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Auch bei Tieren ist Homöopathie nur eine Lüge

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Wie hier berichtet, hatte Bild der Wissenschaft im Sommer eine Rezension der „Homöopathie-Lüge“ veröffentlicht — mit einer sehr positiven Empfehlung:

Dieses Buch ist ein Muss, für Ärzte, für Apotheker, für Politiker, für Eltern – eigentlich für jeden, der lesen kann.“

Das sehen Homöopathen naturgemäß anders und schrieben verärgert Leserbriefe an die Zeitschrift.

Darauf antwortet in der aktuellen Ausgabe (11/2013) Dr. Rainer Rosenzweig vom GWUP-Wissenschaftsrat, ebenfalls via Leserbrief:

Es ist evident und auch in Studien längst bewiesen, dass der Placebo-Effekt selbstverständlich auch bei Kleinkindern und bei Tieren wirkt. Kognitive Leistungen sind für diesen unspezifischen, implizit und unterschwellig wirkenden Effekt nicht nötig.

Und Belege für ein Sponsoring des kritischen Buches „Die Homöopathie-Lüge“ durch die Pharma-Industrie sind zwar schnell hingeschrieben, aber durch nichts belegt.

Stattdessen ist die Kernthese des in bild der wissenschaft zu Recht positiv besprochenen Buches unbestreitbar: Trotz intensiver Forschung ist auch nach über zweihundert Jahren nicht gelungen, die außergewöhnlichen Behauptungen der Homöopathie auch nur im Ansatz mit den außergewöhnlichen Belegen zu versehen, die dafür nach wissenschaftlichen Standards nötig wären.

So gehört die Homöopathie raus aus dem Medizinschrank von heute und rein ins Geschichtsbuch: als nette, aber inhaltlich falsche Idee aus einer Zeit, in der medizinische Anwendungen oft mehr kaputt machten als halfen, und in der es nötig war, einfach mal nichts zu tun und dem Körper Zeit zu geben, seine Selbstheilungskräfte wirken zu lassen.

Nichts anderes tut die Homöopathie auch heute noch: Sie bewirkt einfach nichts (wie denn auch, wenn nichts drin ist).

Es ist erfrischend, dass endlich erfolgreiche Bücher auf den Markt kommen, die dies offen aussprechen und auf diese Weise helfen, dem vermeintlichen und weit verbreiteten Heil-Zauber ein Ende zu bereiten.

Diejenigen, die positive Erfahrungen gemacht haben, nachdem sie homöopathische oder ähnliche Mittel genommen haben, werden damit keineswegs als unintelligent hingestellt, wie ein Leserbriefschreiber behauptet. Ihre Erfahrungen sind ja real. Nur die Interpretation, dass die erlebte Besserung mit der homöopathischen Behandlung in Zusammenhang zu bringen sei, ist – nach allem, was wir derzeit wissen – falsch.

Vielmehr haben sie offenbar ihrem Körper durch Nichtstun die Chance gegeben, ihr gesundheitliches Problem selbst in den Griff zu bekommen.“

Einen ausführlichen Artikel zum Thema Homöopathie bei Tieren und Placeboeffekte hat heute Norbert Aust in seinem Blog Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie publiziert.

„Bei Tieren kann es keinen Placeboeffekt geben – ein Beweis für die Homöopathie?“

Aust analysiert eine Studie mit Hunden, die beim Silvesterfeuerwerk starke Angstreaktionen wegen des Lärms zeigten und dagegen homöopathisch „behandelt“ wurden.

Er kommt zu dem Schluss, dass die Bewertung der Hundehalter bezüglich eines Erfolgs der Homöopathika recht subjektiv waren und betont, wie wichtig es daher ist,

… eine Kontrollgruppe in die Studie mit einzubeziehen, die eine Arznei mit bekannter Wirksamkeit erhält.“

Denn:

Hätte es nur die Homöopathiegruppe gegeben, dann wäre wahrscheinlich sehr naheliegend, dass die Veränderungen bei den Hunden ausschließlich durch das homöopathische Medikament hervorgerufen wurden, denn Placeboeffekte gibt es ja angeblich bei Tieren nicht.

Erst die Kontrollgruppe zeigt, dass dieser Schluss falsch ist.

Da dort im Großen und Ganzen der gleiche Effekt aufgetreten ist, kann es nicht das Medikament gewesen sein, sondern irgendein anderer Effekt, der auf alle Hunde gewirkt hat.“

Zum Weiterlesen:

  • Bei Tieren kann es keinen Placeboeffekt geben – ein Beweis für die Homöopathie? Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 22. Oktober 2013
  • Homöopathie bei Hunden – eine skeptische Auseinandersetzung, Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie am 9. November 2013
  • Die Homöopathie-Lüge oder Wie wirksam ist ein Buch? GWUP-Blog am 18. Mai 2013
  • Hochpotente Glaubenssache: Buchrezension in bild der wissenschaft am 16. Juli 2013
  • “Die Homöopathie-Lüge” – ein Interview (Teil 1), GWUP-Blog am 23. Dezember 2012
  • “Die Homöopathie-Lüge” – ein Interview (Teil 2), GWUP-Blog am 23. Dezember 2012
  • Homöopathie bei Kindern und Tieren, GWUP-Blog am 5. März 2010
  • Homöopathie – auch wenn wir es leid sind, GWUP-Blog am 5. Januar 2012 (mit Links zum Thema “Homöopathie bei Tieren”)
  • Skeptiker als Pharma-Söldner? GWUP-Blog am 21. April 2013
  • Homöopathie, jetzt ganz clever, Die Zeit (Wissen) Nr. 43/2013

16 Kommentare

  1. Also meine Hündin bekam immer zu Silvester eine feine Dosis Diazepam ins Fresschen getröpfelt und gut war’s. Warum soll der Schnauzi keinen Rausch bekommen. Sonst immer so panisch, bei der Ballerei war sie mit Valium jedes Jahr super drauf, machte Sachen, die sie sich sonst nicht traute (hübsch enthemmende Wirkung): Vor unseren Augen aufs Sofa springen, versuchen, den Menschen vom Teller zu essen… köstlich.

    Freunde mit Homöo-Affinität zogen zu Silvester aufs Land _und_ gaben ihren beiden Hunden Glaubuli. Natürlich waren es die Glaubuli, die wirkten, und nicht die idyllisch ruhige Landumgebung tiefen Meck-Pomms.

  2. Wenn die Kontrollgruppe ein Medikament mit bekannter Wirkung erhält, sollten die Ergebnisse dort nicht besser sein als in der Homöopathiegruppe? Denn „bekannte Wirkung“ bedeutet doch wohl „spezifische Wirkung + Placeboeffekt“ während das Homöpathikum nur einen Placeboeffekt hat. Oder verstehe ich da was falsch?

  3. Etwas OT: Ich habe gerade bemerkt, dass meine Krankenkasse damit wirbt, dass sie seit 2013 die Kosten für „homöopathische Arzneimittel“ und für „anthroposophische Medizin“ teilweise erstattet. Das gefällt mir eigentlich gar nicht. Ich habe dann – mehr interessehalber – Internetseiten ein paar andere Krankenkassen besucht. Ich musste aber feststellen, dass alle Krankenkassen mehr oder weniger die Homöopathie unterstützen. Weiß jemand, ob es dafür mittlerweile einheitliche Vorgaben gibt? Oder kennt jemand eine Krankenkasse, die ihr Geld nicht für sowas verschleudert?

    Grüße

  4. Hallo zusammen,

    es wäre echt klasse, wenn ihr euren Internetauftritt so gestaltet, dass er für mobile Endgeräte geeignet ist, also smartphonefähig.

    Die meisten lesen inzwischen Beiträge auf Ihren Smartphones (ich meistens auch) und wenn man dann erst aufzoomen muss und zusätzlich nach links und rechts fahren, dann ist das einfach sehr unkomfortabel und wird oft wieder geschlossen (mach ich auch so)!

    Da müsst ihr euch anpassen. Ich lese euch sehr gern und teile eure Beiträge regelmäßig, aber wenn sie niemand liest…?

    Liebe Grüße und weiter so
    M.

  5. @M.:

    Danke, ich gebe es gerne weiter.

  6. @ Christoph Bördlein

    Der Zweck der Kontrollgruppe ist der Vergleich, mit etwas ‚das man kennt‘, um die Ergebnisse einordnen zu können. Hier in diesem Fall war es ein Placebo ohne arzneiliche Wirkstoffe. Da das Ergebnis dem der Homöopathiegruppe gleicht, kann man gewisse Rückschlüsse daraus ziehen.

  7. @ Lutz
    „Ich musste aber feststellen, dass alle Krankenkassen mehr oder weniger die Homöopathie unterstützen.“

    Genau dieses Verhalten der Krankenkassen betrachte ich gefährlich und natürlich als völlig falsch.

    Die Masse der Menschen könnte so der Illusion unterliegen, dass, wenn seriöse Krankenkassen „die Homöopathie unterstützen“, dann doch was dran sein muss…

  8. In Bayern funktioniert das Marketing der Homöopathen ja prächtig. Nicht nur der BR dreht gelegentlich einen schönen Werbefilm, auch die Kollegen von Sat1 sind fleißig dabei, hier zum Thema Homöopathie bei Kühen:

    http://www.sat1bayern.de/news/20131022/homoeopathie-am-vieh/

  9. @Norbert Aust
    Ja, seltsam, aber mir ist jetzt gerade etwas eingefallen:
    Bayern ist im Grunde geteilt: Zum einen ist dort Hochtechnologie angesiedelt und zum anderen gibt es auch noch den (traditionellen) Glauben.
    In gewisser Weise verbindet die Homöopathie beides…sie ist (pseudo-)wissenschaftlich und sie bedarf eines Glaubens.

  10. @Norbert Aust: Die Formulierung „eine Arznei mit bekannter Wirksamkeit“ legt nicht gerade nahe, dass es ein Placebo ist, sondern eher, dass die Kontrollgruppe TAU (treatment as usual) bekam.

    Und dass Homöopathie genauso gut wirkt wie TAU (Valium oder was auch immer) wäre ja sensationell.

    Wenn „eine Arznei mit bekannter Wirksamkeit“ in diesem Fall aber eine Arznei *ohne* (spezifische) Wirksamkeit war, wie du schreibst, dann stimmt deine Schlussfolgerung.

    Aus dem Text geht das aber so nicht hervor, es wird m. E. missverständlich dargestellt.

  11. @ Pierre Castell

    Die Strategie der Krankenkassen folgt rein ökonomischer Vernunft. Mit dem Angebot der Erstattung für HP lockt man Mitglieder an, die lauter positive Merkmale haben: jüngeren Alters, gehobener Bildungsstand mit adäquatem Einkommen, ergo beitragsstark – und dabei im Kern gesund. Mitglieder, denen eigentlich nichts fehlt und die deshalb typischerweise nicht teuer therapiert werden müssen, bezahlt man dann eben die paar Kügeli und macht damit einen ordentliches Plus.

  12. Was sagt der Leiter einer großen Krankenkasse hierzu? Siehe letzter Absatz aus „Einhalt gebieten!“

    „…mit meiner persönlichen Meinung bin ich nah bei Ihnen.
    Ich finde es gut, wie Sie für Ihr Thema kämpfen und welche medialen Erfolge Sie auch schon errungen haben. Vielleicht greifen wir das Thema gelegentlich einmal in unserer Mitgliederzeitschrift auf. Institutionell gedacht haben wir dennoch die Realität des Kassenwettbewerbs und das, „was sich die Menschen halt wünschen“ zu berücksichtigen.“

    http://dr-bertelsen.de/pdf/Editorial_Einhalt-gebieten.pdf

    Die Formulierung „was sich die Menschen halt wünschen“ bedeutet, man unterstützt Gefälligkeitstherapien. Gefälligkeitstherapien sind ethisch bedenklich. Es ist ein Grundsatz: Behandeln mit Therapien, die helfen, nicht mit Therapien, die gefällig sind.

    Der Hang zur Gefälligkeitstherapie wird aber nicht nur aus Marktgründen von Kassen unterstützt, sondern auch von Ärztekammern, die Kurse feilbieten. Hier muss individuell bei jeder Kammer nachgefragt werden, welche Qualitätsstandards für eine „Fortbildung“ gefordert werden.

    Ferner muss nachgefragt werden, aus welcher Epoche die Qualitätsstandards stammen, aus denen sich das jeweilige Kursportfolio zusammensetzt.

  13. @ klauszwingenberger

    Sehr interessante Einschätzung von Ihnen, so habe ich das bisher noch gar nicht betrachtet.

    Wahrscheinlich ist es nicht nur eine Einschätzung, sondern entspricht sogar den Tatsachen.

  14. @ Christoph Börden
    >> Aus dem Text geht das aber so nicht hervor …

    Doch, tut es, allerdings ist diese Information anscheinend in de rInhaltsangabe von Bernd Harder verloren gegangen. Sowohl in der Studie als auch in meiner Analyse davon wird angegeben, dass es sich bei dem Kontrollmedikament um ein Placebo handelte:

    >> Die Tiere wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt, die eine erhielt eine Mischung aus verschiedenen homöopathischen Mitteln in mittleren (C6 entsprechend D12) und hohen Potenzen (C30 entsprechend D60), die andere ein Placebo.

  15. >> Die Tiere wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt, die eine erhielt eine Mischung aus verschiedenen homöopathischen Mitteln in mittleren (C6 entsprechend D12) und hohen Potenzen (C30 entsprechend D60), die andere ein Placebo.

    Haben also beide Gruppen eigentlich dasselbe erhalten – Placebos. ;-)

  16. @Gelmir:

    Man kann das sogar noch weiter treiben: Wenn die Angabe auf dem Fläschchen stimmen würde (= ein Molekül auf die zigtausendfache Masse der Sonne), dann wäre das, was mehr Wirkstoff enthält, das Placebo.

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