Lesenswerter Artikel bei den DocCheck-News:
Paramedizin: Resistent gegen Fakten“
Ein Auszug:
Ärzte behandeln ihre Patienten zumeist mit einer Mischung von Wissen, Erfahrung und Bauchgefühl.
Das letztere weigert nur allzu oft, Erkenntnisse aus neuer Forschung anzuerkennen, wenn sie der Medizin widersprechen, die vor etlichen Jahrzehnten gelehrt wurde. „Hat Akne etwas mit Schokoladenkonsum zu tun?“ Bevor die ersten Studien handfeste Beweise für den fehlenden Zusammenhang lieferten, glaubten nicht nur Patienten, sondern auch ihre Doktoren daran.
„Ich habe mich geirrt“ ist ein Satz, der besonders Ärzten schwer über die Lippen kommt […]
Warum sind medizinische Mythen trotz zahlreicher Beweise für das Gegenteil kaum aus der Welt zu schaffen? Der Psychologe Norbert Schwarz von der Universität Michigan hat sich darüber Gedanken gemacht.
Seine Theorie: Je intensiver wir versuchten, den Gegner mit Argumenten überzeugen zu wollen, desto mehr festigen wir seine ursprüngliche Meinung. Denn zahlreiche unterschiedliche Aspekte verkomplizieren den Meinungsprozess.
Daher wirken zwei oder drei Gegenargumente besser als ein Dutzend. Je mehr sich der vermeintlich Starrsinnige Gedanken machen muss, warum er seine Meinung ändern sollte, desto anstrengender wird es für ihn.“
Zum Weiterlesen:
- Paramedizin: Resistent gegen Fakten, DocCheck-News am 5. Dezember 2012
- Die Bestätigungstendenz: Warum wir (subjektiv) immer Recht behalten, Skeptiker 3/2000
8. Dezember 2012 um 20:05
„Daher wirken zwei oder drei Gegenargumente besser als ein Dutzend.“ Ein interessanter Ansatz. Möglicherweise hilft die Reduktion aufs Wesentliche auch, ein Abschweifen zum (vermeintlich oder tatsächlich) schwächsten Punkt zu verhindern.
9. Dezember 2012 um 12:48
Die Kommentare bei doccheck sind lustig… bzw. zum Heulen…
9. Dezember 2012 um 14:15
der hohe anteil der echten/angeblichen mediziner, die sich hinter diese schwurbelmedizin stellen, bestätigt den inhalt und die wichtigkeit des artikels.(abgesehen von einigen beiträgen völlig ohne inhalt)
insgesamt werfen diese beiträge ein sehr bedenkliches licht auf die intelligenz dieser „akademiker“ .(und sie merken es nicht !)
hoffentlich begegne ich solchen ärzten nicht.
mfg. diabetiker
9. Dezember 2012 um 14:57
@diabetiker
Leider begegne ich solchen Ärzten/Ärztinnen nahezu jeden Tag…man kann sich seine Kollegen halt nicht aussuchen :-)
Scherz beiseite, selbst eingedenk eigener Unzulänglichkeiten stehe ich immer wieder fassungslos vor dem Phänomen, an was akademisch ausgebildete Leute so glauben. Zumal diese in ihrem Berufsalltag meistens mit wissenschaftlichen Gesetzen, Verfahrensweisen und Techniken umgehen…“Why intelligent people believe in stupid things…“(War das nicht von Michael Shermer?).
Ich schwanke dann oft zwischen Voll-auf-Aggro-Diskussion und Resignation, denn ein echtes diskutieren der pros und cons ist leider meist nicht möglich…
Da die betreffenden Kollegen dann auch noch meistens echt nette Leute sind ist es umso schwerer die Balance zu finden, denn eigentlich kommt ich fast jeder Diskussion irgendwann der Punkt, an dem Du entweder zuschlagen möchtest oder dem Gegenüber sagen musst: „Du, ich mag Dich, aber Du bist zu doof um geradeaus zu denken…“
Na dann……Baldrian nehmen und „Wusaaaa“ machen…
10. Dezember 2012 um 07:06
Zitat: Da die betreffenden Kollegen dann auch noch meistens echt nette Leute sind ist es umso schwerer die Balance zu finden, denn eigentlich kommt ich fast jeder Diskussion irgendwann der Punkt, an dem Du entweder zuschlagen möchtest oder dem Gegenüber sagen musst: “Du, ich mag Dich, aber Du bist zu doof um geradeaus zu denken…”
Wittgenstein zu Russell und Moore: Ich weiß, Ihr werdet es nie verstehen!
Ich beschäftige mich schon seit Jahren damit, warum Menschen, die über eine einer bestimmten Problematik angemessenen Intelligenz verfügen, spezielle Sachverhalte nicht begreifen können (oder wollen), die sich anderen Menschen, die ebenfalls mit einer der Problematik entsprechenden Intelligenz ausgerüstet sind, ohne jede Schwierigkeit darstellen. Noch viel interessanter finde ich allerdings die Frage, was die partiell erkenntnisresistenten Zeitgenossen davon abhält, ihre offensichtlichen Defizite zu akzeptieren – und sich dem Konsens der Fachleute anzuschließen.
Ist das jetzt schnöde Eitelkeit, einfach nur Mißtrauen oder sind selbst akademisch ausgebildete Menschen manchmal so schlecht in der Wissenslandschaft verortet, dass sie grundsätzlich Sinn und Unsinn nicht mehr von einander trennen können?
Ich vermute, es trifft alles zu.
10. Dezember 2012 um 08:17
Die Kommentare zum Beitrag können depressive Verstimmungen hervorrufen. Meine Güte, ist es denn mittlerweile wirklich die Mehrheit der Mediziner, die dem Komplementärgeschwurbel glaubt?
Unfassbar.
10. Dezember 2012 um 16:04
@excanwahn:
Eine spezielle Form von Dunning-Kruger vielleicht? Man kann ja auch in anderer Hinsicht inkompetent sein als in fachlicher.
10. Dezember 2012 um 18:08
Zitat: „[…] oder sind selbst akademisch ausgebildete Menschen manchmal so schlecht in der Wissenslandschaft verortet, dass sie grundsätzlich Sinn und Unsinn nicht mehr von einander trennen können?“
Das ist ein genereller Mangel in der universitären Ausbildung (zumindest in den Naturwissenschaften). Da liegt immer implizit die Annahme zu Grunde, dass man durch genug Detailwissen irgendwann einmal das dahinter liegende Problem von alleine erkennt. Genauso wird davon ausgegangen, dass sich das Verständnis für den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess von alleine als „Nebenprodukt“ ergibt. Weil genau das nicht funktioniert, hat man am Ende das Problem…
11. Dezember 2012 um 06:37
@Mephisto / Severin D.
Wir wissen ja, dass „Selbsttäuschung“ eine der wesentlichen Triebfedern der „Alternativen Heilerei“ ist.
Offensichtlich scheint ausgerechnet dagegen kein Kraut gewachsen zu sein.
Aber wenn der Therapeut nicht in der Lage ist, seinen kognitiven Fehlleistungen als solche zu erkennen, muss man nicht den Patienten vor dem Furz im Hirn des Therapeuten schützen – beispielweise durch restriktive Eingriffe in die ärztliche Therapiefreiheit?
Oder wie wäre es mit einer standardisierten Form der Patientenaufklärung bei der Anwendung nichtwissenschaftlicher Therapieverfahren – ähnlich wie bei der Zigaretten-Schachtel?
Oder mit dem kategorischen Leistungsausschluß alternativer Therapieverfahren aus der ärztlichen Berufshaftpflicht (sofern nicht schon längst vorhanden) – und einem dementsprechenden, unmißverständlichen Hinweis für Patienten?
11. Dezember 2012 um 09:29
@diabetiker:
Mediziner sind Handwerker! Manche sind gute bis sehr gute Handwerker.
Sie sind keine Akademiker wenn man die meisten Definitionen von Akademiker zu Rate zieht. Ja, sie haben an einer Hochschule einen Abschluss gemacht, aber sie sind keine Wissenschaftler, kein Mitglied einer wissenschaftlichen Akademie, da sie dafür Wissenschaftler sein müssten. Somit sind sie, etwas provokant ich gebe es zu, keine Akademiker.
Wir sollten langsam begreifen, das wir Wissenschaftler und Ärzte nicht zusammenwerfen dürfen. Ärzte entscheiden oft irrational/bauchgefühlshaft. Es ist unsere Aufgabe als Wissenschaftlern, diesen Ärzten klar zu machen das sie keine Wissenschaftler sind und ihnen auch klar zu machen wann sie womöglich falsch liegen.
Leider wird der Wissenschaftler in den normalen Arbeitsalltag und somit auch in die Entscheidungsproblematiken des Arztes nur unzureichend eingebunden. Leider glaubt der Arzt noch immer er sein auch Wissenschaftler und glaubt seinem Bauchgefühl somit vielleicht noch stärker, als er es ohne diese Einstellung täte.
Ich bin gespannt.
11. Dezember 2012 um 15:34
@Andreas:
Ich habe auch schon „echte“ Akademiker getroffen, bei denen es mit dem wissenschaftlichen Denken nicht weit her war. Oder bei denen sich das wissnschaftliche Denken nur auf das eigene Spezialthema erstreckt hat, und bei allem jenseits davon die üblichen „Pseudo-was-auch-immer“ Vorstellungen herumgeistern.
Und zur Ehrenrettung der Mediziner: Es war ein Mediziner, der mir beigebracht hat, wie man vernünftige Kontrollexperimente macht. In meiner naturwissenschaftlcihen Ausbildung war das eher kein Thema. (Wobei das natürlich ein akademisch forschender Mediziner war, also wohl doch ein Wissenschaftler…)
19. Dezember 2012 um 04:24
@“Andreas“
Wie wärs denn einfach mit der Formel: „Akademiker, aber nicht automatisch Wissenschaftler“?