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Video: „Wissenschaft persönlich“ mit Natalie Grams

| 8 Kommentare

Jetzt online: die „Wissenschaft persönlich“-Veranstaltung in Winterthur am vergangenen Dienstag.

Neben dem Video gibt es auch ein ausführliches schriftliches Interview in dem Web-Magazin higgs.

Ein Auszug:

higgs: Es gibt aber eine ganze Reihe wissenschaftlicher Studien, die eine Wirksamkeit der Homöopathie belegen.

Grams: Das habe ich früher auch gesagt. Es gibt diese Studien, die eine Wirksamkeit nahelegen, also muss doch was dran sein. Ich kann es auch niemandem verdenken, wenn er gleich denkt. Warum soll man wissenschaftlichen Studien misstrauen, gerade als Laie? Aber man muss Studien richtig lesen lernen – in meinem Medizinstudium kam das viel zu kurz.

Warum?

Wir lernten nie richtig, wie man Studien aufbaut, wie man sie interpretiert, welche Werte dafür wichtig sind, wie man Zahlen miteinander vergleicht, um zu soliden Aussagen zu kommen. Viele homöopathischen Studien sind methodisch sehr schlecht. Und je schlechter sie sind, desto stärker verzerren sie die Ergebnisse zu Gunsten der Homöopathie.

Robert Mathie, einer der wichtigsten Homöopathie-Forscher, der vier grosse Übersichtsstudien publiziert hat – und der als Homöopath sicher nicht negativ voreingenommen ist – , sagt es selbst: Die Aussagen aus Studien, dass Homöopathie besser als Placebo wirke, seien mit äusserster Vorsicht zu interpretieren, weil die methodische Qualität nicht ausreichend gut für klare Schlussfolgerungen ist.

Was heißt das?

Erst jüngst hat Mathie Ergebnisse von Überblicksarbeiten veröffentlicht und darin auch beurteilt, ob Studien zur Homöopathie einen sogenannten Bias – also eine Voreingenommenheit in der Planung oder Interpretation der Ergebnisse – haben. Die meisten Studien hatten ein «high risk of bias».

Von der Behauptung der Homöopathie, schnell, sanft, dauerhaft und sicher selbst chronische und schwerste Krankheiten heilen zu können, sehen wir trotzdem nichts in wissenschaftlichen Studien. Die Ergebnisse werden von Homöopathen total überinterpretiert, wohl auch weil sie die Sprache wissenschaftlicher Studien nicht richtig beherrschen. Das ist kein Vorwurf, sondern einfach eine Tatsache […]

Auch bei manchen Methoden der Schulmedizin kennt man den Wirkmechanismus nicht. Das spricht noch nicht gegen die Homöopathie

Da gibt es zwei grosse Unterschiede. Erstens mag bei gewissen Medikamenten zwar der Wirkmechanismus nicht ganz geklärt sein. Aber dafür ist die Wirksamkeit klar bestätigt. Zum Beispiel wissen wir auch beim weit verbreiteten Schmerzmittel Paracetamol nicht ganz genau, wie es im Körper funktioniert. Aber es gibt genug Belege dafür, dass es gut darin ist, Schmerz zu lindern.

Und zweitens sind die möglichen Wirkmechanismen nicht unplausibel. Sie sind nicht von vornherein mit einer Unwahrscheinlichkeit ausgestattet wie bei der Homöopathie. Diese besagt ja, dass ein nicht mehr vorhandener Wirkstoff eine Wirkung haben soll.

Zum Weiterlesen:

  • „In der Medizin hat Magie nichts verloren“, higgs am 4. April 2019
  • Video: Homöopathischer Selbstversuch von Natalie Grams im SAT.1-Frühstücksfernsehen, GWUP-Blog am 1. April 2019
  • Faktencheck von Jens Behnkes Faktencheck zu NDR-Info „Redezeit“ vom 21.11.2018, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 28. November 2018

8 Kommentare

  1. Unglaublich souveränes und sympathisches Interview. Der Moderator war ziemlich kritisch, aber Natalie Grams war super. Mein Kompliment.

  2. Der Chemiker zum Schluss war ja putzig, als er ein homöopathisches Mittel mit einem USB Stick per Analogieschluss verglichen hat.

    Dazu fällt mir immer Martin Lambeck ein. Wenn Informationen in den Globuli vorhanden wären, und zwar nur von der Urtinktur, und nicht von all den anderen Verunreinigungen im Wasser oder Alkohol, und diese auch noch von Mensch und Tier irgendwie herausgelesen werden könnten und auch noch etwas bewirken sollen, dann warten wir seit 100 Jahren auf den verdienten Nobelpreis.

    Auf dem Kindergartenniveau argumentieren Homöopathen! Nein, es gibt keine Informationsübertragung und Effekte durch Schütteln, die, bis auf die Verdünnung, plausibel, belegt oder wirksam sind.

    Danke Natalie Grams für dieses wirklich aufklärerische Interview. Eines der besten, die ich je gesehen hab.

  3. Higgs ist aber schon ein recht junges Format, oder ? Finde ich auch ziemlich gut. Gute Fragen, gutes Gespräch. Und Frau Grams ist echt ein super Gesprächspartner.

  4. @crazyfrog

    Tja.. und auch Himmel, Erde und der Raum dazwischen Kommentare. Dabei ist das so einfach, denn Chemtrails liegen zwischen Himmel und Erde ;)

  5. Ich gehe mir nun sofort einen Hut kaufen, damit ich diesen vor dieser tollen Person ziehen kann. Wunderbare Natalie Grams!

    In der Bauchbinde wurde sie als „Autorin eines homöopathischen Buchs“ bezeichnet. Wie, steht denn da nix drin?! :-)

    Erinnert mich an den „homöopathischen Comic“:
    https://www.pinterest.com/pin/95912667037688167/

  6. Soooo, nun habe auch ich mir die Zeit für das Video genommen.

    Einmal mehr haben mich Sachkenntnis, Geduld und Freundlichkeit von Natalie Grams beeindruckt. Sie hat nicht nur Recht, sie taugt damit auch nicht als Feindbild für die Homöpathen.

    Das finden die sicher gar nicht gut.

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