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Skeptiker-Interview mit Eckart von Hirschhausen: „Ich möchte vermitteln“

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Bei der diesjährigen Verleihung des „Goldenen Bretts“ in Wien hielt Dr. Eckart von Hirschhausen per Videoschalte die Laudatio auf den Lebenswerk-Preisträger „Zentrum der Gesundheit“ (im Video ab 1:06:00).

Dabei sagte er unter anderem:

Ich weiß, wie Ihr alle, aus leidvoller Erfahrung: Mit fundamentalistischen Impfgegnern und Homöopathiegläubigen zu diskutieren, macht keinen Spaß. Und je länger ich das versucht habe, desto mehr bin ich davon überzeugt: Es bringt auch niemandem etwas. Weil keiner danach seinen Irrtum eingesteht, sondern sich noch vehementer in seiner Ecke verschanzt.

Und deshalb versuche ich in der Öffentlichkeit oft eine vermittelnde Position einzunehmen und die Menschen nicht zu sehr vor den Kopf zu stoßen. Das macht die Hardcore-Skeptiker immer besonders skeptisch und die fragen sich dann: Ist der Hirschhauen jetzt gut oder böse?“

Das wollten wir auch im Skeptiker-Interview von ihm wissen, das gerade erschienen ist.

Hirschhausens Antwort:

Ich stehe auf der Seite der Guten – und die gibt es auf beiden Seiten. Ich liebe den Perspektivwechsel, daraus entsteht meine Komik. Mal schreibe ich als Zauberkünstler, mal als Mediziner, mal als Patient. Ich möchte vermitteln. Und zum eigenen Denken anregen. Suchen Sie sich das heraus, was Ihnen Freude macht.

Mein Buch hat 500 Seiten, und da ist auch für Skeptiker viel kreatives Futter dabei: zum Beispiel mein Impfmärchen, die Kapitel über Studiendesign und das Wegklatschen der Elefanten oder auch das Heilmethodenorakel: „Sage mir, zu wem du gehst, und ich sage dir, was du zu hören bekommst!“

Außerdem sprachen wir mit dem Arzt und Medizinkabarettisten über seinen aktuellen Bestseller „Wunder wirken Wunder“ sowie das Bühnenprogramm „Wunderheiler“ und die Reaktionen darauf:

Die Klassiker: Ein Homöopath beschimpft mich, einseitig zu sein, ohne eine Seite des Buches gelesen zu haben, sozusagen prophylaktisch. Manchmal gehen auch Leute aus meinem Programm, dann weiß ich aber nie: Intoleranz oder Inkontinenz.“

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Zur Heilpraktiker-Problematik vertritt Hirschhausen eine klare Position:

Das Heilpraktikergesetz ist total absurd und gehört schleunigst geändert. Es ist wie einen Führerschein bekommen ohne eine einzige Fahrstunde.

Der Wert von Alternativmedizin hängt davon ab, was die Alternative ist. Es macht juristisch und ethisch einen großen Unterschied, ob die Patienten in Brüggen schon „austherapiert“ und ohne Hoffnung auf Heilung sich selber überlassen wurden, oder ob die Pseudo-Behandlung an die Stelle einer wirksameren gesetzt wurde.

Im Buch und im Bühnenprogramm mache ich diesen Unterschied an der Biografie von Steve Jobs deutlich, der aller Wahrscheinlichkeit nach länger gelebt hätte, wenn er sich zuerst hätte operieren lassen und dann komplementär alles für Leib und Seele getan hätte. Aber warum sind die „Alternativmethoden“ so beliebt? Das muss man sich doch fragen.“

Den neuen Skeptiker mit dem Eckart von Hirschhausen-Interview gibt’s für sechs Euro als gedrucktes Heft oder ePaper.

Zum Weiterlesen:

  • “Wunder wirken Wunder – Wie Medizin und Magie uns heilen” von Eckart von Hirschhausen, GWUP-Blog am 1. Oktober 2016
  • Eckart von Hirschhausen: Wunder wirken Wunder – Wie Medizin und Magie uns heilen. Rowohlt 2016, 496 Seiten, 19,95 €
  • Interview mit Eckart von Hirschhausen: „Intoleranz oder Inkontinenz“, Skeptiker 4/2016

5 Kommentare

  1. Öffentliche Diskussionen mit Fundamentalisten sollte man nicht führen mit dem Ziel, das direkte Gegenüber zu überzeugen. Vielmehr sind die Mitleser oder -hörer die eigentlichen Adressaten. Polemik und Sarkasmus sind dabei kontraproduktiv. Ich schätze, das sieht Herr von Hirschhausen ganz ähnlich.

    Herr Raik Anders sollte darüber einmal gründlich reflektieren.

  2. @Josh:

    Das kann man so sehen – muss man aber nicht, denn wirklich konkrete Erkenntnisse gibt es dazu meines Wissens nach (noch) nicht.

    Wir sind nicht alle gleich und auch unsere Gegenüber nicht, und wir/sie ticken auch nicht einheitlich, auch nicht die viel zitierten „Mitleser“, über die wir überhaupt nichts wissen.

    Es gibt keine Ansprache, die absolut erfolgversprechend oder im Gegenteil völlig daneben ist, sondern das ist stark personen- und situationsabhängig. Beim Forum WissKomm in Bielefeld haben wir verschiedene Strategien diskutiert (u.a. auch die, die Sie benennen), allerdings immer in Frageform.

    Und die Meinungen/Antworten/Erfahrungen der Teilnehmer waren dabei keineswegs einheitlich, auch nicht bei vermeintlichen „Gewissheiten“, wie z.B.: “ Polemik und Sarkasmus sind dabei kontraproduktiv.“

    Das kann man so pauschal und für alle nicht sagen.

    Insofern sehe ich da für Herrn Anders keinen Reflexionsbedarf. Er wird seine Zielgruppe und seine Zielsetzung immer noch am besten kennen.

  3. Vor nicht zu langer Zeit, konnte ich erleben, daß man mit Fakten nicht sehr weit kommt.

    Es handelte sich um eine Gruppe von mittelalterlichen Frauen, die sich über Sternzeichen austauschten und deren Charaktereigenschaften.

    Ich konnte mich nicht zurückhalten und sagte, was ich davon halte und weiß.

    Das Erstaunliche war, man widersprach mir nicht, sondern antwortete damit, daß Frauen so etwas brauchen, sie wollen daran glauben, so wie sie es gelernt haben durch die Märchen (gut, das war eine der Frauen, die das sagte, aber es gab keine Widerrede der anderen).
    Auch als ich darauf hinwies, daß Homöopathie nur ein Placebo-Effekt ist (man merkt, ich war auf voller Fahrt ;-))…Antwort: Aber es hilft.

    Das Beste war, als sie raten sollten, welches Sternzeichen ich bin…da kamen viele Antworten, die nicht stimmten…eigentlich wäre das mal eine Aufgabe, für astrologisch Begabte…erraten Sie mein Sternzeichen.

    Ach ja, was ich auch noch lernte dabei: ab Vierzig ist der Aszendent wichtiger…was immer das bedeuten soll…mein Aszendent ist Skorpion…wissen Sie jetzt Bescheid? ;-)

  4. @ Ralf – den Zusatz zum Namen lehne ich ab;-)
    „Vor nicht zu langer Zeit, konnte ich erleben, daß man mit Fakten nicht sehr weit kommt.“

    Mag gelegentlich stimmen, aber es kommt auch darauf an, wie man seine Argumente „verkauft“, also WIE man sie „rüberbringt“.

  5. Die Frage, was Heilpraktiker dürfen (und können) sollen, kann man m.E. ganz einfach nach den hergebrachten rechtsstaatlichen Grundsätzen der Gefahrenabwehr http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=421390 regeln. Dazu eine entsprechende Haftpflicht, wie sie auch Ärzte oder Rechtsanwälte haben müssen und die Welt sähe vermutlich anders aus und der Fall in Brüggen wäre womöglich nie passiert.

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