Gestern Abend im rbb (zirka sieben Minuten):
Der Berliner Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser befasst sich schon lange mit angeblichen Wundermitteln. Er ist Chefredakteur der medizinischen Fachzeitschrift arznei-telegramm. Dass mit der Corona-Pandemie auch Geld gemacht wird, war für ihn von Anfang an klar:
„Ich habe erwartet, dass auch Corona ausgenutzt wird, um Menschen in ihrer Angst dazu zu bringen, Nahrungsergänzungsmittel oder andere Produkte zu kaufen.“ Das Prinzip sei nicht neu, „nur die Krankheit wird ausgetauscht“ – die sonstige Vorgehensweise der Hersteller und Händler bleibe gleich.
Auch homöopathische Mittel werden als Corona-Killer angepriesen, aktuell etwa Globuli mit Arsensäure – so verschwindend wenig, dass sie fast nicht mehr nachweisbar ist. Homöopathie-Anhänger feiern im Netz angebliche Wunderheilungen vom Coronavirus: Ein Fünfjähriger sei zum Beispiel dank Globuli nach nur vier Tagen wieder fit gewesen. Sogar die Hahnemann-Gesellschaft homöopathischer Ärzte behauptet: Mit Homöopathie kann man das Coronavirus erfolgreich behandeln.
Für Becker-Brüser ein skrupelloses Verhalten der Mediziner: „Ich denke, wenn das Ärzte sind, dann verstoßen sie gegen ihren ärztlichen Eid.“
Zum Thema „Homöopathie und Corona“ gibt’s auch ein Gespräch mit Dr. Christian Lübbers beim Podcast Generation Gesundheit (zirka 30 Minuten),
Zum Weiterlesen:
- Anti-Corona-Globuli: Vorsicht vor Homöopathie gegen das Coronavirus, swr3 am 21. April 2020
- Faktencheck: Covid-19 – Zustimmung zu Homöopathie-Einsatz gilt nur eingeschränkt, dpa am 29. April 2020
- Nach Trump: Rechte Verschwörungsideologen empfehlen, sich Chlorbleiche zu spritzen, volksverpetzer am 24. April 2020
- Impfgegner in der Corona-Krise: „Die radikalisieren sich weiter“, Augsburger Allgemeine am 29. April 2020
- Der zwickende Aluhut, Onkel Michael am 29. April 2020
29. April 2020 um 18:49
Wie so oft:
„es ist so weit verdünnt, daß es kaum noch nachzuweisen ist.“
NEIN, es ist so weit verdünnt, daß gar nicht mehr drin ist , und daher auch garnicht nachzuweisen ist.
Wenn es irgendwie nachgewiesen werden kann, gibt es nur zwei Möglichkeiten:
1. es ist bei der Herstellung geschlampert worden.
2. Der Hersteller muß den Beweis antreten, daß einige Naturgesetze falsch sind und neu definiert (von dem Hersteller) und bewiesen werden müssen.
29. April 2020 um 20:22
@ Diabetiker:
nein, ganz richtig ist auch das nicht. Es ist so weit verdünnt, dass es innerhalb der Schwankungsbreite der ubiquitären Hintergrundmenge bleibt. Das ist doch der Punkt, weshalb alle homöopathischen Deklarationen, auch solche noch über der Avogadro-Grenze, Larifari sind.
Das, was irgendwann einmal als „Urtinktur“ hineingepanscht wurde, ist vor diesem Hintergrund völlig ununterscheidbar. Übrigens: Arsenverbindungen – gerade die! – haben wir doch alle zu Hause im Speiseschrank: da, wo der Reis steht.
29. April 2020 um 21:15
Auf die Gefahr hin, jetzt wie eine Mischung aus Korinthenkacker und Rumpelstilzchen zu erscheinen:
So sehr Becker-Brüser inhaltlich Recht hat – wenn er (oder irgendwer sonst) noch ein einziges Mal etwas von einem „ärztlichen Eid“ schwadroniert, explodiere ich lautstark. Und glaubt mir, ich habe Übergewicht! Es würde Euch keine Freude machen, meine toten Fetzen von den Wänden zu kratzen …
30. April 2020 um 09:57
Naja, es ist halt kein Eid im juristischen Sinne. Oder so ein synthetischer Gänsehautmoment wie der Vereidigung bei der Bundeswehr oder der US-Einbürgerung mit Formeln, gegen die man kaum verstoßen kann.
Aber es gibt doch auch noch sowas wie Ethik und Berufsehre. Ich sehe nicht, wie das Anpreisen von Zucker als wirksame Medikamente damit vereinbar sein könnte.
30. April 2020 um 12:37
Völlig d’accord. Auch wenn von Standesrecht her es leider schwerfallen wird, den „lieben Kollegen“ beizukommen, so sollte doch wenigstens die Berufsehre, die jeder Arzt „im Leibe haben“ müßte, von vornherein verhindern, daß er überhaupt so etwas anpreist oder unterstützt. Eigentlich halt.
30. April 2020 um 18:13
„NEIN, es ist so weit verdünnt, daß gar nicht mehr drin ist , und daher auch garnicht nachzuweisen ist.“
Naja,
Arsen wird neben den vollen Phantasieverdünnungen auch in D6 und D12 angeboten. Abhängig von der Ausgangskonzentration, sauber verdünnt, liegt zumindest D6 ziemlich wahrscheinlich gerne mal zwischen der technischen Nachweißgrenze und dem WHO Trinkwassergrenzwert von 10µg/L .
Spaarfüchse trinken daher Leitungswasser, da ist das Arsenicum in Homöopathischer Konzentration viel günstiger und genauso (un)wirksam enthalten…
30. April 2020 um 19:36
Also wenn die Urtinktur aus einer chemischen Einzelsubstanz besteht, kann die tatsächlich im Grundrauschen der Verunreinigungen aufgehen .
Aber wie sieht es bei komplexen Urtinkturen wie Arnica oder Apis mellifica aus? Das sind Mixturen aus hunderten oder tausenden von meist organischen Einzelsubstanzen, die nicht natürlicherweise im Lösungsmittel vorkommen. Da sie alle in verschiedener Konzentration vorliegen, werden sie auch nacheinander herausverdünnt.
Wann ist dann Arnica noch Arnica und nicht nur „ein bißchen Arnica“? Und irgendwann sind dann tatsächlich nur noch zufällig Einzelmoleküle übrig – oder auch gar keine mehr.
1. Mai 2020 um 20:05
wenn im „Verdünnungsmittel“
2 Atome Arsen, nachgewiesen werden.
und in der C30 Verdünnung auch, ist darin nichts von der ursprünglichen Substanz, egal was da behauptet wird.
(als Beispiel)
Daß im Verdünnungsmittel je nach Qualität das ges Periodensystem gefunden werden kann , ist bekannt. Ändert aber nichts an den chemischen Gesetzen der Verdünnung.
4. Mai 2020 um 16:16
@Diabetiker
Von welchen Potenzen reden wir denn?
Bei C30 ist definitiv die Ursubstanz komplett rausverdünnt, aber es gibt ja auch Niedrigpotenzen. D6, D4, teils D3; insbesondere Komplexmittel enthalten oft niedrigpotenzen (wenn auch manchmal nicht so niedrig, wie es zunächst erscheint, wenn man sich vor Augen hält, dass z.B. Contramutan Belladonna D4 enthält… durchaus eine messbare Menge – nur davon eben 9mg auf 100ml – also doch eigentlich so ca. D8 für Normaldenkende; dafür aber Echinacea Urtinktur 4,5g auf 100ml, das ist zwischen D1 und D2).
Ich will damit keine Wirksamkeit herbeireden, ich finde es bietet halt Angriffsfläche, wenn man sagt, dass nichts mehr von der Substanz enthalten sei, wenn das eigentlich nur für höhere Potenzen gilt. Gerade in der Selbst“medikation“ werden ja häufig die niedrigen Potenzen angewendet.
Irgendwann und irgendwo habe ich auch mal ausgerechnet, wie viel Quecksilber noch in Meditonsin enthalten ist (fast nichts) – aber so eine große Flasche (75 ml) enthält durchaus eine messbare Menge, die noch zur „natürlichen“ Belastung dazu kommt.