Nostradamus? Woher denn. Der Einzige, der immer schon gewusst hat, wie es enden wird, heißt … Peter Maffay!
Denn der besang schon 1982 den Vulkanausbruch auf Island – in einem Lied namens „Eiszeit“:

Berge spucken Lava aus
in den silberklaren Mond.
Aschenregen fällt auf uns,
die Erde hat Milliarden Volt.“

Nun ja, eigentlich geht es in dem Song um typische Kriegs- und Umweltängste der frühen 1980er-Jahre. Aber da irgendwie auch ein „Berg“ und „Lava“ darin vorkommen, hat die Bild-Zeitung ihren neuen Endzeit-Propheten gefunden. Allen Ernstes.

Und zur Sicherheit – falls das obige Verslein des Sofie-Rockers vielleicht doch nicht genügend Überzeugungskraft entfaltet – wird auch der echte Nostradamus mal wieder exhumiert: „Auch der bekannteste Zukunfts-Prophet sah die Katastrophe voraus“, blurbt das Blatt mit den großen Buchstaben. Und gemeinsam mit ihm tanzen noch zehn weitere Obskuranten auf dem Vulkan – von „Biophysiker Dieter Broers“ über den „Mysterien-Forscher Hartwig Hausdorf“ bis hin zum „Maya-Experten“ Walter-Jörg Langbein. Das übliche Panoptikum des Grauens also.
Demnach bricht entweder „das Innere der Erde zusammen“. Oder ein gewaltiger Terroranschlag steht bevor. Oder die Aliens kommen. Oder wir haben es mit unheilvollen „Geheim-Experimenten mit seismischen Waffen“ zu tun.

Na, dann bin ich ja beruhigt. Ich hatte schon befürchtet, „Frauen, die sich unangemessen kleiden“, seien für den Vulkanausbruch verantwortlich. Etwas in der Art jedenfalls halluziniert laut Spiegel-Online ein iranischer, äh, „Geistlicher“. Vielleicht habe ich mich auch verlesen und es muss „Geistesgestörter“ heißen.

Wie auch immer: Habe mal ein wenig in den Nostradamus-Schriften gestöbert, um jenen Vers zu finden, von dem es heute in der Bild-Zeitung nur heißt:

Die Prophezeiung sagt eine Giftwolke voraus, die über ganz Europa zieht. Sie soll zwei Drittel der Menschen in diesem Bereich töten.“

Mehr steht da nicht. Keine Quelle, nichts.
Nun ist es in der Tat so, dass einige Nostradamus-Deuter seit vielen Jahren mit einem Vers Panik schüren, der angeblich eine Giftgas-Katastrophe ankündigen soll:

Der Stinker zerstört die alte Stadt:
Man sieht die Sonne durch weiß-gelbliche Dämpfe,
während Genf, in Tränen und Verzweiflung,
über 7 Stunden nichts anderes macht, als zu schreien.
Viele Deutsche, noch mehr Schweizer tauchen in
den Geist der Stille und Ruhe ein!“

heißt es zum Beispiel auf der Seite von Ray Nolan. Wieder ohne konkrete Angabe, wo genau das bei Nostradamus zu finden sein soll.

Und das hat anscheinend seinen guten Grund. Denn eine solche Passage gibt es in den „Centurien“ nicht. Mit sehr viel Phantasie könnte man als Vorlage Vers 82 der neunten Centurie hernehmen:

Während der Überschwemmung und der großen Seuche
wird die große Stadt lange Zeit belagert werden.
Der Wachposten und die Wache werden im Handgemenge getötet.
Die Stadt wird plötzlich eingenommen, aber von niemandem verwüstet.“

Ich sagte ja: mit sehr viel Phantasie. Und auch nur deswegen, weil im altfranzösischen Original das Wort „pestilence“ in der ersten Zeile steht, woraus man eine wie auch immer geartete Giftwolke konstruieren könnte. Ansonsten bedeutete „pestilence“ damals sowohl „Seuche“ als auch ganz allgemein „Übel“ oder „Unglück“ oder „Unheil“.

Wie auch immer: Ich lege jetzt erst mal Musik auf. Vielleicht „Eiszeit“ von Ideal. Oder „Tanz auf dem Vulkan“ von Nena. Oder „Smoke on the water“ …

• Zum Weiterlesen: Der Vulkan und die Spinner bei Astrodicticum simplex