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Auf zu „neuen Horizonten“: Uni Witten/Herdecke zeigt Impfgegner-Machwerk

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Nun wissen wir auch, was die Privatuni Witten/Herdecke (übrigens mit Psiram-Eintrag) sich unter einem „Studium Fundamentale“ vorstellt: ein Impfgegner-Filmchen, das die Mär „Impfungen – und andere Einflüsse, denen wir aufgrund unseres modernen Lebens ausgesetzt sind – machen irgendwie Autismus“.

Angekündigt wird das Ganze als Einladung an die Studierenden, sich „neue Horizonte [zu] eröffnen und übergreifende Zusammenhänge [zu] erschließen“.

Das klingt doch prima – aber anstatt sich Quatsch anzuschauen, könnte man in der Zeit zum Beispiel mal ein gutes Buch lesen, etwa

Darin werden konkret jene „Denkfallen“ beschrieben, denen auch die Filmemacherin Natalie Beer aufgesessen ist, beispielsweise dass die Zahl der Kinder, bei denen eine Autismus-Spektrum-Störung diagnostiziert wurde, deswegen angestiegen ist, weil

  • mehr Eltern für das Thema sensibilisiert sind und ihre Kinder testen lassen,
  • seit kurzem eine erweitere Definition gilt, die mehr Fälle umfasst,
  • die Menschen heute in einem höheren Alter Kinder bekommen, was mit einer höheren Wahrscheinlichkeit korreliert, dass die Kinder Autismus oder andere Störungen zeigen.

Anscheinend weiß die Uni Witten/Herdecke das nicht, und deshalb hat der GWUP-Wissenschaftsrat ihr einen Brief geschrieben, in dem es unter anderem heißt:

Der Film, wir dürfen das deutlich sagen, fantasiert Ursachen zu Autismus herbei, ohne dafür einen Beleg zu erbringen. Er leugnet (oder verkennt) den Stand der Autismus-Forschung, der nicht von einem „Krankheitsbegriff“ im engeren Sinne ausgeht, sondern Autismus als eine multifaktorielle neurologische Entwicklungsstörung ansieht.

Damit „erweitert“ der Film die alte Wakefield-These bedenkenlos um eine ganze Palette ebenso unhaltbarer „Autismus-Ursachen“ und trägt damit massiv zur Verunsicherung von Eltern und auch Betroffenen selbst bei.“

Kann natürlich auch sein, dass die Lehranstalt das gar nicht so genau wissen will – schließlich zeichnet als Mitveranstalter des Filmabends das IBAM: Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin. Noch dazu „sind zahlreiche Förderer der Uni Anthroposophen“, schreibt Psiram.

Und die haben bekanntlich ihre ganz eigenen Vorstellungen von „übergreifenden Zusammenhängen“.

Das sieht man zum Beispiel an dem, was ein anthroposophisch geprägter Arzt namens Dr. Manfred van Treek heute in einem Interview mit der Rhein-Neckar-Zeitung so von sich gibt

Wenn das die künftigen Absolventen der medizinischen Fakultät Witten/Herdecke sind – dann gute Nacht.

Zum Weiterlesen:

  • „A Man Made epidemic“: das nächste Machwerk der Impfleugner-Szene, GWUP-Blog am 5. Mai 2017
  • Filmkritik: A Man Made epidemic, diaphanoskopie am 4. Mai 2017
  • Neu bei Psiram: IN-ES (Verein „Impfnebenwirkung – Elterlicher Sorgerechtsentzug“)
  • Studie mit Risikokindern: Kein Zusammenhang zwischen Autismus und Impfung, FAZ am 26. April 2015
  • Pseudowissenschaften: Der akademische Geist, Zeit-Online am 31. Mai 2011
  • Daniel J. Levitin: Kritisches Denken im Zeitalter der Lügen – Fake News, Halbwahrheiten und Pseudo-Fakten entlarven. Redline-Verlag 2018, 19,99 €
  • Nichtimpfen als okkulte Ideologie – die Schleimspur der „eigenverantwortlichen Impfentscheidung“, Keine Ahnung von Garnix am 5. Juni 2018

17 Kommentare

  1. Warum bekommen Leute wie Dr. van Treek nur immer wieder eine Platform in Tageszeitungen – offensichtlich vorwiegend von Lokalredaktionen.

    So ist es zumindest bei meiner Zeitung. Vor allem eine Lokalredaktion fällt immer wieder mit esoterisch gefärbten Artikeln auf. Recherche als Basis von seriösem Journalismus spielt wohl kaum noch eine Rolle.

    Ich hätte der RNZ gerne auch eine Antwort gepostet, geht aber nur mit Registrierung, daher off-limits für mich. Dass es auch anders geht, zeigt der verlinkte Artikel zur HPV-Impfung.

    Wie also kommt solche schamlose Werbung ohne entsprechende Kennzeichnung in eine Tageszeitung?

  2. Jaja, wieder mal typisch. So ein Schmarrn findet gleich einen Verlag und mein Manuskript schimmelt hier vor sich hin.

  3. @Onkel Michael:

    Konkret welcher Schmarrn?

  4. Aktualisierung bei „Zum Weiterlesen“:

    „Nichtimpfen als okkulte Ideologie – die Schleimspur der „eigenverantwortlichen Impfentscheidung“:

    https://keineahnungvongarnix.de/?p=6603

  5. Und die „Rhein-Neckar-Zeitung“ bekommt tatsächlich Feuer wegen ihres Schwachsinns-Interviews:

    https://twitter.com/nataliegrams1/status/1004061229327867904

  6. Schön, wenn Autismusforschung so einfach geht:

    „Dazu hat die Filmemacherin drei Familien mit autistischen Kindern begleitet, an einer Schule für Autisten recherchiert und den ehemaligen Vorsitzenden der britischen Autismusvereinigung befragt. Bei allen Kindern haben sich die autistischen Störungen durch eine spezielle kasein-und glutenfreie Diät gebessert“.

    Ich frage mich nur, warum die ganzen Idioten an den Universitäten dann so viel Zeit mit Studien verbringen.

    Im Ernst: Der Film scheint dem Trailer nach den ganzen alten Impfgegner-Mist wieder aufzuwärmen. Ein ewiger Kreislauf der widerlegten Behauptungen, mit erwartbar den immer gleichen Verunsicherungen bei den Eltern.

  7. Jaja, lieber Bernd, ich streue mir ja schon Asche aufs Haupt… Beim ersten überfliegen hatte ich den Eindruck die Veranstaltung wäre eine Lesung und kein Vortrag. Also erzürnte ich mich über ein Buch, das es gar nicht gibt ;-)

  8. Die Rhein-Neckar-Zeitung fand im Gegenwind noch den Atem, auf Twitter einzuräumen, es sei da mit dem Artikel „etwas ganz schiefgelaufen“. Schau an. Gern hör ich die Worte, doch möcht‘ ich Taten sehn. Man kündigte als „Entschädigung“ einen „wissenschaftlichen“ Beitrag zu Impfen und Impfgegnern an.

    Freut mich, ehrlich, obwohl ich erstmal abwarte, was dabei herauskommt. Ich hoffe, man bringt nicht so einen Artikel und sonnt sich anschließend in dem falschen Bewusstsein, dem „Gebot journalistischer Ausgewogenheit“ Genüge getan zu haben.

    Damit dieser Irrtum nicht aufkommt, hat die RNZ von mir als Belohnungslolli den Link zu diesem Artikel bekommen:
    http://die-erde-ist-keine-scheibe.de/2018/03/04/ausgewogene-berichterstattung-ein-problem/

  9. Wieso ein Verein von esoterischen Spinnern wie diese „Universität“ Mediziner ausbilden darf, das habe ich noch nie verstanden.

  10. bekommt jemand wie dieser „Dr. van Treek“ eigentlich geld dafür daß er sich öffentlich als idiot outet?

    jemand der so einen quark als mediziner veröffentlicht, muß seinen titel im losen gewonnen haben. ev. konnte er ja „masern“ tanzen.

  11. „Strenger Gegenwind für den Impfkritiker: Die Thesen des Arztes Manfred van Treek rufen heftige Reaktionen bei Medizinern aus der Region hervor“

    https://www.rnz.de/nachrichten/mosbach_artikel,-mosbach-strenger-gegenwind-fuer-den-impfkritiker-_arid,363860.html

  12. Und schon am kommenden Samstag darf der anthroposophische Dr. van Treek wieder Eltern verunsichern. Übrigens verlinkt er auch seiner Webseite auch ganz ungeniert auf Wakefields „Vaxx“-Machwerk.

    Eine Bühne bietet ihm der „Naturheilverein Mosbach“, in welchem er selbst eine führende Position begleitet…

    Dort zu protestieren, ist immerhin möglich – die kritischen Kommentare bleiben derzeit stehen.

    https://www.facebook.com/events/639930396371934/permalink/639930399705267/

  13. Wenn Zeitungen Impfgegnern eine Bühne geben, indem sie inszenierte Interviews veröffentlichen, kommt inzwischen Gegenwind. Und das ist gut so.

    Noch einmal zu dem desaströsen Artikel in der RNZ Neckar-Odenwald, die zwar am Folgetag einen weiteren Artikel veröffentlichte, aber dennoch den gefährlichen Beitrag des anthroposophischen Anti-Impf-Arztes stehen lässt, statt ihn zu entfernen oder die Kritik unmittelbar dazuzustellen:

    https://onkelmichael.wordpress.com/2018/06/07/wenn-journalisten-impfschwurblern-auf-den-leim-gehen/

  14. @Susanne Aust:
    Die RNZ hat immerhin in ihrem Online-Angebot noch VOR den ursprünglichen Artikel mit dem Interview einen kommentierten Link zur später veröffentlichten Gegendarstellung gesetzt.
    Das finde ich als Umgang mit dem Thema schon ganz in Ordnung.

  15. Hat eigentlich irgendjemand mal daran gedacht, die Causa RNZ mal dem deutschen Presserat zu melden?

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