gwup | die skeptiker

… denken kritisch seit 1987.

James-Bond-Spezial: Cold Reading Teil 4

| Keine Kommentare

Fortsetzung von „James-Bond-Spezial: Cold Reading Teil 3

8. Schmeicheln Sie bei jeder Gelegenheit.“

Auch Menschen, die sich gegen Komplimente wehren, fühlen sich insgeheim doch geehrt. Denn jeder will etwas Gutes über sich hören – ob wahr oder nicht.

Also erzählen Sie etwas, von dem Ihr Gegenüber gerne hätte, dass es wahr wäre. Lassen Sie die betreffende Person wissen – sachlich und zurückhaltend verpackt –, wie attraktiv, intelligent, erfolgreich, sympathisch, großzügig sie doch ist.

In solchen Fällen können Sie selbst aus der Gegenwehr noch Profit ziehen, indem Sie vertrauensvolles Einverständnis signalisieren:

Sie sind Leuten gegenüber misstrauisch, die Ihnen schmeicheln. Sie können wohl nicht glauben, dass jemand etwas Gutes über Sie sagt, ohne damit etwas Bestimmtes erreichen zu wollen.“

Dieser Spruch könnte sogar von James Bond persönlich sein.

„Schmeicheleien bringen Sie nicht weiter!“, warnt ihn zwar Moneypenny in „Dr. No“:

Aber das stimmt nicht. Und deshalb tut er es immer wieder:

  • „Ich vergesse in eigenartigerweise immer wieder, dass Sie mehr sind als nur eine bezaubernde Frau.“ (Zu Holly Goodhead in „Moonraker“)
  • „Ich muss Ihnen mal was mit westlichem Chic sagen: Ich habe noch nie ein so hübsches Mädchen gesehen.“ (zu Tatiana Romanova in „Liebesgrüße aus Moskau“)

Wenn es um Informationen geht, setzt Bond alles ein, was er hat.

Nehmen wir „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“, als er in Blofelds Alpenfestung auf dem Piz Gloria nächtlichen Besuch von Ruby bekommt – einer jungen Frau, die im angeblichen Allergiezentrum des Superverbrechers behandelt wird, tatsächlich aber unwissentlich das gefährliche „Omega“-Virus freisetzen soll:

Bond: „Nein, kein Licht machen!“

Ruby: „Ich möchte doch die Bilder sehen.“

Bond: „Das schönste Bild sind Sie selbst, besonders im flackernden Licht des Kaminfeuers.“

Und wenig später:

Ruby: „Sie sind vielleicht lustig, so zu tun, als könnten Sie Frauen nicht ausstehen.“

Bond: „Gewöhnlich ist es auch so, aber bei Ihnen werde ich schwach.“

Oder die Szenen zwischen Bond und der russischen Botschaftsangestellten Tatiana Romanova in „Liebesgrüße aus Moskau“, als unser Agent sie über eine Dechiffriermaschine ausfragt:

Tatiana: „Der Mechanismus … Ach James, wirst Du mich auch in England immer lieb behalten?“

Bond: „Ja, selbstverständlich. Sprich weiter über den Mechanismus.“

Tatiana: „Ich weiß nur, dass ich Dich liebe, James.“

Bond: „Sag mir nur, was Du weißt.“

Tatiana: „Ich weiß nur, dass ich Dich wirklich liebe.“

Bond: „Natürlich.“

 9. Erwecken Sie immer den Eindruck, mehr zu wissen, als Sie sagen.“

Das hat ein Agent mit einem guten Hausarzt oder einer „Hellseherin“ gemein: Sobald Sie Ihr Gegenüber mit einem einzigen Beispiel davon überzeugt haben, dass Sie etwas über ihn wissen, wird er automatisch annehmen, Sie wüssten alles. Für gewöhnlich wird er Ihnen dann auch alles Mögliche anvertrauen.

Exemplarisch sehen wir das in „Leben und sterben lassen“, als Bond die prüde Wahrsagerin Soltaire mit einem simplen Kartentrick irreführt:

Solitaire: „Rühren sie die Karten nicht an! Das ist Blasphemie! Denen, die nichts sehen können, sagen sie nichts.

 Bond: „Aber ganz im Gegenteil, sie verkünden ein bisschen Glück. Glück für uns beide. Die Karten sagen, wir werden uns lieben.“

Solitaire: „Sie müssen sich irren. Das ist unmöglich, das darf nicht sein. Gehen sie bitte.“

Bond: „Aber sie glauben doch daran. Ich meine, sie glauben wirklich an die Karten.“

Solitaire: „Sie haben mich noch nie belogen.“

Bond: „Dann tun sie’s auch jetzt nicht. Nehmen sie eine.“

Solitaire zieht aus dem gezinkten Stapel Tarotkarten das Symbol „Die Liebenden“.

 Bond: „Sie wussten die Antwort schon im Voraus. Und so merkwürdig es auch klingen mag, ich auch.“

Solitaire: „Nun ist es doch so gekommen, genau wie bei meiner Mutter und ihrer Mutter davor.“

Bond: „So muss es wohl gewesen sein. Du bist der sichtbare Beweis dafür. Warum bist du so bedrückt? Es gibt für alles ein erstes Mal. Und nun sag mir, wo ist Kananga?“

Solitaire: „Ich kann nichts sehen.“

Bond: „Ah ja, die Karten, ich hole sie.“

Solitaire: „Nein!“

Bond: „Du brauchst keine Angst zu haben, du wirst ihn bald los sein, ich verspreche es dir. Ich verspreche es. Ich brauche nur ein paar kleine Informationen.“

Solitaire: „Meine Gabe zu sehen, ich habe sie verloren. Die Hohe Priesterin ist nun nicht mehr die Frau des Fürsten dieser Welt. Das heilige Band ist zerrissen. Das ist wohl mein Schicksal. Ich habe mich irdischer Liebe unterworfen und die Karten nahmen mir meine Macht.“

Bond: „Liebling, ich muss dir ein Geständnis machen, aber bitte reg dich nicht zu sehr auf. Die Karten waren etwas zu meinen Gunsten gemischt.“

Solitaire: „Darauf kommt es nicht an, es ändert nichts an dem, was wir getan haben. Wenn er merkt, dass ich meine Macht verloren habe, tötet er mich.“

Bond: „Dazu müsste er dich erst einmal finden. Lektion eins in der Liebe, man hat keine Geheimnisse. Zum Beispiel: Dort unten wartet mein Boot. Möchtest du nicht mitkommen? Bevor wir aufbrechen, muss ich nur eines wissen, was geht da hinten im Voodooland vor sich?“

 10. Beziehen Sie alle wesentlichen Punkte mit ein.“

Ein Cold Reading, das sich zunächst an den drei Hauptaspekten des täglichen Daseins vortastet (Geld, Liebe, Gesundheit), kann kaum schief gehen. Wenn dann noch Familie und Freunde, Beruf, Reisen, Ausbildung, persönliche Ziele, Hindernisse im Leben et cetera hinzukommen, werden Sie ganz heftige Zustimmung ernten.

Und es wird so aussehen, als würden Sie in die Seele Ihres Gegenübers blicken:

Zum Weiterlesen:

  • Cold Reading mit James Bond Teil 1, GWUP-Blog am 7. November 2012
  • Cold Reading mit James Bond Teil 2, GWUP-Blog am 9. November 2012
  • Cold Reading mit James Bond Teil 3, GWUP-Blog am 11. November 2012
  • Sind Hellseher Schwindler? GWUP-Blog am 2. Dezember 2012

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.