Noch im Oktober habe ich Heinz Oberhummer in München auf der Bühne gesehen, wo er „Born to be wild“ auf der E-Gitarre rockte.
Allenfalls in seinen „kühnsten Träumen“ hätte er sich vorstellen können, nach seiner Emeritierung Kabarett zu machen und mit einem Projekt wie den „Science Busters“ grandiose Erfolge zu feiern, erzählte er 2010 in einem Skeptiker-Interview.
Leider war ihm der wissenschaftliche Unruhestand als leidenschaftlicher Erklärer nur wenige Jahre vergönnt. Professor Heinz Oberhummer erlag am Montagabend in einer Wiener Klinik einer Lungenerkrankung.
Wir schließen uns einer Kondolenz auf der Facebook-Seite der Science Busters an, einem Zitat von Tangerine-Dream-Gründer Edgar Froese:
There is no death, there is just a change of our cosmic address.“
Zum Weiterlesen:
- Esoterik-Kritik als massentaugliches Edutainment: Interview mit den “Science Busters”, Skeptiker 4/2010
- Heinz Oberhummer/Martin Puntigam/Werner Gruber: Das Universum ist eine Scheißgegend. Carl Hanser Verlag, München 2015
25. November 2015 um 14:08
Ich werde Herrn Oberhummer sehr vermissen :( Ein Mensch mit einer sehr deutlich wahrnehmbarer Leidenschaft und einem medialen Auftritt dem man sich nicht einfach so entziehen konnte. Da habe ich noch so die eine oder andere Talkshow in der Erinnerung in der Herr Oberhummer die Skeptiker Position Wortlaut verteidigte.
Nun bin ich wirklich traurig…
25. November 2015 um 16:51
Oberhummer kenne ich ja nur von der Bühne – doch dort war er ein quirliger Springinsfeld, sich in die Sache gerne hineinsteigernd. Wird den Busters schwer fehlen…
Und dann ein clip mit nem Ambros-Lied? Ehrlich?
25. November 2015 um 17:09
@rolak:
Ehrlich?
Ja, ist leider bisserl verunglückt.
BtbW gab’s leider nicht – von Oberhummer jedenfalls.
Aber danke für den Kommentar, ich freue mich über jeden, der etwas Persönliches zu Prof. Oberhummer beisteuert.
25. November 2015 um 18:15
Ich hatte ja mal das große Glück, mit Heinz Oberhummer telefonieren zu können.
Ich hatte ihn um ein Grußwort für eine Zeitschrift gebeten und anstatt umständlich zu schreiben rief er bei mir im Büro an. Nachdem ich mich gemeldet hatte, sagte er auch „Oberhummer“ und ich: „Verarsch mich nicht!“ Und dann war nur noch lachen in der Leitung und ich erkannte die Stimme.
Wir haben uns dann noch lange unterhalten und auch wenn wir vollkommen andere Fachgebiete hatten, war er doch neugierig und mit Interesse dabei und stellte Fragen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir telefonierten, aber es war ein großes Geschenk.
Er schrieb dann diesen Text:
Bücher sind einer der größte Schätze der Menschheit und Bibliotheken die Schatzkammern in denen diese aufbewahrt werden. Und diese Schätze können auch von allen Menschen gelesen, ausgeliehen und auch nach Hause mitgenommen werden. Erst Bücher haben es ermöglicht den Funken der Aufklärung zu einem weltumspannenden Feuer anzufachen, das große Bevölkerungskreise erreicht hat. Es hat zu allen Zeiten immer Menschen gegeben, die anderen gesagt haben, wie es geht. Die gerne die Bestimmer sein wollten und den anderen ihren vorwissenschaftlichen Glauben einredeten und aufzwangen.
Früher waren es die Religionen, und als der Einfluss von diesen mit der Zeit abgenommen hat, da haben sich andere gefunden, die mit erfundenen esoterischen Geschichten diese Lücke ausfüllen.
Zum einen um sich selber wichtig zu machen, und zum anderen den Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Der natürliche Gegner von solchen vor-wissenschaftlichen esoterischen oder religiösen Glauben ist Wissen. Und erst Bücher haben es ermöglicht dieses Wissen auch in einer weiten Bevölkerungsschicht zu verbreiten.
Was aber unterscheidet Wissen und Glauben? Beide sind im menschlichen Gehirn beheimatet, unterscheiden sich aber fundamental und haben nicht viel miteinander zu tun. Wissenschaft ist das, was „Wissen schafft“, also die Methode mit der man Wissen gewinnt. Wissen ist grundverschieden vom Glauben.
Die wichtigsten Tugenden der Wissenschaft sind Selbstkritik und Kritik. Wissen wird von Wissenschaftlerinnen ununterbrochen überprüft, modifiziert, und verbessert.
Viele glauben ja, die Fortschritte der Naturwissenschaften kommen von Genies, es ist aber die Methode. Sie hinterfragt, prüft, checkt, und verändert ständig. Wissenschaft ist immer im Fluss – was vor zehn Jahren noch gegolten hat, wird in zehn Jahren vielleicht nicht mehr gelten. Wissenschaft ist dynamisch.
Glaube hingegen beruht nicht auf Fortschritt, sondern auf unsichtbaren Feldern, nicht existierenden Dingen und Geisterwesen oder auf irgendwelchen göttlichen Offenbarungen. Glaube ist fundamentalistisch dogmatisch, unveränderlich und starr.
Als ein Beispiel für Wissen vs. Glauben möchte ich Ferdinand Sauerbruch und Samuel Hahnemann vergleichen. Ferdinand Sauerbruch war einer der berühmtesten Chirurgen und hat mit seinen Operationsmethoden vielen Menschen das Leben gerettet. Er ist vor 50 Jahren gestorben.
Heute würde man ihm in keinen Operationssaal mehr lassen, weil er mit den modernen medizinischen Geräten und Therapien restlos überfordert und eine Gefahr für die Patienten wäre. Samuel Hahnemann, der Erfinder der Homöopathie, hingegen ist vor 150 Jahren gestorben.
Er könnte aber heute genauso seinen Geschäften nachgehen wie früher, weil sich an der pseudo-wissenschaftlichen Homöopathie kaum etwas geändert hat.
Fast 40 Jahre war ich an der Technischen Universität Wien tätig. Während dieser Zeit hatte ich immer einen großen heimlichen Wunsch. Nämlich den Menschen und insbesondere der jungen Generation zu erzählen, wie fantastisch Naturwissenschaft und Technik sind.
Während meiner aktiven Zeit an der Universität konnte ich mir diesen Wunschtraum aber noch nicht erfüllen, weil einfach neben
Forschung und Lehre nicht genügend Zeit dafür übrig war.
Erst als ich vor fünf Jahren in Rente ging, konnte ich mir durch die Gründung des Wissenschaftskabaretts „Science Busters“, zusammen mit dem Physiker Werner Gruber und dem Kabarettisten Martin Puntigam mein großes Ziel erfüllen.
Ganz klein angefangen in einem Hörsaal erreichen die Science Busters heute über hunderttausende von Menschen. Die Science Busters begeistern dabei aber nicht nur die an Naturwissenschaft und Technik interessierte Schicht, sondern auch den Mann und die Frau von der Straße und vor allem Jugendliche.
Um eine möglichst große Breitenwirkung zu erzielen, verwenden die Science Busters verschiedenste Medien wie Theater, Bücher, Radio, Fernsehen, DVDs, Web 2.0 und Podcasts.
Die Programme der Science Busters sind immer eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Klamauk. Zu wissenschaftlich bedeutet unverständlich und langweilig, aber bei einem zu großen humoristischen Anteil verschwindet die Wissenschaft.
Mit anderen Worten man soll sich bei unseren Programmen unterhalten, dabei aber trotzdem etwas lernen. Besonders freut mich, dass wir höchste Quoten auch bei Jugendlichen erreichen. Ich werde praktisch bei jeder Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln angesprochen, was mir früher als Professor an der Universität nie passiert ist.
Dann rufen mir Jugendliche auch zu: „Professor, Supercool, Science Busters!“
25. November 2015 um 23:18
„Ein außergewöhnlicher Mensch“:
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/heinz-oberhummer-nachruf
26. November 2015 um 10:22
@rolak:
Geändert.
26. November 2015 um 12:04
“Besonders freut mich, dass wir höchste Quoten auch bei Jugendlichen erreichen.” (Zitat von Prof. Heinz Oberhummer)
Ein ganz wichtiger Punkt.
Denn viele Erwachsene und ältere Menschen sind mit ihrer Meinung schon längst festgefahren und bilden sich ein, nichts mehr hinzulernen zu müssen – welch ein Irrtum.
27. November 2015 um 18:45
Zitat Pierre Castell
Ja, denn das würde auch bedeuten seine eigene Meinung zu hinterfragen und das ist mitunter sehr unbequem.
„Ich denke, also bin ich“, sollte vielmehr heißen: „Ich lerne, also bin ich“.