Heute Abend gab es bei Report Mainz einen Beitrag zum Thema
Homöopathie auf dem Vormarsch: Trotz zweifelhaftem Nutzen zahlen immer mehr Kassen“
Aus der Ankündigung:
Immer in Eile, so hat Irmhild Jakob ihren früheren Hausarzt erlebt. Heute hat sie dieses Problem nicht mehr. Sie ist Patientin eines Arztes, der zusätzlich auch Homöopath ist.
Er kann sich die Krankengeschichten seiner Patienten ausführlich anhören: Zum Beispiel beim ersten Patientengespräch mindestens eine Stunde lang. Viele Hausärzte dagegen haben gar nicht die Zeit dazu. Außerdem werden sie dafür auch noch schlechter bezahlt.
Wie kommt es zu dieser Ungerechtigkeit?
Ärzte, die auch Homöopathen sind, profitieren von sogenannten Selektivverträgen. Diese haben die Lobbyisten des Zentralvereins homöopathischer Ärzte mit vielen gesetzlichen Krankenkassen bundesweit abgeschlossen.
Vorgesehen ist darin zwar keine Übernahme der Medikamente durch die gesetzliche Krankenkasse, aber Arztkosten werden bezahlt. Obwohl der Nutzen homöopathischer Therapien wissenschaftlich höchst umstritten ist, erstatten immer mehr gesetzliche Krankenkassen die ärztliche Homöopathie.
Kritik daran äußert auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen: „Wie die Krankenkassen diese Leistungen propagieren, hat mit Versorgung von Patienten primär nichts zu tun, sondern es ist aus meiner Sicht in der Tat ein reiner Werbegag. Die Finanzmittel, die in solche Leistungen fließen, fehlen natürlich in der Haus- und fachärztlichen Versorgung.“
Dazu passen unsere Postings
Homöopathie, Ganzheitlichkeit und die sprechende Medizin vom 20. April 2013
Ein „Bund“ zwischen Ärzten und Heilpraktikern? Das freut nur die Pseudomediziner vom 21. Juni 2015
Die absurde finanzielle Ungleichbehandlung von Ärzten und Heilpraktikern vom 18. Juli 2014
Homöopathie: Nicht Globuli sind entscheidend, sondern die ärztliche Zuwendung vom 18. Juli 2014
Bei Facebook wird die Sendung diskutiert.
Zum Weiterlesen:
- Homöopathie: „Neue Gedanken“ dazu von einem Kassenvertreter und einer Ärztin, GWUP-Blog am 19. Mai 2015
- Die Krankenkassen und die Paramed… äh, Alternativmedizin (1) – Wo kommt das her und wie wird man das los? Psiram am 4. November 2014
- Die Krankenkassen und die Paramed… äh, Alternativmedizin (2) – Dürfen die das? Psiram am 4. November 2014
- Krankenkassenvoodoo und Voodookrankenkassen: eine kleine Auswertung, Wahrsagerchecks-Blog am 4. Februar 2014
- Homöopathie-freie Krankenkasse gesucht! Christian Buggischs Blog am 8. April 2015
- Kranke Kassen und Voodoo, GWUP-Blog am 11. November 2014
- Zum Beispiel TK: Was die Kassen so alles unterstützen, GWUP-Blog am 2. Februar 2014
- Nachweislich wirkungslose Medikamente und Krankenkassen, FSMoSophica am 2. August 2014
4. August 2015 um 21:22
Super Beitrag, der auf das „finanzielle“ Problem aufmerksam macht und auch den Begriff der „Homöopathie-Lobby“ nannte, welcher richtig ist…auch die „Alternativ-Medizin“ hat eine Lobby und auch dort geht es um „Gewinn-Maximierung“, bloß dort wird mit „Scheiße Geld gemacht“, um etwas rüde zu formulieren…
nun ja, das ist auch nicht despektierlich, da man Hundekot auch in der Homöopathie kennt (excrementum caninum)
https://de.wikipedia.org/wiki/Hundekot
So macht man wirklich aus Scheiße Geld…Chapeau!
4. August 2015 um 22:18
Apropos Lobby ;-)
Zitat Herzmariens (Zuschrift 4460)
Super, diese Zuschrift war zu esoterisch für „Herzmariens“…einfach nur köstlich, diese Real-Satire :-)
4. August 2015 um 23:24
Ich habe mit meiner Kasse auch schon ein traurig-amüsantes Telefongespräch zu genau diesem Thema geführt und mich beklagt, warum meine nicht-homöopathische Hausärztin nicht auch ne Stunde bezahlt bekommt für ein Gespräch.
Am Ende wurde ich dann zu einem Vorgesetzten durchgestellt, der mir dann sagte: Vielleicht können wir Ihnen ja mal mit was anderem entgegen kommen. Na danke.
Super report-Beitrag.
4. August 2015 um 23:30
Zitat Achje
Was wäre das gewesen? Ein Gutschein für eine „Kung-Fu-Fernheilung“? ;-)
5. August 2015 um 07:36
Ganz langsam ändert sich die Stimmung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Noch vor einigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, einen Homöopathie-kritischen Bericht bei den ÖR zu bringen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie enthusiastisch die ersten Kostenübernahmen für Homöopathie und Akupunktur durch die gesetzlichen Kassen begrüßt wurden.
Erfreulich ist auch, dass die Argumentation im Report-Beitrag nicht rein finanzielle Hintergründe hatte, sondern dass auch der medizinische Nutzen allgemein angezweifelt wurde – wenn auch etwas zaghaft. Trotzdem wird vielfach noch immer vom „zweifelhaften Nutzen“ geredet. Das ist falsch: die Wirksamkeit der Homöopathie ist eindeutig widerlegt!
Leider sind zahlreiche ör Sender trotzdem noch tief von Esoterik durchdrungen.
Hier ist an vorderster Front mein „Heimatsender“ SWR zu nennen, der an unzähligen Stellen – in Serien ebenso wie in diversen Magazinen und Unterhaltungssendungen – Vertretern von esoterischen, alternativmedizinischen und pseudowissenschaftlichen Strömungen ein absolut unkritisches und unverholen wohlwollendes Forum bietet.
Würde mich mal interessieren, wie es in anderen ARD-Sendeanstalten aussieht.
5. August 2015 um 12:07
@nota.bene
„Würde mich mal interessieren, wie es in anderen ARD-Sendeanstalten aussieht.“
Schlimm. Ich darf an die grauenhafte Homöopathie-Doku im BR erinnern. War hier im Blog auch Thema:
Homöopathie im BR: Peinlichkeit kennt keine Grenzen
https://blog.gwup.net/2013/04/24/homoopathie-im-br-peinlichkeit-kennt-keine-grenzen/
5. August 2015 um 16:07
Was noch mehr hätte herausgestellt werden können ist, dass das IQWIQ, das der Homöopathie keinen Nutzen zugesprochen hat, KEIN besonders pharmafreundliches Institut ist. Die sprechen regelmäßig auch diversen Arzneimitteln der Pharmaindustrie einen Zusatznutzen ab, was dazu führt, das die entsprechenden Medikamente z.B. in Deutschland nicht auf dem Markt sind.
6. August 2015 um 14:59
Ich fand den Beitrag auch super, aber leider wurde die Wirkung der Homöopathie wieder mal als „wissenschaftlich umstritten“ dargestellt. Das ist sie aber nicht, es gibt da keinerlei wissenschaftlichen Streit.
6. August 2015 um 15:03
Ich fordere es schon lange, aber jetzt muss doch mal was passieren: eine „Skeptiker“-Krankenkasse müsste sich durch bessere ärztliche Gesprächsleistungen ohne jeden esoterischen Schnickschnack profilieren.
Wir haben an sich völlig unnötige zig gesetzliche Kassen genau deshalb, damit Wettbewerb herrscht. Es machen jetzt aber wieder alle dasselbe (nämlich homöopathischen Hokuspokus).
Wenn es nur eine deutlich wissenschaftlich ausgerichtete Kasse gäbe (unter besonderer Berücksichtigung von guter Ananmnese und Diagnostik und natürlich auch nachgewiesenen Placeboeffekten, aber ohne heilpraktische Zauberei von Laien und Pseudoärzten), hätte die doch sicher ein gewisses Potential.
Ich wäre dabei!
6. August 2015 um 16:23
Schade ist, dass von der ARD keine neuen Kommentare mehr freigeschaltet werden. Warum stellen sie die Kommentarfunktion dann nicht gleich ab?