Mit den besten Empfehlungen:
In Australien ermittelt die Polizei im Todesfall eines siebenjährigen Jungen, der nach einem „alternative medicine workshop“ des chinesischen Heilers Hongchi Xiao verstarb – in Deutschland rühren Xiao’s Anhänger die Werbetrommel für dessen bevorstehende Deutschland-Tournee.
Hongchi Xiao soll als Investbanker an der Wall Street und in Hongkong gearbeitet haben, ehe er sich dem Studium der „Traditionellen Chinesischen Medizin“ verschrieb.
Er propagiert zwei Selbstheilungsverfahren namens „Paida“ und „Lajin“, die auf dem Abklopfen des Körpers und dem Dehnen der Gliedmaßen basieren.
Dadurch sollen die Schwingungen des Körpers synchronisiert und die Meridiane geöffnet werden.
Unprosaischer formuliert es die Forschergruppe Klostermedizin bei Facebook:
Zu Xiaos Therapie gehört es, den Körper zu schlagen, um dadurch „Gifte“ zu lösen und auszuleiten. Schmerzen und Blutergüsse seien hierbei ein Zeichen, dass noch „Gift“ im Körper vorhanden sei. Nicht selten komme es bei den Behandelten zu Erbrechen.“
Tatsächlich sind auf Fotos von Teilnehmern der „slapping therapy“ großflächige Hämatome zu sehen, zum Teil wie nach einer Auspeitschung.
Nach einem Wochenseminar von „Master Xiao“ in Hurstville (New South Wales, Australien) ist der sieben Jahre alte Aidan Fenton gestorben. Der Junge war Diabetiker.
Einem Bericht des Daily Telegraph zufolge untersucht die Polizei, ob der Junge auf Anweisung des „Heilers“ mehrere Tage lang fasten musste und möglicherweise auch auf sein Insulin verzichtet hat:
Police are now investigating if the “healer” advised his parents to take Aidan off insulin and instead encouraged alternative therapies to treat him, including massages and slapping.“
Hongchi Xiao hat Australien mittlerweile wieder verlassen.
In einem Interview mit der Zeitung The Hindu erklärte der TCM-Proponent:
At my workshops, people presented with all kinds of problems. After working with them, I learnt that diabetes, hypertension and many other problems got cured.“
Offenbar ist Xiao überzeugt davon, Diabetes mit „Paida“ und „Lajin“ kurieren zu können.
Das Online-Portal mamamia schreibt:
He was also fined in 2011 for promoting “folk medicine practices” and claimed “diabetics could be cured after seven days of slap massage.”
Women’s cancer is caused because of unhappy marriages.“
Self-Healing Seminars & 1-Day Workshop in 3 German Cities“
an.
Die Auftritte sollen an der TU Dortmund (12. Mai), an der VHS Heilbronn (19. Mai), in Hamburg (21. Mai) und in Bad Salzhausen (24. – 30. Mai) stattfinden.
Zu dem „Gesundheitscamp“ im Kurhaushotel Bad Salzhausen heißt es auf Hongchi Xiao’s Homepage:
After this intensive week you will go home as newly born.“
Das könnte man im Hinblick auf den Tod von Aidan Fenton durchaus als zynisch empfinden.
Zum Weiterlesen:
- Sydney boy Aidan Fenton attended ’slapping‘ workshop before his death, The Syndney Morning Herald am 1. Mai 2015
- A boy is dead after a week of alternative therapy treatments, mamamia am 1. Mai 2015
- Aidan Fenton, 7, was made to fast before ‘slapping therapy’, then he vomited and died, Daily Telegraph am 1. Mai 2015
- What happens at a slapping workshop? BBC am 1. Mai 2015
- Schwanger werden mit Fledermauskot? Traditionelle Chinesische Medizin und biogene Arzneimittel, GWUP-Blog am 1. Mai 2015
- China Exclusive: Quacks popularity reflects people’s anxiety about health, English.news.cn am 7. September 2012
- What’s the harm? An Australian child dies while undergoing a particularly cruel form of quackery, Respectful Insolence am 1. Mai 2015
2. Mai 2015 um 00:36
du lieber Himmel, wie masochistisch sind die denn 0.o
2. Mai 2015 um 00:40
Bei Respectful Insolence gab’s heute auch einen Eintrag dazu, in Orac-typischer Manier sehr ausführlich und mit Video: What’s the harm? An Australian child dies while undergoing a particularly cruel form of quackery, http://scienceblogs.com/insolence/2015/05/01/an-australian-child-dies-while-undergoing-a-particularly-cruel-form-of-quackery/
2. Mai 2015 um 13:14
So, Anfrage ans Rektorat der TU Do ist raus. Da ich dort mindestens eine Person etwas näher kenne, bin ich mal gespannt.
2. Mai 2015 um 18:19
Nachtrag: einer ersten inoffiziellen Reaktion zufolge ist das Rektorat zumindest nicht zur Gänze informiert, was im „Begegnungszentrum“ der TU so für Veranstaltungen laufen, und wenigstens zu einem Teil auch nicht sehr begeistert von der konkreten Veranstaltung im Mai.
Ob sich der Vortrag aber noch tatsächlich verbieten lässt, ist meiner Meinung nach unsicher, immerhin wird da ein förmlicher Vertrag existieren und im Zweifelsfall werden sogar Schadenersatz-Forderungen der Veranstalter im Raum stehen.
Es ist auch nicht der erste Vortrag, sondern laut Titel ja der dritte (und ich habe Archiv-Links zu mind. einer Veranstaltung 2010 gefunden, also ist das plausibel).
Das Rektorat kann aber schlimmstenfalls die entsprechenden Abteilungen anweisen, in Zukunft keine Seminare zu Gesundheitsthemen mehr in dieser Form zuzulassen. Wenigstens das wird hoffentlich getan werden.
Aber wir werden sehen, was sich ergibt.
2. Mai 2015 um 20:54
Merkwürdig.
Ich hab mich krummgegoogelt wegen der VHS Heilbronn, aber bis auf die Facebook-Ankündigung (https://www.facebook.com/lajinpaidadeutschland/timeline?ref=page_internal), Euer verlinktes PDF und dasselbe auf der Teeladen-Seite (http://www.teeladen-heilbronn.de/Vortrag-ueber-Klassische-Chinesische-Medizin:_:100.html) habe ich bei der VHS-Site keinen einzigen Hinweis auf diese Veranstaltung gefunden.
Ob das überhaupt stimmt, und/oder ob die VHS Heilbronn weiß, zu welchem Zweck sie ihre Räume hergibt – ich habe via Mail angefragt. Mal schauen.
3. Mai 2015 um 18:01
In Bad Salzhausen kostet das Ganze 750 Euro.
Man könnte meinen wenn jemand blöd genug ist so viel zu zahlen…?
Das Problem ist daß die Summe gar nicht so hoch ist wenn man unter Druck ist und flüssig genug.
Wenn man sich aber mal breitschlagen hat lassen zu zahlen, dann ist es sehr schwer sich einzugestehen daß das alles Schmarrn ist – das Zahlen selbst wirkt ein bißchen wie ein Ritual das das Denken abschaltet.
Die Betreiber provitieren dreifach: durch das Geld selber, durch die Gehirnwäsche, die beim Kunden ausgelöst wird und durch das Filtern, durch welches man sich Kritiker vom Leib hält – wer zahlt schon um das ganze dann zu kritisieren?
Eigentlich müßte hier der Rechtsstaat ansetzen. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, daß man dem ganzen nicht juristisch beikommen kann.
skekptische Grüße
Felix
3. Mai 2015 um 19:00
Hier auf Seite 21 eine weitere Ankündigung an der TU Dortmund
http://issuu.com/dortmunderstadtmagazine/docs/wir-in-aplerbeck-02-2015?e=7733211/12557147
4. Mai 2015 um 12:04
@Dusterzappen: In diesem Kontext „breitschlagen lassen“ zu verwenden ist einfach genial!
Danke!
4. Mai 2015 um 18:55
Mail von der VHS bekommen, man prüfe den Vorgang. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
4. Mai 2015 um 19:15
Wir haben einige Zeitungen und ARD-Anstalten (HR, WDR) angeschrieben, aber bislang keine Reaktionen. Nur von „Kontraste“, die schon mehrfach über MMS berichtet haben, kam eine Absage. Die haben kein Interesse an der Geschichte.
Tobias Niedenthal
Forschergruppe Klostermedizin
5. Mai 2015 um 10:34
Email von der TU Dortmund:
„Technische Universität Dortmund/TU Dortmund University
Referat Internationales/International Office:
Wir sind gerade dabei diese Angelegenheit zu klären. Ich gebe Ihnen einen Rückmeldung, sobald ich weiteres hierzu sagen kann.“
5. Mai 2015 um 14:23
@ slowcar
Wenn ein Zitat, dann bitte auch die Person nennen, die Ihnen die E-Mail geschrieben hat!
5. Mai 2015 um 14:30
@ slowcar
Sage es Ihnen ganz offen:
Ich glaube nicht an solch eine E-Mail, sondern eher daran, dass Sie mit diesem Kommentar lediglich auf Ihre „Spieler-Seite“ aufmerksam machen wollen…
5. Mai 2015 um 14:39
Es gibt jetzt Journalisten in Dortmund und Hamburg, die sich mit der Geschichte befassen. Immerhin was!
Tobias Niedenthal
Forschergruppe Klosteredizin
5. Mai 2015 um 18:26
@Pierre Castell
ich habe die VHS und das IBZ der TU Dortmund angeschrieben und auch genau solche Antworten bekommen. Habe allerdings eher das Gefühl dass das eine Standardantwort ist mit der Beschwerden abgewimmelt werden.
5. Mai 2015 um 18:32
…ich veröffentliche übrigens keine Namen, weil ich es für unfair halte, arglose Sekretärinnen in sowas reinzuziehen und das öffentlich im Netz zu verewigen.
Mit diesem Kommentar mache ich ausdrücklich auf den Namen Hans Maulwurf aufmerksam. Schönen Abend noch!
9. Mai 2015 um 18:27
VHS Heilbronn mailt mir, Zitat:
„wir können Ihnen mitteilen, dass die Veranstaltung nicht bei uns im Haus stattfinden wird.“
Bisschen dürftig, aber immerhin.
9. Mai 2015 um 18:34
@aargks:
Prima, danke!
22. Mai 2015 um 12:52
@ trixi:
Ich lach mir einen Fortsatz: in dem Spiegel-Artikel fallen die „guten“ Nadler über den „bösen“ Grobian her. Das erinnert mich doch an das Gekeife unter Astrologen, wer denn da „seriös“ in den Mond gucke.
22. Mai 2015 um 22:29
Übrigens – wer sich fragt, wie man auf so einen Wahnsinn kommen kann – es geht noch besser
http://www.zdf.de/auslandsjournal/13.-mai-2015-aussendienst-beim-penis-qigong-38434766.html
Mir tut jetzt noch alles weh nur vom Zuschauen.
schmerzfreie Grüße
Felix
14. November 2016 um 16:56
Das nächste Todesopfer:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/england-diabetikerin-stirbt-nach-chinesischer-pruegeltherapie-a-1121182.html
4. Dezember 2016 um 17:26
Prof. Ernst zur „Slappy“-Therapie:
http://edzardernst.com/2016/12/slapping-therapy-no-thanks/
7. August 2024 um 22:39
„Slapping Therapist“ Convicted of Manslaughter for Second Time:
https://skepticalinquirer.org/exclusive/slapping-therapist-convicted-of-manslaughter-for-second-time/