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Mythen des Wassers

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Bei Deutschlandradio Kultur ist heute eine Besprechung des Buches „Wasser, das Wunderelement?“ von Skeptiker-Autor Dr. Helge Bergmann erschienen.

Als Rezensentin zeichnete Susanne Billig:

In sanften Rottönen schillern die Kristalle des „Himalaya-Salzes“. Eine besondere Bewandtnis soll es mit diesen Kristallen haben, glaubt man seinen Anhängern: Ein Salztrunk daraus schwingt auf derselben Frequenz wie der menschliche Körper und hilft gegen Zivilisationskrankheiten aller Art.

Alles nicht wahr, erklärt der Chemiker Helge Bergmann in seinem neuen Buch „Wasser, das Wunderelement?“. Die bunten Kristalle bestehen zu 98 Prozent aus ganz normalen Natriumchlorid. Das Dach der Welt haben sie nie gesehen: Der größte Teil wird in einem pakistanischen Salzbergwerk gewonnen, ein kleinerer Teil stammt sogar aus Polen. Seine hübsche Färbung verdankt das Salz einem bisschen Eisenoxid. Und die energetischen Schwingungen sind, wissenschaftlich betrachtet, schlichter Nonsens.

In seinem Buch knöpft sich Helge Bergmann Kapitel um Kapitel bekannte und weniger bekannte Wasser-Mythen vor. Stehen Wünschelruten in Verbindung zu unterirdischen Wasseradern? Kann das kühle Nass rechts- oder linksdrehend sein? Lässt sich H2O magnetisieren? Hat es gar ein Gedächtnis?

Um Neutralität bemüht, lässt der Autor zunächst das theoretische Fundament des jeweiligen Wasser-Mythos zu Wort kommen. Was stellen sich die Anhänger unter Schwingungen vor? Was meinen  sie mit rechts- oder linksdrehend? Wie erklären Wünschelrutengänger ihr Wirken? Anschließend zeigt Helge Bergmann überzeugend, wie sehr die Esoterik Glauben und  Wünsche mit zweifelhaften Experimenten mischt. Die Maximen echter Wissenschaftlichkeit arbeitet der Autor klar heraus: Messdaten müssen einer statistischen Überprüfung standhalten, Forschungsergebnisse einer kritischen  Gemeinde vorgelegt und dort reproduziert werden.

Der Autor schätzt die Wissenschaft, das ist in seinem Buch auf jeder Seite zu spüren. Entsprechend viel Sachwissen bringt er in den Kapiteln unter – schließlich haben auch Physik und Chemie zum Thema Frequenzen, Energien und Schwingungen fesselnde Erkenntnisse zu bieten, ebenso zum Wasser als Grundlage alles Lebendigen. Allerdings: An der einen oder anderen Stelle hätte man sich  etwas mehr Reflexion über die Grenzen gewünscht, die auch dem wissenschaftlichen Weltzugriff auferlegt sind. Nicht nur deshalb ist es fraglich, ob der Autor mit  seinem Buch die Wasser-Zauberer und ihre Anhänger erreichen, geschweige denn belehren kann.

Wer so dumm ist, für ein bisschen Abrakadabra-Tinktur hunderte von Euro hinzulegen, wird kaum zu anspruchsvoller Lektüre greifen. Wer die Wassermedizin aus Not schluckt, wird sich Placebo-Effekten hingeben und sein Vertrauen vorher tunlichst nicht erschüttern lassen. Wer dem Wasser-Voodoo aus purer Begeisterung frönt, dem fehlen nicht wissenschaftliche Informationen, sondern die  Bereitschaft, sein Weltbild daraus zu bestreiten. Und die Geschäftemacher haben ohnehin ihre eigenen Pläne.

Wie man es auch dreht und wendet: Dieses facettenreiche Buch empfiehlt sich vor allem als Lektüre für Wissenschaftsfans. Die aber werden ihre Freude daran haben!“

Zum Weiterlesen:

  • Kein „Wassergedächtnis“, GWUP-Blog am 13. November 2011

 

2 Kommentare

  1. mir sind Buchbesprechungen auch viel lieber als besprochenes Wasser;-)

  2. „Allerdings: An der einen oder anderen Stelle hätte man sich etwas mehr Reflexion über die Grenzen gewünscht, die auch dem wissenschaftlichen Weltzugriff auferlegt sind.“

    Ja ne, ist klar.

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