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Der Münsteraner Kreis kritisiert erneut die Krebsbehandlung durch Heilpraktiker

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Der Münsteraner Kreis kritisiert erneut die „novellierten“ Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern.

Die Ärzte Zeitung schreibt:

Der Münsteraner Kreis bleibt weiterhin bei der im August im „Münsteraner Memorandum Heilpraktiker“ erhobenen Forderung nach der Abschaffung des Heilpraktikerberufes […]

In einem Punkt wirft [die Initiatorin Professor Jutta] Hübner dem Staat quasi einen Totalausfall vor. Zwar sei für Heilpraktiker jede Form der Werbung für eine Krebstherapie unzulässig. Jedoch habe eine eigene Online-Recherche im Januar bei einem großen Arztbewertungsportal zu dem Hinweis geführt, es gebe 282 Heilpraktiker für Krebstherapie in Deutschland – inklusive Auflistung der Praxen.

„Wie kann es sein, dass der offensichtlich sensibilisierte Gesetzgeber es zulässt, dass ein Heilberuf ohne vorgeschriebene Ausbildung, ohne gesicherte Kontrolle, ohne verbindliches Berufsrecht, ohne gesetzlich normierte Fortbildungspflicht nicht-evidenzbasierte Methoden an Patienten anwenden darf, die an einer Krebserkrankung leiden?“, moniert die Krebsspezialistin gesetzgeberische Defizite.

Genau dadurch werde ermöglicht, was der Staat verhindern wolle: „Patienten werden gegebenenfalls ohne ärztliche Kontrolle ‚therapiert‘ und wissen nicht, auf wen sie sich einlassen. Hierdurch geht wertvolle Zeit verloren – und das mit staatlichem Siegel“, prangert sie an.“

Zum Weiterlesen:

  • “Gefährliche Hybris”: Interview mit Dr. Christian Weymayr zum Heilpraktiker-Unwesen, GWUP-Blog am 24. Januar 2018
  • Nur ein Papiertiger: die neuen Heilpraktiker-Leitlinien, GWUP-Blog am 26. Januar 2018
  • „Mangelhaft“: die neuen Richtlinien für die Heilpraktikerprüfung, GWUP-Blog am 1. Januar 2018
  • „Ekelhafte Lobbyistenaktivität“: Münsteraner Kreis zu den Heilpraktiker-Vorwürfen, GWUP-Blog am 22. August 2017
  • Heilpraktiker und die Patientensicherheit, Ärzte Zeitung am 22. März 2018
  • WDR-Feature: Krebsheiler – Das Geschäft mit der Hoffnung, GWUP-Blog am 12. März 2018
  • Die Unheiler, correctiv.org am 18. Dezember 2015
  • What We Mean When We Say Evidence-Based Medicine, New York Times am 27. Dezember 2017

15 Kommentare

  1. Ein Link mit einem Meinungsbrocken ist noch kein Argument (fällt mir bei Ihren Kommentaren immer wieder auf).

    Besser ist es, wenn Sie den zugrunde liegenden Dank ausformulieren, so dass eine Diskussion überhaupt erst in Gang kommen kann.

  2. @ crazyfrog:

    Und so ticken Lokalzeitungen, könnte man ergänzen.

    Nett in dem Artikel: „In der Homöopathie ist uns schon seit Jahrhunderten bekannt …“

    – wenigstens steht nicht da, „seit dem Mittelalter“.

    Auch der Satz gefält mir gut: „Deshalb überprüfen Sie bitte sich selbst, ob Sie einen Mangel haben.“

    Hab ich. Mir fehlen Zeit, Geld, hin und wieder gute Ideen ….

    Oder der: „Die gesundheitsbewusste Hausfrau und Mutter weiß, ohne Silicea kommt sie in ihrem innerfamiliären Gesundheitsdienst nicht aus.“

    Genau. So was weiß man einfach als gute Hausfrau. Woher eigentlich?

  3. @ crazyfrog – Das ist ja wirklich beleidigend dumm! Das könnte ja statt aus Schwaben direkt aus Berlin-Prenzlauer Berg stammen (wo allerdings die Schwabendichte auch recht hoch ist).

    Hingegen ein interessanter Beitrag in der Ärztezeitung, wobei die Kommentare allerdings weniger lesenswert sind.

    In meiner persönlichen Statistik steht es aber gerade 2:1 für ärztliche Scharlatane gegenüber den Unheilpraktikern: Im Boden versinken vor Scham möchte ich, wenn ich höre, worauf sich manche Behandler einlassen;

    Fall 1 (aus der eigenen Praxis): Ein Patient kommt zu mir zur palliativen Behandlung bei Metastasen. Der Ehepartner berichtet, daß eine Behandlung mit Methadon angedacht ist. Wohlgemerkt nicht durch einen Onkologen, sondern durch einen Schmerztherapeuten, und das, obwohl Schmerzen hier keine Rolle spielten. Und die Einstellung sollte ambulant erfolgen.

    Ich konnte gerade noch empfehlen, das ganze erst nach dem Ende meiner Behandlung durchzuführen, ganz abbringen lassen konnten sich diese verzweifelten Menschen davon aber nicht.

    Fall 2 (passierte einem Kollegen von mir): Der Patient kam zur palliativen Behandlung ebenfalls bei Metastasen. Die onkologische Anamnese offenbarte eine vollkommen vermurkste Krebsbehandlung, was im vorliegenden Fall auch an den – gelinde gesagt – sehr speziellen Ansprüchen des Patienten gelegen haben dürfte. Beteiligt war eine Privatpraxis mit sogar zwei Filialen in Deutschland, in der ziemlich bizarre „Chemotherapie“-Protokolle, verknüpft mit Off-Label-Use von anderen Medikamenten, zum Einsatz kamen.

    Der verantwortliche Arzt hat ausweislich seiner Website noch nicht einmal die Zusatzbezeichnung Medikamentöse Tumortherapie. Aufgrund der sehr speziellen Ansprüche des Patienten mußten wir (was sonst nie vorkommt) eine Behandlung ablehnen.

    Fall 3 (Fallbesprechung einer benachbarten Abteilung): Patientin wird den Kollegen erstmals vorgestellt mit weit fortgeschrittenem Tumorleiden. Zuvor „Behandlung“ durch einen Heilpraktiker mittels Homöopathika und einer strikt ketogenen Diät.

    DAS nenne ich geschickt: Sich an den schutzlosesten, verletzlichsten Patienten zu vergreifen, die sowieso bald dran glauben müssen. Und im Fall 3 auch noch richtig klassisch: Tötung durch Unterlassen! Geht in keine Statistik ein, niemand wird belangt.

    Und solange das alles unter dem Teppich bleibt, fällt „latürnich“ auch nicht auf, daß hier ein HP einen Krebskranken nicht nur supportiv, sondern als Hauptbehandler betreut hat.

    Aber Herr Dr. Sasse, der ja dem Dachschadenverband ein Gefälligkeitsgutachten (Titel: Wes‘ Brot ich eß, des Lied ich sing‘.) vorgelegt hat, schreibt ja auch einen Unfug, den sogar ich als geneigter juristischer Laie erkenne:

    „Das Patientenrechtsgesetz hat in § 630 a Abs. 2 BGB erstmals einen Fachstandard für Heilpraktiker gesetzlich fixiert. Heilpraktiker sind demnach verpflichtet, die Behandlung am Binnenstandard der Heilpraktikerschaft auszurichten.“

    Einen solchen Binnenstandard gibt es nicht; es wird ihn und es kann ihn auch nie geben!

    Außerdem sagt das BGB hier folgendes: “ Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.“

    Man beachte den letzten Halbsatz, der alles Gefasel vom Binnenstandard elegant aushebelt. Von einem promovierten Juristen hätte ich aber mal mehr fürs Geld erwartet…

  4. Die Kommentare der beiden erkennbaren Heilpraktiker unter dem Artikel der Ärztezeitung sind erhellend (oder besser erschreckend). Es ist keinerlei Einsicht vorhanden. Immer sind die „Anderen“ (Münsteraner Kreis, Ärzte) die Bösen.

  5. Fahrlässige Tötung: Zwei Jahre und drei Monate – Heilpraktiker aus dem Kreis Kelheim ist schuld am Tod seiner Patientin.

    https://www.mittelbayerische.de/region/kelheim-nachrichten/heilpraktiker-verschuldets-tod-einer-frau-21029-art1623676.html

  6. @crazyfrog:

    Man ist einfach nur noch sprachlos:

    „„Sie machen einfach so weiter“, sagte die Richterin und warf dem Heilpraktiker vor: „Ihre Verteidigerin zeigt mehr Empathie als Sie. Sie zeigen keine Reue.“ Dagegen wehrte sich der Verurteilte, erklärte, dass er den Tod der Patientin zutiefst bedauere, blieb aber bei seiner Einschätzung, dass er richtig behandelt habe. Deswegen dürfe man ihm seine Praxis auch nicht schließen. „Sie ist meine Existenzgrundlage.“

  7. @Bernd Harder:

    Diese beiden Sätze der Richterin sollten in Granit gemeißelt und als Mahnung an alle Heilpraktiker verschickt werden, auch wenn ich bezweifle, dass es zu einer entsprechende Einsicht in dieser Berufsgruppe kommen wird, denn es ist ja „nur“ ein Einzelfall:

    „Sie hatten vier Jahre Zeit, Ihren Fehler einzugestehen, aber das haben Sie nicht gemacht. Diese Frau ist tot, weil Sie sie behandelt haben. Sie sind eine Gefahr für die Allgemeinheit.“

  8. Selbst wenn das Urteil rechtskräftig werden sollte, ist es erschreckend milde ausgefallen. Bei guter Führung ist der Mann doch spätestens nach eineinhalb Jahren wieder raus aus dem Knast. Und nur 5 Jahre Berufsverbot – der darf also dann ganz offiziell weitermachen, wo er aufgehört hat.

    Nennt man sowas noch Gerechtigkeit?

  9. Zum Link im ersten Kommentar:

    Es sind inzwischen nur noch Überschrift und Foto vorhanden.

    Darunter steht: „Dieser Text wird aktuell nach Leserhinweisen von uns geprüft.“

  10. Es geschehen ja noch Zeichen und Wunder…

  11. Diese Anklage sollte man nicht überbewerten. Die grundsätzliche Handlung des Herrn Ross, nämlich als Medizinlaie unerprobte Substanzen in todkranke Menschen zu spritzen, wird überhaupt nicht kritisiert. Stattdessen hält man sich an einer angeblichen Fahrlässigkeit bei der Dosierung fest.

    Das Zeichen für die Heilpraktikerzunft ist klar: „Ihr dürft alles tun und lassen was Ihr wollt, solange dabei nichts schief geht, das auch noch rauskommt und man es euch nachweisen kann.“

    Ross hat vorsätzlich Menschenleben gefährdet und zerstört. Das ist keine Unachtsamkeit.

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