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VHS: Viel hochgradiger Schwachsinn

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Da wir gerade beim Schweizer skeptiker-blog sind:

Heute listet Marko Kovic allerlei hahnebüchenen Unfug im Kursprogramm der Erwachsenenbildung Wallisellen auf – und stellt darob die Frage in den Raum:

Die Volkshochschule – ein Hort der Pseudowissenschaft?“

Es fällt zumindest schwer, das zu verneinen. Auch bei uns in Deutschland.

GWUP-Mitglied Michael Kunkel hat im Wahrsagerchecks-Blog letztes Jahr schon mal über „VHS-Esoterik“ berichtet, und auch im Esowatch-Blog findet sich etwas zum Thema.

PD Dr. Rainer Wolf vom GWUP-Wissenschaftsrat schrieb vor 15 Jahren sogar schon mal einen Beschwerdebrief an die Leitung der VHS Kitzingen und bot zugleich einen skeptischen Kurs an: „Alternativmedizin und Parawissenschaften, Esoterik und Okkultismus – Nichts als Selbsttäuschung und Aberglaube?“

Die Antwort des VHS-Verantwortlichen war – und ist – unglaublich und verdient es, für die Ewigkeit dokumentiert zu werden:

Da ich selbst zwischenzeitlich auf viele Jahre Erfahrung mit Astrologie, Homoeopathie, Bach-Blueten, Kinesiologie und Radiaesthesie zurückblicken kann und damit sehr viele positive Erfahrungen gemacht habe, kommen mir die Versuche, diese Themen in den Bereich des Aberglaubens ziehen zu wollen, reichlich albern vor. Als ob man mit „Experimenten“ „objektiv“ prüfen koennte, was Wirklichkeit und was Aberglaube ist.“

Ja, so sind sie, die Leute, die in unserem Lande für Bildung zuständig sind.

Wolf anwortete seinerseits mit ausführlichen Offenen Brief, der auch heute noch an nahezu jede Volkshochschule adressiert werden könnte:

Angesichts der aktuellen Esoterik-Welle, die von Dummheit und Ignoranz der Konsumenten gefördert wird, frage ich mich: Was ist eigentlich der Auftrag der Volkshochschulen, den sie mit Hilfe von Steuergeldern zu erfüllen haben?

Gesichertes, wissenschaftlich bestens begründetes Wissen, von welchen Disziplinen auch immer, aus Topf 1 weiterzugeben, oder unkritisch diversen esoterischen Unsinn aus Topf 2 unter das leichtgläubige „Volk“ zu bringen? Wenn Sie es für Ihre Volkshochschule bereits für untragbar halten, einen kritischen Vortrag als Gegengewicht gegen esoterische Fantasievorstellungen anzubieten, dann sehe ich unsere Steuergelder in der VHS Kitzingen gewaltig missbraucht.

Ich fasse zusammen: Gebiete wie Astrologie, Kinesiologie und Radiästhesie als gesicherte Erfahrungswissenschaften zu lehren, bedeutet eine systematische Verdummung der Bevölkerung. Ich bezweifle, dass dies mit dem Auftrag der Volkshochschulen zu vereinbaren ist.“

Dass sich nichts geändert hat, wird auch aus einem offiziellen Schreiben der Volkshochschulen in Bayern von 2009 deutlich, das sich rührend hilflos an einer „Klarstellung“ zu dieser Problematik versucht.

Seltsam nur, dass darin zum Beispiel die Homöopathie ernsthaft unter „allgemein anerkannten naturheilkundlichen Verfahren“ subsummiert wird.

Hat vermutlich eine Umfrage unter den Hörern und Kursleitern der VHS Kitzingen ergeben.

Zum Weiterlesen:

5 Kommentare

  1. Tja, das Problem der chronisch unterfinanzierten VHS. Was Geld bringt wird angeboten und wenn es der größte Schwachsinn ist. Schade, aber Nachfrage wird bedient

  2. Von den VHS ist man ja schon vieles gewohnt, auch dass Steuergelder für Pseudowissen verschwendet werden.

    In Österreich gibt es einen Verein, der sich PGA nennt, Prophylaktische Gesundheitsarbeit, die Auftraggeber sind unter anderem: Land Oberösterreich, Gebietskrankenkasse…hier werden Kurse samt Diplomen natürlich wie folgt angeboten:

    http://www.pga.at/nc/kurseausbildungstudium/listenansicht.html?tx_ewuseminare_pi1%5Bcat%5D=6&tx_ewuseminare_pi1%5Bblind%5D=1

    http://www.pga.at/kurseausbildungstudium/pga-akademie-linz.html

    Kinesiologie ist ohnehin von der Ärztekammer so gut wie anerkannt, da bekommt Arzt sogar Punkte!

  3. @ retiree: was Sie da beschreiben, zeigt nur, in welch einer Überflussgesellschaft (im besten Sinne des Wortes) wir heutzutage leben und wie verdammt gut es uns geht. Sonst hätten die meisten Menschen weder die Kraft noch das Interesse, sich mit solchem Nonsense zu befassen.

  4. mittlerweile ist wohl allseits bekannt,
    dass die VHS die Institution ist,
    über die Heilsversprecher jeder Coleur ihre Kundschaft erst anfixen.

    Die VHS ist das Einstiegsmilieu für Esoterik-Abhängige.

  5. Auch Anthroposophen verstehen es glänzend, die VHS für ihre Zwecke einzubinden: So fanden Anfang diesen Jahres mehrere Vorträge an der VHS Prien am Chiemsee statt, die sich allesamt Rudolf Steiner widmeten – das „Phänomen Steiner“ als „Künstler“, als „Wissenschaftler“ und – weil die katholische Kirche am Ort eine ernstzunehmende Größe ist – als „Christ“.

    Vor dem Hintergrund des 150. Geburtstags Steiners hat die dort ansässige „Freie Waldorfschule Chiemgau“ die Zusammenarbeit mit der „VHS Chiemsee e.V.“ gesucht und problemlos gefunden. Eine respektable kommunikative Leistung einer verhältnismäßig kleinen weltanschaulichen Bewegung – natürlich immer unter der Voraussetzung, daß nicht mehr überzeugt werden musste, wer längst in die gewollte Richtung Fahrt aufgenommen hat.

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