Immer wieder gerne von Verschwörungsgläubigen kolportiert wird eine Studie, nach der Konspirologen „vernünftiger“ seien als andere Zeitgenossen.
Dass in der besagten Untersuchung so ziemlich genau das Gegenteil steht, haben wir hier erklärt.
Jetzt hat ein Forscherteam um den italienischen Computerwissenschaftler Walter Quattrociocchi vom IMT Institute for Advanced Studies Lucca eine Studie vorgelegt, die eher auf eine unkritische Leichtgläubigeit von Verschwörungsfans schließen lässt.
Quattrociocchi postete 5000 Troll-Kommentare sowohl auf Wissenschafts- als auch auf Verschwörungsseiten bei Facebook. Darin behauptete er zum Beispiel, dass Chemtrails Viagra enthielten oder „Freie Energie“ nachgewiesen worden sein.
Die Auswerter stellten fest, dass Verschwörungsgläubige diese Nonsens-News weitaus häufiger likten, teilten und kommentierten als die Wissenschaftsinteressierten.
Bereits vor einem Jahr hatte Quattrociocchi untersucht, wie sich Verschwörungstheorien auf Facebook verbreiten.
Dabei stellte er fest:
Überraschenderweise sind diejenigen, die alternative Nachrichten konsumieren, weil sie die „Massenmanipulation“ des Mainstreams umgehen wollen, für falsche Behauptungen am zugänglichsten.“
Auch der amerikanische Psychologie-Professor Preston R. Bost schreibt im Skeptical Inquirer, dass Menschen, die einer Verschwörungstheorie zuneigen, bereitwillig auch anderen Verschwörungsmythen Glauben schenken. Und dabei ganz zwanglos Widersprüche aushalten.
Zum Beispiel gebe es Personen, die gleichzeitig die Überzeugung vertreten, Prinzessin Diana sei ermordet worden oder habe ihren Tod nur vorgetäuscht. Hauptsache es war irgendwie „anders“, als die offizielle Version besagt.
Aufgrund solcher Erkenntnisse betrachteten Wissenschaftler Verschwörungsmythen als monologisches Glaubenssystem, das eine bestimmte Weltsicht widerspiegelt – und nicht mehr als einzelne exotische Pflänzchen im ansonsten gepflegten Vorgarten der Vernunft.
Verschwörungsgläubigkeit sei dennoch kaum eine Frage von Intelligenz, Bildung oder Denkfaulheit, sondern korreliere mit einem diffusen Gefühl der Bedrohung.
Dazu passt, auf deutsche Verhältnisse übertragen, was der Kölner Psychologe Stephan Grünwald im Medium Magazin (3/2015) sagt:
Die Bürger erleben Deutschland als eines der letzten Paradiese. Aber das Paradies ist bedroht. Ob islamischer Gottesstaat, Ebola, Ukraine oder Griechenland – all diese Krisen rufen das Gefühl wach: Wir verstehen überhaupt nicht mehr, das da passiert. Wir wissen nicht, was richtig oder falsch ist.“
Und dieses Grundgefühl des Nichtverstehens und der Orientierungslosigkeit bereitet den Nährboden für Verschwörungstheorien jeder Art.
Preston R. Bost appelliert an die „skeptical community“, Verschwörungsmythen mit mehr Verständnis zu begegnen, da es sich dabei um Nebenprodukte der kognitiven Architektur unseres modernen Lebens in hochkomplexen Gesellschaften handele.
Dem widerspricht partiell der klinische Psychologe Gary M. Bakker von der University of Tasmania in Australien.
Bakker weist darauf hin, dass der Glaube an Verschwörungen, Ufos, Homöopathie etc. auf einer Reihe von kognitiven Fehlleistungen beruhe, etwa auf dem Bestätigungsfehler, Pareidolie, Scheinkausalität und vielem mehr.
Auch wenn Argumente selten ausreichten, um Gläubige zu überzeugen, seien die wissenschaftliche Methode und kritisches Denken nach wie vor das beste Mittel, um sich gegen allgegenwärtige Täuschungsmöglichkeiten zu wappnen.
Zum Weiterlesen:
- Scientists Tried Trolling Conspiracy Theorists, motherboard am 24. Februar 2015
- No Shit Study: Scientists Show Conspiracy Theorists Will Believe Anything, skepchick am 19. Mai 2015
- Wie sich Verschwörungstheorien auf Facebook verbreiten, Technology Review am 15. Mai 2014
- Sind Verschwörungstheoretiker “vernünftiger“? Natürlich nicht, GWUP-Blog am 18. Januar 2015
- Crazy Beliefs, Sane Believers: Toward a Cognitive Psychology of Conspiracy Ideation, Skeptical Inquirer Vol. 39.1, January/February 2015
- Verschwörungstheorien, Praxis und magisches Denken, GWUP-Blog am 22. Februar 2015
- Sebastian Bartoschek: Bekanntheit von und Zustimmung zu Verschwörungstheorien. JMB-Verlag, Hannover 2015
- Sebastian Bartoschek – Verschwörungstheorien – eine empirische Grundlagenarbeit (Rezension), Natur des Glaubens am 9. Mai 2015
- Hoaxilla #165 – „Der Tod von Lady Di“ vom 6. Juli 2014
- Why Do People Believe in Gods? Skeptical Inquirer Vol. 39.1, January/February 2015
4. Juni 2015 um 21:24
Also bitte…Viagra in Chemtrails…jeder weiß doch das Chemtrails die Funktion haben die Menschheit zu dezimieren…
Jeder der das glaubt – ist kein wahrer Verschwörungstheoretiker ;-)
5. Juni 2015 um 09:49
@Ralf
Mir wäre lieber wenn sie etwas gegen Kopfschmerzen versprühen würden, die ich immer dann bekomme wenn ich so einen Verschwörung-Quark lesen muss ;)
6. Juni 2015 um 22:21
@Ralf
das viagra in den chemtrails ist natürlich für die zwangs-frühsexualisierung unserer kinder!!!1111!
zur dezimierung und gedankensteuerung sind natürlich noch andere stoffe vorhanden!!