Um 11.30 Uhr wurde in Frankfurt der rote Knopf gedrückt (den der Deutsche Konsumentenbund eigens angefertigt hatte) – und die beiden neuen Internet-Präsenzen des Informationsnetzwerks Homöopathie (INH) waren online:
Die Netzwerkseite richtet sich an die breite Öffentlichkeit:
Daneben gibt es mit der Homöopedia ein Fachlexikon, das zentrale Begriffe der Homöopathie erklärt und aus kritischer Sicht bewertet:
Beide Portale werden kontinuierlich erweitert.
In einem aktuellen Beitrag schreibt die Online-Ausgabe der Deutschen Apotheker Zeitung:
Wir hoffen, dass wir Patienten erreichen, die bisher oft nicht wussten, was Homöopathie eigentlich ist“ [erklärt die die Netzwerk-Koordinatorin Dr. Natalie Grams]. Zwar schwörten laut einer Umfrage 80 Prozent der Befragten auf Globuli, doch nur 17 Prozent wüssten, wie Homöopathie funktionieren soll.“
Zum Weiterlesen:
- Neue Portale informieren kritisch über Homöopathie, DAZ.online am 5. April 2016
- Homöopathie heilt nicht, Bayern 2 am 5. April 2016
- Homöopathie: Zwischen ganzheitlicher Medizin und Quacksalberei, Huffington Post am 5. April 2016
- Homöopathie verstehen (3): Wasser, das sich erinnert, Christian Buggischs Blog am 5. April 2016
- Einfach mal abwarten, Süddeutsche am 31. März 2016
5. April 2016 um 20:31
Weiterhin viel Erfolg.
Ich lach mich schlapp, dass Frau Bajic vom DZVhÄ sich nicht zu schade ist, hinter der Seite eine Kampagne gegen Integrative Medizin zu vermuten. Noch lustiger finde ich das Argument, die Skeptiker sollten sich mal entscheiden, ob sie Anekdoten nun gut finden oder nicht.
Köstlich. Liebe Frau Bajic,
die Skeptiker haben die Fakten auf ihrer Seite und Homöopathen kommen meist nur mit Anekdoten, nun rüsten wir mit Anekdoten nach.
Das macht man so in der Kommunikation. Aber unsere Variante ist die seriösere ;-)
Wir haben die Fakten, Sie nur Anekdoten. Bald haben wir Fakten und Anekdoten. Dann haben Sie zwar noch ein marketingoptimiertes Image…
aber warten wir mal ab, wenn der Lutschzucker erst mal keiner Apothekenpflicht mehr unterliegt ;-)
5. April 2016 um 20:34
@Skeptikus:
Darum geht es auch in dem DAZ-Artikel:
<< In einer Stellungnahme zu der kritischen Initiative hatte der Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) kritisiert, dass mit zweierlei Maß gemessen werde: Die Vereinsvorsitzende Cornelia Bajic zeigte sich erstaunt, dass Homöopathiekritiker Einzelfälle anführen, sie sie ansonsten als anekdotische Beweisführung ablehnten – und vermutete eine Kampagne gegen die „integrative Medizin“. „Wir wollen mit diesen Fällen nichts anderes machen als zu zeigen, dass die positiven Anekdoten nicht die einzigen sind“, entgegnet Grams. Wenn eine homöopathische Behandlung keinen positiven Ausgang nimmt, würden Patienten ihrer Erfahrung nach nur ungern darüber reden. „Schwere Fälle werden von den Patienten oft mit Scham und Schuldgefühlen wahrgenommen, als dürfte man nicht negativ über Homöopathie sprechen“, sagt die Medizinerin. <<
6. April 2016 um 10:27
Ein großer roter Knopf um eine Website Online zu stellen?
Homöopathen (& Journalisten) mögen es glauben, die glauben ja jeden Unsinn.
:-)
6. April 2016 um 11:51
Ja, lustig: Nur die Homöopathen dürfen unwissenschaftlich argumentieren, wir nicht. Schon klar. Was bleibt einem denn da außer Humor?
Man hätte daran denken können, ein Bingo vorzubereiten, mit welcher Art Argumenten die beiden neuen Seiten seitens der Homöopathen willkommen geheißen werden. Wörter und Satzfragmente wie „Kampagne“, „Pharmalobby“, „aber sie wirkt doch (fußaufstampf)“, „wer heilt etc“ hätte ich da gern schön zentral auf meinem Zettel, „sachlich/fachlich“ eher nicht so.
Beide Webseiten sind streng sachlich formuliert und völlig ironiefrei, die Homöopedia zudem mit zahlreichen Belegstellen für jede Tatsachenbehauptung. Ein „das stimmt doch alles gar nicht“ dürfte bei weitem nicht reichen, alldem auf der fachlichen Ebene entgegenzutreten, und ein „ihr versteht doch gar nichts von Homöopathie, ihr habt die Ausbildung ja gar nicht, ihr könnt da gar nicht mitreden“ schon gar nicht.
6. April 2016 um 16:40
Ein großes Lob an alle Beteiligten. Dieses Netzwerk hat sich in Rekordzeit formiert, Resonanz in den Medien erzeugt und jetzt schon eine Menge bewegt. Endlich gibt es ein ernstzunehmendes Gegengewicht zu den allgegenwärtigen Zaubermedizin-Märchen.
Danke und viel Erfolg.
6. April 2016 um 18:46
Erst einmal Gratulation, ich wünsche dem Unterfangen viel viel Erfolg.
Beim Hören/Lesen des Bayern 3 Artikels bin ich einmal mehr über eine Sache gestolpert, hier war es die Tollkirsche. Vieleicht kann ja jemand meine Frage beantworten.
1. Die Tollkirsche ist giftig, unverdünnt sollte man sie nicht einnehmen.
2. Die Homöopathen verdünnen die Tollkirsche, man vergiftet sich nicht mehr.
Die sich ergebende Frage: Durch die Potenzierung soll die Arznei an Wirksamkeit gewinnen. Das hieße doch, eine D200 Potenz Tollkirsche wäre absolut letal. Wie ist hier das Erklärungsmuster der Homöopathie?
7. April 2016 um 11:56
@kdm:
<< Ein großer roter Knopf um eine Website Online zu stellen? << Feinstofflich ...
7. April 2016 um 17:44
@Ich
Das ist´ne garnicht so einfach zu beantwortenden Frage.
Ich versuch´mal, die verschiedenen Aspekte in die Reihe zu bringen:
1. Die „geistartige Arzneikraft“, die homöopathische Arzneien so unwiderstehlich gut macht, entwickelt sich erst beim Potenzieren – und zeigt sich in ihrer vollen Schönheit dann, wenn so richtig kräftig potenziert wurde. Bevor man´s also nicht potenziert hat, weiß man im Grunde nicht, welcher Art die Arzneikraft des ausgewählten Gewölles eigentlich ist.
2. Allerdings – Rückschlüsse darauf, welche Effekte die Arzneikraft hat, lässt sich durch noch soviel Überlegungen nicht aus der Ursubstanz ableiten – sagt Hahnemann im Organon in § 20:
“Diese im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige Kraft, Menschenbefinden umzuändern und daher Krankheiten zu heilen, ist an sich auf keine Weise mit bloßer Verstandes-Anstrengung erkennbar; bloß durch ihre Aeußerungen beim Einwirken auf das Befinden der Menschen, läßt sie sich in der Erfahrung, und zwar deutlich wahrnehmen.”
Heißt also, Belladonnas geistartige Arzneikraft kann ganz anders sein, als die bekannte grobstoffliche.
Um dahinter zu kommen, braucht´s „Erfahrungen“!
Wir müssen prüfen. An Menschen.
Nun ist es ja nicht besonders toll, an kranken Menschen zu prüfen, denen geht´s ja ohnehin nicht gut – und wenn man nicht einmal einen Hauch einer Ahnung hat, wohin sich die Sache bewegt, wer weiß, was da alles passieren kann…
Aber, Halluja!, wir haben das Simile-Prinzip, und das bedeutet bekanntlich, wir prüfen an Gesunden, erzeugen dort dann eine Kunstkrankheit – und zack, wissen wir, welche Symptome, die bei Kranken zu finden sind, geheilt werden können.
Was dann bei den Arzneimittelprüfungen an Symptomen herauskömmet, ist nicht selten äußerst erstaunlich. Und vielfältig. Außerordentlich vielfältig; manchmal sind´s hunderte Symptome, manchmal, bei den sogenannten Polychresten, auch ein paar Tausende. Mit ein bißchen Glück findet da jeder etwas passendes.
Das Erstaunliche ist übrigens, dass manche Arzneimittelbilder ziemlich genau die Wirkung beschreiben, die das Gewölle auch ohne Entwicklung der Arzneikraft hat, also grobstofflich quasie.
Ich frage mich dann jedesmal, ob die Prüfhomöopathen versehentlich nicht mit einer Potenz, sondern mit der Ursubstanz geprüft haben, oder ob sich da ein ganz fauler Sack den ganzen Aufwand mit der Prüferei gespart hat, und einfach das übernahm, was man ohnehin schon über den Kram wusste. Es kann natürlich auch sein, dass das alles nur komische Zufälle sind.
Aber wenn ich mal in eines unserer Lehrbücher zur Toxikologie schaue, wundere ich mich immer wieder, wenn ich z.B. unter dem Stichwort „Atropinvergiftung“ praktisch das gesamte homöopathische Arzneimittelbild von Belladonna finde – was natürlich auch daran liegen kann, dass hier „grobstofflich“ und „feinstofflich“ identisch ist. Das passt dann zwar nicht mehr mit dem Simile-Prinzip zusammen, aber ich komme vom Thema ab…
Es ist natürlich richtig, falls man die Homöopathie und ihre Arzneimittelbilder ernst nimmt, sich zu fragen, was so ein Mittelchen alles anrichten kann, wenn es nicht auf einen Kranken und seine Symptome trifft, sondern auf einen Gesunden, beispielsweise auf´s Kleinkind mit Vorliebe für Süßes. Denn nach den eisernen Gesetzen der Homöopathie ereignet sich dann eine „unfreiwillige Arzneimittelprüfung“, vor der Homöopathen immer wieder eindringlich warnen.
Schließlich hat der große Meister im § 276 des Organons verkündet:
„Allzu große Gaben einer treffend homöopathisch gewählten Arznei und vorzüglich eine öftere Wiederholung derselben, richten in der Regel großes Unglück an.(…)“
Homöopathie ist also saugefährlich. Vor allem für Gesunde.
Und auch natürlich auch für Kranke, bei denen der verordnende Homöopath bei der Mittelauswahl einen schlechten Tag hatte. Die haben jetzt nicht nur ihre eigene Misere, sondern auch noch, zu allem Überfluss, ´ne Kunstkrankheit an der Backe.
Aber bevor jetzt jeder in Panik ausbricht: Einige Massenversuche mit einer enormen Zahl heroischer Teilnehmern, die sich jede Menge besonders starker homöopathischer Arzneien mit besonders gefährlicher Wirkung eingeworfen haben, zeigten überzeugend, dass das Problem mit den unfreiwilligen Arzneimittelprüfungen möglicherweise überbewertet wird.
Und warum das so ist, das hat uns der Samuel in den §§ 259 und 260, vor allem in der Fußnote zu § 260 erklärt: Wir Nichthomöopathen betreiben durch unser aus homöopathischer Sicht unziemliches Leben soviel Prophylaxe, dass wir uns nicht fürchten müssen.
(http://www.homeoint.org/books4/organon/org260.htm#p260)
Deshalb: Auch wenn Belladonna D200 eine wahre Killerarznei ist – wir sind gerüstet.
8. April 2016 um 11:51
@theskeptator
Danke, das tut gut. Und Du bist natürlich willkommen, für uns zu schreiben, die Strecke ist noch lang.
Und auch allen anderen danke für den Zuspruch.
Eine Hilfe, auf die wir u.a. angewiesen sein werden – bei weiterem Wachstum insbesondere der Homöopedia – sind Verlinkungen nicht nur auf unsere beiden Sites als solches, sondern auch direkt auf die Begriffe. Immer wenn z.B. irgendwo über Sinn und Unsinn des Potenzierens debattiert wird –> http://www.homöopedia.eu/index.php/Artikel:Potenzieren.
8. April 2016 um 15:08
@excanwahn
Ich wundere mich immer wieder wie die angenommene „feinstoffliche“ Wirkung als Globuli unabhängig von der „grobstofflichen“ Aufnahme ist.
– Dämpfe/Gase in den Augen beim Zwiebelschneiden führt zu den Symptomen die Allium cepa Globuli behandeln sollen
– Arnica montana Globuli sollen die gleiche Wirkung haben wie Arnika als als Creme oder Tinktur (wo ist da eigentlich das simile Prinzip)
– Kalium bichromicum C30 Globuli in der Frass COPD Studie sollen bei einer Kranheit helfen, deren Symptome denen von inhaliertem Kaliumdichromat gleichen
…
9. April 2016 um 07:49
@FrankM
Ihre Worte:
„Ich wundere mich immer wieder wie die angenommene “feinstoffliche” Wirkung als Globuli unabhängig von der “grobstofflichen” Aufnahme ist.“
Nicht nur Sie, FrankM, nicht nur Sie.
Aber der ganze metaphysische Brei aus Grob- und Feinstofflichkeit, aus gestörter Lebenskraft und geistartiger Arzneikraft etc. ist voller Widersprüche und Ungereimtheiten.
Nicht ohne Grund hat der quasiegöttliche Samuel seinem Unfug durch den § 20 des Organons einen grundsätzlichen Persilschein erteilt, indem er sagt: Versucht garnicht erst, hinter die großen Geheimnisse zu kommen. Es ist alles so, wie ich sage, macht es mir nach! Den Effekt seht ihr bei Patienten!
Dass so etwas Guru-Attitüde par excellence ist, sei nur am Rand erwähnt, vor allem ist es ein Klassiker der Selbst- und Fremdtäuschung: Das Phänomen, das ich behaupte, kann ich zwar nicht belegen, aber ich erkläre einen beliebigen Effekt als durch das Phänomen verursacht. Und immer wenn der Effekt auftritt, ist das belegbare Phänomen bewiesen.
Und die intelektuell narkotisierte Globuli-Gemeinde nickt ergeben: Ja, Meister, groß sind Eure Worte und Gedanken!