlich aber unterscheiden sie sich in einigen wichtigen Merkmalen von Globuli – wenn auch nicht in Sachen Wirksamkeit.
Bachblüten sind nach dem britischen Arzt Edward Bach benannt, grob funktioniert das System so: Bach hat bestimmten Stimmungen rein intuitiv Blütenessenzen zugewiesen, deren Schwingungen die Schwingungen im menschlichen Körper wieder auf Kurs bringen sollen. Bach ging davon aus, dass Körper und Seele eng verbunden sind und das „kosmische Energiefeld“ gestört wird, wenn es einem Menschen nicht gut geht. Die Blüten sollen dabei helfen – einen Wirknachweis gibt es dafür allerdings nicht.
Bei den Schüßler-Salzen ist es ähnlich wie bei den Bachblüten. Der Erfinder Wilhelm Heinrich Schüßler verfolgte die Annahme, dass Krankheiten stets auf einen gestörten Mineralhaushalt zurückzuführen sind. Die Salze sollen das Gleichgewicht wieder herstellen und damit diese direkt in die Zellen eindringen können, werden sie verdünnt. Das Verfahren wurde bislang kaum untersucht und vor allem nicht belegt.
Gesprächspartner ist Udo Endruscheit vom INH.
Zum Weiterlesen:
- Grams‘ Sprechstunde: Bachblüten und Schüßler-Salze – Hauchdünne Theorie, detektor.fm am 10. November 2022
- Science Cops über Bach-Blüten: „Ein Blumenstrauß voll Blödsinn“, GWUP-Blog am 14. August 2022
- Wilhelm Schüßler in der Homöopedia
- Da ist nichts: „Schüßler-Salze“ bei medizin-transparent, GWUP-Blog am 1. August 2017
- Noch mehr Unsinn… Heute: Schüßler-Salze, Susannchen braucht keine Globuli am 30. Juli 2017
12. November 2022 um 08:38
Irgendwie bildet man sich ja als hartgesottener Skeptiker immer ein, das Wissen um solche schlechten Scherze wie Schüßler-Salze und Bach-Blüten müsse so langsam Allgemeingut sein.
Weit gefehlt. Dieses Thema war bei den Zuschriften zu „Grams‘ Sprechstunde“ ganz oben auf der Wunschliste und hatte demensprechend viele Reaktionen, nachdem die Folge online war.
Was einmal mehr zeigt, dass nach wie vor mit den Basics über Pseudomedizin aufgeklärt werden muss. Q.e.d.
12. November 2022 um 11:02
Schüßler hat seine Methode ja erfunden, weil ihm die Homöopathie zu kompliziert war.
Daher passt auch die Aussage eines (Apotheker-)Kollegen meiner Frau ganz gut: Schüßler-Salze sind Homöopathie für Dumme.
Dass Anwender völlig zwanglos alle drei pseudomedizinische Methoden (Homöopahtie, Bach-Blüten, Schüßler-Salze) parallel verwenden, obwohl sie sich in ihren behaupteten Wirkweisen widersprechen, zeigt tatsächlich, dass es noch sehr weit fehlt bei der Aufklärung.
12. November 2022 um 18:54
Als Apotheker möchte ich noch anmerken, dass es sich bei Bach-Präparaten nicht um Arzneimittel handelt.
Die alkoholhaltigen Rescue-Tropfen (die so nicht mehr heißen dürfen, weil „Rescue“ offenbar schon ein Health Claim ist) z.B. sind als Spirituose deklariert.
Die Perlchen und was es sonst noch gibt, sind Nahrungsmittel – nicht mal Nahrungsergänzungsmittel.
12. November 2022 um 19:01
„Schüsslersalze Anwendungsgebiete: Leichtgläubigkeit“:
https://schuessler-salze-liste.de/anwendungs-gebiete/leichtglaeubigkeit.htm
12. November 2022 um 20:25
@ Christian Becker:
Das ist ja interessant. Sind die Hersteller denn konsequenterweise auch Mitglied im Bundesverband der Deutschen Spirituosenindustrie?
13. November 2022 um 01:22
Mein spontaner Blogartikel, eine Art Nachlese nach Aufnahme des Podcasts, darin auch Details zu Arzneimitteleigenschaft oder eben auch nicht, Health Claim-Einstufung und Alkoholgehalt von Bach-Blütenessenzen (Rescura hat genauso etwa 27 Vol.% wie die anderen auch) und mehr (was auch alles im Podcast selbst vorkommt):
https://scienceandsenseblog.wordpress.com/2022/10/31/schusler-salze-bachbluten-homoopathie-ja-was-denn-nun/
13. November 2022 um 09:21
Es ist nur eine Anekdote, ja, aber eine Bekannte mit Paranoider Schizophrenie hat Selbstmedikamentation mit Bachblüten angewandt, es wurde ihr von einer Heilpraktikerin als sanftes Heilmittel empfohlen: Die Pharmakonzerntabletten seien nicht gut für sie und würden sie nur abhängig machen …
Es half natürlich nicht im Geringsten, und in dieser Zeit litt sie und ihre Umgebung besonders stark unter der Krankheit, man kann sich das kaum vorstellen. Es ist unverantwortlich, solche Mittelchen wie Klosterfrau Melissengeist empfehlen und verkaufen zu dürfen.
13. November 2022 um 13:17
@wednesday
Das sind ja schon 2 Probleme auf einmal.
1. Heilpraktiker
2. Heilpraktiker bei psychischen Problemen
Kann ja nix bei rauskommen.
Melissengeist ist wenigstens ein alkoholischer Extrakt diverser Pflanzen – der könnte bei Verdauungsbeschwerden schon was taugen; wobei der hohe Alkoholgehalt echt ein Problem ist.
Wenigstens wird einem der Kram nicht schlecht. :)
13. November 2022 um 16:48
@Christian Becker, ja, stimmt natürlich…
14. November 2022 um 05:52
Melissengeist ist ein hervorragendes Mittel zur Ablösung schwer entfernbarer Aufkleberreste ;) Vielleicht geht das auch mit Bach-Blüten?
@Wednesday, ich kann es mir vorstellen, aus eigener Anschauung, welche Ausmaße unbehandelte Schizophrenie annimmt.
Kann man Heilpraktiker für solche Aktionen rechtlich belangen? Unterlassene Hilfeleistung? Fahrlässige Körperverletzung, im schlimmsten Fall fahrlässige Tötung einer Patientin.
Gut, dass deine Freundin offensichtlich zurückgefunden hat zum Facharzt und zu hilfreichen Psychopharmaka.
14. November 2022 um 20:43
@Magda Eckstein
„Melissengeist ist ein hervorragendes Mittel zur Ablösung schwer entfernbarer Aufkleberreste“
Da ist aber simpler Brennspiritus u/o Aceton *mindestens* ebenbürtig und billiger!
15. November 2022 um 05:19
@awmrkl
Tatsächlich war Opas Melissengeist sogar effektiver, nachdem Aceton nicht half – vornehm geht die Welt zugrunde :)
16. November 2022 um 22:32
WTF??
„Wir freuen uns, dass wir die Therapeuten der Naturheilpraxis ohne Grenzen e.V. seit vielen Jahren mit unseren Schüßler-Salzen und homöopathischen Arzneimitteln unterstützen können.“
https://cdn.pflueger.de/service/news/hilfe-fuer-menschen-in-armut-und-not/
17. November 2022 um 08:30
@Martina Rheken
Pflüger fördert außerdem die Bildung und „den naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchs“.
https://cdn.pflueger.de/gemeinsam/unternehmen/verantwortung-engagement/
Und damit genug Werbung und Aufmerksamkeit für diese Firma. Oder lässt sich die öffentliche Aufmerksamkeit in einem skeptischen Sinne darauf lenken?
18. November 2022 um 18:55
@Carsten Ramsel:
Alles Amateure!
Das muss man so machen wie die Firma Biologische Heilmittel Heel (einer der großen Player Deutschlands in der Schwurbelsphäre). Die unterhalten eine „Heel Akademie“ und sind eifrig bestrebt, sich im universitären Bereich für Vorträge und Seminare, ebenso mit Angeboten für den klinischen Bereich zu „etablieren“.
Und zwar nicht erfolglos – offenbar sind gestandene Klinikdirektoren nicht in der Lage, zu erkennen, was sie sich da in den Pelz setzen. Ich hatte erst kürzlich eine einigermaßen verzweifelte Anfrage einer Oberärztin, die mit ihrer Chefärztin in dieser Sache im Clinch lag.
Wenn die niedergelassene und klinisch tätige Ärzteschaft nicht kritisch mitmacht, stößt all unsere Aufklärungsarbeit an ihre Grenzen.
18. November 2022 um 23:37
„Gegen „falsche“ Globuli vorgehen? Das Paradoxon der Apothekerkammer“
https://www.derstandard.de/story/2000140669919/gegen-falsche-globuli-vorgehen-das-paradoxon-der-apothekerkammer