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Nostradamus und 2012

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Es sind zwar noch drei Jahre hin – dennoch beginnt heute die „Armageddon-Woche“ beim History Channel des Abo-Senders Sky. Nach dem magischen, aber folgenlos gebliebenen Datum 31.12.1999 nehmen die Weltuntergangspropheten einen neuen Termin ins Visier: den 23. Dezember 2012. Denn dann „endet“ ja bekanntlich der Maya-Kalender.

Dass das barer Unsinn ist, stand natürlich auch schon im SKEPTIKER zu lesen, hält aber Filme- und Geschäftemacher nicht davon ab, mit diffusen Ängsten ihren Reibach zu machen. Bei Sky gibt’s deshalb in den kommenden Tagen eine bunte Mischung aus Naturkatastrophen, den sieben Todsünden, apokalyptischen Szenarien – und eben Nostradamus. Der Renaissance-Pestarzt aus der Provence wird immer in den Zeugenstand gerufen, wenn’s um das Jüngste Gericht geht.

Doch immerhin erging diesmal auch eine Einladung an „den Pressesprecher der GWUP“, also an mich. Zu einem skeptischen Interview mit der sehr charmanten Moderatorin Joey Grit Winkler, das irgendwann diese Woche ein paar Mal gesendet wird. Worum ging’s?
Letztendlich um Nostradamus-Basics, die man aber nicht oft genug wiederholen kann (Transkription frei aus dem Gedächtnis):

„Was hat Nostradamus – seiner eigenen Meinung nach – dazu befähigt in die Zukunft zu sehen? Wird das irgendwo erklärt?“

Nostradamus hat sich sogar dagegen verwahrt, „Prophet“ genannt zu werden. Er selbst hat sich bloß als „Seher“ bezeichnet – und das darf man wohl durchaus im Wortsinn nehmen. Der französische Gelehrte war ein Mensch, der „sehen“ konnte – aber nicht in die Zukunft. Sondern jemand, der die Augen offen hielt und das beschrieb, was um ihn herum passierte. Nostradamus tat im Grunde nur das, was alle „Propheten“ zu allen Zeiten gemacht haben. Mit seinen Versen und seinen düsteren Prognosen wollte er seine Zeitgenossen aufrütteln, sie warnen und zum Handeln anregen.

„Sie sehen das Ganze also sehr kritisch. Aber es gibt genug Menschen, die sich für seine Unheils-Prophezeiungen begeistern und diese immer wieder neu auslegen. Woran, denken sie, liegt das? Was treibt Menschen dazu, sich mit dem Ende der Welt, wenn man so will, auseinanderzusetzen?“

Warum schauen Leute sich Horrorfilme an? Man will sich dabei seinen Ängsten und Befürchtungen aussetzen – sie aber nur aus zweiter Hand erleben, also nicht real.
Das ist auch verständlich, denn wir leben ja in einer Zeit, da man zumindest den Eindruck haben könnte, dass „alles immer schlimmer“ wird. Der Glaube, dass die Zukunft automatisch Verbesserungen bringt, ist uns wohl gründlich abhanden gekommen. Und viele Leute versuchen, sich durch intensive Beschäftigung mit Unheilsprophezeiungen und Weltuntergangsszenarien seelisch davor zu wappnen, was eventuell noch alles Schlimmes kommen könnte.
Das funktioniert aber nicht. Ängste kann man damit nicht bewältigen – sondern es werden bloß immer neue und noch schlimmere Ängste geweckt.

„Wer sich das Thema Weltuntergang immer wieder gern zu Nutzen macht, ist die Filmbranche. Zum Beispiel Roland Emmerich. Sein Film „2012“, der bald in die Kinos kommt, ist so ein Endzeit-Thriller. Denn 2012 endet der Maya-Kalender. Wird zu diesem Zeitpunkt auch ein großes Ereignis von Nostradamus vorhergesagt?

Der Maya-Kalender endet nicht, sondern er beginnt nach mehr als 5000 Jahren Zeitrechnung einfach wieder von vorne. Dass zu diesem Zeitpunkt irgendetwas Schlimmes passieren soll, hat sehr viel weniger mit den Maya zu tun als mit heutigen Deutern und Interpreten.
Was nun Nostradamus angeht: In seinen rund 1000 Vierzeilern finden sich nur sechs konkrete Jahreszahlen, und die letzte davon war 1999. Nostradamus hat absolut nichts zum Jahr 2012 gesagt. Was da derzeit in Zeitschriften und im Internet umgeht, sind reine Phantastereien.

„Hatte Nostradamus auch eine Vision vom Ende der Welt?“

Nostradamus schreibt im Vorwort zu seinen Centurien, dass seine Prognosen genau 3797 Jahre in die Zukunft reichen, von 1555 an. Nach Nostradamus steht der Weltuntergang also erst im Jahr 5352 an. Wie stellt er sich den vor? Ganz klassisch, könnte man sagen – also der Bibel entlehnt. Das Ende der Welt ist bei Nostradamus gleichbedeutend mit dem Anbruch des Gottesreiches.

„Gibt es Parallelen zwischen den verschiedenen Weltuntergangsszenarien?“

Das ist im Grunde die Parallele. Es geht immer um eine Zeitenwende, also um einen neuen Anfang. Das heißt: Die Welt, sowie sie ist, wird abgeräumt, und es beginnt ein neues Zeitalter des Friedens und der Glückseligkeit.

 Und dann waren die angesetzten vier Minuten auch schon rum.

Links zur „Armageddon-Woche“ bei Sky:

Zum Weiterlesen:

  • Bernd Harder: Nostradamus. Ein Mythos wird entschlüsselt. Alibri 2000.

7 Kommentare

  1. Kleine Anmerkung:

    Der Maya-Kalender begint Ende 2012 (ob am 21.12. oder am 23.12. – darüber gibt es verschiedene Meinungen) nicht von vorne, er wechselt einfach vom 12. ins 13. „Baktun“ (ein Baktun ist ein Zeitraum von ca. 400 Jahren). Das Zahlensystem der Maya war kein Zehnersystem wie bei uns, sondern sie rechneten (ebenso wie übrigens auch die Azteken, die Eskimos und die Kelten) mit einem 20er-System (nachzulesen in Georges Ifrah, Universalgeschichte der Zahlen, Campus-Verlag, 1991). Warum solten sie hier plötzlich bei „12“ abbrechen?

    In der so genannten „langen Zählung“ (die Maya hatten mehrere Kalender) ergibt sich also – rein rechnerisch – Ende 2012 ein Datum der Art 13.0.0.0.0.

    Man kann sich das sehr schön dort anschauen:

    http://www.art3w.de/37-0-Mayakalender-2009.html

  2. Schon mal was von selbst erfüllende Prophezeiungen gehört? Die Angst ist viel tiefer in der Gesellschaft verankert als auf den ersten Blick ersichtlich. Sie bestimmt uns tagtäglich. Vom einfachem Konsum (Werbung) bis Mobilisierung in Kriegszeiten. Selbst die Politik und dieser Blog hier sind davon durchsetzt …

  3. Leider werden wir nicht erleben können, ob 2012 die Welt endet – denn 2011 ist bereits alles vorbei!

    Jedenfalls, wenn es nach „Family Radio“ geht.

    Mit einer ziemlich kruden Herleitung wird das Jüngste Gericht auf den 21. Mai 2011 datiert, mit monatelangen Quälereien bis zum absoluten Ende am 21. Oktober. Dazu muss man zunächst mal glauben, dass Noahs große Flut genau am selben Datum im Jahre 4990 vor Christus begann.

    Jedem seinen Weltuntergang …

  4. Zwischen den 21 Dez und 23 Dez stehen ein paar Planeten in einer Reihe,also eine Konstellation,in nähe der Milchstraße. Was dann anders seien soll?, mal schauen. Es ist schon komisch wenn es aufs selbe Datum fällt und was ist dann mit dem Freiag den 13 2028?, da wird auch nichts passieren zum glück.:)

  5. Ich wuerde ja sagen ihr seid alle bekloppt und der mist ist einfach nur mist;-)

    Selbst wenn das wirklich so waere und er das gesagt hat muss es nicht so kommen! So was sind nur leitfaeden was solche leute sagen, die menschen sind selbst verantwortlich fuer das was sie tun!! Also, bloedsinn!!!
    Tschuess lg jenny

  6. ich ziehe resümee und sage : sowohl nostradamus, der maja-kalender, die bibel und die offenbahrung des johannes als auch erich von däniken und meine jahrelangen eigenen recherchen lassen einen schluss zu, der auch offen zu diskutieren ist ; ist es nicht möglich, dass, wenn alle faktoren gemeinsam betrachtet, eine solche apokalypse möglich ist. ich stelle nun bewusst meine eigene meinung in den hindergrund ( über die ich sicher stundenlang diskutieren könnte ) und frage alle hier anwesenden leser : ist es denn so unglaubwürdig was oft prophezeit wird ?
    gibt es nicht menschen, wie z.B. erich von däniken, die vielleicht doch recht haben mit ihren thesen?

  7. @Petra: Dann müssten Sie erst einmal genauer darlegen, was Sie mit *so einer Apokalypse* meinen, denn die „Prophezeiungen“ der Offenbarung, des Nostradamus, der Maya-Deuter etc. unterscheiden sich erheblich voneinander.

    Zweitens müssten Sie uns zumindest ein paar handfeste Anhaltspunkte für eine Diskussion geben, die über vage Möglichkeiten hinausgehen – indem Sie uns z.B. konkrete Beispiele für Ereignisse nennen, die nachweislich „prophezeit“ worden und nachweislich auch eingetreten sind.

    Auf der Ebene der *Tatsachen* (nicht der „Möglichkeiten“) ist Ihre Frage klar mit „nein“ zu beantworten. Denn ein Herr von Däniken z.B. redet nicht von „Möglichkeiten“, sondern er stellt konkrete Tatsachenbehauptungen auf. Und diese sind schlichtweg falsch bis vollkommen unsinnig, siehe zum Beispiel:

    http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2008/10/erich-von-daniken-gotterdammerung.php

    Auch die Nostradamus-Deuter (= Geschäftemacher) reden nicht von Möglichkeiten, sondern stellen Tatsachenbehauptungen auf, die kompletter Blödsinn sind. Zufällig habe ich gerade „Nostradamus entschlüsselt“ von Manfred Dimde neben mir liegen. Kleiner Auszug gefällig?

    Also: Seit 2010 leben wir im Dritten Weltkrieg, der durch die Ermordung von vier hochrangigen Staatschefs im November 2010 ausgelöst worden ist. 2002 ist die UNO auseinandergebrochen und hat sich in zwei Blöcke gespalten. 2011 gab es einen weltweiten verheerenden Einsatz von Chemiewaffen, der das Erbmaterial aller in dieser Zeit geborenen Kinder geschädigt hat. Etc.pp.

    Sie sehen selbst, dass das offenkundiger Schwachsinn ist.

    Was Sie auch sehen (müssten): Wir Skeptiker lasten diesen Schwachsinn nicht Nostradamus oder dem Maya-Kalender an – sondern den heutigen Deutern, die damit skrupellose Geschäfte machen, siehe zum Beispiel:

    http://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/10/2012-wer-verdient-am-weltuntergang.php

    Wenn man sich wirklich mit Nostradamus (oder dem Maya-Kalender oder der Offb. d. J. etc.) beschäftigt, merkt man sehr schnell, dass das ein interessantes Thema ist – es aber nicht im Geringsten um „Prophezeiungen“ oder Zukunftsvorhersagen dabei geht, siehe zum Beispiel:

    https://blog.gwup.net/2010/04/21/wie-analysiert-man-nostradamus-verse-teil-i

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