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„Chemische“ Medizin vs. „natürliche“ Medizin?

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Auch die des Pharma-Lobbyismus unverdächtige Arznei- und Gesundheitszeitschrift Gute Pillen – Schlechte Pillen stellt in ihrer aktuellen Ausgabe klar:

Naturstoffe sind nicht per se sanft. Entscheidend ist, ob eine erwünschte Wirkung erwiesen ist. Die Abwägung zwischen Nutzen und Schaden muss für jeden Wirkstoff und jedes Medikament getroffen werden, ganz egal, woher es ursprünglich stammt.“

GP

Zum Weiterlesen:

  • Apotheke der Natur: Giftküche oder Segensbringer? Gute Pillen – Schlechte Pillen am 1. Dezember 2015
  • Natur ist gut und Chemie böse, GWUP-Blog am 13. Oktober 2013
  • Fatales Natürlichkeitsdenken der Impfgegner, GWUP-Blog am 11. Mai 2014
  • „Natur ist toll”-Doktrin: Das freut die Bestatter-Lobby, GWUP-Blog am 10. Juni 2015
  • „Gute“ und „böse“ Chemie und tödlicher “Öko-Wahn”, GWUP-Blog am 20. August 2015

4 Kommentare

  1. >> Naturstoffe sind nicht per se sanft

    Ich glaube ja, dass das Vertrauen in „natürliche“ Methoden und die Gleichsetzung „natürlich = sanft“ auf sehr tiefliegenden kreationistischen (die Welt als designtes Gesamtkunstwerk) und/oder anthropischen (die Welt ist für den Menschen gemacht) Restüberzeugungen beruht, die meist auch gar nicht reflektiert werden und gegen die man schwer anargumentieren kann. Eben weil sie bei vielen so tief verankert sind. Beide Überzeugungen sind m.E. aber falsch.

    Ich meine mal gelesen zu haben, dass ungefähr die Hälfte aller Pflanzen giftig ist. Verständlich, wenn man sich anders gegen das Gefressenwerden nicht wehren kann und der eigene Tod auf diese Weise auch nicht zur Verbreitung der Samen beiträgt. In letzterem fall sind die Pflanzen oder ihre Früchte nämlich süß und wohlriechend: Aus Eigennutz, nicht um dem Menschen zu gefallen.

    Schlussendlich ist alles im Universum natürlichen und nichts ist künstlichen Ursprungs, also auch Aspirin, Dioxin, Chemotherapie, Facebook und Helene Fischer. Wobei…

  2. Die Hälfte? Wie man’s nimmt. In irgend einer Menge ist so ziemlich alles ungut. Es kommt außerdem darauf an, was genau man betrachtet. Eine moderne Zuchtkartoffel, frisch von der Ernte weg, ist da sicher unbedenklicher als so ein uriger grüner Golfball mit Keimansatz. Vieles ist ja erst durch domestizierende Zucht von der Naturform weg halbwegs genießbar geworden – Wurzelgemüse, Nachtschattengewächse (die Kartoffel!), Obstsorten.

    Unsere Lebenserwartung heute verdanken wir zu einem beträchtlichen Teil dem Umstand, dass wir uns gegen verderbliche Einflüsse der Natur zu wehren verstehen. Hygiene zum Beispiel ist geradewegs gegen natürliche Kontamination gerichtet. Natur mag Leben in abstracto begünstigen. Individuelles Leben ist ihr herzlich egal. Aber sagen Sie das mal einem Naturanbeter.

  3. @2xhinschauen

    Denke auch, dass – ohne dass es wirklich bewußt ist und auch nicht reflektiert wird – die Vorstellung besteht, dass die Natur (wobei alles chemisch hergestelltes auch zur Natur gehört, da es ja den selben Naturgesetzen unterliegt) für die menschlichen Erkrankungen (die ja nicht voraussehbar sind) das Passende bereithält, das es nur zu entdecken gilt, das dann auch automatisch ’sanft‘ ist.

    Und dann die Vorstellung, dass das ‚Menschengemachte‘ schädlich/er ist. Da steckt wohl auch die Vorstellung des Menschen als für die Welt Ungünstigen dahinter. Ein Kulturpessimismus, der nicht selten mit Technikfeindlichkeit einhergeht.

  4. Ja, Natur ist per se sanft…sagen Sie das einmal zu einem Knollenblätterpilz-Konsumenten, dessen Leber mal ganz sanft wegschmilzt.
    Das „Design-Weltbild“ ergibt sich aus der Tatsachen, daß die Erde eine Evolution erfährt, die schon Millionen von Jahren andauert und die diese scheinbare Perfektion der Natur erzeugt. Alles hat seinen Sinn, so kann es einem vorkommen, wenn man biologische Prozesse beobachtet, daraus kann sich dieser Trugschluss ergeben, daß die Natur, für jedes Wehwehchen, eine Medizin bereithält, dem ist aber nicht so, genauso wenig hat jedes Gift ein Antidot.

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