Esoterik ist anscheinend wieder „in“ – darüber haben wir schon berichtet:
- Esoterik in der WAZ, GWUP-Blog am 23. Februar 2013
- Esoterik, selbst erfahren. GWUP-Blog am 28. Januar 2013
- Pierre M. Krause, Esoterik und der Boom der Reinkarnierten, GWUP-Blog am 3. März 2013
Und es geht munter – mitunter aber auch spaßig – weiter:
- Der Schweizer Regionalsender Tele M1 hat den evangelischen Sektenbeauftragten Georg Schmid bei einem Rundgang über die Esoterik-Messe in Olten mit der Kamera begleitet.
Das Video dazu gibt’s hier.
- In der Reihe „Der kleine Erziehungsratgeber“ hat SWR1 heute eine humorige Folge zum Thema „Esoterik als neues Schulfach“ ausgestrahlt.
Nachhören kann man das Ganze hier.
- Und nicht zuletzt finden wir bei Kritisch gedacht den neuen Artikel „Der Esoterikwahn und was wir diese Woche dagegen tun“.
Darin geht es unter anderem um eine Serie über Parawissenschaften im Standard und um die Aktivitäten unserer Wiener Skeptiker.
Zum Weiterlesen:
19. März 2013 um 06:26
Zumindest in Köthen nimmt man Esoterik noch ernst:
http://dieausrufer.wordpress.com/2013/03/18/noch-mehr-von-nichts-in-kothen/
Das ist die Achse des Woo! Viadrina, Köthen, Traunstein.
19. März 2013 um 15:14
Köthen liegt aber nicht in der Nähe von Leipzig, sondern zwischen Halle und Magdeburg. Karnevalspitzname ist Kuhköthen – paßt.
Image hat Köthen als Bachstadt, leider kommen jetzt die Scharlatane.
19. März 2013 um 17:12
Der direkte Weg zum kleinen Erziehungsratgeber beim SWR ist dieser.
19. März 2013 um 19:27
Herr Senf,
kommen Sie mir nicht mit Fakten!
19. März 2013 um 21:16
„So ein Idiot.. Nimmt der ne Hantel mit!“ – Irgendwie leicht entlarvend.
21. März 2013 um 12:49
Neues Aufgabenfeld für Skeptiker
Der Glaube und die Bedeutung unserer Wissenschaft ist massiv am Schwinden. Dies bietet die Chance, dass wir uns von dem Irrglauben an die Objektivität und Universalität der Wissenschaft frei machen und zu eigener Anschauung gelangen.
Es war die scharfe Diagnose von Edmund Husserl, den fundamentalen Irrtum heutiger Wissenschaft darzulegen, dass die Welt der Erscheinungen durch wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten objektive Realität haben könnte. Beeindruckend (und bis heute unwiderlegt) hat Husserl beschrieben, dass diese Gesetzmäßigkeiten ausschließlich eine Aussage zu machen vermögen über den menschlichen Geist, keinesfalls jedoch über die Natur als Solche. Jegliches sog. Naturgesetz ist ein Produkt des menschlichen Geistes, da ausschließlich von diesem formuliert. Die Wissenschaft kann selbst bei den fundamentalen Grundlagen der Physik und Chemie nicht beweisen, dass die von ihr formulierten Gesetzmäßigkeiten außerhalb des Menschen irgendeinen Bestand hat. ›Mit Galilei beginnt die Unterscheidung der idealisierten Natur von der anschaulichen Natur und Verwechslung von wahrem Sein mit Methode‹ (Husserl 1986)
Wie sich die Welt erklärt, hängt einzig von unserer Fragestellung ab. Der Wissenschaftler jedoch fragt mit seinem Bewusstsein und ist daher immer Teil des Ergebnisses – ohne universelle Aussagekraft, sondern nur durch die Bedeutungszuweisung der jeweiligen Zeit. Jegliche Antwort auf die Frage eines ›Warum‹ ist subjektive Deutung des menschlichen Geistes. Die Welt und das Bewusstsein bestehen nicht aus Atom- und Hirnstoffwechel-Modelle, diese sind ausschließlich Ideen des Bewusstseins. Die gefundenen Elementarteilchen in Genf existieren ausschließlich durch die technischen Instrumente. Nicht die Natur bestimmt Kultur vor, wir selbst erschaffen diese aktiv. Das Universum der Wissenschaft ist ein reines soziales Phantasieprodukt (Wenke 2011), welche uns zwar den äußeren materiellen Wohlstand beschert, jedoch von der Methodik her völlig ungeeignet ist, eine umfassende Wirklichkeit oder gar Objektivität zu beschreiben. Dass Realität und Fakt sind ausschließlich Phänomene, nicht Deutungen. Dass diese Deutungen (und damit unsere gesamte Labor-Wissenschaft) in unserer Zeit erodieren, ist daher – streng wissenschaftlich – zu begrüßen.
Im Gegensatz hierzu hat die Tradition der indischen und chinesischen Kultur sowie der christlichen Mystiker mit der Betrachtung und der Hineinversenkung in die reinen Phänomene ein erprobtes, jahrtausendaltes Erfahrungswissen angesammelt, welches unendlich mehr Aussagekraft hat über eine Wirklichkeit. Real sind ausschließlich die reinen Phänomene der Dinge, das reinen ES IST (Merleau-Ponty). Wenn solches heute mehr und mehr Menschen entdecken und erproben, so ergibt sich die Möglichkeit einer eigenen (und damit selbstbestimmten) Anschauung der Welt jenseits der Vorgaben (und Urteile) angeblich objektiver Studien und Erkenntnisse.
Eine objektive Wissenschaft ist reine Illusion, sie existiert nur als subjektive Erscheinung mit dem jeweiligen Bewusstsein des Fragenden, der Bedeutungszuweisung der Gesellschaft – und dem ökonomischen Interesse der Auftraggeber. An dieser Illusion orientieren sich jedoch sogenannte Skeptiker, sie bildet das Fundament, von dem aus sie meinen, gegen Irrationalität zu Felde ziehen zu können ohne zu merken, in welcher Falle sie selbst sind. Hinzu kommt, dass die Wenigsten aktiv Forschende sind und sich im Wesentlichen, ohne eigene Prüfung und Anschauung, auf die Erkenntnisse Dritter stützen, diesen also Glauben schenken.
Die eigentliche Aufgabe von Skeptikern wäre daher, weniger ihren Fokus auf die vereinzelten Auswüchse der Esoterik – als Folge einer erodierenden Wissenschaft – zu richten. Solange Wissenschaft mit einem Universalanspruch unsere Bildung und somit unser Bewusstsein bestimmt, gibt es genügend sinnvolle Arbeit, über diese Art der selbstverschuldeten Unmündigkeit aufzuklären.
21. März 2013 um 12:53
@Lutz Krause: Viele Worte, wenig Inhalt.
Als wenn Methodenkritik etc. nicht ohnehin wissenschaftsimmanent wäre, während Esoterik als rein subjektive „Welterklärung“ keinerlei inneren oder externen Regulation unterliegt.
21. März 2013 um 13:55
Re: Bernd Harder
Worin soll Ihrer Meinung nach denn der Unterschied bestehen zwischen einer ›subjektiven‹ Welterklärung und der Fragestellung / Deutung des Wissenschaftlers? Sind Sie sicher, dass die ›Regularien‹ frei von dem Bewußtsein des Forschers sowie von ökonomischer Interessengerichtheit sind?
21. März 2013 um 14:06
@Lutz Krause:
<< Sind Sie sicher, dass die ›Regularien‹ frei von dem Bewußtsein des Forschers sowie von ökonomischer Interessengerichtheit sind? << Das Konzept "Wissenschaft" und deren Methodik sind natürlich davon frei. Ebenso natürlich können die so gewonnenen Erkenntnisse aber selektiv und interessengeleitet missbraucht werden. Im Gegensatz zur Esoterik kennt die Wissenschaft aber interne und externe Regularien und Mechanismen, um z.B. Datenselektion etc. zu erkennen - und auch "unliebsame" Erkenntnisse setzen sich irgendwann durch, sofern sie richtig und belegbar sind. Außerdem ist Wissenschaft nicht dazu da, um die Welt "zu deuten", sondern um sie zu beschreiben.
21. März 2013 um 14:54
Die erste Frage ist noch nicht beantwortet:
Worin besteht Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen einer ›subjektiven‹ Welterklärung eines Esoterikers und der Fragestellung/Beschreibung (die zur Deutung führt!) des Wissenschaftlers?
Und weiter:
Welche wissenschaflichen Ergebnisse kennen Sie aus Primärerfahrung, haben also an diesen aktiv mitgewirkt?
Eine objektive oder freie Methoden kann es nicht geben: Jede gewählte Methode ist eine Entscheidung.
Ersthafte Wissenschaftler wissen im übrigen von diesem Dilemma. (siehe hierzu: Heisenberg, Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft. Hirzel, Stuttgart 1947)
Die Vorstellung einer unabhängigen Wissenschaft ist, entschuldigung, naiv und illusionär.
21. März 2013 um 14:56
@Lutz Krause:
<< Die Vorstellung einer unabhängigen Wissenschaft ist, entschuldigung, naiv und illusionär. << Ich sagte, die "Methodik" zum Erkenntnisgewinn ist unabhängig und universell, nicht die gewonnenen Ergebnisse. Im Übrigen: Sorry, aber mit einem Husserl-Anhänger über Wissenschaft zu diskutieren, erachte ich als leidlich sinnfrei.
21. März 2013 um 15:23
Bei gegensätzlichen Meinungen ist das mit dem Zuhören ja möglicherweise beidseitig bedingt.
Daher gerne nochmals: Heisenberg. Keine “Methodik” ist unabhängig und schon gar nicht universell, da bereits in der Wahl immer bereits eine Entscheidung vorliegt und somit die Vorwegnahme eines Ergebnisses.
Ich empfehle jedem Skeptiker diese Schrift. Oder schlagen Sie bei seinem Schüler Peter Dürr nach. Danach fällt die Antwort auf Frage eins (Worin besteht Ihrer Meinung nach der Unterschied zwischen einer ›subjektiven‹ Welterklärung eines Esoterikers und der Fragestellung/Beschreibung des Wissenschaftlers?) möglichweise überraschend aus, weil man erkennt, dass Wissenschaftler und Esoteriker beides Menschen sind.
21. März 2013 um 15:24
@Lutz Krause:
<< dass Wissenschaftler und Esoteriker beides Menschen sind. << Nein, wer hätte denn das gedacht??
21. März 2013 um 15:26
@ Lutz Krause
Die Wissenschaft stellt Modelle auf die dann solange mit der Realität abgeglichen werden bis die Modelle hinreichend genaue Vorhersagen hinsichtlich des Verhaltens der Realität zulassen.
Auf Basis dieser Modelle (Fachbegriff: Theorien) lassen sich dann z.B. technische Geräte ent- und weiterentwickeln.
Esoterik und Religion stellen Behauptungen auf die unüberprüft und unbewiesen zu akzeptieren sind.
Die Konsequenzen dieses Mangels an Überprüfung sehen Sie dann in Geschichten wie der Arche Noahs.
Nicht dass es unmöglich wäre so ein Schiff zu bauen, im Gegenteil. Lediglich die Tatsache dass es unmöglich wäre, von jeder Tier- und Pflanzenart dieses Planeten je zwei Exemplare davon unterzubringen (und zu verhindern dass diese sich u.U. gegenseitig töten) macht diese Geschichte sehr unrealistisch.
Der praktische wissenschaftliche Ansatz sieht vor, so ein Schiff zu bauen und dann zu versuchen die Tiere dort unterzubringen.
Wahrscheinlich würde man aber eher den theoretischen Ansatz der Wissenschaft verwenden: Ausrechnen wieviel Platz die Tiere bräuchten. Diesen Bedarf mit dem auf dem Schiff vorhandenen Raum vergleichen und feststellen dass zu wenig Raum vorhanden ist.
In beiden Fällen würde der Fehlschlag des Versuches (und wiederholte Fehlschläge mit geänderten Rahmenbedingungen) dafür sorgen, dass die Geschichte von Noahs Arche im „Buch“ der Wissenschaft mindestens umgeschrieben, wohl eher aber durchgestrichen wurde.
Bei Religion und Esoterik findet aber wie erwähnt ein solcher Überprüfungsprozess überhaupt nicht statt. Deshalb sind in der jeweiligen Literatur immer noch Beispiele zu finden die völlig unrealistisch sind.
Um ihr Verständnis für den Unterschied zwischen Schwachsinn (Esoterik und Religion) und dem Wunsch, die Realität nachvollziehbar zu machen (Wissenschaft) besser zu verstehen, sollten Sie sich vielleicht eingehender mit Wissenschaftstheorie beschäftigen, insbesondere dem kritischen Realismus.
Es wäre für das Verstandnis von Wissenschaft auch vorteilhafter, einem Wissenschaftler „über die Schulter“ zu schauen, als sich mit einem Philosophen zu beschäftigen der ebenfalls nicht kapiert hat was Wissenschaft beabsichtigt.
21. März 2013 um 17:35
@ Lutz Krause: Wenn man Husserl nicht verstanden hat, sollte man nicht zuviel herumhusserln. Dass alles „subjektiv“ im Sinne von nicht nachprüfbar ist, dass also die subjektive Seite wissenschaftlicher Erkenntnis sich nicht von den wilden Annahmen der Esoteriker unterscheidet, das hat Husserl sicher nicht gemeint. Im Gegenteil, er war davon überzeugt, dass die phänomenologische Methode zu verlässlichen Einsichten in das Wesen der Dinge führt.
Recht haben Sie damit, dass auch wissenschaftliche Methoden nicht akulturell und ahistorisch sind, aber auch das bedeutet nicht, dass man daher gleich die Glaskugel nehmen kann. Es bedeutet nur, dass sich auch wissenschaftliche Methoden und die Methodologie im kritischen Diskurs weiterentwickeln. Das kann man von der Esoterik weiß Gott nicht behaupten.
21. März 2013 um 21:29
„Welcher normale Mensch, außer a so am Idiot, nimmt so a Hantel mit?“ LOL ROFL LMAO!!!!! Ich krieg´ mich nicht mehr ein!!!
24. März 2013 um 12:03
Peter Dürr ist Mitproduzent des Potsdamer Manifests, das zutreffend als „Quantenquark“ klassifiziert worden ist. Und bevor jemand die „indische Kultur“ in Beschlag nimmt weise ich auf die besseren Seiten der indischen Philosophie hin, die leicht übersehen werden. Indische Philosophie ist mehr, als nur die antirealistische Philosophie der Advaita Vedanta.
24. März 2013 um 16:47
[Zusammenfassung der Thesen von Lutz Krause]
Es sei ein fundamentaler Irrtum heutiger Wissenschaft, dem naturgesetzlichen Verhalten von Dingen in der Welt objektive Realität zuzuschreiben. „Naturgesetze“ seien nämlich nichts als Produkte des menschlichen Geistes, die einzig Aussagen über das Vermögen des menschlichen Geistes machten, keinesfalls jedoch über die Natur als solche. So könne z.B. Elementarteilchen keinerlei reale Existenz zugesprochen werden, sie würden vielmehr durch technische Instrumente als ein rein soziales Phantasieprodukt erschaffen. Selbst in den Grundlagenwissenschaften Physik und Chemie könne nicht bewiesen werden, dass die entdeckten Regelmäßigkeiten im Verhalten der Objekte außerhalb des menschlichen Geistes irgendeinen Bestand hätten.
Jede gewählte wissenschaftliche Methode sei hingegen bereits eine Entscheidung, die das Ergebnis vorwegnehme, denn wie sich die Welt erklären ließe, hänge einzig von der gewählten Fragestellung ab. Dadurch dass ein Wissenschaftler jedoch mit seinem Bewusstsein frage, sei er selbst immer Teil des Ergebnisses, das daher ohne universelle Aussagekraft bleibe und nur als subjektive Erscheinung im Bewusstsein des Fragenden existiere und ihre Bedeutungszuweisung im Rahmen gesellschaftlicher Prozesse und dem ökonomischen Interesse der Auftraggeber erhalte.
Dem wird ein indisch-chinesisch-christlicher Mystizismus entgegen gehalten, der eine „Hineinversenkung in die reinen Phänomene“ praktiziere und damit „erprobtes, jahrtausendaltes Erfahrungswissen“ bereit halte, welches „unendlich mehr Aussagekraft“ habe. Hierdurch entstünde die Möglichkeit einer eigenen (und damit selbstbestimmten) Anschauung der Welt jenseits der Vorgaben (und Urteile) angeblich objektiver Studien und Erkenntnisse.
[Ende Thesen von Lutz Krause]
Herrn Krause seien seine selbstbestimmten Anschauungen gegönnt. Es besteht allerdings keinerlei Veranlassung diese zu übernehmen. Er vertritt grob gesagt einen radikal subjektivistischen Sozialkonstruktivismus, den er mit einem offenkundig unverstandenen Husserlschen Phänomenalismus anreichert.
Ist ein beliebiger Subjektivismus mit den Erkenntnissen aus der Evolutionstheorie vereinbar? Nein. Unser Erkenntnisapparat passt zumindest partiell auf die Strukturen der mittleren Dimensionen der Welt (des Mesokosmos), weil sie sich im Laufe der Evolution adaptiv herausgebildet haben. Nur damit war ein Überleben möglich. So hat z.B. ein Klettertier, das sich beim Sprung von Ast zu Ast grundlegend hinsichtlich der dreidimensionalen Struktur des Raumes irrt, kaum Chancen, seine Gene weiterzugeben.
Ist eine hypothetisch realistische Position einem Antirealismus unterlegen? Nein. Der Erfolg und vor allem auch der *Misserfolg* von Theorien oder Konzepten (wie z.B. Wünschelrutengehen) wird durch die Hypothese einer naturgesetzkonformen Realität bedeutend besser erklärt als durch anti-realistische Annahmen.
Sind die Ergebnisse wissenschaftlicher Methoden durch die Methodenwahl prinzipiell vorherbestimmt? Nein. Eine sorgfältig durchgeführte Doppel- oder gar Dreifachblindstudie gibt recht zuverlässig wieder, ob ein Medikament als solches wirkt oder auch nicht. Störfaktoren lassen sich hierbei durch Randomisierung, Verblindung und ausreichende Fallzahlen vermeiden. Die Wiederholung von Experimenten durch unabhängige Forscherteams mit ggf. leicht abweichenden Methoden führt sogar oft zu einer Erhärtung der Ergebnisse. Unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen stützen sich gegenseitig. Sie stehen nicht isoliert da, sondern bilden eine vernetzte Struktur. So lassen sich Naturkonstanten durch unterschiedlichste Methoden sehr präzise bestimmen: Das berechnete und das gemessene magnetische Moment eines Elektrons stimmen z.B. mit einer Genauigkeit von mehr als 10 Dezimalstellen überein.
Können sozialkonstruktivistische Annahmen erklären, warum komplexe Technologie im Alltag so zuverlässig funktioniert? Nein. Dass sich die Konstrukteure eines Airbus-Modells lediglich sozial darauf einigen, dass das Flugzeug auch wirklich von der Landebahn abhebt, ist eher eine unfreiwillig komische These als eine gute Erklärung.
Ist die fehlende endgültige Beweisbarkeit wissenschaftlicher Theorien ein Hinweis auf ihre Beliebigkeit? Nein. Es wird zwar heute anerkannt, dass sämtliche Letztbegründungsprogramme gescheitert sind, da sie im Münchausen-Trilemma enden: infiniter Regress, Zirkelschluss oder willkürlicher Abbruch des Begründungsverfahrens. Hierdurch entsteht jedoch kein freier Raum für Willkür, denn bewährte Theorien sind durch unzählige Experimente erhärtet. Dass sich Maschinen lediglich am Bewusstsein der Forscher orientieren sollen, ist u.a. deswegen eine extrem schlechte Erklärung, da sich die Maschinen ja genauso oft „weigern“ gewünschte Ergebnisse zu erzeugen. Nicht die unerreichbare Letztbeweisbarkeit ist ein Kriterium für Wissenschaftlichkeit sondern Kritisierbarkeit.
Ist das sich Hineinversenken in „reine Phänomene“ ein gute erkenntnistheoretische Methode? Nein, denn es ist schon völlig unklar, was „reine Phänomene“ überhaupt darstellen sollen. Abgesehen davon kennen wir aus der kognitiven Psychologie zahlreiche Fälle, in denen wir uns täuschen. So haben wir lernen müssen, dass gute wissenschaftliche Methoden immer auch Maßnahmen gegen mögliche Selbsttäuschung benötigen. Redewendungen wie die vom angeblich „erprobten, jahrtausendealten Erfahrungswissen“, welches angeblich „unendlich mehr Aussagekraft“ liefere als wissenschaftliche Experimente, stellen nichts anderes als der Versuch einer Kritikimmunisierung dar. Das wissenschftlich gewonnene Wissen verändert und erweitert sich demgegenüber ständig, da es in einen immanenten Kritikprozess eingebunden ist.
24. März 2013 um 16:55
Herr Krause, Sie beglücken ja noch andere Seiten* mit Ihrem Text – wenn man sich die Mühe gemacht hat, warum das Ganze nicht potenzieren, vielleicht werden auch ein geringer Erkenntnisgehalt/ Wahrheit dann auf wundersame Weise vermehrt?
* z.B. Scienceblog