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Streitgespräch mit Christian Weymayr: Die vielen Probleme der Heilpraktikerzunft

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Man ist immer wieder fassungslos, mit welcher unreflektierten Chupze Heilpraktiker ihr abenteuerliches Tun rechtfertigen.

Einer der Höhepunkte dieses Streitgesprächs zwischen Dr. Christian Weymayr vom Münsteraner Kreis und der Heilpraktiker-Präsidentin Ursula Hilpert-Mühlig kommt schon nach wenigen Minuten, als Hilpert-Mühlig ihre Behandlungsmethode „Humoralpathologie“ darlegt und dabei implizit eingesteht, dass dieses Konzept seit dem 19. Jahrhundert obsolet ist – was für sie aber keinen Grund darstellt, die Anwendung zu überdenken.

Weil sie nicht versteht, dass „altes Wissen“ in diesem Fall nicht „alt“, sondern völlig überholt ist und auch noch nie gestimmt hat.

Deshalb ist Weymayrs Fazit völlig richtig:

Interessant wäre sicher auch gewesen, was Hilpert-Mühlig zu diesem Youtube-Kanal sagt:

Und das ist nur ein Beispiel, das pOetwarriOr aktuell anführt:

Zum Weiterlesen:

  • „Corona-Widerstand“ – eine Querfront des Irrsinns und Extremismus, Ruhrbarone am 20. August 2020
  • Ursula Hilpert-Mühlig vs. Christian Weymayr: Muss der Heilpraktikerberuf stärker reguliert werden? Deutschlandfunk am 29. August 2020
  • „Grams’ Sprechstunde“: Altes Wissen ist vor allem alt, GWUP-Blog am 16. Mai 2018
  • „Gefährliche Hybris“: Interview mit Dr. Christian Weymayr über das Heilpraktiker-Unwesen, GWUP-Blog am 24. Januar 2018
  • Heilpraktikerin aus der Eifel: Das ist die Frau, die zum Sturm auf den Reichstag rief, tagesspiegel am 1. September 2020
  • Heilpraktikerin und Gelbwesten lösten Reichstagseklat aus, t-online am 31. August 2020

9 Kommentare

  1. Ich hatte gerade heute noch eine Diskussion „live“ über die so schwierige Heilpraktikerprüfung. Ich habe mir das alles geduldig angehört.

    Jedoch es bleibt dabei: Aus der Dackelperspektive ist die Sonnenblume ein Mammutbaum. Will sagen: Diese Leute vergleichen sich mit der akademischen ärztlichen Ausbildung, ohne auch nur die Spur eines Begriffs davon zu haben, was diese bedeutet.

    Das sagt ja eigentlich schon alles, was es über die HP überhaupt zu sagen gibt. Trotzdem sei nochmals betont: Es gibt empathische und wohlmeinende HP, die sich ernsthaft um das Wohl ihrer Klientel bemühen. Die auch Zeit und Geld in ihre Befähigung gesteckt haben. Aber:

    Erstens nutzt es nichts, Zeit, Geld und Mühe in Methoden zu investieren, die sinnlos bis schädlich sind.

    Zweitens besteht die Gefahr, dass auch – und gerade – solche wohlmeinenden und bemühten Leute sich völlig überschätzen (von den Größenwahnsinnigen wollen wir hier gar nicht reden).

    Drittens ist das Heilpraktikerproblem ein systemisches. Es kann, ,soll und darf nicht auf der individuellen Ebene diskutiert werden. Christian Weymayr bringt es auf den Punkt: ein „zweiter Arzt“ ist eine logische und praktische Unmöglichkeit. Ich pflege ja immer gleich von einer „zweiten Medizin“ zu sprechen. Wir wissen es: befreit man die HP – z.B. durch eine Positivliste – vom sinnlos-risikobehafteten Schwurbelbereich, bleibt für sie nichts übrig, wo der Patient nicht ohnehin beim Arzt besser aufgehoben wäre.

    Will man eine Abschaffung vermeiden, wird man sich Gedanken über einen neuen Gesundheits-Fachberuf machen müssen. Kürzlich kam ein CDU-MdB mit der „Forderung“ (!), Ärzte und HP mögen „zusammenarbeiten“.

    DAS wird wohl nicht geschehen, die Chance, sich anzunähern, haben die HP und ihre Verbände mit ihrer jahrzehntelangen überheblichen Schneckenhauspolitik und der beständigen Weigerung, sich zu professionalisieren (was inzwischen fast alle Gesundheitsfachberufe von sich aus tun), längst verspielt.

    Also – wird es schwierig, sehr schwierig.

    Vor drei Jahren bin ich übrigens mal herumgezogen und habe „Interessentengespräche“ in Heilpraktikerschulen geführt. Ich bin heute noch so erschüttert, dass ich es einfach nicht schaffe, das alles mal zu Papier zu bringen.

  2. Interessant wäre sicher auch gewesen, was Hilpert-Mühlig zu diesem Youtube-Kanal sagt:

    Nein, ich habe mir den Kanal nicht angesehen. Aber alleine die Überschriften der einzelnen Clips (insbesondere die in Bezug auf Corona) haben bei mir ein massives Ekelgefühl hervorgerufen.

  3. Die Reichstag-Heilpraktikerin soll bitte nicht mehr als Heilpraktikerin bezeichnet werden, fordern die #Heilpraktiker: https://neue-woche.com/pressemeldungen/heilpraktiker-kritisiert-berichterstattung-ueber-wortfuehrerin-vor-reichstagsgebaeude Vom Verband veganer Köche ist mir ähnliches noch nicht bekannt.

    https://twitter.com/hfeldwisch/status/1301276892411187200

  4. Moment, das mag zwar Erbsenklauberei sein, aber der verhinderte Reichskanzler aus Berlin ist kein veganer Koch, sondern Kochbuchautor für vegane Gerichte. Es müssten also die deutschen Autorenverbände protestieren. :)

    Ansonsten bleibt: Sind die Heilpraktikanten denn noch nicht tief genug gesunken, dass sie so einen Humbug verbreiten?

  5. der Titel des Gespräches enthält nach mM zwei grundsätzliche Fehler.

    1. HP ist -kein- Beruf, denn dazu brauchts eine „geregelte Berufsaubildung“ und die gibt es nicht. also ist das ein Gewerbe.

    2. Was bitte soll stärker kontrolliert werden ? zZ wird doch überhaupt nichts kontrolliert, selbst nach Todesfällen darf weiter mit Humbug experimentiert werden.

  6. @ diabetiker

    „HP ist kein Beruf, denn dazu braucht´s eine „geregelte Berufsausbildung“ – und die gibt es nicht. also ist das ein Gewerbe!“

    So sehe ich das ebenfalls!

  7. Dieses Aneignen von Autorität, ohne Scham zu Empfinden, wirkt auf mich stark histrionisch. Einmal in einer Werkstatt gewesen – schon ist man Mechaniker. Man hat mal ein Schiff beobachtet – also kennt man alle Häfen. Einmal nen Schnupfen besiegt – „Juhu, jetzt bin ich Arzt!“

    Und als HP, bin ich dann sogar legitim. Quasi ein Arzt. Nicht ganz, aber nah drann. Vergleichbar mit einem Arzt. So zu sagen BIN ich ein Arzt!

    Für einen nicht betroffenen, sind diese Schlüsse, vollkommen abwegig. Der krankhafte Schauspieler, befindet sich aber immer in einem Spiel. Es geht ihm nicht, darum etwas nachweislich getan zu haben oder Zusammenhänge zu begreifen.

    Man möchte die Bewunderung und das große Drama. Für das Spiel wird alles geopfert. Sogar die Gesundheit seiner Bewunderer.

  8. HP werden nicht müde darauf hinzuweisen, dass ihre Qualifikation ja durch die ach so schwierige Prüfung auf dem Gesundheitsamt nachgewiesen sei.

    Nein, ist sie nicht, denn es wird kein spezifisches „Heilpraktikerwissen“ abgefragt, weil es so etwas gar nicht gibt.

    Jeder, der will, kann irgendeine Behandlung erfinden, ihr eine aberwitzige Pseudogrundlage verpassen, ein „Lehrbuch“ dazu schreiben und seine Methode in Kursen verkaufen. Darauf hat das Gesundheitsamt keinerlei Einfluss.

    Auch ist es falsch, dass HP in ihrer Tätigkeit vom Gesundheitsamt überprüft würden – sie unterliegen lediglich der hygienischen Überwachung, nicht aber irgend einer fachlichen – die es, s.o., prinzipiell nicht geben kann.

    Das Gesundheitsamt wacht lediglich darüber dass niemand die Heilkunde „unerlaubt“ ausübt, also irgend etwas heilen oder behandeln will, ohne eine HP-Erlaubnis zu besitzen. Das Amt überwacht also nicht die Heilpraktiker, sondern nur die „Nicht-Heilpraktiker“.

  9. Wir sollten nochmal ins Gedächtnis rufen, was eine HP-Prüfung ist: Nämlich eine „Unbedenklichkeitsprüfung und keine Fachprüfung im Sinne der Feststellung eines konkreten Ausbildungsstandes.“

    Die Unheilpraktiker verdrängen diese für sie unangenehme Tatsache nur allzugerne.

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