gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

Verschwörungstheorien als zusätzliche Herausforderung beim Krisenmanagement im Gesundheitswesen

| 1 Kommentar

Im aktuellen Bundesgesundheitsblatt (Volume 65, issue 5, May 2022) über

Risikokommunikation öffentlicher Institutionen

gibt es nicht nur einen Aufsatz von Joseph Kuhn („Risikokommunikation von Behörden – Herausforderungen und Perspektiven“), sondern auch einen Beitrag zum Thema Verschwörungstheorien.

Die Sozialpsychologin Pia Lamberty beschreibt darin die „Ursachen des Glaubens an Verschwörungserzählungen“ und gibt „Empfehlungen für eine gelungene Risikokommunikation im Gesundheitswesen“.

Ausgehend vom CERC-Modell (Crisis and Emergency Risk Communication Model) rät Lamberty dazu, Fehl- und Desinformation immer als zusätzliche Herausforderung beim Krisenmanagement mitzudenken. Entscheidend sei ein frühzeitiges Erkennen von Thematiken, die das Potenzial haben, Fehl- und Desinformationen hervorzubringen (Social Listening).

Sodann müsse zeitnah auf Fehl- und Desinformationen reagiert werden, „bevor sie eine breite Öffentlichkeit unwiderlegt erreichen“ – auch im Reallife, etwa wenn massenhaft Flyer verteilt werden.

Um das Vertrauen in verantwortliche Institutionen und Wissenschaft aufrechtzuerhalten, sei zudem ein transparenter Umgang mit eigenen Fehleinschätzungen wichtig:

Ansätze, bei denen die Bevölkerung in ihren Kommunikationsbedürfnissen stärker inkludiert wird, können durch eine zielgruppengerechtere Ansprache das Vertrauen in das Gesundheitswesen stärken oder helfen auf Missstände zu reagieren.

Denn es sei „unwahrscheinlich“, dass der Verschwörungsglaube oder Fehl- und Desinformation nach der Corona-Krise gänzlich verschwinden:

Auch der Klimawandel wird gesundheitlich neue Herausforderungen mit sich bringen. Ein modernes Gesundheitssystem sollte daher in der Lage sein, auf gefährliche Entwicklungen frühzeitig zu reagieren.

Zum Weiterlesen:

  • Die Ursachen des Glaubens an Verschwörungserzählungen und Empfehlungen für eine gelungene Risikokommunikation im Gesundheitswesen, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, volume 65, pages 537–544 (2022)
  • Umfrage: Jeder Fünfte glaubt an Verschwörungserzählungen zum Ukraine-Krieg, GWUP-Blog am 8. Mai 2022
  • Verschwörungstheorien: Workshopmaterialien für die Erwachsenenbildung, GWUP-Blog am 6. April 2022
  • Neonazi-Partei „III.Weg“: Die rechte Sekte, taz am 7. Mai 2022

Ein Kommentar

  1. Damit die Eigenwerbung nicht zu kurz kommt: Alle Beiträge in dem Heft sind recht interessant, sie geben in der Zusammenschau einen guten Überblick über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Risikokommunikation von Behörden und der dabei eingesetzten Instrumente.

    Ein wichtiger Punkt bei dem Thema: Gegen mangelndes Vertrauen in die Behörden hilft eine gute Risikokommunikation alleine nur bedingt. Das behördliche Handeln an sich muss vertrauenswürdig sein und darüber hinaus das des Staates insgesamt und das der Politik, weil all das in der Regel von den Bürger/innen nicht auseinandergehalten wird.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.