Schon mal vormerken: Am Halloween gibt’s nicht nur Grusel & Geist im Fernsehen, sondern auch einen echten Klassiker.
Das Vierte lässt am 31. Oktober (leider um 6 Uhr in der Früh) „Tarantula“ über den Bildschirm krabbeln – wohl der Monsterfilm der 1950er. Den hat sicher jeder schon mal gesehen, zumeist in jungen Jahren in den dritten Programmen.
Die Handlung: Ein Wissenschaftler experimentiert in der Abgeschiedenheit der kalifornischen Wüste mit Wachstumsbeschleunigern, um dem Hunger in de Welt mit eigens gezüchteten Riesenviechern ein Ende zu machen. In Glaskästen tummeln sich monströse Versuchstiere wie Ratten, Mäuse und Meerschweinchen – und eine Tarantel von der Größe eines Schäferhundes. Bei einem Laborbrand entkommt die Spinne.
Kurz darauf häufen sich mysteriöse Todesfälle in der Gegend, und immer findet der Sheriff ganze Pfützen von Insektengift bei den Opfern.
Als das Ungeheuer auf die Größe eines zehnstöckigen Gebäudes angewachsen ist und sich auf seinen acht Beinen der Stadt nähert, greift das US-Militär ein und gibt „Tarantula“ mit Napalm so richtig Feuer (als Bonus gibt’s Clint Eastwood in einer seiner ersten Filmrollen als Kampfpilot zu sehen).
Echt horribel.
Die beste Szene: Vorm Schlafengehen wird die hübsche Assistentin des Professors durchs Fenster von der Monster-Tarantel beobachtet. Die riesigen Spinnenaugen funkeln tückisch, die Mundwerkzeuge mahlen bedrohlich …
Eine schaurige Vorstellung – und zum Glück nur in der Phantasie von Filmemachern möglich.
Zwar löste „Tarantula“ eine wahre Welle von Filmen aus, in denen unscheinbares Kleingetier wie Ameisen, Heuschrecken und Gottesanbeterinnen durch radioaktive Mutation oder wissenschaftliche Nachhilfe den Menschen von der Spitze der Nahrungskette verdrängten; in der Wirklichkeit aber sind dem Wachstum von Insekten sehr enge Grenzen gesetzt.
Da ist zum einen der Chitinpanzer der Insekten und Spinnentiere. Je größer die Tiere werden, desto stabiler muss der Panzer werden, um nicht zu brechen. Bei Ausmaßen von einem oder mehreren Metern wäre das Gewicht dieses Panzers derart groß, dass er seinen Besitzer erdrücken würde.
Der zweite limitierende Faktor ist das Atemsystem, das bei Insekten und Spinnen relativ ähnlich funktioniert. Es basiert nicht – wie beim Menschen – darauf, dass der Sauerstoff vom Blut schnell und effizient im Körper verteilt wird. Stattdessen haben Insekten und Spinnen ein weit verzweigtes Röhrensystem, die so genannten Tracheen, die vom Außenskelett zu allen inneren Organen ziehen, wie die Röhren einer Klimaanlage.
Die Tracheen sind zwar halbwegs flexibel, aber ohne Muskulatur. Und deshalb erlauben sie keine aktive Atmung, etwa in Form von Muskelkontraktionen, die Sauerstoff „pumpen“.
Das wiederum bedeutet: Das Tier ist darauf angewiesen, dass sich die Luft weitestgehend selbständig im Tracheensystem verteilt und den Organismus mit Sauerstoff versorgt. Eine Spinne etwa, die plötzlich abnorm wachsen würde, kann über dieses System nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden und würde einfach ersticken.
Die kritische Grenze dürfte schon bei schlappen 30 bis 40 Zentimetern erreicht sein.
Zum Weiterlesen:
- Bernd Harder: Der anschmiegsame Duschvorhang. Alltagswissenschaft vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Droemer Knaur 2007
19. Oktober 2009 um 17:30
Äh… 30 – 40 cm!? Also wenn einem so ein Brocken Morgens auf dem Kopfkissen hockt, würde ich schon ein ganz klein bißchen panisch reagieren.
20. Oktober 2009 um 16:33
„radioaktive Mutation“ … sind Mutationen radioaktiv?
Müsste es nicht eher heißen, durch Radioaktivität oder Bestrahlung mit … verursachte Mutationen? Oder gibt es tatsächlich radioaktive Mutationen? Gehört oder gelesen habe ich davon noch nicht.
20. Oktober 2009 um 19:31
@dulsberg-nord: Kann ich gut nachvollziehen – zumal jetzt der Klimawandel schafft, was die Radioaktivität nicht konnte.
@cas: Danke für den Hinweis. Sprachlich ist das in der Tat gewiss richtiger – aber was soll ich machen, meinem GWUP-Chef sind meine Bloggings auch so schon „zu sperrig“ …
21. Oktober 2009 um 14:33
Und schon wieder so ein neues Riesenviech:
Welt.de: Neue Riesenspinne auf Madagaskar entdeckt
21. Oktober 2009 um 19:22
Naheliegende Information zum Thema findet sich auch in dem Artikel „The Biology of B-Movie Monsters“ von Michael C. LaBarbera.
Viel Spaß bei der Lektüre!
31. Oktober 2009 um 21:23
Ist zwar im Kontext nicht sooo doll wichtig, aber „Tarantula“ löste KEINE Welle von Filmen aus, sondern gehörte selbst zu einer Welle.
Chronologisch: Die 1952er Wiederaufführung von „King Kong“ führte 1953 zu „Beast of 20.000 Fathoms/Panik in New York“ (Saurier), der 1954 wiederum einerseits zu Godzilla führte, andererseits zu „Them/Formicula“ (Riesenameisen). Erst danach kamen Taranteln, weitere Spinnen, Heuschrecken, Gottesanbeterinnen, Spitzmäuse usw. usw.
12. Januar 2010 um 15:37
Und noch ’ne echte Riesenspinne entdeckt:
Welt.de (12.10.2010): Biologie: Riesenspinne in israelischer Wüste aufgespürt