Heute möchten wir nur mal kommentarlos zwei aktuelle Medienberichte gegenüberstellen:
Bei Telepolis schwurbelt ein Autor über „Autoritäre Wissenschaft und das Recht auf Placebo-Medizin“:
Warum sollen die Betroffenen […] nicht selbst darüber entscheiden dürfen, wessen Hilfe sie in Anspruch nehmen?“
Parallel dazu berichtet der Kurier über den Tod eines zweijährigen Kindes nach homöopathischer Nicht-Behandlung: „Jakob starb. Haft für Eltern und Arzt“:
Der Arzt bekannte sich nicht schuldig. Er sei nur seinem Auftrag zur homöopathischen Behandlung nachgekommen. Bei der Obduktion zeigte sich, dass Jakob an einer schweren Lungenentzündung mit Verwachsungen gelitten hatte.“
Zum Weiterlesen:
- Wer heilt, hat Recht? Falsch! GWUP-Blog am 25. Februar 2010
- Wer heilt, hat Recht? Teil I, GWUP-Blog am 31. August 2010
- Wer heilt, hat Recht? Teil II, GWUP-Blog am 9. September 2010
- What’s the harm? Esowatch-Blog am 15. September 2011
16. September 2011 um 20:03
und immer wieder dieses „wer heilt, hat recht“. ich kann es langsam nicht mehr hören.
ich finde, man sollte diesbezüglich mal den spieß umdrehen und sagen: wer heilt, hat recht, genau! medizin ist das, was erwiesenermaßen heilt. dinge wie homöopathie heilen nicht – was heilt, ist allemal der placeboeffekt – und gehören eben darum nicht zur medizin.
seltsam auch, dass sich diese leute scheinbar unter der „wissenschaftlichen methode“ vorstellen. viele scheinen zu glauben, dass es sich dabei um irgendeinen quasi-magischen geheim-firlefanz handelt, der willkürlich festlegt, was die wahrheit ist und was nicht. ich weiß von einigen leuten aus persönlichen gesprächen, dass die etwas in der art glauben.
auch ich als nichtwissenschaftler kann nach lektüre von ein paar wikipedia-seiten erkennen, worum es geht, nämlich im wesentlichen darum, dass täuschung und selbst-täuschung möglichst ausgeschlossen wird. warum ist das für einige leute so schwer zu verstehen?
grade in diesem punkt ist echt viel aufklärung nötig. solange die leute glauben, dass wissenschaft das ist, was entsteht, wenn man einen weißen kittel trägt, oder dass wissenschaftliche wahrheit in einer art geheimem hexenzirkel willkürlich entschieden wird, werden sie auch nicht verstehen, warum wissenschaftliche belege aussagekräftiger sind als anekdoten oder vermutungen.
16. September 2011 um 20:04
Danke!
deutlicher kann man „kommentarlos“ gar nicht werden!
16. September 2011 um 23:49
An dieser tragischen Geschichte ist meiner Ansicht nach gut zu erkennen, was viele Menschen in die Arme von Scharlatanen treibt. Im Kurierartikel scheint ein Mangel an Kommunikation von Seiten der Mediziner durch. Die Eltern haben sich und ihre Sorgen offenbar nicht ernst genommen gefühlt(!) und sind so bei einem Qacksalber gelandet, der es besser hätte wissen müssen. Dessen Ausbildung und Verstand ihm hätten klar machen müssen, dass man ein SCID nicht mit Placebomedizin behandeln kann. Seine Aufgabe wäre es gewesen, den Eltern das Vertrauen in die Medizin wiederzugeben und ihnen einen Weg zurück zu zeigen, den sie hätte gehen können. Dieser Veranwortung ist er nicht gerecht geworden. Dieser Verantwortung werden viele nicht gerecht.
Doch auch der „Medizinbetrieb“ hat eine Verantwortung. Er muss die Menschen ernst nehmen. Wenn wir uns geborgen fühlen, vertrauen wir, nicht wenn der Mensch vor uns fachlich ein Genie ist. ÄrztInnen müssen sich den Teil ihres Berufes wieder zurückholen, der ihnen im Rahmen von Reformen und Reförmchen und Durchökonomisierung genommen wurde: Das Gespräch, die Anamnese.
Solange weiterhin viele Menschen an Homöopathie (und den ganzen Rest) glauben, hilft nur, das Netz mit Fakten zu füllen, die dem entgegenwirken.
Aufklärung ist in dem Fall die beste Medizin.
17. September 2011 um 08:47
Wir leben in einer freien Gesellschaft, mehr oder weniger, daher gilt:
Lehrfreiheit, Freiheit der Wissenschaft, also auch Freiheit der Therapie…
In der Freiheit der Therapie liegt das Geheimnis vieler „alternativ“ behandelnder Ärzte und sonstiger …tane.
Die Verträge mit den Krankenkassen beinhalten einen klaren Leistungskatalog von zumeist wissenschaftlich anerkannten Methoden, was allerding ein Arzt als Therapie letztendlich empfiehlt und durchführt hängt von der jeweiligen Diagnosemethode ab, und steht, wenn abstrus nicht auf dem Abrechnungsblat in Form eines Codes.
Daher sollten die Krankenkassen ihre Partner sehr sorgfältig aussuchen, doch wie es scheint geht der Zug in eine andere Richtung,vermutlich aus kurzsichtigen Kostengründen, auf längere Sicht wird es sehr teuer werden, oder ganz einfach die Mortalitätsrate steigen, bringt ebenso eine budgetäre Entlastung, ganz real.
17. September 2011 um 15:22
Was der Autor des Artikels scheinbar nicht verstanden hat: die Menschen werden nur scheinbar vor eine Wahl gestellt. Eine Placebo schließt doch die informierte Entscheidung von vorn herein aus, denn wenn ich weiß, dass die Pille die ich nehme keinerlei Wirkung hat, außer eine Eingebildete, dann hätte ich sie ja gar nicht nehmen brauchen. Der Patient glaubt also, er nehme etwas, das ihm hilft. Das ganze erinnert ans Hütchenspiel, nur unter einem der Hütchen ist Wirksamkeit und Homöopathen machen den Unwissenden immer das falsche schmacksam.
19. September 2011 um 09:07
@ Johannes: so einfach ist es nicht, mit dem Umdrehen. Die Esos verstehen unter „Heilen“, wie denn sonst, etwas ganz Eigenes, nämlich ‚Wiederherstellung des Zustandes vor der Krsnkheit‘. In vielen Fällen ist sdiers ja möglich, in anderen nicht – Blinddarm ist nun mal weg, Karies nicht rückgängig gemacht, sondern gestoppt, Diabetiker medikamentös eingestellt usw.
All dies, einschließlich des Umstandes, dass der besagte Diabetiker ein halbwegs normales Leben führen kann, lehnen die Esos ab und bezeichnen es als „Behandeln“, was in ihrer eindimensionalen Welt der Schwingungen als grobe Abwertung gilt.
Wird dann medizinisch doch eine Heilung einer Krankheit erreicht, wird der Torpfosten von den Esos sofort verschoben.
Die Esos wollen ein magisches Zurückdrehen der Zeit, was ja in unserem Universum bislang nicht geht. Und bei der besagten akuten Blinddarmentzündung rennen sie dennoch zur Notfallambulanz der pösen pösen „Schulmedizin“ und lassen sich mit Mitteln der Pharmamafia in Vollnarkose versetzen…
Das ist das eigentlich Schizophrene an dem verqueren Weltbild der Eso-Jünger.
28. September 2011 um 00:02
Hier noch ein schöner Beitrag zum Thema Placeboeffekt: http://www.laborjournal.de/wordpress/?p=3472
aus dem Laborjournal