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Zombie-Apokalypse durch Gehirn-Parasiten

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Natürlich, die Vorfälle sind grauenvoll:

Es ist gerade zwei Uhr nachmittags, als Larry Vega in Miami mit seinem Fahrrad den MacArthur Causeway entlang fährt. Plötzlich sieht er vor dem Gebäude der US-Zeitung The Miami Herald zwei Männer auf den Fahrradweg rennen, die miteinander kämpfen. Nicht nur, dass sie nackt sind. Der eine fängt auch plötzlich an, dem anderen das Fleisch vom Gesicht zu reißen und es aufzuessen.“

So berichtete Die Welt Ende Mai von einem „Kannibalen-Angriff“ auf offener Straße in Florida.

Schnell hatte der 31-jährige Angreifer Rudy Eugene seinen Schmähnamen in der Presse weg: „Miami-Zombie“.

Das ganze Land stand noch unter Schock, als schon die nächste Horror-Nachricht umging:

Ein 21-jähriger US-Student hat sich des Kannibalismus bezichtigt. Er habe seinen Mitbewohner getötet und Teile des Gehirns sowie das Herz gegessen“,

meldete n-tv am 1. Juni.

Spätestens jetzt ging es mit Teilen der Journaille durch:

Amerika in Zombie-Angst“,

titelte Bild-Online, während das US-Klatschportal gawker.com in den bizarren Gewaltverbrechen schon die Vorboten einer sogenannten Zombie-Apokalypse sah:

Zombie Apokalypse: It has begun!“

Die Polizei dagegen machte in beiden Fällen eine neue Designerdroge namens „Cloud Nine“ für die Attacken verantwortlich, die zu den „Badesalzen“ zählt und Substanzen wie Mephedron oder Methylendioxypyrovaleron enthält – und die auch in Deutschland für ihre unberechenbare Wirkung berüchtigt ist.

Das ist schlimm genug. Aber die Wahrheit stand noch nie einer guten Geschichte im Weg. Und deshalb hält die Onlinezeitung The Huffington Post weiterhin an der Zombie-Invasion fest.

Huffington-Reporter Andy Campbell witterte einen Scoop und befragte die amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) nach ihrer Einschätzung der Lage.

Dazu muss man wissen, dass das CDC im Mai 2011 höchst offiziell vor einer „Zombie-Apokalypse“ gewarnt hatte. Allerdings war der entsprechende Blog-Eintrag lediglich Teil einer Social-Media-Kampagne, mit der die US-Regierungsbehörde Sicherheitsmaßnahmen vor allem an junge Menschen herantragen wollte:

Katastrophenschutz, Notfallpläne – das hört sich nach dröger Theorie an, nach Panikmache oder, noch schlimmer, nach Gebrauchsanleitungen für Schisser. Kommen dagegen Zombies ins Spiel, so die Hoffnung der Seuchenschützer, wird die Sache plötzlich interessant. Der Erfolg jedenfalls gibt ihnen recht.

Und eines Tages mögen die CDC-Ratschläge sogar tatsächlich beim Angriff der Zombiehorden helfen. Unwahrscheinlich, aber man weiß ja nie. Wie heißt es so schön: Better safe than sorry“,

schrieb damals die Financial Times Deutschland.

Und nun?

Wenig überraschend erteilte das CDC dem Journalisten Andy Campbell eine Abfuhr:

Wir wissen nichts von einem Virus oder einem Zustand, der Tote reanimieren könnte oder zombieähnliche Symptome verursacht“,

erklärte CDC-Sprecher David Daigle.

Das wiederum brachte die The Huffington Post auf die Schlagzeile:

Zombie Apocalypse: CDC Denies Existence Of Zombies Despite Cannibal Incidents.“

Man beachte hier den subtilen Einsatz der Präposition „trotz“

Die Folge: Binnen kurzem avancierte „Zombie-Apokalypse“ zu einem der meistgesuchten Themen im Internet.

Und wo immer Bedürfnisse entstehen, werden diese flugs befriedigt – in diesem Fall zum Beispiel von der Webseite Daily Caller, die im Wesentlichen Campbells Nullstory abkupfert, aber zwei pikante Details hinzuphantasiert:

What caused this recent outbreak of attacks? Some have blamed the drug “bath salts”, others have claimed it was caused by the LBQ-79 virus.“

Und (in einem weiteren Artikel vom 4. Juni):

[The CDC] remains silent about the effect of zombie-inducing parasites that live in human brains.“

Ah ja.

https://www.youtube.com/watch?v=dvaE9W9JPS0

Während in den Untoten-Spektakeln der Filmindustrie die Ursachen einer „Zombie-Invasion“ meist im Dunkeln bleiben, hat der Daily Caller diese also glasklar identifiziert:

  • das LBQ-79-Virus;
  • einen Parasiten, der sich im Gehirn einnistet und als Toxoplasma gondii bekannt ist.

Die weltbewegende Frage ist nun: Warum verschweigt die US-Seuchenschutzbehörde diese schreckliche Wahrheit?

Dafür dürfte es in erster Linie zwei Gründe geben.

Zum einen ist ein Virus mit der Bezeichnung „LBQ-79“ der Wissenschaft schlicht unbekannt.

Zum anderen haben Gehirn-Parasiten die Eigenart, das Verhalten ihrer Wirte nur zu ihrem eigenen Nutzen zu verändern. Bei dem Protozoon Toxoplasma gondii zeigte sich das im Tierexperiment:

Infizierte Mäuse verloren ihre Angst vor Katzen und liefen damit eher Gefahr, gefangen und gefressen zu werden. So gelangt der Erreger wieder zum ursprünglichen Wirt zurück.“

Der Parasit steht bei Menschen im Verdacht, den Dopaminhaushalt im Gehirn zu verändern und so Erkrankungen wie Parkinson, Schizophrenie oder ADHS zu begünstigen.

Zombie-Geschichten hingegen kennen Parasitologen bislang nur aus dem Tierreich. Ob latente Infektionen mit Toxoplasma gondii langfristig auch die menschliche Persönlichkeit verändern können, ist umstritten:

Forscher hatten bei Menschen mit schizophrenen Störungen auffallend häufiger Toxoplasma-Antikörper nachgewiesen. Und die Antipsychotika Haloperidol und Valproinsäure, die auch bei Schizophrenie eingesetzt werden, beseitigten die Vorliebe Toxoplasma-infizierter Ratten für Katzenurin.

„Beim Menschen scheinen latente Infektionen mit dem Parasiten langfristig die Persönlichkeit zu verändern“ sagt der Parasiten-Ökologe Kevin Lafferty von der University of California und verweist auf psychologische Studien. Infizierte Frauen seien zum Beispiel warmherziger, Männer traditionsbewusster, beide Geschlechter neigten stärker zu Selbstzweifeln als nicht Infizierte. Von da ist es für ihn nicht mehr weit bis zu Kulturkreisen, die letztlich auch nur durch die Persönlichkeiten Einzelner geformt würden.

Mehr als Korrelationen von Infektionshäufigkeiten und psychologischen Profilen, die keine Aussage über die kausalen Zusammenhänge liefern, hat er allerdings nicht zu bieten. Das weiß er selbst, auch wenn er findet, dass die Argumentation logisch sei. Dass Parasiten Wirte wie Ratten, Flohkrebse und Schnecken zu Marionetten ihrer Lebensweise machen, scheint überprüfbar zu sein. Aber: Um den Einfluss auf den Menschen zu testen, müsste man eine große Gruppe mit Toxoplasma gondii infizieren.

Das sei aber unmöglich. Allein die Idee bereitet Gänsehaut.“

Und um nichts anderes geht es einer Reihe von Medien im Fall der „Zombie-Attacken“: um das Gänsehaut-Feeling.

Neu ist das übrigens nicht: Schon 2005 berichtete die BBC über einen Zombievirus in Kambodscha.

Dort sollen seinerzeit Regierungstruppen den Ort Quan‘sul – unweit der Grenze zu Laos – unter Quarantäne gestellt haben, da Moskitos eine völlig neuartige Form von Malaria verbreitet hätten. Das Virus sei absolut tödlich und raffe die Opfer rasend schnell dahin.

Aber damit nicht genug. Binnen zwei Stunden nach dem Ableben bringe der Erreger das Herz der Verstorbenen auf rätselhafte Weise wieder zum Schlagen. Zu einem untoten Leben reanimiert, stünden die Leichname wieder auf. Ohne Hirnfunktion, ohne Emotionen und daher unmenschlich grausam und aggressiv.

Pläne der kambodschanischen Regierung, das Virus zu erforschen, seien am Veto der USA gescheitert, welche die sofortige Vernichtung dieser potenziellen Biowaffe und Menschheitsbedrohung erzwangen.

Gruselig? Schon, aber bloß ein Aprilscherz.

Vier Jahre später wärmten Spaßvögel das Ganze noch mal auf und ließen die Virenzombies durch London schlurfen. Ursache für den Outbreak sei eine fatale Mutation des H1N1-Erregers.

Der neue Stamm heiße „H1Z1“.

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare

  1. Geile Story!

  2. …wenn es aber mal soweit sein sollte, dann seid auch Ihr froh, daß man den Erstfall geprobt hat…;-)

  3. Ganz großes Kino. Jedenfalls müsste ich wohl da hin gehen, gäbe es solche Meldungen nicht.

  4. Seid wann machen Berichterstattungen spässe? Hab noch nie gehört das irgendwann eine Meldung im Fernsehen Kamm wo berichtet wurde es wurde da und da niemand umgebracht das war bloss ein Scherz…^^

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