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Homöopathie: der nächste „Aussteiger“-Bericht

| 19 Kommentare

Das nächste Anti-Homöopathie-Bekenntnis, heute von der Journalistin Marie Amrhein bei Cicero:

Heute hängt man ja öfter unter Spielplatzrutschen statt im Lichte von Discokugeln ab. Da werden dann keine Ecstasypillen herumgereicht, sondern Globuli.

Der Unterschied zwischen beidem: Letztere wirken nicht. Ich habe das immer geahnt. Gleichzeitig habe ich mich lange Zeit nicht klar positioniert. Um Ärzte, Freunde, Bekannte nicht vor den Kopf zu stoßen.

Jetzt muss es raus: Ich glaube nicht an die heilende Kraft der Homöopathie.

Warum habe ich trotzdem wie so viele andere meinen Kindern die Kügelchen unter die Zunge geschoben? Die Homöopathie ist mittlerweile als „sanfte Medizin“ tief verankert in unserer Gesellschaft.

Dabei ist es doch merkwürdig: Da strebt die Menschheit Jahrtausende lang nach Wissen und wenn sie es sich angeeignet hat, dann wirft sie alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wieder über Bord.“

Möglicherweise kommt beim geplanten „Ersten Strategietreffen der Homöopathie-Kritiker“ ja eine illustre Runde zusammen.

  • Homöopathie: Aberglaube heilt nicht, Cicero am 12. Juli 2015
  • Es geht voran: Strategietreffen der Homöopathie-Kritiker geplant, GWUP-Blog am 11. Juli 2015
  • Dr. Natalie Grams: “Was hat mich überzeugt, mit der Homöopathie aufzuhören?” GWUP-Blog am 9. Juli 2015
  • Claudia Witt: Homöopathie ist unspannend und nicht wirksamer als Placebo, GWUP-Blog am 28. Juni 2015
  • Streitfall Homöopathie, Format 28/2015

19 Kommentare

  1. Wie recht hatte doch Georg Chistoph Lichtenberg, als er vor bummelig 250 Jahren in einem seiner Sudelbücher notierte: „Jetzt sucht man überall Weisheit auszubreiten, wer weiß, ob es nicht in ein paar hundert Jahren Universitäten gibt, die alte Unwissenheit wieder herzustellen.“ Lichtenberg – der bessere Nostradamus? ;-)

  2. Lobenswerte Artikel.

    Was mir selbst den kritischen Artikeln aber immer wieder sauer aufstößt ist die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“. Es gibt entweder Medizin oder keine Medizin, Punkt.

    Darauf sollte man im Kommentarbereich solcher Artikel immer direkt hinweisen.

    Ein Hauptproblem ist nämlich dass die Menschen glauben dieser Hokuspokus sei ebenfalls anerkanntermaßen Medizin unterschiede sich nur in der Wahl der Medikamente von der „Schul“Medizin.

  3. @Seb
    Das ist natürlich eigentlich richtig. Viele, aber zumindest ich, benutzen den Begriff Schulmedizin aber dennoch, um sozusagen im Ductus der Homöopathie zu bleiben – damit beim Lesen auch jedem klar ist, was gemeint ist.
    Nach dem derzeitigen Stand gehört nämlich die Homöopathie auch zur Medizin – sie ist eine anerkannte Therapierichtung.
    Für Vorschläge, wie man sich unmissverständlich von Homöopathie und anderen Alternativmethoden abgrenzen kann, ohne Schulmedizin zu verwenden, bin ich dankbar.
    Medizin allein geht meiner Meinung nach nicht, auch wenn es sachlich richtig ist.

  4. @ christian becker, könntest du bitte mal sagen „von wem“ die homöopatie eine „anerkannte“ therapierichtung ist ?
    in der „hochschul medizin“ jedenfalls nicht !

  5. @Christian Becker
    Indem wir und von unserem Gegenüber seine sprachlichen Konstrukte, seine Begriffe oktroyieren lassen, und sei es im guten Glauben, übereignen den Anderen die Regie. Wer die Begriffe definiert, hat das Sagen. Appeasement bringt in diesem Fall gar nichts außer rhetorischer Niederlage schon am Eingang. Daher halte ich es mit Seb.

    Nicht ausschließlich, aber vor allem Homöo-Gläubige und andere Esos bedienen sich gern semantischer Verschiebungen. Diese kommen bei der Masse auch oft gut an. Erprobter Propaganda-Trick.

  6. >>Für Vorschläge, wie man sich unmissverständlich von Homöopathie und anderen Alternativmethoden abgrenzen kann, ohne Schulmedizin zu verwenden, bin ich dankbar.>>

    Für Homöopathie und Co. reicht Humbug aus :-)

  7. @Seb, Christian Becker, Dalek Sander

    aber Esoteriker grenzen sich doch gänzlich freiwillig von der Medizin ab in dem sie den Begriff Alternativmedizin verwenden. Also wozu noch extra Schulmedizin ? Doppelte Abgrenzung scheint aber, gefühlt natürlich, effektiver zu sein ;) Wahrscheinlich genau so effektiv wie ein tropfen Bienen-Kacka, verdünnt in einem universumgroßen Ozean.

  8. um heilpraktiker zu werden reicht meines wissens ein hauptschulabschluss. bei der schulmedizin wäre es zweckmässig zwischen hochschul- und hauptschulmedizin zu unterscheiden. wenn ein arzt globulis verschreibt, degradiert er sich damit selber zum hauptschulmediziner.

  9. Zitat Artikel

    …Dabei ist es doch merkwürdig: Da strebt die Menschheit Jahrtausende lang nach Wissen und wenn sie es sich angeeignet hat, dann wirft sie alle naturwissenschaftlichen Erkenntnisse wieder über Bord.”

    Nun ja, die Wissenschaft ist „steril“ und liefert keine Antworten auf die Sinnfragen, die geschickt von den Esos gefüllt werden.
    Zwar liefert die Homöopathie keine religiösen Antworten; aber sie vermittelt ein Weltbild, in dem „sanft“ geheilt werden kann und die „Natur“ für jedes Leiden ein Gegenmittel hat.

  10. @diabetiker
    Das Arzneimittelgesetz erkennt die Homöopathie als besondere Therapierichtung an. http://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/zul/zulassungsarten/besTherap/_node.html
    Dementsprechend besteht das Arzneibuch in Deutschland aus dem Deutschen Arzneibuch, dem Europäischen Arzneibuch und dem Homöopathischen Arzneibuch.

    Ich finde den Begriff Schulmedizin auch gar nicht despektierlich, wie die Hahnemänner und -frauen das tun. Ist vielleicht ein bisschen so wie in der Industrialisierung – Made in Germany wurde auf die Geräte geschrieben, eigentlich als Warnung. Bald war es ein Qualitätsmerkmal.
    Schulmedizin soll verunglimpfen… aber wieso sollen wir den Spieß nicht umdrehen, und den Begriff für die nicht alternativen Richtungen zum Qualitätsmerkmal aufwerten.
    Jawoll, Schulmedizin, Hochschulmedizin sogar, da steckt erheblicher Gehirnschmalz drin, jahrelanges Streben nach Erkenntnis.
    Ich lasse mir meinen Sprachgebrauch von niemandem aufoktroyieren, weder von Alternativen noch von der Gegenseite (zu der ich im Übrigen gehöre).

  11. Einigen wir uns auf Schulmedizin und Klippschulmedizin.

  12. @cristian becker , die homöoschwurbelei und die steinerspinnerei sind kurz nach dem krieg mit hilfe eines tricks durch die damals noch stark vertretenen naziärzte ins arzeneimittelbuch gekommen (binnenkonsens) nicht durch wirksamkeitsnachweis.
    deshalb ist das alles keine anerkannte medizinische methode geworden.
    eine anerkannte methode wird nur durch medizinische hochschulen vermittelt.
    wenn man die erklärungen des arzeneibuchs liest fehlr ja völlig daß der ganze scheiß wegen sinnlosigkeit rausgeflogen ist. – wird ja angeblich von „wissenschaflern“ ständig aktualisiert, die haben dann aber seit jahrzehnten sanft geschlafen .

  13. Zitat Christian Becker

    Ich lasse mir meinen Sprachgebrauch von niemandem aufoktroyieren, weder von Alternativen noch von der Gegenseite (zu der ich im Übrigen gehöre).

    Gesunde Einstellung…aber „Schulmedizin“ impliziert, daß es eine Form der „Medizin“ ist und es auch noch „alternative“ Formen gäbe.
    Es gibt nur eine „Medizin“ und das ist eben die „Schulmedizin“ respektive „Hochschulmedizin“; das soll nicht heißen, daß es keine Forschungen gäbe, die „Schulmedizin“ in gewissen Bereichen revidieren könnten, sondern daß diese Änderungen nur von Wissenschaftlern getroffen werden können, die eine fundierte Ausbildung haben und auch – das ist mMn ganz wichtig – eine Anerkennung in der Fachwelt genießen.

  14. Das Wie und Warum ist nebensächlich. Fakt ist, dass in Deutschland die Homöopathie als besondere Therapierichtung anerkannt wird.
    Wäre das nicht so, gäbe es keine homöopathischen Arzneimittel, sondern die DHU müsste ihre Globuli irgendwie als Nahrungsergänzungsmittel oder so vertreiben; und auch Ärzte könnten ansonsten nicht ohne Weiteres homöopathisch behandeln.
    Daher ist zwar richtig, dass Homöopathie wissenschaftlich gesehen nicht anerkannt ist, aber per Gesetz dann eben doch.

    Das Arzneibuch wird ständig aktualisiert. Das sieht so aus, dass aus dem Deutschen Arzneibuch ständig Teile rausfliegen, weil sie harmonisiert wurden und dann im Europäischen Arzneibuch stehen, oder weil sie obsolet sind und ganz wegfallen.
    Das Europäische Arzneibuch wird ständig aktualisiert. Es wird immer dicker, viel Neues kommt rein, alte Sachen fliegen manchmal raus. Beim homöopathischen Arzneibuch weiß ich nicht, ob sich was ändert. Ich kann mir vorstellen, dass manchmal etwas neu aufgenommen wird. Dass was rausfliegt, ist irgendwie unwahrscheinlich, denn man ist ja stolz auf sein altes „Wissen“. Eventuell wurden einige Herstellungsvorschriften, die heutigen Hygienestandards nicht mehr entsprechen, oder angepasst.

    Die Wissenschaftler, die das Arzneibuch aktualisieren beschäftigen sich im Übrigen mit der Identifikation, Reinheitsprüfung und Gehalt von Arzneimitteln, nicht mit der Wirksamkeit oder sonstigem. Ich muss gestehen, ich habe mir noch nie eine Monographie zu einem Homöopathikum in der Ph. Eur. angeguckt, werde das nachher mal nachholen. Eigentlich bleibt da ja nur die Prüfung auf Reinheit; oder es werden die Ursubstanzen geprüft, das wäre die andere Möglichkeit. Gehalt und Identifikation dürfte bei Hochpotenzen schwierig zu überprüfen sein (und irgendwie ja auch egal).

  15. Nach einem kurzen Blick ins Arzneibuch:
    Es werden die Ausgangssubstanzen geprüft. Alles andere wäre, wie gesagt, ja auch problematisch.

  16. @Christian Becker
    Hier haben Sie richtig den Sachverhalt dargestellt, der die Homöopathie zur Pseudowissenschaft macht; der Wirkmechanismus wird nicht hinterfragt (weil der ist alt und alles was alt ist, ist gut).
    Hingegen wird bei der „richtigen“ Wissenschaft, jedweder Sachverhalt geprüft und gegebenenfalls verifiziert oder falsifiziert…und das ist das, was Wissenschaft von Pseudowissenschaft – fundamental – unterscheidet.

  17. Was ist eigentlich so schlimm an „Schulmedizin“? Das Wort impliziert, dass sie jeder lernen kann, dass sie Naturgesetzen folgt und nachvollziehbar ist. Im Gegensatz dazu steht die „alternative Medizin“, in der irgendein Guru in einer Vollmondnacht mit der goldenen Sichel vom Blitz getroffen wurde und seitdem durch Handauflegen heilen kann (oder so)

    Das würde ich den Leuten klarmachen.

  18. „By definition, I begin
    Alternative Medicine, I continue,
    Has either not been proved to work,
    Or been proved not to work.
    Do you know what they call alternative medicine
    Thats been proved to work?

    Medicine.“

    Tim Minchin – Storm

    Ich weiss, nicht wirklich hilfreich, dennoch; „Storm“ von Tim Minchin ist ein Meisterwerk und dürfte jedem Skeptiker aus der Seele sprechen:

    https://youtu.be/HhGuXCuDb1U

  19. Ja, definitiv ein großartiges Stück.

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